Hallen-DM Dortmund Tag 2: Die beiden besten Weitspringer Deutschlands kommen aus Bayern
Insgesamt kann der Bayerische Leichtathletik-Verband mit der Hallen-DM unter Corona-Bedingungen durchaus zufrieden sein. Zwei Titel - der eine fast sensationell von Amelie-Sophie Lederer (LG Stadtwerke München), die obendrein auch noch den bayerischen 60-Meter-Rekord von Verena Sailer auslöschte, und der andere irgendwie kalkuliert von Maximilian Entholzner, zwei Mal Silber durch Simon Batz und Christian Zimmermann (Kirchheimer SC) und zwei Mal Bronze durch Tobias Potye und Katharina Trost sind keine überragende, aber doch eine zufriedenstellende Bilanz.
Maximilian Entholzner wurde Er war mit zwei Sprüngen auf 7,85 Meter seiner der Favoritenrolle als Jahresbester und Titelverteidiger gerecht. Seine Top-Weiten erzielte der in Barcelona (Spanien) studierende Weitspringer gleich zwei Mal, im zweiten und im sechsten Durchgang. Damit fehlten ihm – trotz verkürztem Anlauf – nur zwölf Zentimeter zur Bestleistung. "So richtig zufrieden bin ich nicht", gab der alte und neuen Deutsche Hallenmeister am Schluss des Wettkampfes gegenüber leichtathletik.de durchaus zu. "Mein Ziel war es, die acht Meter endlich zu springen und die Norm für die Hallen-Europameisterschaften anzugreifen. Das ist mir leider nicht geglückt. Eigentlich müsste ich mit der Verteidigung des Titels zufrieden sein, aber da ist immer noch diese Acht-Meter-Marke. Ich habe noch viel Potential in der Technik. Zwar bin ich schnell, aber mir fehlt das Sprungtalent, das andere Springer haben. Da muss ich viel für arbeiten. Ich merke, dass es aus kürzerem Anlauf besser funktioniert. Heute hat es im ersten und im zweiten ungültigen Sprung schon ganz gut geklappt. Das gute Gefühl, dass es mich rauskatapultiert, wie vor zwei Wochen bei meiner Bestleistung, hatte ich aber noch nicht. Die acht Meter möchte ich beim Wettkampf in Madrid angreifen. In Richtung Sommer möchte ich an meinen Schwächen arbeiten: Ich möchte aus hoher Geschwindigkeit technisch sauberer springen, an Höhe gewinnen und konstanter springen."
Bei seinem ersten DM-Start in der Männerklasse durfte der vorjährige Deutsche U 20-Vizemeister Simon Batz gleich doppelt jubeln. Der 19-Jährige, der noch ein Jahr in der Jugendklasse startberechtigt ist, landete mit neuer Bestleistung von 7,73 Metern auf dem Silberrang. Dreimal blieb er im DM-Finale über seinem alten Hausrekord von 7,60 Metern. Dahinter mussten sich große Namen einreihe: Bronze ging mit 7,70 Metern an Gianluca Puglisi (Königsteiner LV). Mehrkämpfer Kai Kazmirek (LG Rhein-Wied) testete zwei Wochen vor seinem Siebenkampf bei der Hallen-EM in Torun erneut seine Form und belegtemit 7,52 Metern Platz vier. Simon Batz gab sich am Ende des Wettkampfes hoch erfreut und verblüfft: "Ich habe absolut gar nicht damit gerechnet. Als junger Athlet bin ich völlig ohne Erwartungen angereist, wollte aber gerne in den Endkampf kommen, um sechs Sprünge zu absolvieren. Im Training und in Trainingswettkämpfen hat sich meine gute Form schon angedeutet, von dieser Weite bin ich trotzdem überrascht. Ich habe beim Sprung den Druck nach vorne gut bemerkt. Der war nicht mehr in Rücklage, sondern hat nach vorne gezogen. Auch die Landung habe ich mich deutlich verbessert."
