Senioren-EM Aarhus: Bayerns Masters trotzen auch den widrigsten Umständen
Unter den 3841 Teilnehmern aus 40 Ländern waren in Aarhus auch 70 bayerische Athletinnen und Athleten. Leider mussten viele Teilnehmer feststellen, dass der lokale Ausrichter bei den mittlerweile etablierten Standards nicht mithalten konnte. Auch wenn für Experten erklärbar war, warum die großen Stadion-Displays nur für Werbung und nicht für die Vorstellung der Athleten sowie die Anzeige der Ergebnisse genutzt werden konnten, so sind das doch Leistungen, die mittlerweile jeder Teilnehmer erwarten darf. Auch bei anderen Kleinigkeiten gab sich der Ausrichter Blößen. So fehlten die Lautsprecher an den Startblöcken, was bei manchen Disziplinen zu einem berechenbaren Nachteil auf den äußeren Bahnen führt. Auch die übliche Zeitanzeige bei der 200-Meter-Marke hielt man nicht für notwendig. In Aarhus fehlten im Vergleich zu den internationalen Meisterschaften der vergangenen Jahre die üblicherweise mit einer Registrierung verbundenen Leistungen für Teilnehmer und Begleiter (zum Beispiel bezüglich der Nutzung des öffentlichen Nahverkehrs), so dass man sich von der Stadt nicht wirklich willkommen geheißen fühlte.
Dagegen gebührt den Wettkampforganisatoren, den Kampfrichtern und den freiwilligen Helfern ein uneingeschränktes Lob, denn auch unter schwierigen Verhältnissen konnten die Zeitpläne weitgehend eingehalten und die Wettkämpfe perfekt betreut werden. Nur einmal mussten alle Aktivitäten wegen eines Gewittersturms für eine Stunde unterbrochen und danach die Wettkampfstätten wieder nutzbar gemacht werden. Überhaupt das Wetter: Man musste auch bei Sonnenschein damit rechnen, dass es 15 Minuten später regnen würde, was dann auch mehrfach am Tag geschah. Vielfach gab es keine Möglichkeit, Kleidung und Ausrüstung vor dem Regen zu schützen. Die Sportler hatten unter diesen Umständen ihre Probleme, sich entsprechend auszustatten und auf den Punkt fit zu sein.
Die bayerischen Senioren schrieben jedoch ihre eigene Erfolgsgeschichte, ungeachtet der Rahmenbedingungen. In der W 70 war Ingrid Meier (LAC Quelle Fürth) am neuen Weltrekord der 4 x 100-Meter-Staffel beteiligt (1:04,28 Minuten) und in der M 75 konnten Guido Müller (TSV Vaterstetten), Hermann Beckering (SpVgg Ahorn) und Karl Schmid (SpVgg Weiden) ebenfalls drei Viertel zu einem neuen Weltrekord über 4 x 100 Meter beitragen (59,46 Sekunden). In der W 45 verbesserte Eva Trost (ASV Piding) mit der deutschen 4 x 400-Meter-Staffel den Europarekord auf 4:07,11 Minuten. Weiterhin gab es einen Europarekord von Günter Ciesielski (Postsportverein Landshut) über 5000 Meter Bahngehen in der M 90 (41:04,37 Minuten). Zum wiederholten Male in diesem Jahr konnte Jan Schindzielorz (LG Forchheim) seine bayerische Bestleistung über 110 Meter Hürden in der M 35 verbessern (14,11 Sekunden).
Bei der Aufzählung der Einzelmedaillen stehen bekannte Namen ganz oben auf der Liste.
Ingrid Meier konnte in der W 70 neben den beiden Goldmedaillen in den Staffeln auch über 100 Meter (14,99 Sekunden), 200 Meter (31,55 Sekunden) und im Weitsprung (4,01 Meter) gewinnen.
