Hallen-DM Leipzig: Bayerische Leichtathleten glänzen mit fünf Titeln
2021 - noch unter verschärften Corona-Bedingungen und ohne die Disziplinen 200 und 4 x 200 Meter - hatte es in Dortmund noch zwei Titel sowie je zwei Mal Silber und Bronze. Wobei feststellen ist, dass die Weitsprung-Doppelsieger vom vergangenen Jahr, Maximilian Entholzner (LG Passau) und Simon Batz (LG Landkreis Kelheim), diesmal überhaupt nicht angetreten waren.
Lange hatte Christian Zimmermann warten müssen. Schon oft war der Zwei-Meter-Riese ganz nah am Sieg dran gewesen, durfte quasi an der Goldmedaille schnuppern. Am Samstagnachmittag wurde dieser Bann dann endlich gebrochen: Christian Zimmermann ist erstmals Deutscher Hallenmeister! Der 20-Meter-Stoßer trat in Abwesenheit des ehemaligen Weltmeisters David Storl (SC DHfK Leipzig), der sich bereits jetzt auf die Sommersaison vorbereitet, aus dem Schatten und setzte sich deutlich mit Saisonbestleistung von 19,75 Metern durch. Bevor Zimmermann im fünften Versuch eben diese Tagesbestweite auspackte, war es der Rehlinger Valentin Moll, der mit saarländischem Landesrekord von 19,39 Metern am Titel schnupperte, sich dann aber auch über Silber freuen konnte. Der schärfste Konkurrent des neuen Deutschen Meister, Simon Bayer - im übrigen selbst ein Bayer aus Wasserburg - konnte nach drei ungültigen Versuchen im Vorkampf nicht mehr in den Kampf um die Medaillen eingreifen.
"Der Sieg heute ist mega", freute sich Christian Zimmermann anschließend. "Bisher lief meine Hallensaison nicht so gut, daher bin ich heute eher als Underdog angereist. Aber im Training lief es diese Woche schon sehr gut. Ich wusste vorab nicht, wie ich in den Wettkampf gehen soll, mein Ziel waren die 19,50 Meter. Jetzt sind es 19,75 Meter geworden und ich bin einfach nur glücklich. Schade war, dass sich Simon [Bayer] selbst rausgeworfen hat. Aber das war heute eine Meisterschaft und der Titel ist etwas Besonderes und einfach super!"
Erfreuliches zu vermelden gab es auch von Kugelstoßer Joel Akue (LG Stadtwerke München), der erst kurzfristig ins Teilnehmerfeld nachgerückt war und in seinem ersten Jahr in der Erwachsenklasse als Siebter mit Hausrekord von 18,19 Metern schöne Zukunftsperspektiven aufzeigte. Zudem qualifizierte er sich für den U 23-Europacup.
Beständig wie eh und je: Katharina Trost und Christina Hering
Natürlich Katharina Trost, natürlich Christina Hering! Aber vor allem die Art, wie die beiden als Top-Favoritinnen an die Startlinie gegangenen Aushängeschilder der LG Stadtwerke München diesmal ihre Goldmedaillen herausliefen, beeindruckte jeden der rund 1500 Zuschauer, die zum ersten Mal seit langem wieder Zeuge von Leichtathletik-Titelkämpfen waren und zuvor ein streng ausgearbeitetes Hygienekonzept durchlaufen mussten. Zum ersten Mal hatten sich Trost und Hering nämlich entschieden, nicht gegeneinander anzutreten, sondern ihr Glück auf der 1500-Meter- beziehungsweise 800-Meter-Strecke zu suchen. Eine gute Entscheidung! Als für Katharina Trost um 14.54 Meter der Startschuss zu den 1500 Metern fiel, da war der großen Favoritin nicht nach Bummeln zumute. Zwar machte die Kölnerin Vera Coutellier noch bis 400 Meter die Pace, doch dann drückte die Grundschullehrerin mächtig aufs Tempo, führte eine Dreiergruppe an und machte dann nach knapp einem Kilometer mit einer Tempoverschärfung alles klar. 4:10,06 Minuten betrug ihre Siegerzeit, der Vorsprung auf Vizemeisterin Vera Coutellier (ASV Köln) betrug über drei Sekunden.
