"Bayern, des samma mir...": Felix Schmidt zeigte nach seinem Silberlauf über 300 Meter Hürden Flagge und ging im hohen Norden in Lederhosen zur Siegerehrung. Foto: privat

Allesandro Rastelli wurde in Bremen seiner Favoritenrolle gerecht und holte sich über 300 Meter ungefärdet den Titel.

Im Kreis von Deutschlands Besten konnte sich Mara Barwitzli in Bremen etablieren. Im Weitsprung holte die Eckentalerin Bronze, über 100 Meter Silber. Foto: Theo Kiefner

15.08.2017 21:33 // Von: Reinhard Köchl

U 16-DM Bremen: Bayerns Nachwuchs fällt auf Platz drei in der Länderwertung zurück

Zum vierten Mal kamen in Bremen die Deutschen U 16-Meisterschaften zur Austragung, und zum ersten Mal gab es bei Bayern, dem ehedem stärksten Landesverband bei diesen Titelkämpfen, große Lücken zu konstatieren. Mit ganzen zwei Deutschen Meisterschaften durch 300-Meter-Sprinter Allessandro Rastelli und Speerwerfer Florian Unold bei insgesamt elf Medaillen gilt es angesichts des hervorragenden Abschneidens von 2016 Ursachenforschung zu betreiben.

Verspüren die Vereine respektive deren Trainer durch die weite Anreise in die Hansestadt oder den späten (Urlaubs-) Termin keine gesteigerte Lust auf die Deutschen U 16-Meisterschaften? Oder liegt es möglicherweise an der Zusatzqualifikation, die für den einen oder anderen eine unüberwindliche Hürde darstellt? Fakt ist jedenfalls, dass heuer deutlich weniger Nachwuchsathleten in Bremen antraten als noch im Jahr zuvor, wobei in nicht wenigen Wettkämpfen erschreckenderweise kein einziger Sportler aus dem Freistaat in der Ergebnisliste zu finden war.

Nach jeweils ersten Plätzen in der Länderwertung belegt Bayern jedenfalls 2017 "nur" den dritten Rang in der Gesamtwertung hinter Hessen und Westfalen. Den Löwenanteil der bayerischen Punkte ergatterte diesmal das vermeintlich "starke" Geschlecht, nämlich die Buben. Auf ihr Konto gingen allein acht Medaillen, davon die beiden Titel, während die Mädchen mit nur drei Mal Edelmetall eher enttäuschend abschnitten und in der Länderwertung einen indiskutablen neunten Platz einnahmen.

In einer Analyse gilt es nun zu klären, warum vor allem ein Großteil der D-Kadermitglieder des Jahrgangs 2002 nicht beim erklärten Saisonhöhepunkt antrat, und das trotz erreichter A-Quali. Auch das Manko, dass in einigen Disziplingruppen so gut wie keine Sportler die Endkämpfe erreichten, wird Gegensatz eine Bewertung sein müssen. Die äußeren Bedingungen in Bremen passten sich jedenfalls dem aus bayerischer Sicht recht tristen Wochenende an. Während der gesamte Samstag unter Dauerregen und Temperaturen von maximal 14 Grad litt, blieb der Sonntag wenigstens in Teilen trocken. Erst gegen Ende der Titelkämpfe, als die Staffeln gerade die Ziellinie überquert hatten, zeigte sich die Sonne wieder und erwärmte zumindest zum Abschied die Gemüter.

Dies alles soll jedoch die hervorragenden Leistungen der frischgebackenen Meister Alessandro Rastelli (DJK Waldram-Wolfratshausen) und Florian Unold (LG Stadtwerke München) auf keinen Fall schmälern. Rastelli brannte nach seiner deutschen Bestleistung über 300 Meter bei den Süddeutschen Meisterschaften In Ingolstadt erneut eine schnelle Dreiviertelrunde auf die Bahn: In 34,87 Sekunden kam er bis auf eine halbe Sekunde an seine eigenen Rekord von 34,33 Sekunden heran. Der Vorsprung auf den zweitplatzierten Alexander Lind (SG Wenden; 36,17 Sekunden) betrug 1,3 Sekunden. Mit Daniel Graßl (MTV 1881 Ingolstadt) erreichte ein weiterer Bayer das A-Finale und belegte Rang sieben (37,36 Sekunden). Die Pläne Rastellis, auch über 100 Meter mit Edelmetall dekoriert zu werden, wurden allerdings durch einen Fehlstart im Vorlauf jäh zerstört.

