U 23-DM Göttingen: Die Titelkämpfe der bayerischen Überraschungen
In einigen Heimstadien der frischgebackenen Deutschen Meister gibt es noch nicht einmal einen BLV-Stützpunkt, was um so mehr für die hervorragende Arbeit der jeweiligen Heimtrainer spricht. Im Falle von Stefan Gorol (DJK Friedberg) überraschte dessen "Coup von Göttingen" jedoch sogar seinen eigenen Anhang. Der 22-Jährige Viertelmeiler, der als bodenständig und vereinstreu gilt, bildete nicht mehr und nicht weniger als die Sensation der beiden DM-Tage im südlichen Niedersachsen.
Gorol knautschte sich im Finale formlich mit einem furiosen Finish zum Titel und zur persönlichen Bestzeit von 46,85 Sekunden. "Ich habe geschaut, dass ich locker bleibe. Auf der Zielgeraden ist es mir dann gelungen, mich ganz nach vorn zu schieben", kommentierte der blonde Schwabe, der sich als Vorlauf-Schnellster bereits auf 46,97 Sekunden gesteigert hatte und im Finale nur um 25 Hundertstel an der Norm für die U 23-EM vorbei preschte. "Ich hoffe aber zumindest auf einen Staffeleinsatz", sagte Gorol, der schon am Morgen seines bislang größten Wettkampfes gespürt hat, "dass heute etwas geht". Mit Johannes Trefz (LG Würm Athletik; 46,93 Sekunden) kam noch ein weiterer Bayer in die Medaillen, und zwar auf den dritten Platz, während für Benedikt Wiesend (LG Stadtwerke München) trotz einer weiteren 46er-Zeit (46,98 Sekunden) nur der undankbare vierte Rang blieb.
Beinahe im Wochentakt derzeit Christina Hering (LG Stadtwerke München) glänzende Leistungen ab. In Göttingen trat die lang aufgeschossene 19-Jährige wieder über 400 Meter an - und das ganz schön schnell. Die Münchenerin, die noch zur U 20-Klasse gehört, steigerte sich auf starke 53,60 Sekunden. „So schnell?“, sagte Hering nach dem Rennen. „Damit hätte ich nicht gerechnet.“ Die Norm für die U 20-EM (54,40 Sekunden) in Rieti (Italien; 18. bis 21. Juli) hatte sie schon vor dem Gewinn der Goldmedaille und steht jetzt dennoch vor einem Luxusproblem, schließlich hat sie auch bereits die Norm über 800 Meter. „Ich entscheide nach Mannheim, über welche Strecke ich in Rieti starte.“ Auf eine Strecke festlegen, das kommt für sie noch nicht in Frage. „Ich laufe einfach beides gerne.“
Thea Heim vertritt Corinna Harrer perfekt
Obwohl Corinna Harrer in Göttingen fehlte, ging der Sieg über 1500 Meter dennoch nach Regensburg. „Coco kann ich nicht vertreten, aber Gold fühlt sich dennoch toll an“, sagte Thea Heim (LG Telis Finanz Regensburg), die in 4:24,36 Minuten als Erste ins Ziel lief. „Ich kann auf den letzten 300 Metern nochmal richtig zulegen, das konnte ich heute gut ausspielen“, sagte die 20-Jährige, die bei der Hallen-DM der Aktiven in diesem Winter auf Platz sechs gelaufen war. Bis 400 Meter vor dem Ziel hatte sie in Maya Rehberg (SC Rönnau 74) eine treue Begleiterin gefunden. Mit Andelka Tancic kam sogar noch eine weitere Läuferin aus der Domstadt als Sechste ins Ziel (4:38,20 Minuten), während Katrin Wallner (LG Stadtwerke München) als Achte (4:40,19 Minuten) gefiel.
Und noch eine dritte junge Dame, die eigentlich niemand so richtig auf der Rechnung gehabt hatte, durfte sich in Göttingen über hoch verdienteste DM-Gold freuen. Zwar hatte Cornelia Griesche (DJK Ingolstadt) ein klein wenig mit dem Titel über 3000 Meter Hindernis geliebäugelt. Während des Rennens sah es dann aber erst ganz anders aus. Regine Neumayer (VfB LC Friedrichshafen) zog vom Startschuss an einsam ihre Runden. „Da hatte ich mich gedanklich schon mit dem zweiten Platz angefreundet“, sagte Cornelia Griesche. Doch dann verließen Neumayer die Kräfte, Griesche kam Schritt um Schritt näher und konnte sie auf der letzten Runde überholen. „10:27,28 Minuten sind okay, auch wenn ich gerne schneller gelaufen wäre."
