Deutsche Mehrkampf-Meisterschaften Vaterstetten: Drei bayerische Medaillen bei Extremwetter
Vaterstetten wird – neben der gewohnt reibungslosen und zuverlässigen Organisation – vor allem als eine Meisterschaft der extremen Witterung in die Analen eingehen. Während am ersten Tag noch tropische Hitze von bis zu 35 Grad alle Athleten nach Trinkbarem und Schattenplätzen suchen ließ, gab es am darauffolgenden Samstag das andere Extrem. Ein Temperatursturz um über 20 Grad sowie Dauerregen ließen schlagartig den Winter in Oberbayern Einzug halten. Dies führte nicht zuletzt dazu, dass einige „heiße Eisen“ aus dem Freistaat im Laufe des Nachmittages zunehmend erkalteten und schließlich sogar den Wettkampf vorzeitig beendeten. Halbwegs „normale“ Bedingungen herrschten eigentlich nur am Sonntag, als das Thermometer in erträglichere Höhen geklettert war und auch die Sonne wieder zum Vorschein kam.
Wer ein Ziel vor Augen hat, der lässt sich auch durch derartige meteorologische Bocksprünge nicht davon abbringen. Drei jungen Männern im blauen Trikot der LG Telis Finanz Regensburg wurde deshalb am späten Sonntagnachmittag der verdiente Lohn ihrer zweitägigen Mühen zuteil: Sie sind die „Könige der Athleten“ 2011 in Deutschland. Tom Bechert, Malte Hartfiel und Matthias Küsters holten Mannschaftsgold mit 20 715 Zählern deutlich vor dem LC Paderborn (19 995) und dem LAV Asics Tübingen (19 943). Regensburgs Bester Tom Bechert heimste zudem noch Bronze in der Einzelwertung mit 7362 Punkten ein. Teamkollege Hartfiel landete mit 6803 Zählern bei den Männern auf Platz sieben, ebenso wie Matthias Küsters bei den Junioren (6550).
Stabhochsprung stellt die Weichen für Gold
Von ihren Trainern Helmuth Kammerer und Stefan Wimmer bestens eingestellt, wurde es letztendlich nicht ganz der befürchtete Titelkrimi. Spätestens nach dem Stabhochsprung hatten die Telis-Mannen die Teamführung an sich gerissen und auch in den letzten beiden Disziplinen Speerwurf und 1500 Meter nicht mehr los gelassen. Das Glück komplett macht natürlich neben der Einzel-Bronze von Tom Bechert, der erst im letzten Wettbewerb Silber noch aus den Händen gab, auch die beiden siebten Plätze von Hartfiel bei den Männern und Küsters bei den Junioren, der mit seinen 4:37,27 Minuten noch von Platz neun aufs Podium sprang.
Die von Helmuth Kammerer erhofften 7500, 7000 und 6500 Punkte für die Drei in der Einzeladdition fielen buchstäblich ins Wasser des ersten Tages. Bei für Zehnkämpfer grausamen elf Grad und Dauerregen waren diese Vorgaben schlechterdings zur Utopie geworden. Für den Titelkampf hatten sie allerdings keine Auswirkung, weil alle Teilnehmer mit den Wetterkapriolen zu kämpfen hatten. Gold bei den Männern holte sich der Topfavorit André Niklaus (LG Nike Berlin) mit 7532 Zählern, während es im Siebenkampf der Frauen mit Gold für Claudia Rath (LG Eintracht Frankfurt; 5484) ebenfalls keine Überraschung gab.
