Deutsche U 23-Meisterschaften Wattenscheid: Bayern kehren mit 20 Medaillen nach Hause
Dass eine Woche vor den Deutschen Jugendmeisterschaften in Mönchengladbach einige der besten U 20-Athleten bei den U 23-Titelkämpfen fehlten, schien von vorneherein klar. Dennoch präsentierten sich die früheren Junioren/-innen in Wattenscheid gut gelaunt und angriffslustig, allen voran einer, der vor fast genau einem Jahr noch im Rollstuhl saß: Maximilian Entholzner (1. FC Passau). Zwar „nur“ für einen Monat nach einem Ärzte-Marathon und der niederschmetternden Diagnose Ermüdungsbruch im Beckenring. Doch an Weitsprung war für den Niederbayern natürlich über viele Monate nicht zu denken. „Mein Arzt Doktor Merkle in Köln hätte normalerweise den Adduktor abgeschnitten und den Bruch operiert. Bei einem Sportler hat er aber den konservativen Weg über eine lange Pause gewählt“, erzählte Entholzner. Erst im Dezember konnte der 21-Jährige wieder mit dosiertem Training beginnen. In Wattenscheid erntete er den Lohn für die Hartnäckigkeit: Mit 7,66 Metern gewann Maximilian Entholzner den U 23-DM-Titel im Weitprung.
Dabei hätte er den Endkampf in Wattenscheid um ein Haar verpasst. Nach zwei ungültigen Versuchen lieferte er im dritten Durchgang doch noch 7,16 Meter ab. Das reichte für die finalen drei Versuche. Und diese Chance nutzte der Passauer: Im fünften Sprung flog er auf 7,66 Meter. Diese Marke sollte kein anderer Athlet mehr erreichen. Nach Rang zwei bei der U 23-DM 2014 in Wesel war er nun erstmals ganz vorn. Auf Rang acht landete Sebastian Spinnler (LG Landkreis Aschaffenburg; 7,11 Meter).
Dass er in guter Form ist, hatte er schon Anfang Juni mit seiner Bestleistung von 7,80 Metern beim Meeting in Oberteuringen bewiesen. Auch im Sprint hat sich der Deutsche U 23-Meister verbessert. Erst vor Wochenfrist steigerte sich der Weitspringer über 100 Meter bei den Bayerischen Meisterschaften in Erding von 10,78 auf 10,60 Sekunden. Die Sprintmarke ist natürlich ein starker Zubringerwert für den Weitsprung. „Mir gelingt es aber nur selten, dieses Tempo auch am Brett umzusetzen. Daran muss ich in Zukunft arbeiten“, gibt Maximilian Entholzner die Richtung für die kommenden Jahr vor.
Patrick Karl wehrt alle Angriffe ab
Sie machten gemeinsame Sache, aber gewinnen wollten sie natürlich beide. Patrick Karl (TV Ochsenfurt) und Philipp Reinhardt (LC Jena) wollten kein Bummelrennen, zumal der Jenaer noch um eine Kadernorm kämpfte. Also zog das Duo in flottem Tempo seine Kreise und setzte sich alsbald vom Feld ab. Patrick Karl lief dabei meistens an der Spitze. Philipp Reinhardt probierte nach dem letzten Wassergraben, nach dem letzten Hindernis vorbeizuziehen – doch er blieb erfolglos. Der Ochsenfurter, Zweiter bei den Deutschen Meisterschaften in Kassel, holte sich den Sieg in 8:44,44 Minuten vor Philipp Reinhardt (8:44,60 Minuten), der damit knapp seine anvisierte Norm verpasste.
„Ich habe gewusst, dass es ein Ding zwischen uns beiden wird“, sagte Patrick Karl, der die verpasste Norm seines Freundes auf das Wetter schob: „Es war zu heiß. Ansonsten hätten wir es geschafft.“ Der neue Deutsche U23-Meister wird in den nächsten Wochen – wenn überhaupt – auf den Unterdistanzen zu sehen sein. Kilian Stich (LG Teils Finanz Regensburg) verpasste auf dem vierten Platz eine Medaille (9:30,58 Minuten). Alexander Bauer (TV Hauzenberg) wurde Sechster (9:48,37 Minuten).
