Julia Rath und Chiara Sistermann können bereits für die U 20-WM in Jerusalem planen. In Mannheim schaffte sie die direkte Qualifikation. Fotos. Theo Kiefner

26.06.2023 12:41 // Von: Jörg Stäcker

Chiara Sistermann und Julia Rath buchen in Mannheim U 20-EM-Tickets

Stabhochspringerin Chiara Sistermann (TSV Gräfelfing) kurze Zeit nach einer Fuß-Operation und Julia Rath (LAC Quelle Fürth) als Zweite von drei deutschen Hindernisläuferinnen machten bei der DLV-Junioren-Gala in Mannheim die Startplätze für die U 20-EM in Jerusalem klar. Viele weitere bayerische Athleten brachten sich im Kampf um die EM-Tickets in Stellung.

Im Stabhochsprung pokerte sich Chiara Sistermann erfolgreich zum Sieg und EM-Ticket. Die U 20-Vize-Weltmeisterin vom TSV Gräfelfing sparte sich nach einem Fehlversuch bei 4,15 Meter ihre beiden letzten Versuche für die nächste Höhe auf und überquerte dann 4,20 Meter im ersten Anlauf. In ihrem ersten Saisonwettkampf hakte sie damit auf Anhieb die U 20-EM-Norm ab. Mit ihrer Höhe war sie „extrem zufrieden“, liegt doch eine Fußoperation erst zwei Monate zurück.

 

„Ich bin erst seit zwei Wochen wieder im Training“, erzählte die Münchnerin, die bei der U 20-EM vor zwei Jahren als Vierte wertvolle Erfahrung gesammelt hatte, bevor sie in Cali (Kolumbien) Vize-Weltmeisterin wurde. „Vor zwei Jahren war ich noch extrem aufgeregt“, blickte sie zurück. „Mittlerweile kennt man alle.“ Für den Wettkampfsommer hat sich die 19-Jährige eine neue persönliche Bestleistung vorgenommen, die seit dem U 20-WM-Finale bei 4,30 Metern steht. Zweite wurde mit zehn Zentimetern weniger die Schweizerin Romy Burkhard, Rang drei ging mit überflogenen vier Metern an die zweite Gräfelfingerin Lilly Samanski. Im Rahmenwettbewerb der Männer überzeugte der nächste Gräfelfinger. Louis Pröbstle gewann den Wettkampf mit 5,40 Meter und stellte damit eine persönliche Bestmarke auf. Gleichzeitig bedeuten die 5,40 Meter Normerfüllung für die U 23-EM in Espoo/Finnland.

 

Vier Athletinnen, drei davon aus Deutschland und alle bereits mit der U 20-EM-Norm ausgestattet: So war die Ausgangslage vor dem 3000-Meter-Hindernis-Rennen der Nachwuchs-Athletinnen, in dem im Gegensatz zu den anderen Disziplinen, wo nur der Sieg für Israel zählte, alle drei Startplätze für die U 20-EM vergeben wurden. Den ersten Platz holte sich die U 18-Vize-Europameisterin über 2000 Meter Hindernis, Adia Budde (TSV Altenholz). In ihrem erst zweiten Hindernisrennen legte sie die Distanz in 10:23,28 Minuten zurück. „Ich wollte kontrolliert ein schönes Rennen laufen, und das ist mir auch gelungen“, erklärte sie anschließend. Auf Rang zwei lief nach überstandenem Abitur Julia Rath (LAC Quelle Fürth; 10:32,63 Minuten), die sich bei brütender Hitze auch immer wieder um das Tempo verdient machte und sich mit einem schnellen Schlusskilometer von Abbie Butler, einem Gast aus Australien lösen konnte. Für die Fürtherin ist der Start in Israel nach der U 20-WM Teilnahme im Vorjahr die zweite internationale Meisterschaft über die Böcke. Carolin Hinrichs (VfL Löningen, 10:46,24 Minuten) wurde Vierte.

 

Die schnellste Zeit über 110 Meter Hürden stand bereits nach dem Vorlauf in den Ergebnislisten. Enzo Diessl aus Österreich, mit 13,11 Sekunden Weltjahresbester, untermauerte seine starke Form in 13,28 Sekunden eindrucksvoll. Im Finale setzte er sich in 13,42 Sekunden knapp gegen den Franzosen Theo Pedre (13,43 Sekunden) durch. Als Vierter überzeugte auch der Ulmer Bruno Betz, der die U 20-EM-Norm in 13,79 Sekunden bestätigen konnte. Der U 18-EM Bronzemedaillengewinner aus dem Vorjahr, Nils Leifert (LAC Quelle Fürth), touchierte im Vorlauf eine Hürde und will jetzt bei der Deutschen Jugendmeisterschaft in Rostock sein Ticket für Israel klar machen. Die Norm von 13,95 Sekunden hat er mit seiner Saisonbestleistung von 13,64 Sekunden bereits deutlich unterboten.

