Bayern-Titelkämpfe Plattling - U 20/ U 18: Die Jüngeren stehlen den Älteren teilweise die Show
G 8, Veränderungen durch die Pubertät, weniger talentbedingte automatische Erfolgserlebnisse, dafür eine unabdingbare Steigerung des Trainingsumfangs: Woran es genau liegt, dass in der U 20 immer weniger junge Athleten ihre Erfüllung in der Leichtathletik suchen, mag von Fall zu Fall verschieden sein. Nimmt man jedoch die Meldezahlen aus den drei bis vier Jahre zurückliegenden Schülerjahrgängen als Maßstab, so fällt das Wegbrechen zahlreicher einstiger Hoffnungen deutlich ins Gewicht. In Plattling waren die Wettbewerbe der U 18 bis auf wenige Ausnahmen stärker besetzt, als die der U 20. Auch musste manch jüngerer Sportler eindeutig mehr leisten, um auf das Treppchen zu kommen oder gar eine Medaille zu ergattern, als seine älteren Kolleginnen und Kollegen.
Eine rühmliche Ausnahme dieser unseligen Regel stellte im Hochsprung der U 20 „Überflieger“ Tobias Potye (FC Aschheim) dar. Wenige Tage, bevor es mit der Nationalmannschaft nach Rieti zur U 20-EM geht, verbesserte der 18-Jährige mal eben seine persönliche Bestleistung unter dem frenetischen Jubel der begeisterten Plattlinger Zuschauer auf fantastische 2,17 Meter. Potye war erst in den Wettbewerb eingestiegen, als seine ärgsten Widersacher Manuel Marko (LAZ Kreis Würzburg; Silber mit 2,02 Meter) und Elias Enache (LG Augsburg; Bronze mit 1,96 Meter) schon längst ausgeschieden waren. Damit gehört der junge Oberbayer zu den besten deutschen Höhenjägern seiner Generation, von seiner bayerischen Heimat einmal ganz zu schweigen.
Starke U 20-Werfer
Weitere Highlights bei der männlichen U 20 kamen erstaunlicherweise vom bayerischen Werfer-Nachwuchs: Etwa von Hammerwerfer Simon Lang (LG Stadtwerke München), der mit 72,07 Meter eine Weite in der Nähe seines Hausrekordes ablieferte. Oder von Diskussieger Markus Schwertfeger (LAZ Kreis Würzburg), der sich in einem spannenden Duell gegenüber Christian Zimmermann (Kirchheimer SC) mit 53,04 zu 51,46 Metern durchsetzte. Der Deutsche U 18-Meister im Speerwurf, Jonas Bonewit (LG Stadtwerke München), schnappte in einer Zentimeter-Entscheidung mit genau 61,00 Metern EM-Teilnehmer Markus Kosok (LG Donau-Ries; 60,67 Meter) die Meisterschaft weg. Mit Benedikt Humpert (59,03 Meter) befindet sich ein weiteres Talent aus der Werfer-Talentschmiede der LG Stadtwerke München schon in Lauerstellung. Im Kugelstoßen vereitelte schließlich Dennis Edelmann (LG Augsburg) mit 16,64 Meter zum zweiten Mal einen Titelgewinn von Christian Zimmermann (16,53 Meter).
Auch die Springer standen dem zumindest in der Spitze kaum nach. Im Weitsprung gelang 110-Meter-Hürdenmeister (14,49 Sekunden) Maximilian Entholzer (1. FC Passau) mit 7,04 Meter der einzige Sieben-Meter-Satz des Wochenendes und im Stabhochsprung schwang sich Artur Wollert (LAZ Kreis Würzburg) einmal mehr mit 4,70 Meter in Höhen, die zumindest im Bereich der erweiterten deutschen Spitze liegen.