Jonas Bonewit mit "semioptimaler Technik" zum Titel
Laut Meldeliste sollte es auf einen Zweikampf zwischen Jonas Bonewit (LG Stadtwerke München) und Marian Spannowsky (TUS Metzingen) hinauslaufen, die mit Bestleistungen von 76 Metern plus ausgerüstet sind. Aber der Streit um die Medaillen gestaltete sich knapp hinter der 70-Meter-Linie spannender als gedacht. Leer ging als Vierter Marian Spannowsky mit 70,81 Metern aus. Dabei trennten ihn nur 17 Zentimeter vom Silberrang, den sich der Düsseldorfer Nils Fischer (70,98 Meter) vor Hendrik Nungeß (TV 1861 Neu-Isenburg; 70,94 Meter) sicherte.
Ganz oben stand am Ende Jonas Bonewit mit 71,89 Metern, die ihm in Runde vier gelangen. „Der Titel war das vorrangige Ziel. Darüber bin ich froh“, sagte der 21-jährige Schützling von Stephan Seeck. „Im Training läuft es technisch besser. Im Wettkampf kann ich das noch nicht umsetzen. Der U 20-WM-Vierte will in der verbleibenden Saison noch versuchen, die Norm (78,00 Meter) für das Junior Elite Team zu schaffen. "Das wird nicht einfach."
Ganz generell verkauften sich die bayerischen Werfer auch in Wattenscheid wieder prächtig. Auch wenn Hammerwerfer Simon Lang (LG Stadtwerke München) seinen Titel aus dem Vorjahr nicht verteidigen konnte, so muss man ihm zugute halten, zumindes 50 Prozent zu einem enorm spannenden Wettkampf beigetragen zu haben. 2015 in Wetzlar lag der JAhresbeste Lang noch vor seinem Dauerrivalen Alexej Mikhailov (Hannover 96). Diesmal drehte Mikhailov den Spieß um. Der neue Meister legte 67,81 Meter im ersten Versuch vor, ehe sich der Münchner im vierten Durchgang auf 69,79 Meter verbesserte. Alexej Mikhailov kratzte an dieser Marke und kam zunächst auf 69,64 Meter, ehe er sich dann im fünften Versuch doch noch vorbeischob. Simon Lang konnte sich im letzten Durchgang nicht mehr steigern. Erfreulich aus Dritter war der dritte Platz vom Sebastian Staudacher junior (SV Achenmühle), der mit 63,28 Metern nur 15 Zentimetern Vorsprung auf Rang vier hatte.
Bronze gab es auch im Kugelstoßen für Christian Zimmermann (Kirchheimer SC), der sich im letzten Versuch auf 18,56 Meter verbesserte und damit den beiden Führenden Patrick Müller (SC Neubrandenburg; 18,86 Meter) und Simon Bayer (VfL Sindelfingen; 18,84 Meter) - ein gebürtiger Bayer und bis vor einigen Jahren für den TSV 1880 Wasserburg startberechtigt - ziemlich nahe kam. Etwas mehr als Rang fünf mit 17,68 Meter erhofft hätte sich Valentin Döbler (LG Stadtwerke München). Zimmermann hatte tags zuvor im Diskuswerfen ebenfalls den fünften Platz (53,35 Meter) belegt und damit seinen Trainingspartner Lukas Koller (LG Stadtwerke München; 50,64 Meter) hinter sich gelassen. Eine weitere Werfermedaille ergatterte Evi Weber mit dem Diskus. Die 21-Jährige kam mit 48,67 Meter auf den Bronzerang.
Drei Mal Edelmetall für bayerische Sprinterinnen
Dass es auch im Sprint für die weißblauen Sprinterinnen gleich drei Medaillen gab, gehört ebenfalls zu den positiven Begleiterscheinungen dieser Deutschen U 23-Meisterschaften. Streng genommen wäre der 100-Meter-Endlauf der Frauen auch als inoffizielle Bayerische Meisterschaft durchgegangen. Denn die frischgebackene Meisterin Alexandra Burghardt (MTG Mannheim) startete bis 2013 noch für die LG Stadtwerke München) und stammt aus der Talenteschmiede des LAZ Inn. Hinter Burghardt (11,41 Sekunden) bewies Amelie-Sophie Lederer (LAC Quelle Fürth) mit ihrer Zeit von 11,54 Sekunden, dass sie mittlerweile in der deutschen "Sprint-Upperclass" angekommen ist. Auf Rang vier verbesserte sich Julia Hofer (1. FC Passau) weiter, und zwar diesmal auf schöne 11,88 Sekunden. Nachdem sie die Medaille am Samstag noch knapp verpasst hatte, schlug Hofer dann am Sonntag über 200 Meter zu. Mit 24,25 Sekunden gelang ihr, was kaum jemand für möglich gehalten hätte: Die überglückliche Niederbayerin schob sich auf Rang drei. Sinéad Ebert (LAC Quelle Fürth) wurde im A-Endlauf Achte (25,00 Sekunden).