Ines Dirscherl erkämpft sich Bronze
Höchst erfreulich aus bayerischer Sicht war der dritte Rang von Ines Dirscherl, die mit 5066 Punkten trotz der widrigen Umstände eine neue Jahresbestleistung aufstellte. Herausragende Leistungen bot sie selbstverständlich in den Sprintdisziplinen, wo trotz massiven Gegenwindes Zeiten von 14,74 Sekunden (100 Meter Hürden) und 25,43 Sekunden (200 Meter) heraussprangen. Zu einem tollen sechsten Rang reichte es für Sarah Leidl (1. FC Passau), die 4749 Zähler sammeln konnte und in ihrer Paradedisziplin dem Speerwerfen mit 52,46 Meter nahe an ihre persönliche Bestleistung herankam. Liane Weber (LG Stadtwerke München), die noch im Juli in Ratingen mit 5578 Punkten ein absolut meisterschaftswürdiges Ergebnis erzielen konnte, musste nach drei gerissenen Versuchen im Hochsprung ebenso kapitulieren, wie die vorjährige Bayerische Siebenkampfmeisterin Elisabeth Glonegger (MTV 1881 Ingolstadt).
Absolut respektabel das Abschneiden dreier junger Bayerinnen in der Juniorinnen-Konkurrenz: Nicola Leidl (1. FC Passau), Sarahs jüngere Schwester, wurde hier Vierte mit 4648 Zählern (Speer: 47,17 Meter), während Andrea Klett (TSV Rottach-Egern) auf dem sechsten Platz einkam (4635) und ihre Vereinskameradin Lena Hötzendorfer auf dem neunten Rang landete (4513).
Hock beendet den Wettkampf vorzeitig
Im Zehnkampf der Männlichen Jugend A lagen die Hoffnungen bei Johannes Hock (TV Marktheidenfeld), der bei der U 20-EM in Tallin mit der Bronzemedaille nach Hause gekehrt war. Bei seinem letzten Start im Trikot seines Heimatvereins (Hock wird in Köln an der Deutsche Sporthochschule ein Studium beginnen) machten die äußeren Umstände einen Zehnkampf wahrlich zu keinem Spaßerlebnis. Mit 14,66 Meter im Kugelstoßen erzielte der 19-Jährige die größte Weite aller Teilnehmer und lag gemeinsam mit seinem Nationalmannschaftskollegen Matthias Brugger (SSV Ulm 1846) an der Spitze des Feldes, gab dann aber wegen des anhaltenden Regens ebenso auf wie am zweiten Tag Sebastian Ratzinger (TV Hautzenberg). „Mein letzter Wettkampf mit meinem Trainer und Freund Ottmar Kröckel sollte ein schöner Abschluss der erfolgreichen Saison 2011 werden“ entschuldigte sich Johannes Hock auf seiner eigenen Homepage. „Aber heute sind die Bedingungen so schlecht und die Verletzungsgefahr zu groß. Deshalb haben wir beschlossen, an dieser Stelle abzubrechen.“
Kilian Hartmann fehlen drei Punkte zu Rang drei
Weiter machte dagegen Kilian Hartmann (TuS Bad Aibling). In der Endabrechnung des Zehnkampfes fehlten ihm mickrige drei Pünktchen zu Bronze (6963) auf Felix Maidhof (SC Potsdam). Auch Hartmann kündigte nach dem Zehnkampf in einem Interview mit dem Bayerischen Fernsehen an, seinen Verein aus Studiengründen zu verlassen. Ab der Saison 2012 will er sein Glück beim neuen Deutschen Mannschaftsmeister LG Telis Finanz Regensburg versuchen.
Durchaus eine Erwähnung wert: Im jüngeren Jugendbereich scheint es um den Mehrkampfnachwuchs in Bayern keineswegs gut bestellt. Bei der Männlichen Jugend B gab es keinen einzigen Teilnehmer aus dem Freistaat, bei der Weiblichen Jugend B hielt wenigstens Tina Pröger (LAC Quelle Fürth) als gute Elfte die weißblauen Fahnen hoch (4476). In der Weiblichen Jugend A waren drei Mädchen der LAZ Inn an (17. Julia Auer 4413; 28. Raffaela Wiesbeck; 3997; 30. Sabine Beckerle; 3817). Als Mannschaft belegten sie Rang fünf (12 227).