Erwähnung verdient auch das Doppel-Gold von Martin Weinländer (LAC Quelle Fürth) über 800 und 1500 Meter, das er in 1:54,63 Minuten beziehungsweise 4:03,61 Minuten sicherstellte. Über 800 Meter gab es durch die Medaillengewinne von Cagiri Uca (1:55,77 Minuten) und Dario Tippmann (1:56,38 Minuten) sogar einen lupenreinen Fürther Sweep. Mit Lucien Abrey (LG Erlangen; 10,93 Sekunden) und Florian Bauer (LG Stadtwerke München; 10,99 Sekunden) blieben über 100 Meter zwei Sprinter unter elf Sekunden.
Zwei Titel für Lederer und Ebert
Etwas anders sah die Situation schon bei den U 20-Mädchen aus. In Abwesenheit der Vorzeige-Athletinnen Alexandra Burghardt, Christina Hering (LG Stadtwerke München) und Katharina Trost (LG Festina Rupertiwinkel), die allesamt wegen ihres bevorstehenden EM-Starts vom DLV ein Startverbot erhielten, gab es nur weniger Vorzeigbares. Zu den auffälligsten Erscheinungen zählte zweifellos Sprinterin Amelie-Sophie Lederer (LAC Quelle Fürth), die sich in 11,97 Sekunden souverän den 100-Meter-Titel holte und über 200 Meter nach der mit Abstand schnellsten Vorlaufzeit (24,87 Sekunden) im Finale das Feld für die spätere Meisterin, ihre Mannschaftskameradin Sinéad Ebert (25,63 Sekunden) räumte. Mit der Fürther 4 x 100-Meter-Staffel holten sich Lederer, Ebert gemeinsam mit den U 18-Jugendlichen Katharina Winkler und Jessica Bernardo ihr zweites Gold. In einer exzellenten Zeit, die den Vieren auch in Deutschland alle (Medaillen-) Chancen einräumt: 47,23 Sekunden.
Eine weitere Doppelmeisterin gab es in Gestalt von Mareike Bauer (LG Karlstadt-Gambach-Lohr) über 400 (56,94 Sekunden) und 800 Meter (2:13,75 Minuten). Nadine Niemann (LAZ Obernburg-Miltenberg) erlebte in Plattling Himmel und Hölle gleichermaßen. Nach ihrem Hochsprungsieg mit neuer persönlicher Bestleistung von 1,75 Meter verletzte sie sich in der anschließenden 4 x 100-Meter-Staffel am Oberschenkel, konnte nur hinkend zum Siegerpodest gelangen und fällt für längere Zeit aus. Tina Pröger (LAC Quelle Fürth) gewann den Weitsprung mit 5,69 Meter, Salome Schlemmer (TSV Bad Endorf) den Stabhochsprung mit 3,70 Meter, während Evi Weber (TSV 1862 Erding) mit guten 44,46 Meter im Diskuswerfen keine Konkurrenz zu fürchten brauchte.
Michael Adolf unterstreicht seine Ausnahmestellung
Zwei Mal ziemlich flott über die Stadionrunde unterwegs, einmal mit und einmal ohne Hürden: Für Michael Adolf (DJK Ingolstadt) alles kein Problem. Der Ausnahme-Langsprinter trommelte am Samstag zunächst unter den Ovationen der Plattlinger eine neue 400-Meter-Bestzeit auf die Bahn (48,70 Sekunden), die ihm selbstredend den Bayerntitel in der U 18 einbrachte. Keine 24 Stunden später absolvierte der 17-Jährige dann auch noch die 400 Meter Hürden, über die er bei der DLV-BLV-Gala in Schweinfurt beinahe die Norm für die U 18-WM geschafft hätte, in 54,10 Sekunden und nahm sein zweites Gold mit an die Donau.
