Sebastian Kottmann gewann sensationell die Dreisprung-Konkurrenz // Nichts anbrennen ließ der Favorit Merlin Hummel im Hammerwerfen // Sabrina Hafner holte zwei Sprint-Medaillen // Joel Akue wiederholte sein Vorjahres-Silber // Platz drei über 100 Meter Hürden war ein Erfolg für Naomi Krebs // Gute vierte wurden: Dominik Idzan // Emma Heckel // Hannah Fleischmann // und - zwei Mal - Nele Göhl // Florian Knerlein kam über 100 Meter auf Rang sechs. Fotos: Claus Habermann (9), Theo Kiefner

03.08.2021 09:44 // Von: Reinhard Köchl

Jugend-DM Rostock U 20: Zwei Titel, eine Überraschung und viele Fast-Medaillen

Die Deutschen Jugendmeisterschaften gelten alljährlich als Gradmesser für die Arbeit der Landesverbände, deren Kernauftrag bekanntlich in der Förderung talentierter Nachwuchssportlerinnen und -sportler besteht. Auch beim Bayerischen Leichtathletik-Verband (BLV) richtet sich der Fokus deshalb auf das Kräftemessen der besten U 20- und U 18-Athletinnen und Athleten. Dass die Titelkämpfe in diesem Jahr im Rostocker Ostseestadion stattfanden, erleichterte das Unterfangen aus Sicht der Südländer wegen der weiten Anreise keinesfalls. Dass Bayern dennoch nach dem dritten Gesamtrang 2020 in der Wertung der Länderpunkte heuer wieder auf Rang zwei mit 258 Punkten hinter Württemberg (264) kletterte und zugleich 20 Zähler mehr als im Vorjahr einheimsen konnte, ist alles in allem eine zufriedenstellende Bilanz.

Erwartungsgemäß holte sich in der U 20-Klasse Merlin Hummel den Titel im Hammerwurf ab, während das Dreisprung-Gold von Sebastian Kottmann schon als mittlere Sensation gelten darf. Insgesamt gab es 17 Medaillen für bayerische Sportlerinnen und Sportler, sieben davon entfielen auf den Jahrgang U 20. Nicht vergessen werden darf auch, dass eine durchaus stattliche Anzahl von Sportlerinnen und Sportlern auf dem undankbaren vierten Rang landete und damit nur hauchdünn einen Platz auf dem Treppchen verpasste. Generell wurde der verletzte Weitspringer Simon Batz (LG Landkreis Kelheim) wie schon bei den U 20-Europameisterschaften in Tallinn (Estland) schmerzlich vermisst. Allerdings gab es in manchen Teilnehmerfeldern überhaupt keinen Starter aus Bayern - ein Umstand, der seit vielen Jahren Fragen aufwirft.

 

Merlin Hummel mit 80-Meter-Wurf

 

In seinen letzten Versuch haute Hammerwerfer Merlin Hummel (UAC Kulmbach) noch einmal alles rein. Der Hammer flog weit – und zwar bis auf 80,44 Meter. Eine Weltklasse-Weite zum Abschied bei seinem letzten Meisterschaftswettbewerb in den Jugendklassen. „Der Wettkampf verlief gar nicht so gut, irgendwie war der Wurm drin. Deswegen kam diese Weite im letzten Versuch tatsächlich überraschend, denn ich war schon etwas müde“, so der Silbermedaillengewinner der U 20-Europameisterschaften von Tallinn zufrieden.

 

Als nächstes freut sich Merlin Hummel auf die Herausforderungen, die die U 23-Altersklasse nun mit sich bringt. „Das wird ein neuer Ansporn werden, mich da im  ersten Jahr erst einmal hochzukämpfen.“ Ein sehr guter sechster Rang ging im Klassement an Kilian Drisaga (TSV 1880 Wasserburg), der sich als jüngerer U 20-Jahrgang mit 62,67 Meter in der deutschen Spitze anmeldete.

 

Sebastian Kottmann holt Sensationsgold im Dreisprung

 

Damit hatte eigentlich niemand gerechnet: Mit nur einem gültigen Versuch in den Ergebnislisten konnte sich Sebastian Kottmann (LG Stadtwerke München) völlig überraschend in einem von Regen geprägten Dreisprung-Wettkampf der U 20 durchsetzen. Im ersten Versuch setzte er sich mit 15,07 Metern an die Spitze des Feldes und konnte von dort nicht mehr verdrängt werden. Für den 18-Jährigen war es die zweite Medaille des Wochenendes. Am Vortag holte er mit übersprungenen 2,03 Meter noch Bronze im Hochsprung.