Mit starken 57,63 Meter holte sich Florian Unold schließlich den M 15-Titel im Speerwerfen ab. Der Schützling von Trainer Stefan Seeck hätte mit vier seiner sechs Versuchen Gold gewonnen und erwies sich als nächstes vielversprechendes Talent aus der starken Münchner Speerwurfschule.

Insgeheim auch mit einem Titel geliebäugelt hatten Hammerwerfer Merlin Hummel (UAC Kulmbach), Diskuswerfer Alexander Schaller, Dreispringer Timor Luzius, Sprinter Florian Knerlein (alle LG Stadtwerke München) und 300-Meter-Hürden-Sprinter Felix Schmidt (TSV 1861 Mainburg). Doch sie alle mussten in ihren jeweiligen Disziplinen anerkennen, dass einer mit ihnen an den Start, der eben um das berühmte Quentchen besser war. Bei Hummel handelte es sich um keinen Geringeren als Sören Hilbig (VfR Evesen). Sein Wurfgerät flog im ersten Durchgang einen Meter weiter als seine bisherige Bestmarke und landete bei 75,17 Metern. Damit übertrumpfte er die deutsche M 15-Bestleistung von Markus Esser (TSV Bayer 04 Leverkusen; 74,56 Meter) aus dem Jahr 1995 um mehr als einen halben Meter. Unter diesen Vorzeichen kann man mit 68,46 Metern des bayerischen Rekordhalters, die letztendlich zu Rang zwei reichten, hoch zufrieden sein.

Ähnliches gilt für Alexander Schaller, der in Bremen trotz neuer hervorragender Bestleistung von 56,98 Meter die Überlegenheit von Matteo Maulana (LAC Erdgas Chemnitz; 57,45 Meter) neidlos anerkennen musste und sich mit Platz zwei begnügen musste. Im Kugelstoßen schrammte Schaller mit einer Weite von 16,90 Meter als Vierter knapp an den Medaillenrängen vorbei. Ebenfalls Silber gab es für Timor Luzius im Dreisprung (12,98 Meter) sowie Florian Knerlein über 80 Meter Hürden (10,77 Sekunden), wobei Letzterer über 100 Meter in Abwesenheit seines bayerischen Konkurrenten Alessandro Rastelli noch Bronze in guten 11,06 Sekunden holte.

Über 300 Meter Hürden durfte sich Felix Schmidt nach der besten Vorlaufzeit noch Hoffnungen machen, doch auch hier reichte ein neuer Hausrekord im A-Finale (39,73 Meter) nicht, um Hannes Lochmüller (THSV Creation Großengottern; 39,49 Sekunden) in Gefahr zu bringen. Auch für Schmidt blieb ein mehr als achtbarer zweiter Platz, auf den er zu Recht stolz sein darf. Simon Wirtz (LG Würm Athletik) belegte im Endlauf noch den siebten Platz (41,51 Sekunden).

Eher trist sah dagegen die Bilanz der Mädchen aus dem Freistaat in Bremen aus.  So lag es einzig an den beiden Medaillengewinnerinnen Mara Barwirtzki (LG Eckental) und Cassandra Bailey (LG Stadtwerke München), die weißblaue Bilanz nicht ganz in den Nullbereich abrutschen zu lassen. Barwitzki stellte auch im hohen Norden ihr Ausnahmetalent unter Beweis und wurde Deutsche Vizemeisterin über 100 Meter in 12,29 Sekunden hinter Antonia Dellert (LG Seligenstadt), die mit 11,99 Sekunden als Einzige unter zwölf Sekunden blieb. Im Weitsprung reichte es für Barwitzki mit 5,57 Meter zu Bronze, wobei zur Siegerin Bettina Kappert (SC Wentorf; 5,65 Meter) nur acht Zentimeter fehlten.

Abermals die 15-Meter-Marke im Kugelstoßen übertreffen konnte Cassandra Bailey. Ihre 15,01 Meter reichten schlussendlich zum zweiten Rang. Gegen die Sina Prüfer (Hallesche Leichtathletik-Freunde), die auf 15,82 Meter, war an diesem Tag kein Kraut gewachsen. Im Diskuswerfen blieb die 15-jährige Münchnerin ein wenig hinter ihren Erwartungen zurück. 36,75 Meter reichten für sie zu Platz sechs. Mit ihrer persönlichen Bestleistung (39,27 Meter) hätte sie ebenfalls Silber gewinnen können.

Einen Achtungserfolg konnte Susanne Göbel (MTV 1881 Ingolstadt) verbuchen: Über 300 Meter Hürden erreichte sie den A-Endlauf und belegte hier den siebten Rang (45,88 Sekunden).