„Ich muss ehrlich sagen: In der Halle finde ich die 1500 Meter deutlich entspannter“, erklärte Katharina Trost im Anschluss. „Weil da nicht ganz so ein Gerangel herrscht und man ein bisschen mehr Zeit hat, um nach vorne zu kommen. Das Ziel war, dass das Rennen heute nicht ganz so verbummelt wird. Ich hatte vorher mal gefragt, ob wir es ein bisschen schneller machen können. Ich bin mit den 4:10 Minuten voll zufrieden, ich hätte auch nicht erwartet, jetzt die 4:07 Minuten, mit denen ich angereist bin, noch mal zu unterbieten. Jetzt ist für mich eine kurze Verschnaufpause angesagt. In der Freiluftsaison würde ich gerne 800 und 1500 Meter mischen. Die 800 Meter bleiben draußen meine Hauptstrecke – aber ich finde es schön, abzuwechseln. Wenn man zwölf-, 13-, 14-mal nur 800 Meter läuft, ist irgendwann auch die Luft raus.“
Auch Christina Hering ließ sich nicht lumpen und tütete über 800-Meter ihren nunmehr sechsten deutschen Hallentitel ein. Nach einem ungefährdeten Vorlaufsieg (2:07,15 Minuten) diktierte sie im Finale vom Start weg den Rennverlauf und wehrte in der letzten Runde auf der Gegengerade entschlossen auch einen letzten Angriff der späteren Vizemeisterin Majtie Kolberg (LG Kreis Ahrweiler) ab. „Ich habe mit Majties Angriff gerechnet, weil sie auf jeden Fall mehr draufhat, als sie bisher gezeigt hatte.“, erzählte Hering im Anschluss an das Finale. „Für mich war klar, dass ich gleichmäßig laufe, damit ich am Schluss noch etwas zuzusetzen habe. Ich bin sehr happy mit dem Rennen und mit der Zeit, mir fällt ein Stein vom Herzen. Jeder Titel ist für mich wahnsinnig viel wert und ich bin jedes Mal total aufgeregt. Einfach weil die Deutschen für mich immer noch eine sehr große Bedeutung haben.“ Für Hering blieben die Uhren am Ende bei 2:02,88 Minuten stehen.
Tobias Potye wiederholt Titelgewinn im Freien
Den nächsten Münchner Meistertitel schnappte sich dann Hochspringer Tobias Potye, der von 2,10 Metern zum Anfang bis einschließlich 2,20 Metern alle Höhen auf Anhieb überquerte und damit seine gute Form andeutete. Die aufgelegten 2,23 Metern überquerte Potye dann im dritten Anlauf. Sein Meisterstück machte der Münchner im ersten Versuch über 2,26 Meter – eine Höhe, die außer ihm kein Rivale übersprang und bei der noch eine Menge Luft zwischen der Latte und dem Körper war. Auch Potyes Versuche über 2,28 Meter sahen nicht schlecht aus, aber die Latte fiel leider drei Mal. Im Gespräch mit leichtathletik.de ließ der nun zweifache Deutsche Meister (Halle und Freiluft) den Wettkampf wie folgt Revue passieren: „Das war heute ein klassischer Arbeitswettkampf. Aber ich habe gleich gemerkt, dass etwas geht und springen möglich ist. Ich habe etwas gebraucht, um das alles zusammenzusetzen und glücklicherweise hat es bei den 2,26 Metern dann endlich gepasst. Dieser Titel ist mir wichtig, weil eine Höhe dahintersteht, die halbwegs respektabel ist. Die Hallensaison war für mich eher übergangsmäßig. Alle meine Sprünge haben sich auf Wettkämpfe belaufen und endlich waren es genügend Sprünge, dass ich meinen Zugang wieder habe.“
Zweimal knapp an einer Bronzemedaille vorbeigeschrammt sind zwei Bayern in den Sprintentscheidungen. Der erste war Aleksandar Askovic (LG Stadtwerke München), der sich über 60-Meter nach persönlicher Bestzeit im Halbfinale (6,61 Sekunden – zugleich eine erneute Verbesserung seiner Norm für die Hallen-WM – im Endlauf dann auf Rang vier (6,62 Sekunden) einreihte. Nach einem furiosen Start hatte es bei dem Neu-Münchner sogar lange nach einem Titelgewinn ausgesehen. Auf den letzten Metern schoben sich allerdings seine Konkurrenten Lucas Ansah Peprah (Hamburger SV; 6,58 Sekunden), Kevin Krantz (Sprintteam Wetzlar; 6,59 Sekunden) und Owen Ansah (Hamburger SV; 6,61 Sekunden) noch an ihm vorbei. Dennoch lebt der Traum von einer Teilnahme an der Hallen-WM für Askovic weiter. Nachdem offenbar einige der vor ihm Platzierten ihre Teilnahme absagten, durfte er bereits die Teilnahme-Formulare für Belgrad ausfüllen. „Natürlich war ich nach dem Rennen extrem enttäuscht“, gestand der Neu-Münchner. „Aber wenn das mit der WM doch noch klappen könnte, wäre das eine Supersache!“ Besonders würde er sich freuen, vor seiner Familie laufen zu können, denn ein Teil davon lebt noch in Serbien, sagt der gebürtige Belgrader.
