DM Kassel, Tag eins: "Altmeister" Unger und vier unverhoffte bayerische Medaillen
Wer ist der schnellste Mann Deutschlands? Selten war die Frage so offen wie in diesem Jahr. Die Antwort war dann aber doch eine Altbekannte: Tobias Unger zeigte der nationalen Konkurrenz einmal mehr die Hacken und wurde zum vierten Mal nach 2005, 2008 und 2009 Deutscher Meister. Der Wahl-Münchner kam gut ins Rennen und konnte sich schnell einen Vorsprung erarbeiten, den er bis ins Ziel rettete. In 10,40 Sekunden unterbot er seine Saisonbestzeit um fünf Hundertstelsekunden. Auf Platz zwei landete ein weiterer Münchner: Christian Blum (TV Wattenscheid 01) kam zum Schluss noch stark auf und hätte Unger fast noch in 10,43 Sekunden abgefangen. Ungers Vereinskamerad Marius Broening erreichte ebenfalls den Endlauf, hatte aber als Fünfter (10,59 Sekunden) mit der Medaillenvergabe nichts zu tun.
"Es war ein typisches Finale", ließ der neue Deutsche Meister später seinen Siegeslauf Revue passieren. "Es war mehr Kampf anstatt gute Läufe. Aber ich bin froh, endlich wieder einen Titel gewonnen zu haben. Darum ging es heute. Um die Norm, ging es heute nicht. Wegen der WM gehen wir noch ins Trainingslager und dann schauen wir, was rauskommt. Die Saison war bisher solide."
Der durchaus lachende Dritte Oliver Koenig
Vorne duellieren sich Deutschlands Vorzeigespringer Sebastian Bayer (Hamburger SV) und Christian Reif (ABC Ludwigshafen). Dahinter reihte sich still, leise und heimlich der Münchner Oliver koening (7,79 Meter) auf dem Bronzerang ein. Beyer flog im letzten Durchgang auf 8,16 Meter, Europameister Reif (ABC Ludwigshafen) drei Zentimeter vor Koenig.
Nach der kurzfristigen Absage von Ralf Bartels (SC Neubrandenburg) war der Weg im Kugelstoßen endgültig frei für David Storl (LAC Erdgas Chemnitz) - und brachte obendrein eine unverhofft Bronzemedaille für den Bayern Robert Dippl. Während Storls weitester Versuch bei 20,35 Meter aufschlug, kamen in respektvollem Abstand der Zweitplatzierte Marco Schmidt, der über einen Meter unter seiner Bestleistung blieb, mit 19,49 Meter und Dippl mit 18,58 Meter.
Ein Wurf und das Finale war entschieden. Auf 63,41 Meter beförderte Nadine Müller gleich zu Beginn die Ein-Kilo-Scheibe im Auestadion. Nur knapp 20 Stunden nach ihrem Triumph beim Diamond League-Meeting in Monaco (65,90 m) feierte die 1,93 Meter lange Hallenserin ihren dritten DM-Titel in Folge. Mit Respektsabstand von fünfeinhalb Metern sicherte sich Heike Koderisch (SC Magdeburg) mit Saisonbestleistung (57,99 m) überraschend Silber. Bronze ging an Ulrike Giesa (LAC Quelle Fürth; 57,33 m) noch vor der EM-Siebten Sabine Rumpf (54,73 Meter) als Siebter.
Schnelles Münchner Sprint-Quartett
Das Titel-Abo des TV Wattenscheid 01 ist beendet. Ein Wechselfehler zwischen Sebastian Ernst und Robin Erewa stoppte das Quartett auf dem Weg zum neunten Gold über 4x100 Meter bei den vergangenen zehn Deutschen Meisterschaften. Nur 2009 in Ulm hatte der TSV Bayer 04 Leverkusen (39,68 Sekunden) triumphiert. Profiteur war die Staffel des SCC Berlin. In starken 39,81 Sekunden setzten sich die Hauptstädter gegen die LG Stadtwerke München (40,03 Sekunden) durch, die nur knapp an der 40-Sekunden-Marke scheiterte. Für die Landeshauptstädter liefen Tobias Unger, Markus Mikulla, Florian Rentz und Oliver Koenig.
Über einen einen nicht minder unverhofften Endkampfeinzug freuen konnte sich Speerwerfen Vinzenz Taufratshofer (LG Allgäu-Kempten), bei dem die 70-Meter-Würfe derzeit wie die reifen Früchte purzeln. In Kassel landete Taufratshofers weitester Versuch bei 71,56 Meter, was ihm im Schatten des Duells Matthias de Zordo und Mark Frank den achten Rang einbrachte.
Gollnow verbessert erneut Bayerischen Juniorenrekord
Von den am Samstag erzielten Leistungen in den Vorläufen beziehungsweise Qaulifikationen sind vor allem die Zeiten der 400 Meter Läufer zu erwähnen, flach und mit Hürden. In letzterer Disziplin verbesserte David Gollnow (TSV Erding) seinen erst in der vergangenen Woche in Ostrava aufgestellten Bayerischen Juniorenrekord auf 49,92 Sekunden und sicherte sich ebenso einen Platz im sonntäglichen Finale wie Tobias Giehl (LG Würm Athletik), der im Gegensatz zu seinem bayerischen Nationalmannschaftskollegen mit angezogener Handbremse lief (52,21 Sekunden). Zwei Mal ist Bayern auch im 400 Meter Hürden-Endlauf der Frauen vertreten, und zwar durch Fabienne Kohlmann (LG Karlstadt-Gambach-Lohr; 59,65 Sekunden) und Corina Pape (MTV 1881 Ingolstadt; 60,50 Sekunden).
Von den starken weißblauen Viertelmeilern sind am Sonntag ebenfalls zwei im Kampf um die Medaillen und Staffelplätze für die WM in Südkorea dabei: Jonas Plass (asics Team Wendelstein; 46,88) und Benedikt Wiesend (TSV Erding; 47,04 Sekunden). Stefan Gorol (DJK Friedberg) blieb mit 47,22 Sekunden hauchdünn der Finaleinzug verwehrt, während Kamghe Gaba, prominentester Neuzugang der LG Stadtwerke München, überhaupt nicht antrat.