Die 1500-Meter-Rennen gehörten zu den spannendsten Entscheidungen der Hallenmeisterschaften von Dortmund. Bei den Herren überholte der Wattenscheider Marius Probst nach einem Herzschlagfinale noch kurz vor dem Ziel den zwischenzeitlich weit enteilten Homiyu Tesfaye (TSV Pfungstadt). Und auch beim Lauf der Frauen blieb der Puls der Live-Stream-Zuschauer im oberen Bereich. Hier machte sich lange Zeit Mitfavoritin Caterina Granz (LG Nord Berlin) ums Tempo verdient. In Lauerposition hinter ihr laufend behielt Katharina Trost (LG Stadtwerke München) stets die Medaillenränge im Blick. Für sie war es das erste 1500-Meter-Meisterschaftsrennen auf nationaler Ebene unter dem Hallendach. Vor der Schlussglocke, die die letzte Runde einläutet, schob sich die zweifache Europameisterin und WM-Bronzemedaillengewinnerin Gesa Krause erst auf den zweiten und dann auf den ersten Platz, den sie bis ins Ziel (4:12,82 Minuten) nicht mehr abgab. 800-Meter-Spezialistin Katharina Trost (4:13,48 Minuten) kämpfte bis zum Schluss, um noch an der Berlinerin (4:13,48 Minuten) vorbeizukommen, hatte letztlich allerdings hauchdünn das Nachsehen und holte Bronze.
Das Faszit von Trost fiel dementsprechend ernüchternd aus: "Ich habe mich bei dieser Meisterschaft für die 1500 und gegen die 800 Meter entschieden, weil ich gehofft hatte, dass ich mich hier direkt für die Hallen-EM qualifiziere. Über die 800 Meter hatte ich noch keine Norm für die Hallen-EM in Torun, deshalb dachte ich mir, ich setze auf die 1500 Meter. Ich bin super enttäuscht mit dem heutigen Rennen. Ich wollte unbedingt hier gewinnen. Ich dachte auch, ich habe gute Chancen, weil ich hinten raus schnell bin; von den 800 Metern habe ich eine gewisse Grundschnelligkeit. Dass es heute nicht geklappt hat, ist super traurig. Ich weiß noch gar nicht so recht, was ich sagen soll. In Karlsruhe zum Beispiel konnte ich hinten raus noch richtig drücken, ich habe mich richtig gut gefühlt und konnte an den anderen vorbeiziehen. Heute hat mir einfach die Kraft gefehlt. Meine Hallensaison hat gut begonnen, aber mit den beiden letzten Rennen über 800 Meter und heute über 1500 bin ich einfach gar nicht zufrieden. Ich weiß noch nicht, woran es liegt, das müssen wir noch mal analysieren. Jetzt muss ich erst mal abwarten, wie es mit einem Hallen-EM-Start aussieht. Ich fahre dann hoffentlich noch ins Trainingslager, wenn das klappt, und bereite mich auf die Olympiasaison vor. Nach Tokio möchte ich auf jeden Fall über die 800 Meter."
