Bezirksmeisterschaften: Schwache Resonanz und viele Fragezeichen
Man darf freilich bezweifeln, ob dies der einzige Grund für die schwache Besetzung der drei Bezirksmeisterschaften am vergangenen Wochenende bei Männern und Frauen sein kann. Auch viele der Sportler und Sportlerinnen aus der so genannten zweiten Reihe zeigten sich desinteressiert. Viel erfreulicher stellte sich dagegen der Nachwuchs dar, über dessen Leistungen in einem später folgenden Bericht informiert wird.
Eine Woche vor den Bayerischen Meisterschaften in Passau und zwei Wochen vor den nationalen Titelkämpfen in Kassel ermittelten die Oberbayern im Münchner Dante-Stadion, die Oberfranken in Lichtenfels und die Unterfranken in Hösbach ihre Meister. Dass die Teilnehmerzahlen in München mit 84 Männern und 62 Frauen noch am höchsten waren, kann angesichts der Einwohnerzahlen sowie der Zahl der Vereine und Aktiven in Oberbayern nicht überraschen.
Oberbayern: Sprinter stehen im Mittelpunkt
Im Mittelpunkt des Interesses im Dante-Stadion standen die Sprinter. Immerhin 20 starteten über 100 Meter und auch noch sieben über 200 Meter. Beide Strecken wurden von den Athleten der LG Würm Athletik beherrscht, auf der kurzen Strecke stellten sie die drei Schnellsten: Tobias Giehl, 2009 Junioren-Europameister über 400 Meter Hürden, wollte seine Schnelligkeit überprüfen und tat dies überzeugend mit seinem Sieg und persönlicher Bestzeit von 10,77 Sekunden. Auf den Plätzen folgten der noch zur A-Jugend zählende U 20-EM-Teilnehmer Johannes Trefz in 10,88 Sekunden (ebenfalls persönliche Bestleistung) und Zephanja Baylie in 10,92 Sekunden. Baylie gewann anschließend auch noch die 200 Meter in 22,10 Sekunden.
Markus Kiefl (asics-Team Wendelstein) blieb als Sieger im 400-Meter-Lauf mit 49,90 gerade noch unter der 50-Sekunden-Grenze, Favoritensiege gab es über 800 Meter durch Florian Schönemann (LG Stadtwerke München/1:56,35 Minuten) und 1500 Meter durch Heiko Middelhoff (MTV 1881 Ingolstadt/4:00,79 Minuten). Den Titel über 110 Meter Hürden holte sich Florian Geyer (Athletik- und Sprintteam München) in 14,81 Sekunden, noch ein bisschen schneller war allerdings außer Wertung der Regensburger Zehnkämpfer Tom Bechert (14,74 Sekunden), der außerdem im Hochsprung und Diskuswurf die besten Leistungen erzielte. Außer Konkurrenz sorgte auch Martin Hopf (LG Region Landshut) mit 53,81 Sekunden über 400 Meter Hürden für eine relativ gute Zeit.
Von den 23 Topkader-Mitgliedern der LG Stadtwerke München war lediglich Karoline Pilawa am Start. Die 800-Meter-Spezialistin kam standesgemäß auf den Unterdistanzen über 200 Meter (24,92 Sekunden ) und 400 Meter (56,93 Sekunden) zu souveränen Erfolgen. Gemessen an der Platzierung in der aktuellen DLV-Bestenliste bot die überlegene Siegerin im 400-Meter-Hürdenlauf, die 37-jährige Corina Pape (MTV 1881 Ingolstadt) die beste Leistung bei den Frauen in München. Mit genau 60,00 Sekunden lief sie auf Platz zwölf dieser Rangliste. In den - wie auch bei den Männern - meist erschreckend schwach besetzten technischen Disziplinen (oft nur zwei oder drei Teilnehmer, in zwei Fällen sogar nur eine Starterin) - verzeichnete man eine Doppelsiegerin: Karen Kienberger (LG Donau/Ilm) gewann das Kugelstoßen (11,64 Meter) und den Diskuswurf (34,54 Meter). Mit der Bezeichnung "Mittelmaß" waren einige andere Siegerresultate noch wohlwollend umschrieben.
Oberfranken: Drei Mal Doppelsieger
Bei den Oberfranken-Meisterschaften wurden drei Athleten gleich zweimal mit Gold ausgezeichnet. Sprinter Mikel Gehringer (TSV Bad Rodach) war der Schnellste über 100 und 200 Meter in 11,87 beziehungsweise 22,51 Sekunden, Mittelstreckler Martin Militzke vom Ausrichter TS Lichtenfels entschied die 800 und die 1500 Meter in 2:03,71 beziehungsweise 4:29,39 Minuten) für sich, Werfer Alexander Brosche (LG Hof) war mit der Kugel (15,43 Meter) und mit dem Diskus (40,20 Meter) der Konkurrenz deutlich überlegen und überraschte außerdem mit einem zweiten Platz über 200 Meter. Der in diesem Jahr erst aus der Jugend aufgestiegene Sascha Pfeuffer (LG Fichtelgebirge) war im Dreisprung (13,49 Meter) nicht zu schlagen, bekam ferner noch Silbermedaillen im Hoch- und Weitsprung.
