Überlegen holte sich Niklas Buchholz den Titel über 2000 Meter Hindernis. Im Ziel freute er sich entsprechend.

Doppel-Selfie: (von rechts) Alica Schmidt und Corinna Schwab halten den bayerischen Doppelsieg über 400 Meter für das persönliche Erinnerungsalbum fest.

Dreispringer Paul Walschburger holte sich nach seinem Hallentitel auch nun auch DM-Gold im Freien.

Dicht dahinter landete sein Trainingspartner David Kirch. Der gewann tags darauf dann Gold im Weitsprung der U 20.

Katrin Fehm krönte ihre überragende Saison mit Silber über 200 Meter.

Spannendes Duell um den Titel: Miriam Dattke (rechts) musste sich über 5000 Meter erst auf den letzten Metern Lisa Oed geschlagen geben.

Auf den Punkt konnte Hammerwerfer Christoph Gleixner sein Potenzial in Ulm abrufen. Der Lohn war die Bronzemedaille.

Jessyka Schneider bleibt ein Bank in Sachen Medaillen bei der DM. Diesmal holte die Hammerwerferin aus dem Allgäu Silber.

Bronze gab es für die 3 x 1000-Meter-Staffel des LSC Höchstadt: (von links) Marco Kürzdörfer, Martin Grau und Tobias Budde.

Ihre Ausnahmestellung in der bayerischen Leichtathletik untermauerte auch bei den Deutschen Jugendmeisterschaften in Ulm Corinna Schwab. Alle Fotos: Theo Kiefner

08.08.2017 10:52 // Von: Reinhard Köchl

Deutsche Jugendmeisterschaften Ulm – U 20: Bayern glänzen in der Punktewertung von Rang eins

Zwei Gesichter trug Gerd Neubauer, Vizepräsident Sport im Bayerischen Leichtathletik-Verband (BLV), bei den Deutschen Jugendmeisterschaften im Ulmer Donaustadion zur Schau. Das weinende galt seinem Schützling Amelie Döbler, der zwei Mal knapp am Podest gescheitert war. Das lachende war der Bilanz der bayerischen Nachwuchssportler vorbehalten: In der Länderwertung belegten sie Rang eins und holten neun Titel bei insgesamt 24 Medaillen. „Ein guter Schritt nach vorne“, kommentierte der BLV-Vize.

Man hätte es auch noch eine Spur euphorischer ausdrücken können: In Ulm erzielten die weißblauen Leichtathleten der Altersklassen U 20 und U 18 eines der besten Gesamtergebnisse bei Deutschen Jugendmeisterschaften in diesem Jahrtausend. Nur 2007 im Berliner Olympiastadion fiel die bayerische Bilanz noch eine Spur besser aus. Dies ist insofern von Belang, als dass die bei der DJM erzielten Länderpunkte alljährlich für den DOSB (Deutscher Olympischer Sportbund) als Grundlage für die Verteilung diverser Finanzmittel dienen. Bayern, das im Vergleich zu besser ausgestatteten Bundesländern bislang über nur zwei Bundesstützpunkte verfügt, wobei jener in Fürth nach den Plänen für die Reform des Spitzensports von DOSB und Innenministerium sogar vor dem Aus steht, holte in der Addition der U 20 und U 18-Resultate souverän Rang eins mit 258 Zählern vor Westfalen (246) und Württemberg (228). Dem liegt vor allem ein bärenstarker U 18-Jahrgang zugrunde, der in seiner Altersklasse mit 132 Punkten klar die Pole-Position vor Westfalen (126) und Sachsen einnimmt, während die bayerischen U 20er mit 126 Punkten Rang zwei hinter Württemberg (134) und vor Baden (125) einnehmen.

„Ich bin im Großen und Ganzen wirklich zufrieden“, betonte Neubauer im Gespräch mit blv-online. „Wir, aber vor allem die bayerischen Heimtrainer, haben diesmal einen sehr guten Job gemacht!“ Immerhin wecken die guten, zum Teil sogar herausragenden Resultate von Ulm bei den Verantwortlichen des BLV wieder neue Hoffnung, den Stützpunkt Fürth womöglich doch noch am Leben erhalten zu können. „Das bayerische Innenministerium hat bereits die Zahlen bezüglich unseres Abschneidens bei den Deutschen Jugendmeisterschaften angefordert“, berichtete der Vizepräsident. „Innenminister Joachim Herrmann will sich nun persönlich bei seinem Amtskollegen im Bund, Thomas de Maizière, einsetzen, um Fürth bis auf weiteres zu erhalten. Ich denke, dass dieser Vorstoß nicht ganz aussichtslos ist.“