Bayerischer Doppelsieg über die Hindernisse
Gleich einen bayerischen Doppelerfolg gab es über die selbe Strecke bei den U 23-Männern durch den überragenden Martin Grau (TSV Höchstadt/Aisch) und Valentin Unterholzner (LG Telis Finanz Regensburg). Der vorjährige Vizemeister Grau übernahm früh couragiert die Spitze, machte aber erst 900 Meter vor Schluss ernst. Schnell legte er zehn und bald noch mehr Meter zwischen sich und die Verfolger, um schließlich in 8:50,12 Minuten als klarer Sieger das Ziel zu erreichen. Dort führte er ein spontanes Freudentänzchen auf. "Auch das ein Zeichen, dass ich nicht mehr unter dem Druck stehe, den ich mir in den Vorjahren häufig selbst gemacht habe", so der Hindernisläufer, der sich mit seinen 8:42,60 Minuten von Dessau derzeit am Limit sieht. Dennoch arbeitet er darauf hin, bald unter 8:40 Minuten laufen zu können. Bei der U23-EM will er das Finale erreichen.
Dass hinter ihm Valentin Unterholzner (LG Telis Finanz Regensburg) als Zweiter über die Ziellinie lief, lässt sich auch in die Rubrik "Überraschungen" verbuchen. Der Regensburger verbesserte sich deutlich auf 8:52,49 Minuten und verwies Tim Stegemann (VfV Spandau; 8:54,83 Minuten) mit einer Tempoverschärfung eingangs der letzten Runde auf den dritten Platz.
Keineswegs unzufrieden war Hürdensprinter Sebastian Barth (LG Würm-Athletik) mit seinem Vizemeistertitel in 14,30 Sekunden bei 0,6 Meter Gegenwind hinter Julian Marquardt (Hallesche LA-Freunde; 13,99 Sekunden), auch wenn er am Vorwochenende in Regensburg mit 13,78 Sekunden deutlich schneller gelaufen war. Sehr guter Vierter, wenn auch hauchdünn vom Podest verdrängt, wurde im Finale Fabian Fleischmann (1. FC Passau) in 14,48 Sekunden.
Schwandke knapp geschlagen
Knapp das Nachsehen hatte im Hammerwurf der U 23-Junioren Tristan Schwandke (TV Hindelang) mit 67,41 Meter gegen seinen Dauerkonkurrenten Paul Hützen (TSV Bayer 04 Leverkusen; 68,04 Meter). Sebastian Schramm (LG Stadtwerke München) kam hier als Fünfter in die Ergebnisliste (58,95 Meter). Dreispringer Ivane Antonov (LAC Quelle Fürth) wäre gerne in die Nähe der U 20-Norm gesprungen. So blieb es jedoch bei 15,03 Meter und dem Bronzeplatz. Ebenfalls der dritte Rang stand am Ende eines windbeeinflussten 400-Meter-Hürdenlaufes für Tobias Giehl (LG Würm Athletik; 51,20 Sekunden), der diesmal die Überlegenheit seines langjährigen Rivalen Varg Königsmark (SC Magdeburg; 50,22 Sekunden), aber auch von Felix Franz (LG Neckar-Enz; 50,72 Sekunden) anerkennen musste.
Weitere Top-8-Platzierungen für die weißblaue Leichtathletik-Gemeinde lieferten die 5000-Meter-Läufer der LG Telis Finanz Regensburg mit Moritz Steininger (14:44,63 Minuten), Fabian Alraun (14:45,84 Minuten) und Jonas Koller (14:51,08 Minuten). Das Trio bewältigte ein sehr schwierig zu laufendes, weil immer schneller werdendes Finale standesgemäß auf den Plätzen vier, fünf und acht. Im Rahmen ihrer Möglichkeiten blieben die Speerwerfer Kim-Dominik Seyfried (LG Augsburg) und Markus Kosok (LG Donau-Ries). Mit 68,16 Meter beziehungsweise 67,30 Meter schafften beide die Endkampfränge sechs und sieben.
Nicht ganz den eigenen Erwartungen entsprach dagegen das Abschneiden der fürdie LG Stadtwerke München startenden Riedl-Zwillinge über 200 Meter. Martina, im Vorjahr immerhin noch Deutsche U 23-Meisterin, belegt in Göttingen Rang fünf (24,60 Sekunden), während Julia einen Platz und eine Hundertstel dahinter einlief (24,61 Sekunden). 1,70 Meter reichten Nadine Niemann (LAZ Obernburg-Miltenberg) im Hochsprung zu Rang sieben.