 

Im Dreisprung war Kottmann lediglich mit der fünftbesten Vorleistung (14,40 Meter) angereist. Doch im ersten Versuch schockte der junge Münchner, der noch ein weiteres Jahr in dieser Altersklasse startberechtigt ist, seine insgesamt sieben Konkurrenten mit einer gewaltigen Leistungssteigerung auf 15,07 Meter (Wind: +0,9 Meter pro Sekunde), der bundesweit zweitbesten in diesem Sommer gesprungenen Weite. In der Folge ließ er sich bei immer stärker werdendem Regen nicht mehr von der Spitzenposition verdrängen, obwohl seine weiteren fünf Versuche ungültig waren. Topfavorit Pascal Boden (Dresdner SC), der mit der deutschen Jahresbestweite von 15,46 Meter angereist war, blieb mit 14,83 Metern lediglich Platz zwei.

 

Im Hochsprung sicherte er sich die Medaille mit einer Verbesserung seines Hausrekordes um vier Zentimeter. Bis 1,99 Meter hatte Kottmann sämtliche Höhen im ersten Versuch überquert, die 2,03 Meter dann im zweiten Anlauf. Kein bayerischer Athlet seines Alters ist in diesem Jahr bislang höher gesprungen. Dabei ist Kottmann keineswegs nur auf den Hochsprung spezialisiert, wie sein Dreisprung-Erfolg zeigt. Mit Trainer Markus Morbitzer hat Kottmann durchaus auch schon Mehrkampferfolge gefeiert.

 

Sabrina Hafner etabliert sich in der deutschen Sprintspitze

 

Ebenfalls mit zwei Medaillen im Gepäck die Heimreise antreten durfte Sprinterin Sabrina Hafner (LG Telis Finanz Regensburg). War das Edelmetall über ihre Spezialstrecke 200 Meter insgeheim zu erwarten gewesen, so war ihre dritter Platz im 100-Meter-Finale schon eine faustdicke Überraschung. Mit der Coolness einer Etablierten steckte die 18-Jährige die fast zehnminütige Verzögerung in der unmittelbaren Startphase, bedingt durch einen Muskelkrampf der späteren Siegerin Cheyenne Kuhn (SC Neubrandenburg/11,80  Sekunden), routiniert weg und schnappte sich auf den letzten zehn Metern Edelmetall Nummer eins. Trotz eines relativ missglückten Starts schob sich die 18-Jährige immer wieder nach vorne und schaffte trotz brutalen Gegenwindes von -3,0m/sec noch eine Zeit von 11,95 Sekunden. Unmittelbar dahinter ihre ständige Wegbegleiterin und bayerische Konkurrentin Hannah Fleischmann (LG Region Landshut), die sich nach einem nicht ganz rund verlaufenden Jahr mit 11,98 Sekunden und Platz vier selbst noch einen versöhnlichen Saisonabschluss bescherte.

 

Hafner und Fleischmann hatten am Sonntag auch den Einzug in 200-Meter-Finale geschafft, die Regensburgerin ebenso wie die Landshuterin jeweils mit persönlichen Bestzeiten im Vorlauf mit 24,22 beziehungsweise 24,57 Sekunden. Im Endlauf zeigte Hafner dann ein exzellenten Kurvenlauf und sah bis zirka 180 Metern wie die neue Deutsche Meisterin aus. Doch auf den letzten Metern zog Lara-Noelle Steinbrecher (Sportclub Magdeburg), die nur zwei Stunden zuvor bereits die 400 Meter Hürden gewonnen hatte, an der jungen Bayerin vorbei und holte sich in 24,11 zu 24,23 Sekunden den Titel. Auch Hannah Fleischmann, die auf Rang sechs in 24,70 Sekunden einkam, war mit ihrem Ergebnis mehr als zufrieden.

 

Joel Akue stellt die Kugelstoß-Hierarchie wieder her

 

Im Duell der drei U 20-EM-Teilnehmer von Tallinn wurde Joel Akue (LG Stadtwerke München) mit 18,84 Metern diesmal Zweiter hinter Steven Richter (LV 90 Erzgebirge; 19,83 Meter). Claudio Stoessel (SC Neubrandenburg), der in Tallinn Bronze gewonnen hatte, wurde mit 18,75 Metern Dritter. Akue hatte Mitte Juli in der estnischen Hauptstadt Platz acht belegt. Nun stellte er und Richter wieder die alte Kugelstoß-Hierarchie her. Der 19-jährige Münchner hatte sich bereits im Vorjahr die Vizemeisterschaft bei den unter 20-Jährigen gesichert.