Weitaus spannender verliefen da schon die Rennen über die Mittelstrecke. Über 800 Meter hatte Quirin Kappelmeier (LG Landkreis Dachau) in einem Spurtfinale mit 1:55,56 Minuten genau eine Sekunde Vorsprung vor Kilian Stich (TuS Bad Aibling; 1:56,56 Minuten), der wiederrum die 1500 Meter klar in 4:08,48 Minuten für sich entscheiden konnte. Über 3000 Meter schließlich gab es an diesem Wochenende keinen Besseren als Tim Engelbrecht (LG Telis Finanz Regensburg). Seine Siegerzeit: 9:06,52 Minuten. Über 100 Meter setzte sich Felix Straub (TV 1909 Dietenhofen) in 11,09 Sekunden durch, über 200 Meter hatte Lars Ott (LG Allgäu/Kempten) die Nase vorn (22,34 Sekunden).
Mit ansprechenden Leistungen, die Lust auf einen Blick in die individuelle Zukunft der Betreffenden machten, sorgten Weitsprung-Meister Daniel Troßmann (LG Stadtwerke München; 6,91 Meter), Dreisprung-Goldmedaillengewinner Jakob Conrad (FC Aschheim; 13,34 Meter), Stabhochsprung-Sieger Korbinian Suckfüll (TSV Gräfelfing; 4,30 Meter) und Hochsprung-Meister Sven Glück (TV Schierling; 1,96 Meter).
Das Werfer-Dauer-Duell Lukas Koller (TSV 1881 Wasserburg) gegen Valentin Döbler (LG Stadtwerke München), erlebte am Wochenende eine Neuauflage mit den bewährten Reihenfolgen. Mit der Kugel rangierte einmal mehr Döbler knapp vor Koller (16,62 zu 16,42 Meter), im Diskuswerfen drehte der Wasserburger wieder den Spieß um und obsiegte mit 51,57 zu 51,04 Metern.
Ebenfalls eine Zentimeterentscheidung gab es im Hammerwerfen der männlichen U 18, wo sich der Favorit Dominik Maaß (LAV Neustadt) erst im letzten Versuch mit 57,35 Meter vor den U 16-Jugendlichen Pius Ueth (TV Hindelang; 57,01 Meter) setzen konnte. Gutklassig besetzt war auch das Speerwerfen, wo mit dem neuen Bayerischen Meister Justin Polster (TV Bad Endorf; 57,70 Meter), dem Silbermedaillengewinner Felix Fichtner (LG Landkreis Roth; 57,41 Meter) und dem Dritten Marius Laib (LG Eckental; 55,93 Meter) das gesamte Siegerpodest auf einem Leistungsniveau traf. In souveräner Manier holten sich die Jungs der LG Landkreis Aschaffenburg den Titel über 4 x 100 Meter in ansprechenden 43,74 Sekunden.
Drei Mal Gold für Katharina Winkler
Die U 18-Mädchen präsentierten sich im niederbayerischen Gäuboden als eine Art Sahnestück des weißblauen Leichtathletik-Nachwuchses. Allein Katharina Winkler (LAC Quelle Fürth) hatte eine glänzendes Wochenende erwischt und durfte neben der U 20-Sprintstaffel der Fürther Mädchen (siehe oben) noch zwei Mal Gold sowie einen feschen Plattlinger Strohhut mit nach Hause nehmen. Dabei stach vor allem ihr Hochsprungresultat von 1,76 Meter heraus, das nach zweijährigem Auf und Ab für das Ausnahmetalent klar eine Richtung ausweist: 1,80 Meter. Dahinter liegt jedoch mit der noch der U 16-Klasse angehörenden Laura Gröll (LG ECkental; 1,73 Meter) das nächste Talent schon in Lauerstellung. Auch Anna Lena Obermaier (LG Sempt) als Dritte und Mara Feser (Athletik & Sprintteam München) floppten noch über 1,70 Meter.
Im Weitsprung gelang es Winkler, ihre persönliche Bestmarke auf 5,78 Meter zu schrauben. Für Johanna Windmaier (TSV 1880 Wasserburg; 5,54 Meter) und Annabelle Hauck (LG Festina Rupertiwinkel; 5,51 Meter) gab es Silber und Bronze.
