Kaum zu glauben: Die Deutsche Marathonmeisterin 2021 heißt Corinna Harrer // Große Freude bei Maxim Fuchs // Sabrina Prager // Dlorian Spötzl // Maria Kerres (Mitte) gewann die Halbmarathonwertung // Thomas Kotissek // Stephan Fruhmann // Manueal Glöckner // Michael Pritzl (rechts) // Ingrid Materna. Alle Fotos: Theo Kiefner

10.10.2021 17:04 // Von: Dieter Claus/BLV

Märchenhaftes Happyend: "Hobbysportlerin" Corinna Harrer wird deutsche Marathonmeisterin

Es sind Geschichten, die kein Drehbuchautor besser hinbekommen würde: Da beendet Corinna Harrer (LG Telis Finanz Regensburg) 2018 nach einer Reihe großer Erfolge, aber auch ebenso bitterer Rückschläge gesundheitlich angeschlagen ihre Karriere, um dann drei Jahre später noch einmal zum großen Schlag auszuholen. Bei der 35. Auflage des Generali München-Marathons holte die 30-Jährige überraschend den DM-Titel und ließ im Ziel ihren Tränen freien Lauf. Das Gold bei den Männern ging an Alexander Hirschhäuser (ASC 1990 Breidenbach). Bester bayerischer Marathonläufer wurde zum wiederholten Male Maxim Fuchs (LG Passau). Er stand auch mit Stefan Fruhmann und Mario Bernhardt im besten weißblauen Männerteam, das in der DM-Wertung den dritten Platz belegte.

Wer hätte das vor Monaten erwarten können? Erstens, trotz der Coronapandemie kann wieder Marathon gelaufen werden. Zweitens: Die deutsche Marathonmeisterin 2021 heißt Corinna Harrer! Vor drei Jahren hatte sich die mehrfach Deutsche Meisterin über die Mittelstrecke vom Leistungssport verabschiedet hat, gezeichnet und frustriert von Verletzungen und einem olympischen Halbfinale 2012 in London, das sich im Laufe der Jahre als "Rennen der Gedopten" erwies. Doch schon im Sommer dieses Jahres gab es so etwas wie eine kleine Genugtuung: Ausgerechnet die Team-EM 2015 im russischen Cheboksary, wo Corinna Harrer wegen eines Soleus-Muskelrisses mehr oder weniger ihre weiteren leistungsportlichen Ambitionen begraben musste, wurde nachträglich noch "vergoldet", weil wegen einiger Dopingfälle im damals siegreichen russischen Team nun die deutsche Mannschaft zum Europameister gekürt wurde.

 

„Laufen wird immer ein Teil meines Lebens bleiben und ich werde weiter laufen auf den Straßen dieser Welt“, hatte Harrer noch 2018 auf Instagram geschrieben. Dass dies „dahoam“ bei einer DM über beim Generali München-Marathons sein würde, hätte die Olympionikin des Jahres 2012 wohl nie im Leben gedacht. Bei nur fünf Grad, aber sonnigem Wetter gingen 3198 Marathonläufer an den Start. Während im Spitzenfeld die Läufer vielfach einzeln liefen, wurde „Coco“ von einigen Männern eskortiert. Lange Zeit unmittelbar hinter ihr hielt sich Isabell Leibfried (TSG 1845 Heilbronn) auf. Erst bei Kilometer 38 musste sie abreißen lassen. Als Corinna Harrer nach 2:43:11 Stunden ins Ziel rannte, ließ sie ihren Tränen freien Lauf. Überglücklich resümierte sie ihre hervorragende Karriere: „Ich habe ab 400 Meter alles gewonnen, aber es war der Marathon, der mir noch fehlte. Die Vorbereitung war keine drei Wochen, und in München, daheim, das war mein Traum.“ Als Sechste in der DM-Wertung und als zweitschnellste bayerische Läuferin freute sich Sabrina Prager (LG Passau). Sie hat sich in der Vergangenheit stark dem Berglauf verschrieben und genoss sichtlich diesen Marathon: „Die Leidenschaft für die Berge habe ich schon, aber der München-Marathon mit einer Superstimmung, das hat mir echt Spaß gemacht. Dieses Mal waren es 3:02 Stunden, und ich mache mit Marathon weiter.“ Bronze in der bayerischen Meisterschaftswertung ging an Anja Beck (LG Region Landshut).

