Anna-Lena Obermaier schloss ein schwieriges Jahr als DM-Dritte ab. // Magdalena David // Michael Tarczewski // Alexandra Scharf // Nils Kremling // Luisa Tremel // Jonas Perner // Sofie Gröninger. Fotos: Claus Habermann, Theo Kiefner

23.08.2021 21:42 // Von: Reinhard Köchl

Deutsche Mehrkampf-MS Wesel: Obermaier holt Bronze und Bayern vier weitere Medaillen

Es waren Deutsche Mehrkampfmeisterschaften, die aus bayerischer Sicht vor allem Perspektiven für die Zukunft aufzeigten. Bei einigen der jungen Nachwuchstalenten im Mehrkampf lief es an diesem August-Wochenende nicht immer perfekt. Dennoch zeigten sie mit einer Reihe guter Leistungen, dass ihnen auf jeden Fall die Zukunft gehört. Bei einigen platzte sogar der Knoten, so dass am Schluss neben zwei erwarteten Medaillen durch Anna-Lena Obermaier (LG Telis Finanz Regensburg) und das Regensburger Frauen-Mehrkampfteam (jeweils Bronze) noch drei Mal überraschend Edelmetall für Alexandra Scharf (LA Team Alzenau), Magdalena David (TV Emmering) und Michael Tarczewski (LAC Quelle Fürth) zu Buche stand.

„Eigentlich hatten wir gar nicht mit diesen Medaillen gerechnet", bilanzierte am Schluss BLV-Mehrkampf-Teamleiter Stefan Wimmer die Tage von Wesel. Am meisten freute er sich über die Vorstellung seiner Schützlinge Anna-Lena Obermaier, Marion Brunner und Isabel Mayer. Beim souveränen Durchmarsch der neuen Siebenkampfmeisterin Mareike Arndt (TSV Bayer 04 Leverkusen) mischten Obermaier und Mayer lange im Kampf um die weiteren Medaillen mit. Am Ende holte sich Anna-Lena Obermaier in einem Jahr, in dem sie sich nach Verletzung beharrlich wieder in die deutsche Spitze zurückkämpfte, mit 5589 Punkten die ersehnte Bronzemedaille, weil die angeschlagene Teamkollegin Isabel Mayer den abschließenden 800-Meter-Lauf nicht beenden konnte. Damit rutschte sie mit 4703 Zählern unglücklich bis auf Platz acht zurück. Die Dritte im Bunde, Marion Brunner, verkaufte sich als Siebte mit für sie sehr guten 5162 Punkten so teuer wie es nur ging. Durch Mayers Ausrutscher über 800 Meter blieb für die Regensburgerinnen, die als Titelverteidigerinnen angetreten waren, hinter dem TSV Bayer 04 Leverkusen und dem MTV Lübeck am Schluss mit 15 454 Zählern nur Bronze übrig.

 

Nach den ersten vier Wettbewerben hatte das Regensburger Trio in der Teamwertung noch auf dem Silberrang übernachtet. Auch in der Einzelwertung lagen zwei der drei Regensburger glänzend. Mayer rangierte mit 3296 Punkten auf Rang zwei hinter der nach dem ersten Tag führenden Arndt. Nur zwei Zähler weniger auf dem Konto hatte Obermaier auf Platz drei im Zwischenergebnis vorzuweisen. Brunner lag an siebter Stelle mit 3060 Punkten.

 

Fünfte im Siebenkampf der weiblichen U 23 wurde Johanna Siebler (LG Stadtwerke München) mit 5377 Punkten, die verletzungsbedingt auf ein schwieriges Jahr zurückblicken kann. Siebler zeigte vor allem in den Wurfdisziplinen mit den Tagesbestweiten von 13,79 Meter mit der Kugel und 48,15 Meter mit dem Speer, dass in der nächsten Saison wieder mit ihr zu rechnen sein wird. Dann ist hoffentlich auch wieder Angela Stockert (SpVgg Auerbach/Streitheim) dabei. Die symphatische Sportlerin erlitt nur eine Woche vor den Deutschen Meisterschaften im Training einen Kreuzbandriss. Das gesamte Mehrkampfteam wünscht gute Genesung!