Lisa Schollbach (TS Lichtenfels) war als Sprint-Doppelsiegerin eine der auffallendsten Teilnehmerinnen bei den Frauen (100 Meter: 12,66 Sekunden; 200 Meter 25,97 Sekunden, außerdem am Erfolg der Lichtenfelser 4 x 100-Meter-Staffel in 49,40 Sekunden maßgeblich beteiligt). Sogar gleich drei Einzelsiege feierte Theresa Stöcker (LG Fichtelgebirge) - und zwar im Hochsprung mit 1,53 Metern, im Kugelstoßen mit 12,25 Metern und im Speerwurf mit 38,87 Metern. Eine Kollegin von der LG Fichtelgebirge, Tina Bussler, siegte im Weitsprung mit 5,53 Metern und wurde Zweite im 100-Meter-Sprint. Auch in Lichtenfels blieben die Veranstaltern auf etlichen Medaillen sitzen, weil in neun Disziplinen weniger als drei Teilnehmer/Teilnehmerinnen antraten.
Unterfranken: Deckert sorgt für die Highlights
Das Landkreis-Stadion in Hösbach war Schauplatz der Unterfranken-Meisterschaften, bei denen die Teilnehmerzahlen, vorsichtig ausgedrückt, ebenfalls sehr überschaubar waren. Als herausragender Teilnehmer erwies sich ein Werfer: Joschua Deckert (LAZ Kreis Würzburg) gewann das Kugelstoßen mit 16,07 Metern und den Diskuswurf mit 51,28 Metern - jeweils vor dem Lokalrivalen Sebastian Mertens (TG 48 Würzburg). Auch ohne ihr Ass Christian Rasp gaben die Sprinter der LG Karlstadt/Gambach/Lohr) den Ton an. Michael Schnurr trug sich in die Siegerliste sowohl über 100 Meter (11,80 Sekunden bei 2,8 m/Sek. Gegenwind) als auch über 200 Meter (23,47 Sekunden) ein; natürlich gehörte er auch der siegreichen Sprintstaffel der LG Karlstadt/Gambach/Lohr) an. Als Doppelsieger wurde bei den Männern ferner Mittelstreckler Dominik Karl (TV Ochsenfurt) gefeiert. Über 800 Meter (1.57,19 Minuten) und 1500 Meter (4:01,71 Minuten) kam er jeweils vor Julius Helm (TSV Ostheim vor der Rhön) ins Ziel.
Unterfrankens Leichtathletik-Aushängeschild Fabienne Kohlmann (LG Karlstadt/Gambach/Lohr) startete zweimal und gewann dabei erwartungsgemäß über 400 Meter in 56,59 Sekunden und über 800 Meter in 2:15,48 Minuten jeweils mit Riesenvorsprung. Die Frage blieb jedoch offen, ob sie nach langer Verletzungspause und großem Trainingsrückstand noch in dieser Saison an frühere Glanzzeiten anknüpfen kann. Zwei Goldmedaillen nahm eine oftmalige bayerische Meisterin mit, die nach jahrelanger Pause wegen ihres Studiums und Berufsstarts erst 2010 wieder in das Wettkampfgeschehen einstieg: Martina Greithanner, jetzt in Unterfranken ansässig und für den TSV Münnerstadt startend, ließ mit 13,88 Metern im Kugelstoßen und 45,32 Metern im Diskuswurf den Konkurrentinnen keine Chance.
Erfolgreichste Teilnehmerin war jedoch Ines Dirscherl (LG Karlstadt/Gambach/Lohr), die bei der Siegerehrung gleich fünf Mal auf dem Podest ganz oben stand: Nach dem 200-Meter-Lauf (25,28 Sekunden), dem 100-Meter-Hürdenlauf (15,32 Sekunden, allerdings als einzige Teilnehmerin), dem Weitsprung (5,52 Meter) und dem Speerwurf (36,15 Meter), sowie als Mitglied der in 49,22 Sekunden erfolgreichen Sprintstaffel der LG Karlstadt/Gambach/Lohr.
Die Oberpfalz (25. Juni) und Schwaben (sogar schon am 21.Mai) hatten ihre Bezirksmeisterschaften bereits vorgezogen, aber auch dabei bestätigten sich grundsätzlich die am Wochenende gemachten Beobachtungen: Die Teilnehmerfelder hätten größer sein können, Spitzenleistungen blieben Mangelware. Mittelfranken und Niederbayern folgen am 23./24. Juli, dem Termin der Deutschen Meisterschaften.
Interessanter Vergleich mit 1971
Die Zeiten haben sich geändert, Vergleiche mit früher sind deshalb immer problematisch, aber doch interessant: Wir nehmen einmal nach dem Zufallsprinzip die Siegerleistungen der Bezirksmeisterschaften des Jahres 1971 heraus und vergleichen sie mit den Leistungen der Ersten der drei Bezirksmeisterschaften des Jahres 2011, über die hier berichtet wird. Die nüchternen Zahlen in den vergleichbaren Disziplinen lauten bei den Männern 33:7 und bei den Frauen 17:11 - nicht etwa, wie man erwarten darf, für die Bezirksmeister von 2011, sondern für die von 1971, also vor 40 Jahren. Der Stellenwert von Bezirksmeisterschaften ist seitdem sicherlich geringer geworden. Aber es sind doch Zahlen, die zu denken geben.