Deutsche Jugendmeisterschaften Rostock – U 18: Gold für Olbert, Pfetsch, Feuerer und Kirschner
BLV-Präsident Gerd Neubauer, der seit Jahren in seiner früheren Eigenschaft als Vizepräsident Sport die Statistiken auswertet, zeigte sich denn auch über die anhaltend gute Entwicklung in der U 18 sehr zufrieden: „Wir haben hier eine Menge Talente gesehen, die uns in Zukunft durchaus noch Freude machen können“. Hatte Bayern im vergangenen Jahr mit 132 Punkten noch die Spitzenposition inne, waren es diesmal mit 126 nur unwesentlich weniger. Der Nordrhein kam auf 141 Punkte, Westfalen landete mit 128 Zählern knapp vor den jungen Sportler aus dem Freistaat. Insgesamt standen 26 Finalplätze zu Buche.
Mit Gold dekoriert wurden der U 18-EM-Fünfte Fabian Olbert (LG Stadtwerke München) über 100 Meter, Paul Feuerer (1. FC Passau) über 2000 Meter Hindernis, Maxime Kirschner (LG Kreis Dachau) im Speerwerfen und Svenja Pfetsch (SC Vöhringen) über 200 Meter. Gleich zwei Mal Silber ging auf das Konto von Mona Mayer (MTV 1881 Ingolstadt) über 400 und 200 Meter, Merlin Hummel (UAC Kulmbach) wurde Deutscher Vizemeister im Hammerwerfen und ebenfalls Deutsche Vizemeisterin darf sich Julia Zintl (LG Stadtwerke München) im Stabhochsprung nennen. Bronze gewannen schließlich noch Florian Knerlein über 200 Meter und Cassandra Bailey (Beide LG Stadtwerke München) im Kugelstoßen.
U 18 weiblich
Der Vergleich mit einem Krimi, bei dem es zum großen Finale noch einmal eine völlige Kehrtwende des eigentlich erwarteten Ausgangs gibt, lag beim Speerwerfen ziemlich nahe. Die Hauptdarsteller waren die 17-jährige Maxime Kirschner und ihre Konkurrentin Lea Wipper (SC DHfK Leipzig), immerhin Vierte der U 18-EM in Györ, zu der Kirschner trotz Normerfüllung nicht fahren durfte. Die Handlung des Krimis: Im allerletzten Durchgang und im vorletzten Versuch warf Maxime Kirschner (LG Kreis Dachau), ihr Speer flog und flog, landete bei 50,31 Meter und dreht einen vermeintlich schon entschiedenen Wettkampf. „Die ganze Familie und viele Freunde sind extra aus Bayern angereist und haben mich angefeuert. Einfach Wahnsinn!“, jubelte die Deutsche U16-Meisterin von 2016, die ihre persönliche Bestleistung nur um 14 Zentimeter verfehlte. Lea Wipper (SC DHfK Leipzig) durfte zwar noch hinter Maxime Kirschner werfen, übertraf aber als Zweite nicht mehr ihre bis dahin stehende Weite von 49,78 Meter. Außerdem haderte sie wie viele Mitbewerberinnen mit dem tückischen Wind. Um einen Hauch verpasste Elina Nebl (TSV Plattling) als gute Vierte mit 46,38 Meter das Treppchen. Anna Güthlein (LG Bamberg) wurde Achte (44,90 Meter).
Hochspannung barg aus bayerischer Sicht auch das Finale über 200 Meter, wo mit Svenja Pfetsch und Mona Mayer zwei heiße Eisen im Feuer waren. Die Fragen lauteten nur: Wer würde die Nase vorne haben? Und in welcher Form präsentiert sich die amtierende U 18-Weltmeisterin auf dieser Strecke, Talea Prepens (TV Cloppenburg). Frage eins beantwortete Pfetsch nach einem deutlich couragierteren Kurvenlauf für sich und kam schlussendlich als strahlende Siegerin bei heftigem Gegenwind (-2,0 m/sec) in 24,27 Sekunden ins Ziel. „Ich wusste, dass ich eine Medaille erreichen kann, aber mit dem Sieg war nicht zu rechnen“, sagte die 17-Jährige. „Als ich aus der Kurve kam und vorne lag, dachte ich, jetzt einfach nur durchziehen und niemanden mehr vorbeilassen“, kommentierte Svenja Pfetsch. Mona Mayer kam wie gewohnt auf der Zielgeraden stark auf und holte sich in 24,41 Sekunden Silber), während Talea Prepens mit 24,64 auf den Bronzerang kam. Mit Tina Benzinger (LG Telis Finanz Regensburg) war sogar noch eine dritte Bayerin im A-Finale (Platz acht in 25,57 Sekunden).
