Hanna Bruckmayer (links) war mit ihrer Platzierung in Espoo zufrieden, mit der Zeit jedoch nicht. Foto: Theo Kiefner

17.07.2023 11:06 // Von: BLV/leichtathletik.de

U 23-EM Espoo: Deutsche Staffeln mit bayerischer Beteiligung im Pech

Insgeheim hatten die bayerischen Sprinter mit den U 23-Europameisterschaften in Espoo (Finnland) mit einer Staffelmedaille geliebäugelt. Dass es dann in den jeweiligen Finals nur Plätze neben dem Podium gab, lag zum einen an Pech, aber auch an der bärenstarken Konkurrenz. So belegte Tina Benzinger (LG Stadtwerke München) mit der deutschen 4 x 100-Meter-Staffel den unglücklichen vierten Platz, während sich Mona Mayer (LG Telis Finanz Regensburg) und Vincente Graiani (LG Stadtwerke München) trotz brillanter Einzeövorstellungen über 4 x 400 Meter jeweils mit dem siebten Rang zufriedengeben musste.

Während Mayer und Graiani in den Finals laut offiziellem Protokoll die mit Abstand schnellsten fliegenden 400-Meter-Zeiten mit 51,92 beziehungsweise 45,84 Sekunden ablieferten, musste ihre jeweiligen Quartette neidlos die Überlegenheit der Konkurrenz anerkennen. Eine tolle Vorstellung bot Langstrecklerin Hanna Bruckmayer (LG Telis Finanz Regensburg), die sich über 10 000 Meter einen Platz unter den Top Ten erkämpfte. Dabei geriet das Finale zum Ausscheidungslauf, in dem es vor allem darauf ankam, sich die Kräfte richtig einzuteilen – denn die Sonne brannte und der Wind wehte, beides kostete so viel Kraft, dass gleich mehrere Athletinnen vorzeitig das Rennen beenden oder im Anschluss medizinisch betreut werden mussten. Dazu zählte leider auch Jasmina Stahl (Hannover 96), die nicht ins Ziel kam, vom DLV-Ärzteteam aber sofort in Empfang genommen wurde und bald wieder auf den Beinen war.

 

Das beste Rennen eines DLV-Trios machte Hanna Bruckmayer, die anders als Jasmina Stahl nicht das hohe Tempo einer größeren Verfolgergruppe mitgegangen war und zunächst abreißen ließ. Am Ende kämpfte sie sich aber doch wieder zurück in die Top Ten und schloss mit Rang neun ihren Frieden: "Es war richtig heiß, und richtig windig", sagte sie. "Mit der Zeit [35:16,65 Minuten] bin ich überhaupt nicht zufrieden, mit der Platzierung schon. Top Ten, damit habe ich überhaupt nicht gerechnet. Vielleicht hätte ich noch defensiver angehen müssen." Emma Heckel (LG Telis Finanz Regensburg) wurde in 35:49,99 Minuten 16. Obwohl sie auf Platz zwei der Meldeliste ins Rennen gegangen war, war sie ohne große Erwartungen gestartet, denn sie hatte zuletzt mit einem Ermüdungsbruch zu kämpfen. "Ich habe erst vor zwei Wochen mit dem Laufen wieder angefangen", erklärte sie, und: "Ich wollte es hier versuchen. Aber sowas mache ich jetzt nicht noch mal."

 

Der letzte Wechsel kostet die Medaille

 

Zweimal in Folge konnten die deutschen U 23-Sprinterinnen sich zuletzt zu U 23-Europameisterinnen mit der Staffel krönen. Vor zwei Jahren standen auch Talea Prepens (TV Cloppenburg) und Lilly Kaden (LG Olympia Dortmund) auf dem Siegerpodest. An Position zwei und drei laufend, war für sie in Espoo gemeinsam mit Startläuferin Antonia Dellert (Sprintteam Wetzlar) und Schlussläuferin Tina Benzinger (LG Stadtwerke München) wieder eine Medaille das erklärte Ziel. Und lange sah es danach aus, als könnte es klappen.

