Katharina Trost stürmt mit famoser Bestzeit über Chorzów direkt nach Tokio
Erst eine Woche zuvor hatte die 26-jährige im schwedischen Sollentuna mit einer Zeit von 2:00,67 Minuten, der bis dahin zweitschnellsten ihrer Karriere, untermauert, dass sie sich inmitten des Wettbewerbs um einen Olympia-Startplatz befindet. Große Hoffnungen legte die amtierende deutsche Vizemeisterin folglich auf das Rennen der Continental Tour des Weltleichtathletikverbandes im wunderschönen Chorzówer Stadion: „Mein Ziel war es, dort die Norm anzugreifen.“
Doch zunächst musste sich die 26-jährige mit den Bedingungen zurechtfinden: „15 Uhr ist eine eher ungewohnte Zeit für ein Rennen. Es war 31 Grad heiß und es gab keine Wolke am Himmel. Als ich dann an der Startlinie stand und gesehen habe, dass noch elf weitere Mädels da sind, war mir klar: Das wird wieder ein Kampf!“ Trost hielt sich an die taktischen Vorgaben ihrer Trainer Andreas Knauer und Jonas Zimmermann und reihte sich nach den ersten 100 Metern sparsam mitlaufend hinten im Feld ein. Tempomacherin Aneta Lemiesz führte das Feld auf eine wahnsinnig schnelle erste Runde, bei der die ersten Läuferinnen mit einer Durchgangszeit von etwa 56,5 Sekunden gestoppt wurden. „Als ich das gesehen habe, wusste ich, da werden mir noch ein einige entgegenkommen und so wars dann letztlich auch.“ Zwischen 400 und 500 Meter, wo bekanntermaßen eine ihrer Stärken liegt, startete Trost ihre Aufholjagd. „Ich hatte eine große Lücke nach vorne zu schließen, was mir aber gelungen ist.“ Eingangs der Zielgeraden sah Trost erst zum zweiten Mal in diesem Rennen auf die Uhr, denn die Devise lautete diesmal einfach, soweit wie möglich nach vorne zu laufen. Sie erblickte eine 1:42 Minuten und dachte: „Ich fühle mich noch so stark, dass ich es schaffen werde, in 17 Sekunden ins Ziel zu laufen.“ Und so biss sich die angehende Grundschullehrerin an Rénelle Lamote fest und überquerte schließlich als Vierte die Ziellinie: „Als für die Siegerin dann eine 1:57 Minuten erschien und ich nicht so weit hinter ihr war, hoffte ich nur, dass es gereicht hat. Als dann meine Zeit kam, konnte ich es nicht glauben.“ Ihre bisherige Bestzeit aus dem August 2019 von 2:00,37 Minuten war pulverisiert. Dank ihrer 1:58,68 Minuten muss Trost nun nicht mehr auf ausreichend Weltranglistenpunkte für die Olympia-Qualifikation hoffen, sie darf sich auf ihre ersten Olympischen Spiele freuen. Der Sieg in Chorzów ging – ebenfalls mit persönlicher Bestleitung von 1:57,57 Minuten – an die Äthiopierin Freweyni Hailu vor der Australierin Catriona Bisset (1:58,09 Minuten) und Lamote (1:58,11 Minuten).
Immer noch ungläubig ob des Geleisteten meinte Trost auf der Rückreise: „Ich freue mich wahnsinnig. Ich kann es noch immer nicht richtig begreifen. Dass es so gut wird, hätte ich nicht erwartet. Als ich mir beim Einlaufen vorgestellt habe, heute hier die Norm zu laufen, habe ich fast begonnen zu heulen und mir dann gesagt: Kathi, reiß dich zusammen, du bist gerade beim Einlaufen!“
„Heute hast du deine wahre Stärke gezeigt“, lobte die bereits für Olympia qualifizierte Christina Hering mit ihrer langjährigen Trainingspartnerin. Am 29. Juni stehen sie beim Meetin in Luzern noch einmal gemeinsam an der Startlinie, bevor sie sich den letzten Feinschliff für die Spiele holen.