 

Überraschungsmedaillen für Alexandra Scharf, Magdalena David und Michael Tarczewski

 

Dass Bayern kein Brachland in Sachen Mehrkampf sein könnte, deutete sich vor allem bei den Jüngsten der Altersklassen 15 und 14 an. Im Siebenkampf der W 15 lieferte Alexandra Scharf (LA-Team Alzenau) mit einer mehr als unerwarteten Bronzemedaille ihr bisheriges Meisterstück. Trotz des unscheinbaren Meldeplatzes elf hatten Wimmer und ScharfsHeimtrainerin Tanja Ott mit einer kleinen Überraschung spekuliert. Ihr Schützling erwischte dann auch ein perfektes Wochenende und konnte vor allem im Weitsprung mit 5,72 Meter und im 80-Meter-Hürdensprint mit 11,75 Sekunden glänzen. der Lohn der Mühen waren 3909 Zähler, Rang drei und eine Steigerung der Leistung auf der Bayerischen Meisterschaften in Ingolstadt um fast 140 Punkte. Auch Maresa Hense (LG Sempt) verkaufte ihre Haut so teuer wie möglich und wurde Achte mit 3740 Punkten.

 

In der W 14 kämpfen gleich zwei junge Bayerinnen um Edelmetall. Fast wäre für Magdalena David (TV Emmering) sogar der Titel herausgesprungen. Sechs winzige Zähler fehlten am Schluss, aber auch nur, weil die Siegerin Kimberley Opitz (SC Neubrandenburg) ein überragendes 800-Meter-Rennen mit 2:28,22 Minuten lief, dem Magdalena David leider nur 2:51,31 Minuten entgegenzusetzen hatte. Ihre Stärken lagen dafür im Kugelstoßen (13,08 Meter), über 80 Meter Hürden (11,64 Sekunden) undüber 100 Meter (13,12 Sekunden). Dennoch war die 14-Jährige am Schluss mit dem Vizetitel hochzufrieden, zumal sie diesen auch noch gegen eine zweite Bayerin verteidigen musste. Leonie Schmid (LG Sempt), ein weiteresTalent aus der Sempter Mehrkampfschmiede, gefiel vor allem mit 1,55 Meter im Hochsprung, mit 33,25 Meter im Speerwurf und mit 11,32 Meter mit der Kugel. 50 Zähler fehlten ihr am Schluss zu  Bronze. Sie landete auf dem vierten Rang mit 3664 Punkten.

 

Die vielleicht sensationellste Medaille brachte Michael Tarczewski (LAC Quelle Fürth) in der M 14 in den Freistaat mit. Mit einer famosen Steigerung seiner Bestleistung im Neunkampf von 4699 auf 4872 Punkte schnappte sich der Schützling von Trainer Keno Harms Bronze. Im 80-Meter-Hürdenlauf (11,60 Sekunden) und über 1000 Meter (2:59,36 Minuten) war der Schüler der Bertold-Brecht-Sportschule sogar Bester aller Teilnehmer. In Lauerstellung befindet sich mit Jim Colin Herrmann (DJK-SF Reichenberg) schon das nächste Talent. Der 14-Jährige betreibt erst seit kurzem Leichtathletik und gefiel im Sprint mit 12,43 Sekunden über 100 Meter, 12,18 Sekunden über die 80 Meter Hürden und über 1000 Meter mit 3:11,83 Minuten. Mit gute 4246 Punkte wurde er Zehnter, dicht gefolgt von Benedikt Maurer (SV Germering) auf Rang zwölf (4146).

 

Nils Kremling und Jonas Perner im Pech

 

In der männlichen U 18 hatte sich Nils Kremling (LG Landkreis Roth) natürlich mehr als seinen fünften Gesamtrang im Zehnkampf mit 6680 Punkten ausgerechnet. Nach seinem furiosen Überraschungserfolg bei den Deutschen Jugendmeisterschaften, wo der Mehrkämpfer alle Langsprint-Spezialisten düpierte und Deutscher U 18-400-Meter-Meister wurde, musste sich Kremling in Wesel während der beiden Tage mit Schmerzen im Sprunggelenk herumschlagen. Natürlich deklassierte er über seine Paradestrecke 400 Meter mit 49,98 Sekunden einmal mehr die Konkurrenz. Spätestens nach einem schwachen Diskuswurf (30,65 Meter) musste er aber seine Medaillenambitionen begraben. Ebenfalls im Diskusring musste Jonas Perner (LG Fichtelgebirge) seine Ambitionen auf eine bessere Platzierung als Rang acht (6585) begraben. Nach einer suboptimalen Saison mit Coronaerkrankung und Rippenbruch nach dem Trainingslager in Wunsiedel war lange unklar, ob Perner  überhaupt in Wesel an den Start würde gehen können. Umso bemerkenswerter verlief sein erster Tag mit der schnellsten Zeit aller U 18 Athlten über 100 Meter (11,07 Sekunden) sowie einem guten Weitsprung von 6,81 Meter. Auch die 110-Meter-Hürdenzeit mit 14,85 Sekunden weckte Hoffnung, dann aber ein indiskutabler Diskuswurf von 27,15 Meter brutal zunichte machte. Viel vorgenommen hatte sich in derselben Altersklasse Jannes Talarek (LAC Quelle Fürth). Nach einer Reihe sehr guter und teils persönlicher Bestleistungen erwischte ihn jedoch im Stabhochsprung das Schicksal vieler Zehnkämpfer: ein Salto Nullo. Somit blieb für ihn mit 5574 Punkten nur Rang 20.