 

Drei erste gelungene Teilstrecken beförderten die Staffel augenscheinlich an die Spitze des Feldes, zumindest aber in aussichtsreiche Position für den Kampf ums Podium auf der Zielgeraden. Dann aber ging der letzte Wechsel schief: "Ich habe Tinas Hand nicht direkt getroffen", erklärte Lilly Kaden, "dann war der Arm etwas unruhig und es wurde schwierig." Zwar fand der Stab noch sein Ziel, doch vorne war der Zug (fast) abgefahren. Die Münchnerin fightete um jeden Zentimeter, am Ende fehlten hinter Großbritannien (43,04 Sekunden), Frankreich (43,39 Sekunden) und der Schweiz (43,59 Sekunden) nur zwei Hundertstel zu Bronze. "Es war kein lausiger Lauf", stellte Tina Benzinger fest. "Die ersten zwei Wechsel waren gut", sagte Talea Prepens. "Wir waren trotzdem ein super Team" – und: "Aus Fehlern lernt man", waren sich alle einig.

 

Louis Pröbstle übersteht die Quali nicht

 

Louis Pröbstle (TV Gräfelfing) beendete die Qualifikation nach 5,20 Metern im zweiten Versuch gemeinsam mit zwei anderen Athleten auf Platz 13. "Ich bin eigentlich ganz gut in den Wettkampf gekommen", blickte er zurück, "dann hatte ich einige unnötige gerissene Versuche, in denen ich eigentlich schon drüber war. Ich habe es eigentlich drauf, das habe ich ja letzte Woche bei der DM in Düsseldorf mit 5,42 Metern gezeigt."

 

DLV-Quartette laufen auf Platz sieben

 

Den Vorlauf hatte die DLV-Staffel mit einem großen Q in 3:06,24 Sekunden gut überstanden, im Finale aber packte die Konkurrenz noch eine Schippe drauf. Allen voran die Italiener, die als Erstes über die Ziellinie stürmten und ihre Fans auf den Rängen des Leppävaara-Stadions zu Jubelgesängen animierten. Ihre Zeit: 3:02,49 Minuten. Dahinter gab's in 3:03,04 Minuten einen neuen U 23-Landesrekord für die Türkei und Silber, die Briten sicherten sich in 3:03,12 Minuten Bronze.

 

Auf diesen Rängen konnte sich das deutsche Quartett mit Tyrel Prenz (SC Potsdam), Vincente Graiani (LG Stadtwerke München), Malte Stangenberg (LC Jena) und Lukas Krappe (SCC Berlin) im gesamten Rennverlauf nicht platzieren. Graiani zog nach der Kurvenvorgabe auf Platz sechs auf die Innenbahn und übergab auch an dieser Position an Malte Stangenberg, der der zu den Top Fünf den Abstand größer werden lassen musste. Auf dem letzten Teilabschnitt rannte dann wie schon im Vorlauf noch die Schweiz mit Lionel Spitz von Rang sieben auf Platz fünf nach vorne. So gab's in 3:07,50 Minuten Platz sieben für das DLV-Quartett.

 

Im Anschluss gab's für Deutschlands 400-Meter-Sprinterinnen die gleiche Platzierung: Annkathrin Hoven (TSV Bayer 04 Leverkusen), Brenda Cataria Byll (LG Olympia Dortmund), Emilia Grahle (Dresdner SC 1898) und Mona Mayer (LG Telis Finanz Regensburg) trugen in der Besetzung wie schon im Vorlauf den Stab ums Rund und waren dabei in 3:34,02 Minuten etwa eine Sekunde schneller unterwegs.

 

Brenda Cataria Byll spielte dabei nach dem Ende der Kurvenvorgabe wieder ihre Schnelligkeit aus, arbeitete sich von drei auf zwei nach vorne und setzte dann sogar dazu an, die Lücke zur Führenden zu schließen. Auf der Zielgeraden aber wurde es hart, sie wurde vom Pulk der Verfolgergruppe wieder eingesammelt und Emilia Grahle sortierte sic nach der Stabübergabe als Sechste ein. Eine Position verlor sie auf ihren 400 Metern – Mona Mayer eroberte zwischenzeitlich Platz sechs zurück, musste dann aber auf der Zielgeraden doch wieder die Finnen vorbeilassen.

 

Drama gab's an der Spitze: Die französische Schlussläuferin schob sich noch kurz vor der Ziellinie um zwei Hundertstel an der Schweiz vorbei und ließ ihr Team über die Goldmedaille jubeln: 3:30,60 Minuten. Auch die Schweiz jubelte, über einen neuen U 23-Landesrekord von 3:30,62 Minuten und Silber. Die Spanierinnen dahinter waren in 3:31,33 Minuten ebenfalls so schnell wie nie zuvor eine U 23-Staffel ihres Landes.