Münchner Frauen-Staffel wird Favoritenrolle gerecht
Das gleiche Schicksal mit Rang vier ereilte Vincente Graiani, der über 200-Meter im Endlauf 21,30 Sekunden brauchte. Traurig war der junge Münchner aber nicht, stellte er im Halbfinale mit 21,28 Sekunden doch eine persönliche Bestzeit auf. Graiani startete weiterhin über 400-Meter und verfehlte mit der siebtschnellsten Halbfinalzeit (47,73 Sekunden) den Endlauf der Top sechs knapp.
Erfüllt haben sich zum Abschluss dann auch die Titelambitionen im 4 × 200-Meter-Staffellauf der Frauen für die LG Stadtwerke München. Marina Scherzl, Svenja Pfetsch, Tina Benzinger und Amelie Sophie Lederer brauchten für ihre vier Bahnumrundungen insgesamt 1:35,60 Minuten und verwiesen den TSV Bayer Leverkusen (1:35,92 Minuten) auf Rang zwei. Abgesehen vom zweiten Wechsel gab es gute Übergaben des Staffelstabes und am Schluss sogar ein paar Tränchen bei den überglücklichen Münchnerinnen, mit denen sich auch U 20-Sprinterin Sabrina Hafner als fünfte Läuferin freute. Einen Formanstieg nach langer Verletzungspause zu verzeichnen hatte Amelie Sophie Lederer (LG Stadtwerke München), die im vergangenen Jahr fast sensationell den Einzeltitel über 60 Meter geholt hatte. Da mit einer Titelverteidigung nicht unbedingt zu rechnen war, dürfen die 7,40 Sekunden und die Endlauf-Teilnahme durchaus als Erfolg verbucht werden, zumal Lederer das Finale als Fünfte abermals mit 7,40 Sekunden abschloss.
Bronze für Bremm und Sistermann
Spannend bis zum Schluss verlief der Stabhochsprung der Frauen, wo sich die frischgebackene Deutsche Jugendmeisterin Chiara Sistermann (TSV Gräfelfing), die in Leipzig unter anderem vom ehemaligen Bundestrainer Herbert Czingon betreut wurde, mit der späteren Meisterin Jaqueline Otchere (MTG Mannheim) und Anjuli Knäsche (LG Leinfelden-Echterdingen) einen heißen Kampf lieferte. Alle drei übersprangen 4,30 Meter, was für Sistermann eine neue persönliche Bestleistung bedeutete. Leider hatte die erst 17-jährige Oberbayerin einen beziehungsweise zwei Fehlversuche mehr auf ihrem Konto, freute sich am Schluss aber dennoch über Bronze.
Für eine dicke Überraschung aus bayerischer Sicht hatte am Samstag 3000-Meter-Läufer Florian Bremm (TV Leutershausen) gesorgt. Der 21-jährige Franke zeigte sich vom Startschuss an hellwach, ging anfangs das hohe Tempo mit, das der spätere Meister Maximilian Thorwirth (SF 75 Düsseldorf-Süd; 8:01,43 Minuten) und Sam Parsons (Eintracht Frankfurt; 8:02,13 Minuten) anschlugen und holte dann auf der Zielgeraden zum großen Schlag aus. Eigentlich aussichtslos auf Platz fünf liegend, rief Bremm all seine Sprintfähigkeiten ab, schob sich immer näher an Velten Schneider (VfL Sindelfingen) und Jonathan Dahlke (TSV 04 Bayer Leverkusen) heran und rettete mit einem waghalsigen Hechtsprung und neuer persönlicher Bestzeit von 8:07,97 Minuten um zwei Hunderstelsekunden Bronze. Toll! Fast-Namensvetter Benedikt Brem (LG Telis Finanz Regensburg) wurde Siebter in guten 8:15,13 Minuten, ebenso wie seine Vereinskameradin Maria Kerres (LG Telis Finanz Regensburg) bei den Frauen (9:22,37 Minuten).