 

In der Rostocker-U 20-Kugelstoßkonkurrenz war die LG Stadtwerke mit insgesamt drei Athleten von Trainer Andreas Bücheler vertreten, die erfreulicherweise allesamt den Endkampf der besten Acht erreichten. Dominik Idzan, der dem jüngeren U 20-Jahrgang angehört, zeigte sich wieder deutlich verbessert zu den Vorwochen und belegte mit 18,68 Metern letztendlich Rang vier. Respektabler Achter wurde Alexander Schaller mitit 17,61 Meter, eine Weite, die nur wenige Zentimeter unter seine Bestleistung mit der Sechs-Kilogramm-Kugel liegt. Schallers Spezialdisziplin ist der Diskuswurf. Hier belegte er mit einer Weite von 57,59 Metern dann noch Rang fünf.

 

Naomi Krebs nach U 18-DM-Titel 2020 nun auch in der U 20 Spitze

 

In einem hochklassigen Finale über 100 Meter der weiblichen U 20 meldete sich auch Naomi Krebs (LG Bamberg), im Vorjahr immerhin Deutsche U 18-Meisterin, eindrucksvoll zurück. Hinter der überragenden Goldmedaillengewinnerin Hawa Jalloh (Wiesbadener LV; 13,57 Sekunden) wurde die junge Bambergerin sehr gute Dritte in 13,98 Sekunden und gewann Bronze. Ihr Halbfinale hatte sie zuvor in 13,71 Sekunden gewonnen. Naomi Krebs ist wie Dominik Idzan, Sabrina Hafner, Hannah Fleischmann oder Sebastian Kottmann gehören allesamt dem jüngeren U 20-Jahrgang an - eine vielversprechende Perspektive für 2022!

 

Sogar noch ein Jahr jünger ist Chiara Sistermann (TSV Gräfelfing). Statt in der U 18 ging die 16-jährige Stabhochspringern wie schon bei der U 20-EM (Rang vier) in Rostock eine Klasse höher an den Start. Bedingt durch Regen und einigen kleineren gesundheitlichen Problemen langte es diesmal nicht zu einem weiteren Vier-Meter-Sprung. Mit 3,92 Meter gewann sie höhengleich mit der Zweitplatzierten Laura Giese (TSV Bayer 04 Leverkusen) Bronze.

 

Bemerkenswert war diesmal die relativ große Zahl an vierten Plätze, die somit Edelmetall und einen Platz auf dem Treppchen nur um Haaresbreite verpassen. Sogar zwei Mal auf dieser relativ undankbaren Position landete Nele Göhl (LG Eckental), die sich der Strapaze aussetzte, sowohl über 400 Meter Hürden wie auch über 800 Meter innerhalb kurzer Zeit Endläufe zu bestreiten. Über die Langhürdendistanz sprangen dabei 60,21 Sekunden heraus, über 800 Meter in einem taktischen Rennen 2:14,22 Minuten.

 

Ebenfalls leer ausging die U 20-EM Bronzemedaillengewinnerin über 5000 Meter, Emma Heckel (LG Telis Finanz Regensburg), die diesmal über 3000 Meter antrat. Diesmal blieb ihr der vierte Rang in 9:30,46 Minuten. Ebenfalls mit Rang vier begnügen musste sich Djamila Jürgens (TSV Kranzegg) im 5000 Meter Bahngehen (28:41,19 Minuten).

 

Sprinter Florian Knerlein (LG Stadtwerke München), der bei den Deutschen U 23-Meisterschaften noch überraschend Silber über 100 Meter geholt hatte, musste sich in Rostock mit Rang sechs in der U 20 (10,75 Sekunden) begnügen. Tags darauf wurde er trotz seines souveränden Vorlaufsieges über 200 Meter nachträglich disqualifiziert, weil er in der Kurve auf die Linie getreten war. Seine Vereinskameradinnen Luisa Tremel und Julian Früh (LG Stadtwerke München) belegten im Hochsprung mit jeweils übersprungenen 1,70 Meter die Plätze fünf und acht.

 

Jeweils sechste Ränge standen für Finn Waigand (TSV Gräfelfing) im Stabhochsprung 4,70 Meter), Finn Hösch (LG Stadtwerke München) über 2000 Meter Hindernis (6:05,42 Minuten) und Agnes Leitgeb (TSV 1861 Deggendorf) über 400 Meter (58,00 Sekunden) zu Buche, wobei hinter Leitgeb mit Miriam Kauer (TSV 1860 Rosenheim; 58,37 Sekunden) als Siebte noch eine weitere Bayerin den Endlauf erreicht hatte. Platz sieben und acht gab es über 5000 Meter für Tobias Prater (LG Telis Finanz Regensburg; 15:13,76 Minuten) und Conrad Voigt (LG Erlangen; 15:14,75 Minuten). Ein Achtungserfolg war auch der achte Rang für Jonas Babinsky (LG Main-Spessart) im 400-Meter-Finale (50,31 Sekunden).

 

Über die bayerischen U 18-Resultate gibt es einen eigenen Bericht.