Natürlich hätte die Bilanz noch um einiges besser ausfallen können. Der vorjährige U 18-Europameister im Hochsprung, Lucas Mihota (DJK SB Rosenheim), eigentlich eine sichere Medaillenbank, fehlte verletzungsbedingt, Staffel-Europameisterin Katrin Fehm (ESV Amberg) verzichtete auf die 100 Meter und Neubauers eigene Athletin Amelie Döbler (LG Stadtwerke München), immerhin 2016 Diskus-Vizeeuropameisterin in der U 18, blieb nach einem vor allem von Verletzungen geprägten Saison hinter ihren eigenen Erwartungen zurück. Dies kompensierten auch diesmal wieder einige unerwartete Erfolge, vor allem im männlichen Weitsprung, wo Neubauer ausdrücklichen seinen Vereinskameraden vom TSV München Ost und BLV-Dreisprungtrainer Richard Kick hervorhob. „Auf Ritchies Konto gehen allein drei Goldmedaillen. Das ist schon außergewöhnlich.“

Sprint: Nachholbedarf trotz Medaillen für Schwab, Schmidt und Fehm

Nach einem Durchhängerjahr 2016 hat sich auch der U 20er-Jahrgang wieder gefangen. Die Tendenz mit Platz zwei sei positiv, lobte Neubauer, benannte dabei aber auch einige unübersehbare Schwächen. Als aktuelles Sorgenkind hat der Funktionär diesmal den Sprint ausgemacht. Vor allem in der männlichen U 20 habe keiner der angetretenen Bayern ein Finale erreichen können. Die Bilanz polierten vor allem die Mädels auf, wobei über 400 Meter gleich die ersten beiden Plätze an Sportlerinnen aus dem Freistaat gingen. Die einmal mehr überragende Corinna Schwab (TV 1861 Amberg) und Alica Schmidt (MTV 1881 Ingolstadt), ihre Mitstreiterin aus der 4 x 400-Meter-Euro-Staffel, die bei der U 20-EM in Grosetto Silber gewann, machten den bayerischen Doppelsieg perfekt. Schwab ließ von Anfang an keinen Zweifel daran, wer das Donaustadion als Siegerin verlassen würde und gewann nach einer starken Vorstellung mit 53,50 Sekunden, während Schmidt auf der Zielgeraden ihren gefürchteten Turbo zündete, von Platz vier auf den Silberrang stürmte und dabei ihre Bestzeit von 54,23 Sekunden einstellte.

Medaille Nummer drei gab es für Staffel-Europameisterin und Weltrekordlerin Katrin Fehm (ESV Amberg), die über 200 Meter zur Vizemeisterschaft stürmte (23,58 Sekunden). Auch die zweiten Bayerin im Endlauf, Marina Scherzl (LG Kreis Dachau), konnte nach einem sechsten Rang in 24,48 Sekunden erhobenen Hauptes Richtung Heimat fahren. In der reinen Disziplinwertung belegt der bayerische Sprint dennoch nur Rang acht (55); ein Rückschritt nach jeweils zwei zweiten Plätzen 2016 und 2015. Gerhard Neubauer sieht hier jedenfalls Handlungsbedarf: „Wenn wir es wirtschaftlich schultern können, müssen wir uns im Bereich Sprint von der Trainerseite her unbedingt verstärken.“

Sprung: Zwei Titel, aber Flaute im Stabhochsprung

Gemischte Gefühle hinterlässt die Bilanz des Disziplinbereiches „Sprung“. Da sind im U 20-Bereich zum einen die überragenden Titel von Paul Walschburger (LG Stadtwerke München) im Dreisprung sowie im Weitsprung durch David Kirch (SpVgg Auerbach-Streitheim), beides Schützlinge von Richard Kick, sowie Hochsprung-Bronze durch Laura Gröll (LG Eckental). „Aber im weiblichen Bereich der U 20 gibt es im Weit- und Dreisprung wenig etwas Vergleichbares“, bemängelte der BLV-Vize. Lediglich Jasmin Maxbauer (LG ECkental) holte mit Platz acht im Dreisprung (11,90 Meter) noch einen Zähler für den Freistaat. „Und der Stabhochsprung findet im Jugendbereich bei uns schlicht nicht statt.“ Gleichwohl belegt der Sprung in der Gesamt-Disziplinwertung Rang vier und in der U 20 sogar Platz zwei – ohne Lucas Mihota und vor allem dank der Medaillengewinner.

