Deutschlands Sprint-König 2023 heißt Yannick Wolf. Zusammen mit Julian Wagner und Robin Ganter präsentiert er sich den Fotografen / Der uneingeschränkte Dominator des deutschen Hochsprung bleibt Tobias Potye / Gabriel Wiertz nutzte die Gunst der Stunde und schnappte sich Bronze / Auch Niklas Buchholz war mit Bronze und einer neuen PB Hoch zufrieden / Jakob Eberler hätte mit etwas Glück bis in die Medaillenränge vorstoßen können / Christian Zimmermann nähert sich ganz allmählich wieder der 20-Meter-Marke / Katharina Winkler präsentierte sich in Kassel in gewohnt guter Form. Alle Fotos: Theo Kiefner

08.07.2023 23:16 // Von: Reinhard Köchl/leichtathletik.de

DM Kassel 1: Poyte und Wolf sorgen für die bayerischen Highlights am ersten Tag

Normalerweise fällt die bayerische Ausbeute am ersten Tag der Deutschen Leichtathletik-Meisterschaften immerrecht überschaubau aus. In diesem Jahr jedoch waren es vor allem die Sportler aus dem Freistaat, die für die Schlagzeilen sorgten - wenn man die aktuelle deutsche Top-Leichtathletin und 100-Meter-Siegerin Gina Lückenkemper, die bekanntlich in Bamberg wohnt, mit einbezieht. Auch der Männer-Sprinttitel ging diesmal nach Bayern, und zwar in Person von Yannick Wolf (LG Stadtwerke München). Fast schon standesgemäß war das Hochsprung-Gold von Tobias Poyte (LG Stadtwerke München), während sich Dreispringer Gabriel Wiertz (TuS 1860 Pfarrkirchen) und 3000-Meter-Hindernisläufer Nikal Buchholz (LSC Höchstadt/Aisch) sehr über ihre Bronzemedaillen freuten.

Der schnellste Sprinter Deutschlands kommt erstmals seit 2011 wieder von der LG Stadtwerke München! Damals hatte Tobias Unger sich in 10,40 Sekunden den Titel geholt. In diesem Jahr stürmte Yannick Wolf dem Feld davon, und das mit einem Start-Ziel-Sieg, der nach 10,19 Sekunden endete – nur drei Hundertstel fehlten zur Bestzeit. Es war ein Befreiungsschlag für den 23-Jährigen, der in der Halle noch mit vierten Plätzen über 60 Meter sowie im Weitsprung die Medaillenränge knapp verpasst hatte. Und bei Deutschen Meisterschaften der Aktiven noch nie auf dem Podium stand!

 

Zwei Athleten im Feld, die in den Jahresranglisten noch vor dem neuen Deutschen Meister oder auf Augenhöhe platziert sind, kamen zwar am Ende des Rennens noch einmal stark auf. Doch für Julian Wagner (LC Top Team Thüringen; 10,21 Sekunden) und Robin Ganter (MTG Mannheim; 10,28 Sekunden) blieben nur Silber und Bronze. Für Kevin Kranz (Sprintteam Wetzlar) war die Mission „DM-Titel Nummer zwei“ dagegen schon vor dem Finale vorbei. Nach einem überzeugenden Vorlauf-Sieg musste er sich im Halbfinale mit einem Fehlstart verabschieden.

 

"Der Titel bedeutet mir sehr, sehr viel", freute sich Yannick Wolf im anschließenden Interview. "Ich bin nicht mit dem Ziel hierhergekommen, Deutscher Meister zu werden. Ich wollte eine schnelle Zeit abliefern. Das habe ich gut gezeigt, auch wenn es nicht ganz das war, was ich mir erhofft habe. Aber am Ende zählt jetzt der Titel. Es macht einfach gerade sehr viel Spaß zu rennen und dafür bin ich dankbar. Die letzten Jahre waren verletztungsbedingt schwierig für mich. Ich wusste, dass mehr in mir steckt. In der Halle konnte ich das schon ganz gut zeigen. Dass heute mal alles zusammengepasst hat, ist mega. Ich habe heute im Rennen gemerkt, dass ich gut ins Laufen gekommen bin und locker meinen Schritt ziehen konnte. ich werde mich weiterhin auf den Sprint konzentrieren und den Weitsprung aus Spaß nebenbei weitermachen. Ich freue mich nun auf die Staffel bei der WM. Mein Ziel ist natürlich, dort auch laufen zu dürfen. Wir verstehen uns alle gut und haben schon bei der Team-EM gezeigt, dass wir konkurrenzfähig sind. In Budapest werden wir sicher noch eine Schippe rauflegen."

 

Tobias Potye scheitert erst an neuer Bestleistung

 

Schon nach 2,21 Metern wurde der Hochsprung-Wettbewerb zur One-Man-Show von Tobias Potye (LG Stadtwerke München). Der Vize-Europameister floppte ohne Probleme im ersten Anlauf über diese Höhe und hatte den Sieg damit sicher. Es ist sein dritter Freiluft-Titel hintereinander. Auch 2,27 Meter übersprang der 28-Jährige auf Anhieb und ließ dann die neue Bestleistung von 2,31 Metern. Seine Versuche über diese Höhe wurden immer besser, aber auch im dritten Anlauf fiel die Latte.

