Katharina Trost (Mitte) sammelte wertvolle Erfahrungen im 1500 Meter-Endlauf // Mona Mayer (Zweite von rechts) mit ihren Staffelkameradinnen (von links) Luna Thiel, Alica Schmidt und Jessica-Bianca Wessoly // Große Freude herrschte bei Christina Hering, als ihre Finalteilnahme feststand. Fotos: Theo Kiefner

19.08.2022 23:40 // Von: Reinhard Köchl/leichtathletik.de

EM München Tag 5: Bayerische Leichtathleten schwimmen weiter auf der Erfolgswelle

Auch der fünfte Tage der Europameisterschaften im Münchner Olympiastadion brachte trotz niedriger Temperaturen wieder allerbeste Stimmung und herausragende Leistungen einiger bayerische "local heroes". In den abendlichen Finals belegten Sprinterin Alexandra Burghardt (LG Gendorf Wacker Burghausen) über 200 Meter Rang acht, Katharina Trost (LG Stadtwerke München) wurde über 1500 Meter Zehnte und Niklas Bucholz (LSC Höchstadt/Aisch) kam über 3000 Meter Hindernis auf Platz 14. Am Morgen hatten Christina Hering (LG Stadtwerke München) über 800 Meter und Mona Mayer (LG Telis Finanz Regensburg) mit der deutschen 4 x 400 Meter-Staffel sowie Alexandra Burghardt mit dem 4 x 100-Meter-Quartett jeweils den Einzug in den Endlauf geschafft.

Die 200 Meter der Frauen bildeten am späten Abend dne letzten Wettbewerb  des Abends - im Gegensatz zu den Vortagen bei leichtem Nieselregen und empfindlicher Kälte. Denn holte Mujinga Kambundji (Schweiz) nach Überraschungs-Gold bei der Hallen-WM über 60 Meter auch ihr erstes EM-Gold. Dabei bezwang sie in 22,32 Sekunden Titelverteidigerin Dina Asher-Smith (Großbritannien; 22,43 sec). Alexandra Burghardt lief auf der für ihre Länge ungünstigen Innenbahn in 23,24 Sekunden auf Rang acht. Dennoch war die Oberbayerin, die in ihrer Zeit bei der MTG Mannheimhäufig mit Mujinga Kambundji das Zimmer teilte, mit dem Finaleinzug hochzufrieden.

 

Die 28-Jährige hatte bei einem Ausflug zum Bob im Februar Silber bei den Olympischen Winterspielen gewonnen. Die Rückkehr auf die Sprintbahn in diesem Sommer verlief nicht reibungslos. Es klappte nicht mehr, die EM-Norm über 100 Meter zu erfüllen. So ist es ein Erfolg, dass der Traum vom Finale vor heimischer Kulisse trotz nur weniger längerer Tempoeinheiten im Training über die doppelte Distanz in Erfüllung gegangen ist.

 

"Ich habe das Rennen einfach genossen", sagte Alexandra Burghardt. "Ich wusste, dass es auf Bahn eins schwierig wird. Schon auf Bahn zwei im Vorlauf habe ich die Kräfte gespürt und auch von der Einteilung her, war es nicht einfach. Ich bin keine 200-Meter-Spezialistin. Jedes Rennen hatte auch einen großen Lerneffekt. Ich habe, glaube ich, noch nie drei 200er an drei Tagen gemacht. Die Zuschauer tragen einen natürlich, aber ich war doch etwas müde und leer. Nichtsdestotrotz bin ich happy, dass ich in meiner Nicht-Hauptdisziplin ein europäisches Finale erreicht habe, obwohl ich gerne nicht Achte geworden wäre."

 

Mit einem langen Spurt und einer Schlussrunde in 60,39 Sekunden sprengte Favoritin Laura Muir (Großbritannien) das Final-Feld über 1500 Meter und verteidigte ihren Titel in 4:01,08 Minuten erfolgreich. Dahinter wurde um die weiteren Platzierungen gespurtet, Hanna Klein (LAV Stadtwerke Tübingen; 4:05,49 Minuten) kam als Fünfte ins Ziel, Katharina Trost (LG Stadtwerke München; 4:06,95 Minuten) in ihrem ersten EM-Finale als Zehnte.

 

„Finale zu Hause – das war wirklich etwas Besonderes. Als ich als Erste vorgestellt wurde und das Stadion bebte, das war so toll", ließ Katharina Trost ihr Rennen noch einmal Revue passieren. "Im Rennen habe ich mich weiter außen einsortiert, bin dadurch aber immer etwas weiter gelaufen. Wir sind auch flott angelaufen, so dass es auf der Zielgerade dann echt hart wurde. Ich habe auch gar nicht gemerkt, dass ich da offenbar noch von zwei Läuferinnen überholt wurde, da war ich schon ziemlich platt und wollte nur noch ins Ziel. Ich habe noch einiges zu lernen über die 1500 Meter, es war mein erstes großes Finale. Ich wäre gerne unter die Top Acht gelaufen, aber ich nehme ein Finale und eine tolle Stimmung mit und gehe jetzt in die Saisonpause.“

 

Wenig später war Niklas Buchholz zum heftig umjubelten Endlauf über 3000 Meter Hindernis angetreten. Als 14. in 8:37,51 Minuten ließ Buchholz, der mit dem Finaleinzug überrascht hatte, mit Louis Gilavert (8:39,62 Minuten) einen Konkurrenten hinter sich. Einen starken fünften Platz belegte Karl Bebendorf (Dresdener SC 1898; 8:26,49 Minuten), der das Tempo der Spitze bis zur Entscheidung auf den letzten 400 Metern mitgehen konnte. Auch für ihn war es der erste internationale Endlauf. Die meisten Reserven mobilisieren konnte Topi Raitanen (8:21,80 min), der überraschend Gold nach Finnland holte.

 

Für Alexandra Burghardt steht am Sonntag noch ein weiteres Finale an: das über 4 x 100 Meter. Die Frauen gingen bei den Wechseln kein Risiko ein und liefen in 43,33 Sekunden direkt ins Finale, ebenso wie die 4 x 400 Meter-Staffel, die mit Mona Mayer auf Position zwei und der früheren Ingolstädterin Alica Schmidt mit 3:27,92 Minuten wesentliche bessere Zeiten als bei der WM in Eugene (USA) ablieferte.

 

Schmidt ging als Startläuferin ins Rennen und bog als Fünfte auf die Zielgerade ein, diese Position übergab sie auch an Mona Mayer. Die Regensburgerin konnte sich einen Platz nach vorne kämpfen und wechselte auf Jessica-Bianca Wessolly, die kurz zuvor bereits mit der 100-Meter-Staffel den Finaleinzug klar gemacht hatte, diesen Rang verteidigte und an Luna Thiel übergab. Die Deutsche Meisterin des Jahres 2019 teilte sich ihr Rennen klug ein und verkleinerte zum Ende hin die Lücke auf die vor ihr laufende Schweizerin deutlich. Das große Q konnte sie zwar nicht mehr holen, doch das störte nach dem Feststehen des Finaleinzugs im deutschen Team niemanden mehr. Der Endlauf ist am Samstagabend angesetzt.

 

Banges Warten und dann befreites Jubel: Zum ersten Mal hat Christina Hering (LG Stadtwerke München) in ihrer Heimatstadt München den Sprung in ein großes internationales Finale geschafft. In einem engen Rennen kam Hering als Vierte ihres Halbfinals in 2:00,86 Minuten über die Zeitregel in den Endlauf.