Paul Walschburger galt als jahresbester Dreispringer sowieso schon als haushoher Favorit. Nun wollte der 19-Jährige seinem Titel in der Halle auch Freiluft-Gold hinzufügen. Mit 14,81 Meter im ersten Durchgang legte er bereits den Grundstein. „Aber ohne einen 15-er wollte ich nicht rausgehen“, sagte der Neu-Münchner. Im vierten Versuch landete er schließlich trotz einer noch immer nicht ausgeheilten Fersenprellung bei 15,10 Metern. Es war der einzige 15-Meter-Sprung der Konkurrenz und der reichte zum Titelgewinn. Dass auf Platz zwei mit David Kirch ebenso ein Dreisprung-Novize landete (14,87 Meter) freute nicht nur Kick und Neubauer. Doch Kirch setze tags darauf noch einen drauf. Eigentlich war Marcel Cymcyk (SSV Ulm) dank seines Heimvorteils der erklärte Favorit und legte auch im zweiten Versuch mit 7,23 Metern einen guten Sprung vor. Doch dann kam im vierten Durchgang Kirch und flog auf 7,27 Meter und damit auf den Spitzenrang. Von diesem ließ er sich im weiteren Wettbewerb auch nicht mehr verdrängen. Damit sicherte sich der Schwabe, bis im Vorjahr noch Mehrkämpfer, auch Gold im Weitsprung. „Darauf bin ich schon stolz, vor allem, weil ich das ganze Wochenende Anlaufprobleme hatte.“

Für Laura Gröll bedeutete die Bronzemedaille in der U 20 das zweite Edelmetall nach den überraschenden Medaillengewinn bei den Deutschen Frauenmeisterschaften in Erfurt. Diesmal reichten der sympathischen Sportlerin aus dem Mittelfränkischen 1,77 Meter hinter Mareike Max (SV Werder Bremen; 1,80 Meter) und Meike Reimer (ABC Ludwigshafen; 1,77Meter). Ein weiteres Trostpflaster für die trotz abermaliger Normerfüllung verpasste Teilnahme an der U 20-EM in Grosetto.

Lauf: Stärkster bayerischer Block

Eindrucksvoll präsentierte sich 2017 in Ulm der bayerische Lauf. „Unser stärkster Block“, wie Gerhard Neubauer konstatierte. Dabei ragten vor allem die Hindernisläufer sowohl in der U 18 wie auch in der U 20 heraus. Beim älteren Jugendjahrgang lieferte Niklas Buchholz (TSV Hemhofen) über 2000 Meter Hindernis ein eindrucksvolles Beispiel seiner Überlegenheit ab. Schon in der zweiten Runde löste er sich vom restlichen Feld und lief bis zum Schluss mit teils 50 Meter Vorsprung sicher seinen Titel nach Hause (5:53,41 Minuten). Erfreulich war dabei auch noch die Bronzemedaille, die sich Nick Jäger (TSV Penzberg), der noch dem jüngeren U 20-Jahrgang angehört, in 5:57,28 Minuten erkämpfte. Mit Hannes Burger (Läuferclub Buchendorf) landete noch ein weiterer Bayer als Siebter unter den Top acht (6:05,55 Minuten).

Herausragend auch Miriam Dattke (LG Telis Finanz Regensburg). Nach ihrem Vize-Europameistertitel von Grosetto landete die 18-Jährige auch bei den Deutschen U 20-Meisterschaften auf dem Silberrang. Wie in der südlichen Toskana wagte Dattke früh einen Vorstoß, um das Rennen für sich zu entscheiden. Doch Hindernis-U 20-Europameisterin Lisa Oed (SSC Hanau-Rodenbach) heftete sich an ihre Fersen und setzte sich auf den letzten Metern in 9:50,63 Minuten hauchdünn vor der Jahresschnellsten aus Regensburg (9:50,90 Minuten) durch. Knapp an einem Medaillenrang vorbei lief über 1500 Meter Salome Kirchner (SC Vöhringen). In 4:40,51 Minuten belegte sie den undankbaren vierten Rang im Finale. Im Bahngehen über 5000 Meter der U 20 kam Katharina Wax (SpVgg Niederaichbach) in 28:23,20 Minuten auf den sechsten Platz.