Mit dem Ziel, ihren sechsten Hallen-DM-Titel zu ergattern, ging Christina Hering (LG Stadtwerke München) ins 800-Meter-Rennen. Direkt nach dem Startschuss setzte sich die 1,85-Meter-große Läuferin an die Spitze des Feldes und sorgte für ein gleichmäßiges, flottes Tempo. Die 400 Meter passierte sie nach 60,29 Sekunden und auch bei 600 Meter (1:31,57 Minuten) sah es noch so aus, als ginge der Titel nur über die Münchnerin. Auf der letzten Runde konnte sie ihre Geschwindigkeit allerdings nicht aufrechterhalten. So zogen nacheinander die Konkurrentinnen Tanja Spill, Sarah Schmidt, Majtie Kolberg und – kurz vor dem Ziel – auch noch Nele Weßel vorbei. Siegerin Spill erzielte 2:03,06 Minuten. Für Christina Hering, die eine Freiluftbestleistung von 1:59,41 Minuten aufweist, blieb nur der fünfte Platz in zu vernachlässigenden 2:06,40 Minuten. „Es war bei 650 Meter so als wurde mir der Stecker gezogen. Ich war sozusagen ´out of order` und kann mich auch an die letzten 150 Meter des Rennens nicht mehr erinnern. Für mich kam das total überraschend. Ein vergleichbarer Einbruch ist mir bisher nur bei der WM in Doha 2019 passiert, was damals auf Probleme mit der Hitze zurückzuführen war. Das war diesmal vermutlich nicht der Grund. Einerseits bin ich natürlich sehr enttäuscht über mein Abschneiden, andererseits weiß ich ja, dass ich in guter Form bin. Erst letzte Woche konnte ich ein international gut besetztes Rennen in Luxemburg für mich entscheiden“, erklärte Christina Hering am frühen Abend auf der Rückreise nach München. Jana Reinert (LG Stadtwerke München) im 800-Meter-Endlauf in 2:07,89 Minuten Siebte.
Sein Start in Dortmund stand auf der Kippe. Vor einer Woche, beim Meeting in Luxemburg, machte sich bei Hochspringer Tobias Potye (LG Stadtwerke München) eine alte Knieverletzung wieder bemerkbar. „Ohne seitdem jeden Tag bei der Physiotherapie gewesen zu sein, wäre ich heute nicht gesprungen“, meint der 25-jährige. Bis auf ein Tape am linken Knie sah man es dem deutschen Hallenvizemeister von 2018 und 2020 nicht an. Mit erfolgreichen Erstversuchen über 2,10, 2,14 und 2,17 Meter startete er optimal in den Wettkampf. Drei Springer waren bei dieser Höhe noch im Wettbewerb verblieben. Nicht unter ihnen war Europameister Mateusz Przybylko (TSV Bayer 04 Leverkusen), der die 2,17 Meter offenbar aufgrund einer Fußverletzung nicht überqueren konnte. Eine Medaille war Potye also bereits sicher. Anders als Jonas Wagner (Dresdner SC 1898) und Falk Wendrich (LAZ Soest) benötigte der Münchner bei 2,20 Metern den Zweitversuch, weshalb er in diesem Dreikampf die letzte Position einnahm. Nach einem Fehlversuch über 2,23 Meter nahm Potye seine verbleibenden Versuche mit zur nächsten Höhe. Doch die 2,26 Meter warenan diesem Nachmittag für den Schützling von Bundesstützpunkttrainer Sebastian Kneifel noch zu hoch. Es blieb beim Bronzerang und der festen Überzeugung: „Ich habe mehr drauf!“ Falk Wendrich verdiente sich mit übersprungenen 2,23 Meter die Silbermedaille. Zum Überraschungssieger avancierte Jonas Wagner. Der Dresdner war mit einer Bestleistung von 2,22 Meter angereist und durfte am Ende über eine Siegeshöhe von 2,28 Meter jubeln.
In der Frauenkonkurrenz ging Lavinja Jürgens (LG Stadtwerke München) als einzige bayerische Vertreterin an den Start. Und die 21-jährige schrammte als Vierte nur knapp an einer Medaille vorbei. 1,83 Meter hätten am Sonntagnachmittag voraussichtlich fürs Podest gereicht, doch nach im Erstversuch übersprungenen 1,80 Meter war für die Jurastudentin Schluss. Alleine die Teilnahme am 400-Meter-Finale, die er tags zuvor mit neuer Hallenbestzeit von 47,74 Sekunden eingetütet hatte, war für Arne Lepplsack (TSV Gräfelfing) ein Riesenerfolg. Im Endlauf reichte es dann von der ungünstigen Bahn eins aus zum sechsten Rang in 48,48 Sekunden.