Schon am Vortag hatte sich Mona Mayer ihre erste Silbermedaille abgeholt – standesgemäß möchte man beinahe sagen. Denn gegen die U 18-400-Meter-Vizeeuropameisterin Marie Scheppan (LC Cottbus), die sogar für einen Platz in der Frauenstaffel bei der EM in Berlin im Gespräch war, gab es erwartungsgemäß nichts zu erben. Dabei wäre Mayer beinahe als Favoritin ins Finale gegangen, denn Scheppan hätte sich in ihrem Vorlauf beinahe verpokert und schaffte gerade noch als letzte Zeitschnellste den Sprung unter die besten Acht. Doch selbst die ungeliebte Bahn eins konnten sie nicht von ihrem Titel in 53,49 Sekunden abhalten. Mona Mayer, die mit 54,57 Sekunden eine Zeit erreichte, die in den meisten Jahren zuvor locker zum Titel gereicht hätte, war im Gegensatz zum übrigen Feld ebenfalls eine Klasse für sich.
Einen erstklassigen Wettkampf legte auch Stabhochspringerin Julia Zintl hin. Mit 3,70 Meter bescherte ihr dieser den Silberrang. Am Sieg von U 18-Europameisterin Leni Freyja Wildgrube (SC Potsdam; 4,10 Meter) gab es indes nichts zu rütteln. Die von ihrem Vater Bernhard – in den späten 1980er- und frühen 1990er-Jahren mehrfacher Deutscher Meister in dieser Disziplin – betreute Zintl bewies Nervenstärke und meisterte von 3,50 Meter bis 3,70 Meter sämtliche Höhen auf Anhieb.
Schlussendlich durfte sich Kugelstoßerin Cassandra Bailey doch noch über eine Medaille freuen. Nach einem unglücklichen Saisonverlauf, bei dem sie unter anderem wegen eines einzigen Zentimeters an einem Start bei der U 18-EM in Györ gescheitert war, katapultierte sie ein Stoß auf 15,99 Meter im letzten Durchgang auf den Bronzerang. Gemeinsam auf dem vierten Rang im Hochsprung: Das klingt einvernehmlich, ist aber das Resultat eines harten Kampfes und letztlich doch nur der Platz unmittelbar neben dem Podest. Für Paula Sophie Pompino (LG Würm Athletik) und Luisa Tremel (TSV 1909 Gersthofen), die im Hochsprung beide über 1,71 Meter kamen und exakt dieselbe Anzahl an Versuchen dafür aufzuweisen hatten, aber längst kein Grund, um traurig zu sein. Mit Mara Barwitzki (LG Eckental) schaffte es auch eine Sprinterin aus dem Freistaat ins A-Finale über 100 Meter. Ihr Resultat: Platz acht in 12,65 Sekunden (-1,6m/sec).
U 18 männlich
Über 100 Meter wurde Fabian Olbert seiner Favoritenrolle voll und ganz gerecht. Der Fünfte der U 18-Europameisterschaften von Györ qualifizierte sich souverän mit 10,86 Sekunden im Vorlauf und 10,73 Sekunden im Halbfinale für den Endlauf. Auch hier gab es wie schon in den beiden Rennen zuvor erheblichen Gegenwind, nämlich minus 2,2 Meter pro Sekunde. Trotzdem trommelte der Schützling von Michael Ehrenreich die Gerade dann in für diese Verhältnisse sehr guten 10,93 Sekunden herunter und kam zwei Hundertstelsekunden vor seinem Dauerrivalen Malte Stangenberg (LC Jena) ins Ziel. Für Olbert geht eine „unerwartete“ Saison zu Ende. „Eigentlich wollte ich mich über die Hürden für die EM qualifizieren. Das hat irgendwie nicht geklappt. Dann bin ich ganz knapp die Norm über die 100 Meter gelaufen und die Zeiten wurden immer besser.“
Nach seinem Sieg kündigte er an, sich zukünftig voll und ganz auf den Kurzsprint konzentrieren zu wollen, da er für seine zweite Passion – den Hürdensprint – kommende Saison dann bei höheren Hürden in der U 20 körperlich doch etwas zu klein sei. Einen letzten U 18-Hürdenstart wollte sich Fabian Olbert nicht nehmen lassen. Nach 14,47 Sekunden im Vorlauf und erfolgreicher Qualifikation für das Halbfinale verzichtet er allerdings auf die nächste Runde. Seinen dritten Wettbewerb an diesem Wochenende, die 200-Meter-Kokurrenz, beendete Olbert in 22,24 Sekunden als Siebter des A-Finales.