 

Bei Kilometer 22 liefen Alexander Hirschhäuser und Tom Thurley (Potsdamer Laufclub) an der Spitze. Mit etwas Abstand folgten Marcus Schöfisch (Lauftraining.com Lauffreunde), Philipp Baar (SCC Berlin) und Thorsten Dietz (SSV Ulm 1846). Als einzelner Läufer kämpfte Maxim Fuchs. Mit 2:18:38 Stunden erreichte Hirschhäuser mit einer neuen persönlichen Bestzeit als Erster das Ziel im Olympiastadion. Mit dieser Leistung kann er sich zum aktuellen Zeitpunkt unter die schnellsten fünf Marathonläufer Deutschlands des Jahres 2021 einreihen. Und der 28-Jährige gab sich selbstbewusst: „Ich war wohl eine Überraschung für die anderen. Ich weiß, was ich kann, und wenn ich gesund bin, weiß ich, dass ich sie schlagen kann. Ich habe kein marathonspezifisches Training gemacht. Es war ein Kampf, ob ich das durchhalte oder nicht, aber es hat gereicht.“

 

Als Achter im Gesamtfeld gelang es Maxim Fuchs, zum dritten Mal auf der Münchner Strecke den bayerischen Titel zu holen. „Es war vorne ziemlich zügig, das kann ich nicht mitlaufen, aber ich bin meine schnellste Zeit hier in München gelaufen und bayerischer Meister wieder zu werden, damit habe ich einfach mein Topziel erreicht“, berichtete Fuchs. Michael Pritzl (PTSV Rosenheim) wurde in 2:31:33 Zweiter, lediglich eine Sekunde vor dem Drittplatzierten Christopher Juhas (LG Region Landshut).

 

Einen bayerischen Doppelsieg ergab sich beim parallel ausgeführten Halbmarathon. In der Frauenkonkurrenz siegte mit 1:15:55 Stunden Maria Kerres (SWC Regensburg). Sie verbesserte sich damit um eine Minute zu ihrer Leistung bei den Bayerischen Halbmarathonmeisterschaften in Augsburg  und schiebt sich jetzt in der aktuellen bayerischen Bestenliste 2021 auf den dritten Rang. Mit fast zwei Minuten Vorsprung ging im Wettbewerb der Männer Thomas Kottisek (TV Kempten) ins Ziel. Und mit der Zeit von 1:09:16 Stunden rückt der 45-jährige Gymnasiallehrer in der BLV-Bestenliste auf den sechsten Platz. Schade, dass er nicht bei den anstehenden deutschen Halbmarathonmeisterschaften am kommenden Sonntag in Hamburg gemeldet ist.

 

Der diesjährige Münchenmarathon hatte besondere organisatorische Ansprüche. Die Läuferinnen und Läufer wurden hintereinander in einzelnen Gruppen auf die Strecke geschickt. Sie bestand unter anderem aus zwei Runden im Englischen Garten. Daher ergab es sich, dass Spitzenläufer nur noch wenige Kilometer bis ins Ziel hatten, während viele Hobbyläufer aber noch nicht einmal die Hälfte der Distanz absolviert hatten. „Die Überrundungen haben es doch schwer gemacht“, berichtete Maxim Fuchs. „Das Konzept mit dem Zwei-Runden-Kurs beim Marathon ist mit knapp 11 000 Teilnehmern voll aufgegangen. An der Strecke herrschte eine super Stimmung, die Männer sind für ihre Verhältnisse sehr gute Zeiten gelaufen. Nächstes Jahr kehren wir jedoch wieder auf die Originalstrecke zurück. Start und Ziel im Olympiastadion wollen wir beibehalten: Diese Kulisse sorgt bei Aktiven wie beim Publikum für einmalige Momente und hat der Deutschen Marathon-Meisterschaft einen würdigen Rahmen geboten“, sagte Race-Direktor Gernot Weigl.

 

Nachfolgend weitere Bayerischen Meister des Marathons: M 35 Florian Spötzl (PTSV Rosenheim), M 40 Michael Sassnink (LC Aichach), M 45 Thomas Schönfeld (LG Lohr-Rechtenbach), M 50 Benno Beckstein (Run & Bike Kelheim), M 55 Klaus Mannweiler (TSV Wolfratshausen), M 60 Ottmar Disse (LG Wolfstein), M 65 Matthias Betzler (SpVgg Höhenkirchen), M 70 Fritz Edelmann (TSV Dinkelsbühl), M 75 Gerhard Müller (TDM-Franken), W 40 Tanja Rappel (LC Aichach), W 45 Ingrid Materna (SVG Ruhstorf/Rott), W 50 Christine Ramsauer (Team Memmert), W 55 Rosi Habel (TSV Wolfratshausen), W 60 Ilse Storch (LC Tölzer Land), W 65 Gabriele Kaiser (SC Unterpfaffenhofen-Germering), W 70 Brigitta Biermanski (TSV Starnberg).