Die Krone der Sprint-Queen der weiblichen U 18 gebührte in Plattling eindeutig Celina Kränzle (SC Vöhringen). Im 100-Meter-Finale landete sich mit 12,17 Sekunden vor Lisa Marie Petkov (TSV Königsbrunn), die 12,21 Sekunden benötigte, und Jamie Breuer (TS Lichtenfels; 12,38 Sekunden). Über 200 Meter war Kränzles Vorsprung vor Petkov mit 24,72 zu 25,19 Sekunden sogar noch größer, während sich die U 16-Schülerin Assunta Kienzler (LG Würm Athletik) mit 25,52 Sekunden Bronze schnappte. Für Petkov gab es freilich noch durch die Goldmedaille über 400 Meter Hürden (62,62 Sekunden) ein Happyend. Ebenfalls eine noch der W 15-Klasse angehörige Langsprinterin hatte mit Louisa Rieger (LG Stadtwerke München) über 400 Meter die Nase vorne. Ihr Zeit von 57,73 Sekunden war für die zum Teil zwei Jahre älteren Konkurrentinnen an diesem Tag unerreichbar.
Regelrecht inszeniert wurde das 100-Meter-Hürden-Finale der Weiblichen U 18, stand doch mit Esther Dreier (TSV Plattling) jene Athletin in den Startblöcken, deren Konterfei seit einem Jahr die übergroßen Plakate für die Bayerischen Meisterschaften in und um Plattling herum zierte. Dass es letztlich für Dreier zu Rang drei in neuer persönlicher Bestzeit von 14,09 Sekunden reichte, bedeutete für sie selbst ein echtes Happyend. Lediglich um ein paar Hundertstel schneller waren Catiana Rettenberger (LG Stadtwerke München; 14,06 Sekunden) und die neue Meisterin Jessica Schottorf (TSV Bad Kissingen), die mit 14,01 Sekunden nur knapp die „Schallmauer“ zur 13-Sekunden-Grenze verfehlte.
Anna Kern holt Plattlings einziges Gold
Das lang ersehnte Plattlinger Gold blieb einer vorbehalten, die zur vor niemand auf der Rechnung hatte: Anna Kern (TSV Plattling) steigerte sich im Dreisprung auf 11,45 Meter und holte unter dem Jubel ihrer Fans einzigen Meistertitel ins Lager der Veranstalter.
Zum ersten Mal unter die magische Zehn-Minuten-Marke kam im Endlauf über 3000 Meter Franziska Reng (LG Telis Finanz Regensburg) mit einem couragierten Soloritt in 9:58,27 Minuten. Über die halb so lange Distanz, nämlich die 1500 Meter, kam Maria Rappold (LG Sempt) durch kluge Rennaufteilung in 4:37,94 Minuten vor Tina Eckert (TSV Gräfelfing; 4:39,37 Minuten) und Martina Pöschl (TSV 1860 Weißenburg; 4:41,23 Minuten) zu Meisterehren. Und über 800 Meter dominierte Elisabeth Plötz (TV Bad Kötzting) in 2:17,12 Minuten klar das Geschehen.
Die beste Leistung bei den U 18-Werferinnen geht eindeutig auf das Konto von Veronika Klimek (VfL Waldkraiburg). Mit ihrem neuen Hausrekord von 49,96 Meter kam sie der 50-Meter-Marke schon bis auf vier Zentimeter nah. Zweifach bayerische Meisterin, nämlich mit dem Hammer (46,85 Meter) und dem Diskus (37,27 Meter), wurde Rebecca Zimmer (LG Bamberg), wobei ihr zumindest beim Hammerwerfen Hannah Kraft (TV Hindelang) mit 46,63 Meter erheblich auf die Pelle rückte. Dass die beste bayerische Kugelstoßerin in der Halle wie im Freien Laura Renner (TV Altötting) heißt, bedeutet keine große Überraschung. In Plattling landete ihr weitester Versuch wieder jenseits der 15-Meter-Marke: 15,11 Meter.