In diesem schaffte es dann mit Florian Knerlein der zweite hoffnungsvolle Nachwuchssprinter der LG Stadtwerke München aufs Siegerpodest. Mit einer Zeit von 21,85 Sekunden schnappte sich Knerlein die Bronzemedaille. Das 100-Meter-Finale hatte er auf Rang sechs (11,19 Sekunden) abgeschlossen.
Es war eine Dreiergruppe, bestehend aus Paul Feuerer, Max Grabosch (SCC Hanau-Rodenbach) und Sven Wagner (USC Mainz), die den Titel über 2000 Meter Hindernis im strömenden Regen nach einer Hitzewelle auf der Zielgeraden unter sich ausmachen wollte. Sven Wagner stürzte jedoch am letzten Hindernis und musste die anderen beiden Läufer ziehen lassen. Den besten Endspurt hatte dabei Paul Feuerer, der nach 6:02,65 Minuten über die Ziellinie rannte und sich den Titel sicherte. Der 17-jährige Passauer bestätigte damit einmal mehr den Ruf Bayerns als Hochburg erfolgreicher Hindernisläufer, dem sich wenig später auch Nick Jaeger (TSV Penzberg) als Titelträger in der U 20 anschloss. Für wichtige bayerische Punkte sorgten hier auch der Fünfte Florian Frank (TuS Bad Aibling; 6:19,81 Minuten) und der Siebte Luk Jaeger (TSV Penzberg; 6:36,74 Minuten).
Nach einer durchwachsenen Saison mit einem sehr guten Auftakt mit 72,85 Metern Ende April sowie zahlreichen Hochs und Tiefs, schenkte sich Hammerwerfer Merlin Hummel in Rostock selbst das Happyend. Auch an der Ostsee hielt das Wechselbad der Gefühle für den Oberfranken zunächst an. Hummels Hammer flog beim Einwerfen exakt auf die 70-Meter-Linie, genauso weit wie das Gerät seines Dauerkonkurrenten Sören Hilbig (VfR Evesen). Beide begannen den Wettkampf mit einem ungültigen Versuch, dann startete Hilbig durch, steigerte sich von Wurf zu Wurf bis auf international beachtliche 75,43 Meter. Merlin Hummel versuchte es mit der Brechstange. Im letzten Durchgang gelang ihm dann noch ein versöhnlicher Abschluss. Mit 67,73 Metern holte sich der 16-Jährige in seinem ersten U 18-Jahr Silber.
Es fehlte nicht viel, genauer gesagt 33 Hundertstelsekunden, und Linus Wiedenbauer (LG Telis Finanz Regensburg) hätte sich über 800 Meter die Bronzemedaille geschnappt. So blieb ihm in einem von Taktik geprägten engen Spurtrennen Rang vier in 1:56,10 Minuten. Auch Korbinian Wiesend (LG Sempt) wusste nach dem 400-Meter-Hürden-Finale nicht, ob er lachen oder weinen sollte. Als Vierter hatte er sich um gleich 1,3 Sekunden auf 54,42 Sekunden gesteigert und selbst diejenigen, die ihn glaubten zu kennen, überrascht. Wenn der Jüngste aus der Wiesend-Familie allerdings nicht in die letzte Hürde getreten wäre, dann hätte er Rostock auch mit der Bronzemedaille verlassen können. So jedoch fehlten schlappe elf Hundertstelsekunden. Ebenfalls eine mehr als beachtliche Steigerung konnte René Zapel (LuT Aschaffenburg) aufweisen. Mit 54,93 Sekunden kam er ebenfalls noch unter 55 Sekunden und wurde Sechster.
Zufrieden mit den Plätzen vier und fünf im Hochsprung dürfen auch Malic Ibrahim (LG Oberland) und Philipp Reß (LA-Team Alzenau) sein. Beide floppten über 1,94 Meter. Im Diskuswerfen belegte Alexander Schaller (LG Stadtwerke München) mit 49,59 Meter den sechsten Rang.