Katharina Trost stößt beim Berliner ISTAF über 1500 Meter in neue Dimensionen vor
Ohne allzu große Erwartungen war Trost am Sonntag in ihr letztes Mittelstreckenrennen der Saison gegangen. Nach den Olympischen Spielen in Tokio hatte sie in Bern und Rovereto noch zwei 800-Meter-Rennen absolviert, mit denen sie allerdings „nicht so ganz zufrieden“ war. Das Abschlusstraining vor dem ISTAF hingegen verlief vielversprechend. Das rein Sportliche wurde jedenfalls von Trosts Vorfreude auf das Event überlagert: „Ich habe mich super auf das Rennen gefreut. Das letzte Rennen der Saison, ein gutes Feld und endlich mal wieder ein großes Publikum. Und das Berliner Olympiastadion ist ohnehin beeindruckend. Ich wollte einfach Spaß haben.“ Die mit Trainer Andreas Knauer abgesprochene Marschroute für Trosts erste 1500-Meter-Konkurrenz der Saison versuchte all das zu berücksichtigen. Die 26-jährige sollte das Rennen zunächst zurückhaltender angehen und – wenn möglich – die zweite Rennhälfte schneller hinter sich bringen als die erste. Zwei Tempomacherinnen brachten das Feld auf eine Geschwindigkeit von 2:40 Minuten pro Kilometer, was auf eine Zielzeit von vier Minuten ausgelegt war. Folglich ordnete sich Trost zunächst etwas weiter hinten im Feld ein und war somit relativ konstant in Richtung einer 4:07er-Zeit unterwegs. „Nach 1000 Metern habe ich mich noch richtig gut gefühlt. Insgesamt hatte ich bei diesem Rennen zu keinem Zeitpunkt den Eindruck, dass es jetzt so richtig schwer werden würde. Das ist ein cooles Gefühl“, beschrieb Trost. Und so zog die Münchnerin 250 Meter vor dem Ende so richtig an und kassierte kurz vor dem Zielstrich sogar noch Konstanze Klosterhalfen (TSV Bayer 04 Leverkusen), die lange Zeit zur Spitzengruppe gehört hatte. Das Rennen gewann die US-Amerikanerin Kate Grace mit persönlicher Bestleistung von 4:01,33 Minuten vor Esther Guerrero (Spanien; 4:04,45 Minuten) und Axumawit Embaye (Äthiopien; 4:04,59 Minuten).
Ihrer fulminanten 800-Meter-Bestzeit von 1:58,68 Minuten aus dem Juni dieses Jahres ließ Trost nun also auch noch eine beachtenswerte 1500-Meter-Leistung folgen. Beide Bestzeitrennen ähnelten sich. „Ich bin die Bestzeiten jeweils von hinten heraus gelaufen. Das liegt mir.“ Erst im Vorjahr hatte sie sich auf der längeren Mittelstrecke auf 4:09,43 Minuten gesteigert. Mit der neuen 4:05er-Zeit dringt Trost in eine ganz neue Dimension vor. Seit der Jahrtausendwende waren mit Kathleen Friedrich (LAZ Leipzig), Corinna Harrer (LG Telis Finanz Regensburg), Hanna Klein (LAV Stadtwerke Tübingen) und Klosterhalfen überhaupt nur vier deutsche Läuferinnen schneller. Harrer hält seit 2012 den bayerischen Rekord von 4:04,30 Minuten über diese Strecke, dem sich Trost nun bis auf neun Zehntelsekunden annäherte. Und nachdem die Grundschullehrerin zuletzt schon über 800 Meter und über die Meile einen Platz unter den besten 30 Athletinnen in der Geschichte der deutschen Leichtathletik ergattern konnte, gelang ihr das nun auch über 1500 Meter. Dass sie zusätzlich in dem seit dem 27. Juli geöffneten Zeitfenster die Qualifikationsanforderung der EAA für die im nächsten Jahr in München stattfindenden European Championships erfüllte, wurde ihr erst später bewusst: „Ich war erstmal super happy im Ziel, da es ein wahnsinnig gutes Rennen war, konnte die Zeit aber erstmal nicht begreifen. Andi (Trainer Andreas Knauer) hat mich später darauf hingewiesen, dass ich damit die EM-Norm erreicht habe. Ich bin mir sicher, dass im nächsten Jahr noch weitere Läuferinnen die 1500-Meter-Norm knacken werden und ich werde sicher – eher häufiger – auch die 800 Meter laufen. Aber klar, ich werde die 1500 Meter auf dem Weg zur Heim-EM nicht komplett außer Acht lassen.“
Trost stellt mit ihrer Leistung vom Sonntag auch einen neuen oberbayerischen Rekord auf. Bislang war Vereins- und Trainingskollegin Christina Hering mit einer Zeit von 4:08,30 Minuten aus dem Vorjahr schnellste jemals auf dieser Distanz registrierte Läuferin im Regierungsbezirk. Hering trat am Sonntag bereits zum insgesamt siebten Mal beim ISTAF an. Wie Trost ordnete sie sich zunächst am Ende des Feldes ein, ging den langen Weg nach vorne am Ende des Rennens jedoch nicht mit und wurde im überhaupt erst vierten 1500-Meter-Rennen ihrer Laufbahn in 4:11,28 Minuten Zwölfte. Eine Woche zuvor hatte Hering erst auf ihrer Paradestrecke geglänzt. Mit einer Zeit von 1:59,78 Minute unterbot sie bei einem Meeting in Padua die Teilnahmevoraussetzung der EAA von 2:00,40 Minuten für die EM 2022. Die 26-jährige bestreitet am Dienstag im schweizerischen Bellinzona ihr letztes Saisonrennen. 2016 und 2017 war Hering bereits schon einmal im Tessin zu Gast.
Auf neue Wege begibt sich am kommenden Sonntag, 19. September, hingegen Katharina Trost. Sie möchte die Saison mit dem Tübinger Erbe-Lauf beschließen. Zehn Kilometer, „just for fun“, wie sie beteuert.