Tristan Schwandke gab sich in Erding noch einmal die Ehre // Fabian Olbert triumphierte auf den Sprintstrecken // Deutsche Jahresbestleistung mit der Staffe: Mona Mayer wechselt auf Maike Schachtschneider// Spannedes Hürdenfinale: Andreas Kölbl, André Zahl und Fabian Lickteig // Auch Marina Scherzl gelang das Sprint-Double // Der beste Spurter über 1500 Meter hieß Florian Bremm // Paul Walschburger sicherte sich im letzten Versuch den Titel // Bester einer starken Weitsprungkonkurrenz: Dominik Eckner // Zwei Mal Gold auf der Mittelstrecke: Kerstin Hirscher. Alle Fotos: Theo Kiefner

20.07.2021 22:37 // Von: Reinhard Köchl

Bayerische Meisterschaften Erding 1: Tristan Schwandke verabschiedet sich nach Tokio

Alles fast wie vor Corona: Rund 640 Sportlerinnen und Sportler, die an die 1000 Starts in zwei Tagen absolvierten, prächtige Atmosphäre, teils hervorragende Leistungen, in weiten Teilen besseres Wetter, als vorhergesagt, und ein deutliches Lebenszeichen der bayerischen Leichtathletik. Wenn da nicht die Mund-und-Nasen-Masken bei Betreuern und Mitarbeitern gewesen wären, die jeden darauf hinwiesen, dass die Pandemie immer noch allgegenwärtig ist, auch wenn sie momentan nur eine kleine Atempause einlegt.

Die Leichtathletinnen und Leichtathleten aus dem Freistaat nutzten die Gelegenheit jedenfalls für Titelkämpfe, die nahezu alles besaßen, was diese Sportart auszeichnet: Spannung, Kampfgeist, teilweise auch Klasse, Dramatik, Happyends und Tragödien. Eine herausragende Position nahm diesmal der Hammerwurf ein, wo Bayerns Olympiateilnehmer Tristan Schwandke (TV Hindelang) unmittelbar vor seiner Abreise nach Tokio seinen sportlichen Wurzeln noch einmal die Ehre erwies und souverän den Titel holte. Mit 74,03 Meter stellte der 29-Jährige noch einmal seine gute Form unter Beweis. Wichtig war dabei auch die Wertschätzung, die man von Seiten des Veranstalters der in dem vergangenen Jahren ein bisschen zur Randdisziplin degradierten Hammerwurf, aber auch dem bayerischen Eigengewächs Schwandke zuteil werden ließ: Mit eigener Musikbegleitung, einem eigenen Moderator in Person von BLV-Medienreferent Simon Holländer und einer Reihe von Ehrengästen wurde jeder Versuch der Teilnehmer förmlich zelebriert. Dass der mehrfach Deutsche Meister nur zwei gültige Versuche ablieferte, fiel dabei nichts in Gewicht. In Tokio will Tristan Schwandke mit einer möglichst guten Leistung im Bestleistungsbereich abschneiden und sein Land und den BLV bestmöglich vertreten. Ebenfalls noch eine exzellente Leistung bot sein langjähriger Weggefährte Johannes Bichler (LG Stadtwerke München) als Zweiter mit 64,74 Metern.

 

Dreifach-Gold für Isabel Mayer

 

Dass die Bayerischen Meisterschaften in Erding auch noch weitere herausragende Leistungen hervorbrachten, war sicherlich der Tatsache geschuldet, dass ein Teil der Top-Athletinnen und -Athleten aus dem Freistaat nach den U 23-Europameisterschaften gerne noch eine Wettkampfgelegenheit nutzen oder sich auf bevorstehende Aufgaben vorbereiten wollten. Diese müssen nicht immer Olympia sein, wie dies bei der Mehrkämpferin Isabel Mayer (LG Telis Finanz Regensburg) der Fall war. Die 28-jährige Deutsche Siebenkampfmeisterin mit der Mannschaft bereitet sich auf die Mehrkampf-DM am 20. August in Wesel vor und absolvierte in Erding sozusagen fast einen halben Siebenkampf. Am Samstag lief sie zum Beispiel in der 4 x 100-Meter-Staffel ihres Vereins auf Position eins zusammen mit der U 20-Sprint-Doppelmeisterin Sabrina Hafner (dazu folgt ein eigener Bericht), der U 23-EM-Fünften über 400 Meter, Mona Mayer, und der vorherigen 400-Meter-Meisterin Maike Schachtschneider auf der etwas ungünstigen Bahn eins in herausragenden 45,68 Sekunden mit zweieinhalb Sekunden Vorsprung vor dem zweitplatzierten Quartett der LG Main-Spessart (48,10 Sekunden) und dem SC Vöhringen (48,47 Sekunden) durchs Ziel. Dass diese Zeit sogar eine deutsche Jahresbestleistung bedeutete, wertete die Leistung der jungen Damen zusätzlich auf, auch wenn klar war, dass 2021 wegen der Pandemie und der Ausklammerung bei den Deutschen Meisterschaften weniger Staffeln als üblich in den Bestenlisten auftauchen.