 

Falk Wendrich (LAZ Soest) konnte am längsten mit dem Sieger mithalten. 2,18 Meter meisterte der 28-Jährige im ersten Anlauf. 2,21 Meter waren dann zu hoch. Dritter wurde Florian Hornig (TSV Bayer 04 Leverkusen; 2,10 Meter). Mateusz Przybylko (TSV Bayer 04 Leverkusen), der sich im vergangenen Sommer den Sieg mit Tobias Potye geteilt hatte, fehlte verletzungsbedingt.

 

"Der Wettkampf war in der Hitze schon anstrengend", meinte Tobias Potye. "Es hat sich gezogen und ich musste die Spannung lange hoch halten. Die Stimmung war hier in der Kurve super. Man musste gar nicht anklatschen, alle haben genau richtig für Stimmung gesorgt. Insgesamt ist das genau die richtige Tendenz. Die 2,31 Meter wären eine schöne Belohnung gewesen. Für die WM habe ich mir vorgenommen, eine neue Bestleistung zu springen. Letztes Jahr hat sich die WM nur wie teilnehmen angefühlt. Ich möchte dieses Jahr richtig mitspringen. Die internationale Spitze ist gerade sehr ausgeglichen. Deswegen hoffe ich, dass ich mit wenig Fehlversuchen punkten kann, so wie es auch heute gut geklappt hat. Bei der Team-EM hatte ich leider zu viele Fehlversuche. Das darf mir in Budapest nicht passieren. Ich muss versuchen, jeden Versuch so wichtig zu nehmen, wie er ist."

 

Niklas Buchholz freut sich über Bestzeit

 

Niklas Buchholz (LSC Höchstadt/Aisch) und dann Velten Schneider (VfL Sindelfingen) übernahmen im 3000-Meter-Hindernisfinale die Tempoarbeit und sorgten mit einem ersten Kilometer in 2:49,48 Minuten dafür, dass sich früh im Rennen eine sechsköpfige Spitzengruppe bildete. Favorit und Titelverteidiger Karl Bebendorf (Dresdner SC 1898) ging das Tempo problemlos mit und ergriff eingangs der Schlussrunde die Initiative. Der EM-Fünfte legte schnell mehrere Meter zwischen sich und seine Verfolger und lief in 8:24,52 Minuten souverän zu seinem fünften DM-Titel in Serie.

 

Lange zurückgehalten hatte sich Jens Mergenthaler (LG farbtex Nordschwarzwald). Diese Taktik ging auf. Im Kampf um Silber setzte sich der 26-Jährige durch. Obendrauf steigerte er seine Bestleistung um gut drei Sekunden auf 8:26,35 Minuten. Mit Bestzeiten wurden auch Niklas Buchholz (8:27,06 Minuten) und Velten Schneider (8:27,72 Minuten) für ihre Tempoarbeit belohnt. Niklas Buchholz durfte sich darüber hinaus über die Bronzemedaille freuen.

 

"Also eine Medialle für meine Trainingsgruppe "Running Gags" war auf jeden Fall das Ziel", gestand Niklas Buchholz. "Velten Schneider und ich waren jetzt zusammen im Trainingslager und wir dachten uns, dass wir trotz der Hitze versuchen wollen schnell zu laufen, um Punkte für die Weltrangliste zu sammeln. Es hat wirklich gut geklappt und es freut mich, dass ich den Mut hatte, vorzugehen und das gut durchgebracht habe. Es hat sich gelohnt. Ich hätte nie gedacht, dass ich eine 8:27-er Zeit laufen kann, wenn ich selbst Tempo mache. Ich habe natürlich die ganze letzte Woche den Wetterbericht gecheckt. Man hat sich natürlich auf die Temperaturen vorbereitet. Es war gut, dass die Zielgerade im Schatten lag."

 

Gabriel Wiertz mit Max Heß auf dem Podest

 

Mit 26 zählt Dreispringer Gabriel Wiertz (TuS 1860 Pfarrkirchen) schon zu den erfahreneren Athleten. Dass er nun in Kassel seine erste DM-Medaille im Erwachsenenbereich abholen würde, war dennoch nicht zu erwarten. Mit 15,31 Meter blieb er nur knapp hinter seiner vor drei Wochen in Essen erzielten Bestleistung (15,44 Meter) und durfte sich freuen, neben dem Abonnementsieger Max Heß auf dem Podium stehen und Bronze in Empfang nehmen zu dürfen. Mit dem undankbaren vierten Rang vorlieb nehmen musste Kugelstoßer Christian Zimmermann (Kirchheimer SC). Eine abermalige Steigerung auf 19,56 Meter zeigen jedoch klar: Es geht nach oben!

 

Wenn der 20-jährige Speerwerfer Jakob Eberler (LG Landkreis Roth) im Auestadion ebenfalls in den Bereich seiner Bestleistung geworfen hätte, dann wäre auch Edelmetall möglich gewesen. So wurde es jedoch beim Sieg des überragenden Europameisters Julian Weber (USC MainZ; 88,72 Meter) ein durchaus achtbarer fünfter Rang mit 69,71 Meter.

 

Ebenfalls hochzufrieden sein darf Sprinterin Densie Uphoff (LG Stadtwerke München). Sie erreichte das 100-Meter-Finale und belegte hinter der überragenden Gina Lückenkemper (SCC Berlin; 11,03 Sekunden) mit 11,55 Sekunden Rang acht, nachdem sie sich im Vorlauf auf 11,40 Sekunden gesteigert hatte. Die gleiche Platzierung gab es für Katharine Winkler (LG Erlangen), die sich für das 100-Meter-Finale qualifiziert hatte und dort starke 13,62 Sekunden anbot.