 

Sprintkollegin Annika Just (LAC Passau) war über 100 Meter in 11,99 Sekunden zu sehen. In den Staffeln kam die Passauer noch zwei Mal zum Einsatz. Am ersten Tag als Schlussläuferin der zweiten Nationalstaffel und am Finaltag auf Position zwei der ersten Staffel. Einen Schreckmoment gab es im 200-Meter-Sprint der männlichen Talente. Der Deutsche Jugend-Hallenmeister Luban Haque strauchelte in der Kurve und fiel der Länge nach hin. Es war das erste Saison-Rennen des Kölners über diese Strecke, auf der er im Vorjahr das Finale der U 18-EM erreicht hatte. Die schnellsten Beine hatten am Sonntag zwei Sprinter aus Großbritannien, Brook Cronin blieb in 20,98 Sekunden als Einziger unter der 20-Sekunden-Schallmauer. Fünf Hundertstel dahinter folgte Teamkollege Rusciano Thomas-Riley. Für Maximilian Achhammer (TSV 1860 Schwandorf) gehen als zweitbestem deutschen Sprinter 21,73 Sekunden ins Protokoll ein.

 

Einen der Höhepunkte der Junioren-Gala in Mannheim brachte das Kugelstoßen der Männer: Die europäische Jahresbestleistung wechselte ihren Besitzer, blieb aber in Deutschland. Bereits im ersten Versuch lieferte Lasse Schulz (TV Plieningen) mit 19,31 Metern eine Kampfansage, er sollte die Führung nicht mehr abgeben. Die Krönung folgte im fünften Versuch: Der Plieninger wuchtete sein sechs Kilogramm schweres Arbeitsgerät auf 20,48 Meter und damit 51 Zentimeter weiter als je zuvor. Zweiter wurde der Athlet, der bislang die europäische Jahresbestenliste angeführt hatte: Lukas Schober (SG Freital-Weißig), der die Kugel in diesem Jahr bereits auf 20,01 Meter befördert hatte, musste sich diesmal mit 18,53 Metern zufriedengeben. Dritter wurde der U 18-Vize-Europameister Georg Harpf (LG Stadtwerke München; 18,16 Meter), der mit seiner Bestleistung von 19,49 Metern bei der restlichen Ticketvergabe in Rostock ebenfalls noch ein gehöriges Wörtchen mitreden wird.

 

Das Ergebnis im Kugelstoßen der weiblichen Jugend fiel wie erwartet dominant aus: Mit 17,63 Metern führt Nina Ndubuisi die europäische Bestenliste in ihrer Altersklasse an. Am Samstag genügte der Schorndorferin rund ein Meter weniger (16,69 m), um die Kontrahentinnen in Schach zu halten. Als Zweite jubelte die Münchnerin Helena Kopp (14,98 Meter) über eine neue „PB“, auf den dritten Platz katapultierte sich die U 18-Vize-Europameisterin Chantal Rimke vom LC Jena (14,78 Meter), die ebenfalls einen Hausrekord jenseits der 15 Meter vorweisen kann.

 

Der Diskus-Wettbewerb der männlichen U 20 entwickelte sich zu einer One-Man-Show des Ukrainers Mykhailo Brudin. Seine sechs Versuche waren allesamt gültig. Keiner war kürzer als 60 Meter. Und mit vier seiner Würfe überbot der im Vorjahr mit U 18-EM-Gold und U20-WM-Bronze dekorierte Werfer seine eigene europäische Jahresbestleistung (61,60 m). Die Krönung folgte in Runde fünf, als er die Scheibe bis auf 63,85 Meter schleuderte. Dahinter durfte sich auch Emmanuel Agbo-Anih vom SV Halle freuen: Zum ersten Mal beförderte er sein Wurfgerät über die 60-Meter-Marke, ihm gelangen, ebenfalls in Runde fünf, 60,26 Meter. Jakob Nützel (LG Neumarkt-Freystadt) überzeugte mit neuer Bestleistung von 56,79 Metern und Rang vier und gehört damit ebenfalls zu den Normerfüllern. Im Speerwurf war der große Favorit nicht zu schlagen: Max Dehning, angereist als U 20-Vize-Weltmeister, gab sich mit 75,30 Metern keine Blöße, wenngleich sein zweiter Wurf der einzige war, den er richtig erwischte. Am nächsten kam dem Leverkusener mit 73,91 Metern der Brite Michael Allison. Als Sechster mit neuer Bestleistung von 68,11 Metern übertraf auch Florian Schmid (LG Sempt) erstmalig die U 20-EM-Norm (68,00 m).