Guido Müller war insgeheim mit dem Ziel angetreten, bei den Wettkämpfen in Aarhus seine 100. Goldmedaille bei einer EM (inklusive Staffeln) zu gewinnen, ein durchaus ambitioniertes Ziel, weil er sich bereits dem oberen Ende seiner Altersklasse nähert. Bemerkenswert in der Nachschau ist auch, dass er sich in allen Disziplinen gegen jeweils andere Gegner durchsetzen musste. Bei den 100 Metern kam er als Zweiter mit 14,52 Sekunden ins Ziel. Seine Paradedisziplinen, die 300 Meter Hürden und die 400 Meter, gewann er souverän mit 59,51 Sekunden und 1:10,24 Minuten. Nachdem sowohl die 4 x 100-Meter-Staffel als auch die 4 x 400-Meter-Staffel keine Konkurrenz zu fürchten hatte, lag es am 200-Meter-Lauf, ob er die 100 würde vollmachen können.
Müller machte es spannend, denn erst auf der Zielgeraden konnte er zu den beiden führenden Läufern, Hartmut Krämer und Hermann Beckering, aufschließen und Hermann Beckering überholen. Kurz vor dem Ziel sah man ihn auch vor Hartmut Krämer. Der bis dahin führende Krämer hatte sich verausgabt, fing an zu taumeln und stürzte ins Ziel. Im gleichen Augenblick riss Guido Müller, im Glauben er hätte gewonnen, die Arme noch vor dem Zielstrich nach oben und damit die Brust nach hinten. Das Zielfoto revidierte den Eindruck aller Zuschauer vom Gewinner. Hartmut Krämers Schulter lag im Sturz kurz vor Guido Müller, der damit sein Projekt „100 EM-Goldmedaillen“ auf die nächste EM verschieben musste.
Insbesondere die bayerischen Damen waren diesmal sehr effizient. Von den 21 von den Damen gewonnenen Medaillen waren 16 aus Gold. Die Männer gewannen weitere zehn Goldmedaillen beziehungsweise waren in den Staffeln daran beteiligt. Insgesamt konnte sich die Bilanz mit 26 goldenen, 16 silbernen und 14 bronzenen Medaillen sehen lassen. Zur Sammlung bei den Damen trug neben Ingrid Meier insbesondere noch Eva Trost (ASV Piding) in der W 45 mit drei Goldmedaillen (800 Meter, 1500 Meter und 4 x 400 Meter) bei. Es folgten Eva Nohl (TSV Langenzenn) in der W 65 mit insgesamt drei Medaillen (Gold im Hammer- und Gewichtwurf, Silber im Werfer-Fünfkampf), Manuela Groß (LAZ Günzburg) ebenfalls in der W 45 mit zwei Medaillen (Gold im Hochsprung, Silber im Siebenkampf) und Petra Kauerhof (LAZ Obernburg Miltenberg) in der W 55 mit zwei Mal Edelmetall (Gold über 4 x 100 Meter und 4 x 400 Meter) bei.
Bei den Männern war neben Guido Müller mit sechs Einzelmedaillen in der M 75 noch Hermann Beckering ebenfalls in der M 75 mit fünf Medaillen (Bronze über 100 Meter und über 200 Meter, Silber über 400 Meter, Gold über 4 x 100 Meter und 4 x 400 Meter) erfolgreich. Karl Dorschner (TV 1848 Coburg) nahm ebenfalls fünf Medaillen mit nach Hause (Bronze über 100 Meter, Silber über 200 Meter und über 400 Meter, Gold über 4 x 100 Meter und 4 x 400 Meter). Dahinter folgten Norbert Demmel (TSV Unterhaching; M 50) mit drei Medaillen (Silber im Kugelstoß und im Werfer-Fünfkampf, Bronze im Diskuswurf) und Walter Rentsch (LC Aichach, M 60) mit ebenfalls drei Medaillen (Bronze über 800 Meter, Silber über 1500 Meter und mit der 4 x 400 Meter-Staffel).