 

Sofie Gröninger in Lauerstellung

 

Bei der weiblichen U 18 hielt sich die zweifache Deutschen U 16-Siebenkampfmeristerin Sofie Gröninger (LG Sempt) als jüngerer Jahrgang mit dem achten Gesamtrang und neuer persönlicher Bestleistung von 5078 Zählern mehr als achtbar. Von den 2005er-Jahrgängen war die 16-Jährige sogar zweitbeste Deutsche. Ihre beste Leistung brachte Gröninger wie erwartet im Kugelstoßen mit 14,15 Meter. Auch dahinter schicken sich einige Mädchen aus dem U 18-Jahrgang an, in Richtung nationale Spitze vorzustoßen. Hannah Wittmann (LG Landkreis Roth) überraschte mit Platz 14 (4854) und gleich drei persönlichen Bestleistungen, Hannah Wörlein (TSV Ochenbruck) wurde 16. mit 4816  Punkten (unter anderem 12,85 Sekunden über 100 Meter Hürden und 5,66 Meter im Weitsprung), Kaya Russler (LAC Quelle Fürth) kam auf Rang 17 ein(4778) und Celia Spieß (SWC Regensburg) kann laut Teamleiter Wimmer wesentlich mehr, als ihr 22 Rang (4552) aussagt. Großes Pech hatte Luisa Kammerl (TSV Plattling), die nach einem Faststurz über die Hürden disqualifiziert wurde. Dennoch zeigte sie danach mit einigen Blessuren am Körper bemerkenswerte Leistungen, unter anderem im Hochsprung mit 1,69 Meter und im Speerwurf mit 43,56  Meter. "Mit einem geglückten Hürdenlauf hätte wäre Luisa auch Richtung 5000 Punkte in ihrem ersten U 18-Jahr marschiert", war sich Stefan Wimmer sicher. So blieb mit 4119 Punkten und Platz 26 der Titel der Herzen und die Gewissheit, dass das nächste Jahr eine neue Chance bietet.

 

Im Siebenkampf der weiblichen U 20 tastet sich Luisa Tremel (LG Stadtwerke München) nach einer Verletzung langsam wieder an ihre frühere Form heran. Am ersten Tag sie noch nicht so richtig in Tritt, in der zweiten "Halbzeit" drehte Tremel dann aber richtig auf, ließ den Speer auf 44,53 Meter fliegen und spulte die 800 Meter in 2:22,79 Minuten. der Lohn der Mühen war dann Platz 8 mit 5113 Punkten; zu Platz sechs fehlten ihr nur knapp 60 Punkte.

 

Die bayerische Fahne im Zehnkampf der Männer hielt BLV-Disziplintrainer Andre Zahl (TS Herzogenaurach) hoch. Am Schluss standen Platz zwölf mit 6537 Punkten zu Buche, wobei seine besten Leistungen im über 110 Meter Hürden (15,45 Sekunden) und über 1500 Meter (4:34,33 Minuten) zu Buche standen.

 

"Leider konnten nicht alle unsere DM-Starter ihr volles Leistungspotenzial abrufen", zog BLV-Teamleiter Stefan Wimmer Bilanz. "Aber dafür gab es mit Alexandra Scharf und Michael Tarczewski zwei unerwartete Medaillen und viele individuelle Topleistungen. Besonders der Übergang der W 15-Mädchen in die U 18 mit dem Doppeljahrgang 2004/2005 ist für viele ein Lernjahr und nicht immer einfach. Leider konnten wir nicht in allen Alterklassen Athleten an den Start schicken. In den nächsten Jahren versuchen wir aber, diese Lücke zu schließen."