 

Ihre Position als schnellste deutsche 400-Meter-Hürdenspezialistin ihrer Altersklasse bestätigte Lena Leege. Die Berlinerin musste sich in 58,35 Sekunden nur der Britin Emily Newnham (57,73 Sekunden) geschlagen geben und schraubte ihre Bestzeit dabei um vier Zehntelsekunden nach unten. Dahinter erfüllte die Sindelfingerin Lotta Mage in 59,39 Sekunden erstmals die U 20-EM-Norm (60,00 Sekunden). Eine persönliche Bestzeit gab’s auch für Anouk Krause-Jentsch (Neuköllner SF), die in 59,58 Sekunden Vierte wurde und Janne Popp (LAC Quelle Fürth) mit 60,21 Sekunden als Fünfte. Die Fürtherin nähert sich nach Bestzeitsprung damit dem Richtwert für Israel von 60,00 Sekunden.

 

Mit eigenem Fanblock auf der Gegengeraden machte Dreispringerin Ruth Hildebrand mit Einstellung ihrer Bestmarke (13,21 Meter) den souveränen Sieg klar. Die Mannheimerin genoss es sichtlich, in heimischer Umgebung zu springen. „Es waren ganz viele Freunde da und meine Familie, das war superschön“, berichtete sie und hob hervor: „Dass ich so früh in der Saison schon so weit springe, hätte ich nicht gedacht. So eine gute Serie hatte ich auch noch nie.“ Kurzfristig nach ihrer starken Leistung bei der EYOF-Ausscheidung in Kassel hatte auch Carina Beraz (TSV Zirndorf) eine Einladung erhalten. Mit 12,24 Metern und Rang fünf bestätigte die Mittelfränkin ihre gute Form. Nach dem Weitsprung strahlte Samira Attermeyer mit der Sonne um die Wette. Denn die Dortmunderin hatte im vierten Versuch der Junioren-Gala in Mannheim ihre Bestmarke pulverisiert und sich mit 6,55 Metern an die Spitze der europäischen Rangliste ihrer Altersklasse katapultiert. In Mannheim verwies sie die seit dem ersten Versuch führende Irin Elizabeth Ndudi (6,44 Meter) auf Rang zwei. Als Dritte meldete sich Laura Raquel Müller zurück. Die U 20-EM-Vierte von 2021 setzte im vierten Durchgang bei 6,31 Metern ihre Marke in den Sand. Die Athletin der Unterländer LG hatte das zurückliegende Jahr verletzungsbedingt verpasst und arbeitet sich nun wieder in die deutsche Spitze vor. Dies gilt auch für Hannah Wörlein (TSV Ochenbruck), die nach Auslandsaufenthalt dieses Jahr mit 6,11 Metern notiert ist und in Mannheim auf 5,94 Meter kam.

 

Das taktisch geprägte „Nachbarschaftsduell“ in der männlichen U 20 über 1500 Meter entschied der Österreicher Kevin Kamenschak (3:52,35 Minuten) vor Tim Kalies (Braunschweiger Laufclub; 3:52.51 Minuten) für sich. 16 Hundertstel dahinter folgte der drittplatzierte Australier Jhye Hadfield. Für Tobias Tent (LG Stadtwerke München) sprang in 3:54,64 Minuten Rang fünf heraus.

 

Besonders bejubelt wurden in Mannheim die Staffel-Rennen Bei den Männern über 4 x 100 Meter lag Großbritannien (40,20 Sekunden) eine Zehntelsekunde vor dem deutschen Quartett, das sich aus Noah Müller (Cologne Athletics), Heiko Gussmann (SCL Heel Baden-Baden), Maximilian Achhammer (TSV 1880 Schwandorf) und Thorben Finke (SV Sigiltra Sögel) zusammensetzte. Damit blieben die vier Deutschen deutlich unter dem geforderten Richtwert von 40,75 Sekunden.