Christina Hering über 400 Meter Zweite
Schon in den vergangenen beiden Jahren haben die beiden den Titel unter sich ausgemacht. 2016 machte die Vize-Meisterin des Vorjahres Laura Müller (LC Rehlingen) vom Start weg deutlich, dass sie nach 2014 zum zweiten Mal den Sieg will. Und so rannte die DM-Dritte von Kassel schon in der ersten Kurve an Titelverteidigerin Christina Hering (LG Stadtwerke München), die auf Bahn sechs direkt vor ihr lief, vorbei. Bis zum Eingang in die Zielgeraden baute sie ihren Vorsprung aus und kam nach schnellen 52,50 Sekunden ungefährdet als Erste an.
„Mir hat heute der letzte Wille gefehlt, um zu gewinnen“, sagte Hering (53,41 Sekunden), die seit der EM in Amsterdam (Niederlande) von einer Erkältung geschwächt wird und ihren Saisonhöhepunkt mit den Olympischen Spielen in Rio (Brasilien; 12. bis 21. August) noch vor sich hat. „Eine 52er-Zeit hätte ich schon drauf gehabt. Dass ich hier gelaufen bin, hat mir aber nicht geschadet.“ Vor der großen Reise steht noch die 3 x 800-Meter-Staffel im Rahmen der Jugend-DM in Mönchengladbach (29. bis 31. Juli) an. In Wattenscheid absolvierte sie noch mit ihren Vereinskameradinnen Louisa Rieger, Sina Heubl und Christine Gess die 4 x 400-Meter-Staffel und holte sich ihre zweite Silbermedaille (3:44,75 Minuten), ebenso wie Christine Gess, die über 1500 Meter überraschend auf Rang zwei einkam (4:25,73 Minuten).
Eine persönliche Jahresbestleistung von 2,16 Meter stand für Hochspringer Tobias Potye (LG Stadtwerke München) zu Buche. Damit wurde der in dieser Saison lange verletzte Aschheimer ebenfalls Deutscher Vizemeister, höhengleich mit Sieger Bastian Rudolf (Dresdener SC 1898), der jedoch insgesamt einen Fehlversuch weniger stehen hatte. Auch David Nopper auf Rang drei überquerte 2,16 Meter – es war also ein hochspannender Wettkampf und für Potye ein halbwegs versöhnliches Ende einer doch eher durchwachsenen Saison. Auch Sven Glück (SV Schierling) konnte mit seinem fünften Rang und übersprungenen 2,04 Meter durchaus zufrieden sein.
Regensburger holen Silber und Bronze über 5000 Meter
Das 5000-Meter-Finale der U 23-Männer am Samstag sollte schon auf Grund der äußerst schwülen äußeren Bedingungen ein typisches Meisterschaftsrennen werden. Die ersten zwei Kilometer tat sich gar nichts, "Mädchentempo eben und sich belauern", wie Kurt Ring, Teamchef der LG Telis Finanz Regensburg, in seiner unnachahmlichen Weise das Geschehen auf den Punkt brachte. Als dann Favorit Amanal Petros (SV Brackwede) deutlich die Geschwindigkeit anzog und immer mehr verschärfte, waren Rings Schützlinge Tim Ramdane Cherif und Tobias Blum voll im Bilde und klebten förmlich an dessen Fersen. Auf dem letzten Kilometer kam es bei erbitterter Gegenwehr der beiden Regensburger zum brutalen Ausscheidungskampf, den Tim Ramdane Cherif mit 14:35,30 und Tobias Blum mit 14:38,03 Minuten knapper verloren, als die reinen Zeitabstände von zwei und etwas mehr als vier Sekunden auf den Sieger aussagen. Pedros, ausgestattet mit einer Bestzeit, die zirka 35 Sekunden schneller ist, als die der Telis-Junioren, gestand dann auch nach dem Rennen anerkennend: „Das war auch für mich ein sehr schweres Rennen. Die beiden haben sich bravourös gewehrt.“
Eine mehr als unerwartete Bronzemedaille gab im Dreisprung der Frauen für Tona Pröger (TSV Zirndorf). Nachdem die Weitspringerin tags zuvor in ihrer Spezialdisziplin noch Siebte mit 5,94 Meter geworden war, gelang ihr am Sonntag beim Hop-Step-Jump eine Steigerung auf 12,35 Meter, was Rang drei bedeutete. Das Gleiche gilt für Marina Rappold (LG Sempt), die sich nach einem couragierten Lauf über 5000 Meter in 17:08,50 Minuten auf einmal als Dritte auf dem Treppchen wiederfand. Zur Zweiten Julia Fritz (LC Eschenurg) fehlten weniger als vier Sekunden.
