Nominierungsstress mit Happyend: Christina Hering fährt doch mit zur WM
Es war ein langer Weg nach London für die 22-Jährige. Als sie bereits im zweiten 800-Meter-Rennen der Saison im belgischen Oordegem Ende Mai nach 2:01,35 Minuten ins Ziel kam, herrschte größte Zuversicht. Mitte Juni in Dessau – in den Vorjahren stets ein gutes Pflaster für schnelle Rennen – war es auch diesmal mit 2:01,99 Minuten schnell, jedoch nicht schnell genug. Beim anschließenden Gewinn der Team-Europameisterschaft schlug Hering zwar die Weltmeisterin von 2015, Maryna Arzamasova, das Rennen war jedoch von Taktik geprägt (2:04,19 Minuten).
Die ersten Anläufe misslangen und dann kam auch noch Pech mit den Windverhältnissen dazu. Wenige Tage nach der Team-EM brachte dieser die großgewachsene Münchnerin bei ihrem Meeting-Sieg im schwedischen Sollentuna fast zum Stehen (2:03,46 Minuten). Zwei Tage später, am 1. Juli, sollte es kurzentschlossen mit tatkräftiger Unterstützung ihrer schnellen Trainingskolleginnen in Germering gelingen, doch der Wind war ihr gefolgt: 2:01,75 Minuten. Nun standen die Deutschen Meisterschaften bevor, auf die wiederum unmittelbar die offiziellen Nominierungen folgen sollten.
Hering ging als haushohe Favoritin ins Rennen und wollte hochmotiviert von vorneweg zu Titel und Normzeit laufen. Ersteres gelang, die Uhr blieb im windigen Erfurter Steigerwaldstadion jedoch erst bei 2:04,05 Minuten stehen. Doch Hering kämpfte weiter. Und wie. Zwei Tage nach dem Gewinn der Deutschen Meisterschaft, bei ihrem dritten Rennen innerhalb von vier Tagen, gewann sie das EAA-Meeting in Luzern mit neuer Saisonbestzeit von 2:01,31 Minuten. Am Folgetag gab der DLV sein Aufgebot für London bekannt. Hering fehlte.
Doch die Sportstudentin gab die Hoffnung immer noch nicht auf. Sie blieb in der Schweiz, um eine Woche später, also am vergangenen Dienstag, beim internationalen Leichtathletik-Meeting Galà dei Castelli in Bellinzona an den Start zu gehen. Dort erwartete sie erneut eine starke Konkurrenz um die frühere Europameisterin Selina Büchel. Eine Tempomacherin brachte das Feld schnell über die erste Runde, Hering reihte sich weiter hinten ein. Erst als sie mit großen Schritten auf die Zielgerade einbog, Plätze gutmachte und zur Führungsgruppe aufschloss, schien sie für ihre Beharrlichkeit belohnt zu werden. Fünf Läuferinnen kamen innerhalb einer Sekunde ins Ziel. Als die Münchnerin ihren Namen an fünfter Stelle mit einer Zeit von 2:00,77 Minuten auf der Anzeigetafel wiederfand, war sie vor allem eines: erleichtert.
„Ich hatte überhaupt nicht mehr damit gerechnet. Natürlich bin ich sehr froh, dass der DLV so viel Vertrauen in meine Leistungsfähigkeit steckt. Es hat sich mal wieder gezeigt, dass man nicht aufgeben sollte und immer bis zum Schluss kämpfen muss“, so Hering nach Bekanntwerden ihrer Nachnominierung.
Für die von Trainer Daniel Stoll betreute Sportlerin bedeutet der Start in London bereits die zweite WM-Teilnahme nach 2015. In Peking gelang Hering mit einer Zeit von 2:00,36 Minuten im Vorlauf der Einzug in das Halbfinale. Dort genügten dann 2:00,81 Minuten nicht für den Finallauf.
Unberührt durch die Nachnominierung für die Weltmeisterschaft bleibt Herings Teilnahme an der Universiade in Taipei (Taiwan) vom 19. bis 30. August: „Es war mein Ziel, beides zu laufen und es ist natürlich toll, dass sich jetzt doch noch beides erfüllt. Auch wenn ich nun im August nicht oft zu Hause sein werde."