EM München Tag 4: Tobias Potye ist Vizeeuropameister
Er stand keineswegs im Schatten der frischgebackenen Europameisterin Konstanze Klosterhalfen und Vizeeuropameisterin Malaika Mihambo. Hochspringer Tobias Potye war am vierten Tag der "EM dahoam" im Münchner Olympiastadion selbst ein ganz Großer. Sein Knie hat in der Vergangenheit noch größere Höhenflüge verhindert. Aber in diesem Sommer ist Potye in der bisher besten Form seiner Karriere. Bei den Deutschen Meisterschaften hatte er erstmals 2,30 Meter gemeistert und sich viel vorgenommen für die EM in seiner Heimatstadt München.
Dass sich der Start des Finals am Donnerstagabend wegen Regens verzögerte, tat seiner Entschlossenheit keinen Abbruch. Unter dem Jubel der Zuschauermenge meisterte der 27-Jährige alle Höhen bis einschließlich 2,27 Meter im ersten Versuch. Das bedeutete Silber und damit die erste Medaille bei einer internationalen Meisterschaft.
Mit 2,30 Metern noch höher sprang bei diesen schwierigen Bedingungen und er unerwarteten Kälte nur Gianmarco Tamberi. Für den Olympiasieger aus Italien ist es nach 2016 der zweite Freiluft-EM-Titel. Bronze gewann der Ukrainer Andriy Protensko (2,27 Meter), der sich bei 2,23 Metern zwei Fehlversuche geleistet hatte.
Titelverteidiger Mateusz Przbybylko (TSV Bayer 04 Leverkusen) musste bei 2,23 Metern ebenfalls in den dritten Versuch. Diese Höhe meisterte der 30-Jährige dann noch mit Bravour. Für 2,27 Meter reichte es dann aber nicht mehr.
"Das Nervenkostüm hat sehr lange gehalten, am Ende haben die Beine doch etwas gewackelt", gestand Tobias Potye anschließend. "Ich denke morgen, wenn das real wird, habe ich noch einmal andere Emotionen. Ich bin dieses Jahr schon einige Male gegen Gianmarco gesprungen. Ich dachte eigentlich, ich kann ihn mal schlagen. Das muss ich vertagen. Es hat richtig Spaß gemacht, wir hatten schon in der Quali gemerkt, dass hier eine Bombenstimmung herrscht. Ich habe die meiste Zeit gegrinst und mich nicht verrückt machen lassen. In diesem Sommer habe ich schon viele Wettkämpfe bei schwierigen Bedingungen gemacht und mich dabei immer durchsetzen können. Das hat hier geholfen."
Alexandra Burghardt jubelt über den Finaleinzug
Das zweite Halbfinale war eine klare Angelegenheit: Titelverteidigerin Dina Asher-Smith setzte sich souverän in 22,53 Sekunden durch. Doch um die Plätze dahinter kämpfte auch Alexandra Burghardt lange mit. Und in 23,05 Sekunden kam sie dicht an ihre persönliche Bestzeit (23,00 Sekunden) heran und sicherte sich als Dritte ihres Laufes zunächst einen Platz auf dem Hot Seat. Und nach dem letzten Lauf stand fest: Die Deutsche Meisterin von 2021 holte sich ein kleines q und steht damit im 200-Meter-Finale!
"Das Warten auf dem Hot Seat war gar nicht so schlimm", erzählte eine gut gelaunte Alexandra Burghardt anschließend im Interview mit leichtathletik.de. "Ich wusste, dass die Zeit ganz gut ist für die Bedingungen. Ich war ja auch die schnellere der Zeitschnellsten. Es fühlt sich mega gut an, ich hatte echt eine sehr schwierige Saison. Ich habe mich ja leider auch nicht für die 100 Meter qualifiziert, was ja der ursprüngliche Plan war. Über die Strecke hätte ich meine Chance viel besser eingeschätzt. Ich war schon ein bisschen am Zweifeln, ob das mit den 200 Metern funktioniert. Die Läufe, die ich in den letzten Monaten gemacht habe, kann man an einer Hand abzählen. Ich wollte da alles reinlegen und habe wirklich mein Herz auf der Bahn gelassen. Das Publikum hat mega beflügelt, der Heimvorteil war deutlich zu spüren. Fürs Finale hoffe ich endlich auf eine 22-er-Zeit, wenn es morgen nicht regnet."
Christina Hering gerät ins Straucheln
Was für ein Schreckmoment auf der Zielgerade: Christina Hering hat bei ihrem Heimspiel im Münchener Olympiastadion mit Platz drei in ihrem Vorlauf ihren Einzug ins Halbfinale klar gemacht und dass, obwohl sie auf der Zielgerade ins Straucheln geraten war. Doch die 27-Jährige fing sich und warf sich in 2:03,00 Minuten ins Ziel.
„Es war der perfekte Wechsel aus Anspannung und Dankbarkeit", gestand Christina Hering. "Ich konnte es aufsaugen, als ich an der Startlinie stand. Ich konnte kontrolliert laufen,, dann kam aber der Schockmoment auf der Zielgerade, wo ich ins Straucheln gekommen bin. Zum Glück konnte ich mich fangen. Als die Ziellinie kam und ich das große Q hatte, war ich sehr froh. Jetzt muss ich erstmal runterkommen, regenerieren, denn bis morgen früh ist es nicht mehr lang.“