Weiteres Edelmetall holten außerdem die Staffeln. Über 3 x 1000 Meter bei den Männern musste das Trio des LAC Quelle Fürth zwar die Überlegenheit des neuen Meisters LC Rehlingen (7:25,51 Minuten) anerkennen, holte sich aber in 7:27,51 Minuten Silber. Auf Rang drei landete mit der LG Telis Finanz Regensburg (7:28,24 Minuten) ein weiterer Vertreter aus dem Freistaat. Ebenfalls kaum auf der Rechnung durfte man den Vizetitel der LG Karlstadt-Gambach-Lohr über 3 x 800 Meter bei den Frauen haben. In 6:38,29 Minuten mussten sich die Damen aus dem Norden Bayerns nur dem LAV Bayer Uerdingen/Dormagen (6:35,40 Minuten) beugen.
Mehrere starke vierte Plätze
Stark, spannend und ganz knapp an einem Podestplatz vorbei: So präsentierte sich eine Reihe von weißblauen Sportlern. Die noch der U 20 angehörende 100-Meter-Hürdenläuferin Paulina Huber (LG Stadtwerke München) unterstrich im Lohrheide-Stadion, welch großes Talent sie ist. Die Münchnerin verfehlte als Vierte mit einer Zeit von 13,97 Sekunden nur hauchdünn die Medaillenränge. Ihr Pendant bei den Männern hieß Paul Bobinger (TSV 1860 München). Auch er steigerte sich über 110 Meter Hürden auf mittlerweile 14,65 Sekunden, was ebenfalls Rang vier im Finale sowie die "Holzmedaille" bedeutete. Gleich gilt für Jamie Williamson (LAC Quelle Fürth), der über 800 Meter zusammen nur um die Winzigkeit einer Hundertstelsekunde in 1:52,93 Minuten Bronze verpasste. Sein Vereinskollege Dario Tippmann kam hinter ihm als Fünfter ins Ziel (1:53,44 Minuten). Eine 800-Meter-Frau aus Bayern tat es Jamie Williamson gleich: Katharina Trost (LG Festina Rupertieinkel) blieb nach 2:08,90 Minuten ebenfalls nur Platz vier.
Die Sprinter aus dem Freistaat waren jeweils mit einem Athleten in den Finals vertreten. Über 200 Meter kam der U 20-Jugendliche Fabio Kammler (SpVgg Auernach/Streitheim) als Fünfter in 21,93 Sekunden ins Ziel, während die Uhren Lucien Aubry (LG Erlangen) im 100-Meter-Endlauf bei 10,78 Sekunden stehenblieben (Rang sieben). Die 400-Meter-Hürdenläufer sahen jeweils einen sechsten Rang durch Andreas Kölbl (TSV Penzberg; 53,90 Sekunden) und einen siebten durch Sina Heubel (LG Stadtwerke München; 62,73 sekunden; im Vorlauf 61,49 Sekunden). Platz sechs gab es für Veronika Klimek (VfL Waldkraiburg) im Speerwerfen (44,86 Meter), während Babinja Wirth (TSV Ebermannstadt; 10:54,46 Minuten) und Valerie Griesche (DJK Ingolstadt; 11:12,23 Minuten) über 3000 Meter Hindernis Sechste beziehungsweise Siebte wurden.