 

Am Sonntag holte sich Isabel Mayer über ihre Spezialdisziplin 100 Meter Hürden, wo sie bei den Deutschen Meisterschaften in Braunschweig als Vierte nur knapp eine Einzelmedaille verfehlte, in starken 13,57 Sekunden (+1,1m/sec) Gold Nummer zwei vor ihren Siebenkampfteamkolleginnen Marion Brunner (14,23 Sekunden) und Anna-lena Obermaier (14,25 Sekunden; beide LG Telis Finanz Regensburg). Den dritten Titel sicherte sich die vielseitige Athletin dann noch im Weitsprung, wo ihr mit bemerkenswerten 6,14 Meter sogar eine neue Bestleistung gelang. Dahinter platzierten sich Lena Schröder (LG Main-Spessart; 5,84 Meter) hauchdünn vor Mayers Teamkollegin Anna-Lena Obermaier (5,83 Meter).

 

Sprint-Double für Fabian Olbert und Marina Scherzl

 

Bei den klassischen Sprintstrecken gab es in diesem Jahr zwei Doppelmeister. Zum einen lief sich Fabian Olbert (LG Stadtwerke München) seinen ganzen Frust vom Leib, der sich wegen seines nicht erfolgten Einsatzes bei der U 23-EM in der 4 x 100-Meter-Staffel aufgestaut  hatte. Sowohl über 100 Meter (10,46 Sekunden) wie auch über 200 Meter (21,09 Sekunden) blieb er jeweils vor Jonas Hügen (LAC Quelle Fürth), der 10,66 beziehungsweise 21,36 Sekunden benötigte. Bronze über 100 Meter ging an Dominik Eckner (LG Forchheim; 10,93 Sekunden), über 200 Meter sicherte sich Vincente Graiani (LG Stadtwerke München; 21,78 Sekunden) den dritten Platz auf dem Treppchen.

 

Auch Andreas Kölbl und Kerstin Hirscher kommen zwei Mal zu Titelehren

 

Ein "goldenes Wochenende" gab es auch für Andreas Kölbl (TSV Penzberg) und Kerstin Hirscher (LG Telis Finanz Regensburg). Kölbl setzte sich über beide Hürdenstrecken knapp aber verdient durch. Die 110 Meter Hürden entschied er in 15,03 Sekunden vor André Zahl (15,09 Sekunden) und Florian Lickteig (15,33 Sekunden; beide TS Herzogenaurach), während er kurz zuvor über 400 Meter Hürden auf der Zielgeraden den eigentlich schon enteilten Michael Adolf (TSV Gräfelfing; 52,89 Sekunden) in 52,22 Sekunden) abfing. Platz drei ging hier an Christopher Löffelmann (LG Erlangen; 53,48 Sekunden), der tags zuvor bereits über 400 Meter flach zu Meisterehren in 47,91 Sekunden vor Vincente Graiani (48,25 Sekunden) und Michael Schäfer (TSV Gräfelfing; 49,34 Sekunden) gekommen war.

 

Zwei Starts, zwei Siege: So lautete die eindrucksvolle Bilanz von Kerstin Hirscher (LG Telis Finanz Regensburg). Sowohl über 800 wie über 1500 Meter war gegen die 32-Jährige einmal mehr kein Kraut gewachsen. Ihre Siegerzeiten lauteten 2:11,11 und 4:24,40 Minuten. Die weiteren Medaillen gingen über 800 Meter nach einem spannenden Finish an Sara Weichert (LG Bamberg; 2:14,04 Minuten) und Christina Kratzer (LG Zusam; 2:14,67 Minuten), während über 1500 Meter Hanna Bruckmayer (TSV Mühldorf; 4:26,31 Minuten) und Loretta Flöte (LG Telis Finanz Regensburg; 4:29,34 Minuten) die weiteren Plätze auf dem Podest erklommen.