Wurf: Starke Hammerwerfer mit Medaillen

Vier Medaillen gehen auf das Konto des Disziplinbereiches Wurf. In der Gesamtwertung aller Jahrgänge belegen die Bayern hier mit 75 Punkten den zweiten Rang. Vor allem die Hammerwerfen ließen diesmal wieder aufhorchen. Jessyka Schneider (TV Hindelang), 2015 noch Deutsche U 18-Meisterin, holte sich in ihrem letzten U 20-Jahr noch einmal Silber mit ansprechenden 54,15 Meter hinter der dominierenden Kirsten Vogt (SC Preußen Berlin; 59,05 Meter). Auf den Punkt seine beste Saisonleistung konnte Christoph Gleixner (LG Landkreis Aschaffenburg) auf dem Nebenplatz des Ulmer Donaustadions abrufen. Seine 65,87 Meter bedeuteten nicht nur eine neue persönliche Bestleistung, sondern auch die verdiente Bronzemedaille.

Nicht unbedingt erwarten durfte man auch das Edelmetall von Yannick Limmer (LG Stadtwerke München) im Speerwerfen. 62,64 Meter katapultierte der 19-jährige Münchner den 800 Gramm schweren Speer im letzten Durchgang weit und sich damit auf den dritten Rang. Dagegen platzten die Medaillenträume für dessen Vereinskameradin Amelie Döbler. Im Diskuswerfen kam sie zwar mit 50,24 Meter erneut über die 50-Meter-Marke. Zum Podest (Charleen Zoschke; SCC Berlin; 50,58 Meter) fehlten allerdings 34 Zentimeter. Ein ähnliches Bild ergab sich im Kugelstoßen, wo Döbler mit 14,78 Meter ebenfalls Vierte wurde. Dennoch will die 18-Jährige, die auch 2018 noch in der U 20 startberechtigt ist, ihr „Seuchenjahr“ möglich schnell abhaken und nach vorne blicken. Zwei weitere Kugelstoßer aus Bayern schafften ebenfalls noch in der männlichen U 20 Podestplätze: Martin Knauer (LG Stadtwerke München) kam mit 16,42 Meter auf Platz sechs und Jannick Voß (TSV Schleißheim) wurde mit 16,16 Meter Achter.

Münchner 3 x 800-Meter-Frauen holen Silber

Die 3 x 800-Meter-Staffel der LG Stadtwerke München holte bei der diesjährigen Auflage der Langstaffel-Meisterschaften der Männer und Frauen im Rahmen der deutschen Jugend-Meisterschaften in Ulm Silber, während die LG Telis Finanz Regensburg auf dem Bronzerang einkam. Christine Gess, Mareen Kalis und Katharina Trost kamen mit einer Zeit von 6:19,49 Minuten hinter dem TSV Bayer 04 Leverkusen (6:17,87 Minuten) ins Ziel. Eine Verteidigung des Vorjahrestitels mit Schlussläuferin Christina Hering, die wegen ihrer WM-Teilnahme in diesem Jahr fehlte, verpasste das Trio damit nur knapp.

Gess als Startläuferin wechselte nach ihren zwei Bahnumrundungen als Dritte hinter Leverkusen und dem TV Wattenscheid. Kalis auf dem zweiten Streckenabschnitt übernahm nach etwa 300 Metern die Führung, die sie bis zum letzten Wechsel auf etwa zehn Meter ausgebaut hatte. Doch Leverkusen gab sich nicht geschlagen. Schlussläuferin Carolin Walter, eigentlich eher auf den 400 Metern zuhause, hatte die Lücke auf Katharina Trost dann auch bereits nach 200 Metern geschlossen. Im Zielspurt hatte Walter dann die höhere Endgeschwindigkeit zu bieten. Der Rückstand auf die Regensburger Kolleginnen, die mit Mares-Elaine Strempler, Stella Kubasch und Maren Orth antraten und nach 6:28,26 Minuten die Ziellinie überquerten, betrug fast neun Sekunden.

Ebenfalls ein bayerisches Duell um Bronze gab es über 3 x 1000 Meter bei den Männern. Letztlich setzte sich hier der LSC Höchstadt/Aisch mit Tobias Budde, Martin Grau und Marco Kürzdörfer in 7:13,70 Minuten vor der LG Telis Finanz Regensburg (Moritz Beinlich-Tim Cherif Ramdane-Simon Boch) in 7:17,97 Minuten durch.

Über das Abschneiden des bayerischen U 18-Jahrgangs folgt noch ein eigener Bericht.