 

Doppelerfolge für Christian Zimmermann und Johanna Siebler

 

Nicht ganz für einen weiteren Stoß über die 20-Meter-Marke reichte es für Christian Zimmermann (Kirchheimer SC). Der bayerische Rekordhalter gewann das Kugelstoßen mit 19,89 Meter vor Rene Hamberger (LAC Passau, 15,33 Meter) und Christoph Bischlager (LG Stadtwerke München; 15,06 Meter). Den Zwei-Kilo-Diskus schleuderte Zimmermann dagegen nach langer Zeit wieder einmal über die 60-Meter-Grenze (60,46 Meter). In einem hochklassigen Wettbewerb sicherten sich Markus Schwertfeger (LG Augsburg) mit neuer Bestleistung von 56,24 Meter und Lukas Koller (LG Stadtwerke München) mit 55,10 Meter Silber und Bronze.

 

Noch eine Mehrkämpferin konnte es sich in Erding auf dem obersten Stockerlplatz bequem einrichten. Johanna Siebler (LG Stadtwerke München) schlug den Wurfspezialistinnen sowohl mit dem Speer (44,88 Meter) wie auch mit der Kugel (14,33 Meter) ein Schnippchen, wobei sie ausgerechnet in letzterer Disziplin der Abonnementmeisterin Sabrina Zeug (LG Oberland; 14,25 Meter) den Titel abluchste. Platz drei ging mit Angela Stockert (SpVgg Auerbach/Streitheim) abermals an eine Mehrkämpferin (13,29 Meter). Im Speerwerfen rückten Sydney Hollerring (LG Fichtelgebirge; 44,48 Meter) und Elisabeth Hafenrichter (LG Stadtwerke München; 44,35 Meter) Johanna Siebler zwar auf die Pelle, konnten sie aber nicht mehr vom Thron stoßen.

 

Nancy Randig wieder über 60 Meter

 

Die national relevanten 60 Meter inzwischen sicher im Griff hat Hammerwerferin Nancy Randig (SWC Regensburg). Auf dem Erdinger Nebenplatz überzeugte die 21-Jährige einmal mehr mit einer stabilen Serie sowie einer Bestweite von 60,12 Meter, die sie vor Jessyka Schneider (TV Hindelang; 50,81 Meter) und Sabrina Zeug (47,99 Meter) klar zum Titel langte. Eine dritte Medaille - allerdings in der Farbe Silber - gab es für Zeug schließlich im Diskuswerfen, wo sie sich mit 44,48 Meter nur knapp ihrer Trainingspartnerin Christina Stumböck (LG Oberland 44,78 Meter) beugen musste. Katharina Schmidt (LAZ Kreis Würzburg; 34,68 Meter) wurde hier Dritte. Das Speerwerfen der Männer entschied der Favorit Linus Limmer (LG Stadtwerke München) mit 66,93 Metern für sich, wobei ihm Viktor Ertelt (LAC Quelle Fürth) mit 65,66 Metern überraschend nahe rückte. Bronze ging an Lorenz Waldbauer (TSV Vilsbiburg; 61,99 Meter).

 

4,75 Meter benötigte Noah Kollhuber (TSV Schleißheim) für den Gewinn der Goldmedaille im Stabhochsprung. Damit ließ er Vernon Alberto Lafuente (LAC Quelle Fürth; 4,65 Meter) und Maximilian Kurzbuch (TSV 1880 Wasserburg; 4,55 Meter) hinter sich. Im Hochsprung konnte der Bayern-Meister in Abwesenheit von Tobias Potye nur Manuel Marko (MTV 1881 Ingolstadt) heißen. Mit Saisonbestleistung von 2,07 Meter gewann er den Titel vor Jan Lucas  Michels (LG Stadtwerke München; 1,95 Meter) und Marcel Brand (LG Landkreis Aschaffenburg; 1,90 Meter). Erst im letzten Versuch machte Paul Walschburger (LG Stadtwerke München) den Sieg im Dreisprung mit 14,85 Meter vor seinem bayerischen Dauerkonkurrenten Gabriel Wiertz (TuS Pfarrkirchen) klar, den mit seinen 14,82 Meter nur knapp überflügen konnte. Sebastian Spinnler (LG Landkreis Aschaffenburg) gewann Bronze mit 13,86 Meter, neben Silber im Weitsprung, wo er als Titelverteidiger auf starke 7,24 Meter kam. Dass dies jedoch zur Meisterschaft reichte, lag an Dominik Eckner (LG Forchheim), dem Bronzegewinner über 100 Meter. Auch im gelang im letzten Durchgang sein bester Versuch, der mit 7,30 Meter vermessen wurde. In einem starken Feld kamen Moritz von Kuk (LG Stadtwerke München) als Dritter noch auf 7,17 Meter, und sogar Gabriel Wiertz übertraf als Vierter noch die Sieben-Meter-Marke (7,05 Meter).

 

Maria Stamatelou entthront Tina Pröger

 

Wachablösung im Dreisprung der Frauen: Abonnement-Siegerin Tina Pröger (TSV Zirndorf, 12,08 Meter) musste in Erding anerkennen, dass die 34-jährige Maria Stamatelou (LG Stadtwerke München) mit 12,22 Meter die größere Weite erzielte. Mit aufs Podest schob sich mit Luisa Schmidt-Rave (LG Stadtwerke München) eine weitere Protagonistin aus der Landeshauptstadt (11,56 Meter). Immer besser in Form kommt Siebenkämpferin Anna-Lena Obermaier (LG Telis Finanz Regensburg), die sich bei ihrem Titelgewinn im Hochsprung auf 1,74 Meter vor der wiedergenesenen Siebenkampf-Kollegin Luisa Tremel (LG Stadtwerke München; 1,71 Meter) und Marina Gabriel (LG Stadtwerke München; 1,66 Meter) schieben konnte. Der Stabhochsprung wurde eine klare Sache für Noemi Rentz (TSV Gräfelfing; 3,40 Meter). Auf den weiteren Plätzen: Laura Kurzbuch (TSV 1880 Wasserburg; 3,20 Meter) und Sang Haarer (SWC Regensburg; 2,95 Meter).

 

Gräfelfinger Männer-Staffel holt in spannendem Finale Gold

 

Zu einer spannenden Angelegenheit geriet die 4 x 100 Meter-Staffel der Männer. Mit 42,06 Sekunden hatte schließlich das Quartett des TSV Gräfelfing mit Schlussläufer Arne Leppelsack, Benedikt Wiesend (bei seinem wahrscheinlich letzten Wettkampf), Michael Schäfer und Michael Adolf die Nase vor der LG Erlangen (42,14 Sekunden) und der LG Forchheim (42,38 Sekunden) vorne. Der Titel über 400 Meter bei den Frauen ging an Michelle Marnau (LG Würm Athletik; 63,24 Sekunden) vor Sonja Keil (LG Augsburg; 64,86 Sekunden) und Michaela Kölbl (TSV Penzberg; 65,78 Sekunden). In einem vereinsinternen Duell über 800 Meter rang Brian Weisheit (1:52,74 Minuten) Niklas Buchholz (1:53,07 Minuten; beide LSC Höchstadt/Aisch) nieder. Knapp dahinter auf dem Bronzerang: Jordan Donnelly (LAC Quelle Fürth; 1:53,45 Minuten). Ebenfalls ein Finale mit Thriller-Qualitäten gab es über 1500 Meter, wo Florian Bremm (TV Leutershausen) wegen seiner besseren Spurtqualitäten mit 3:48,75 Minuten vor Nick Jäger (TSV Penzberg; 3:49,35 Minuten) und Brian Weisheit (3:49,90 Minuten) holte. Das 5000-Meter-Podest bei den Männern bestand aus Felix Luckner (LG Stadtwerke München; 15:02,98 Minuten), Lorenz Adler (LAC Passau; 15:07,24 Minuten) und Friedrich Biniok (LG Bamberg; 15:10,03 Minuten). Über dieselbe Strecke suchten auch die Geher ihren Bayerischen Meister. Dieser hieß nach 26:46,80 Minuten Steffen Meier (SV Breitenbrunn) - immerhin schon 55 Jahre. Dahinter holten sich die weiteren Medaillen ebenfalls einige unverwüstliche jung Gebliebene: der 48-jährige Wolfgang Scholz (SWC Regensburg; 27:44,91 Minuten) sowie der 66-jährige Helmut Prieler (SpVgg Niederaichbach; 29:32,62 Minuten).

 

Eine von vielen Zentimeter-Entscheidungen gab es im 5000-Meter-Finale der Frauen, wo sich Brendah Kebeyah (LG Bamberg) nach 17:13,23 Minuten vor Eva Schultz (LG Bamberg; 17:13,70 Minuten) über die Ziellinie warf. Bronze schnappte sich Lea Wenninger (LAC Passau; 17:16,99 Minuten).

 

Von den Jugend-Meisterschaften folgt ein eigener Bericht