Bayerische MS Markt Schwaben, Teil 2: Starke Werfer, dünne U 20-Felder, mehrere Doppel-Meister
Fehlende Anreize, keine Perspektive für die Zeit nach der Schule, zu wenig Unterstützung oder schlicht null Bock? Für den eklatanten Abfall bei den 18- und 19-Jährigen in Bayern gibt es seit Jahren allenfalls Erklärungsversuche. Dabei waren mit Michael Adolf (DJK Ingolstadt) und Max Grieger (1. FC Passau) sogar zwei Starter bei der U 20-EM in Eskilstuna (Schweden) eine Woche vor ihrem ersten Einsatz im Nationaltrikot in Markt Schwaben, um ihre Form zu testen – mit zum Teil überraschenden Resultaten, vor allem im Fall von Michael Adolf. Der 400-Meter-Hürden-Spezialist düpierte nämlich über 100 Meter die gesamte weißblaue Sprinterelite und holte sich im Endlauf mit 10,69 Sekunden Gold vor Max Grieger (10,70 Sekunden) und Alexander Schmidt (ESV Nürnberg Rangierbahnhof; 10,73 Sekunden). Eigentlich hatte man im Finale vor allem Felix Straub (LAC Quelle Fürth) zumindest auf dem Treppchen erwartet. Der Schützling von Trainer Helmut Vetter wurde hier jedoch nur Fünfter in 10,84 Sekunden. Dies ist umso erstaunlicher, weil er im Zwischenlauf bei regulären Windverhältnissen (+0,6) mit 10,59 Sekunden die mit Abstand schnellste Zeit des Tages vorgelegt hatte, die gleichzeitig auch noch als Norm für die U 20-EM in Eskilstuna durchgegangen wäre. Auch seine Konkurrenten waren hier schneller: Adolf lief 10,62 Sekunden, Grieger kam auf 10,67 Sekunden und Schmidt auf 10,72 Sekunden.
Für den zweiten Paukenschlag bei den Jugendwettbewerben sorgte im U 18-Bereich Hammerwerferin Jessyka Schneider (TV Hindelang), der mit 64,27 Metern ein neuer bayerischer Rekord für ihre Altersklasse gelang. Außerdem setzte sich die 17-Jährige damit an die Spitze der deutschen Bestenliste. Ein weiterer Beweis, wie effektiv die Arbeit von engagierten Heimtrainern wie Schneider-Coach Josef Zillibiller in Hindelang sein kann.
U 20 männlich
Spannend entwickelte sich in Markt Schwaben das ewige Duell zwischen den Wurf- und Stoßtalenten Valentin Döbler (LG Stadtwerke München) und Lukas Koller (TSV 1880 Wasserburg). Beide hatten im Verlauf des Jahres jeweils schon die Norm für die U 20-EM übertroffen – Valentin Döbler mit der Kugel und Lukas Koller mit dem Diskus, – mussten aber wegen des Überangebots an guten Werfern in Deutschland zuhause bleiben. Nun gab es in Sportpark erneut zwei Mal die EM-Norm, quasi nachträglich. Valentin Döbler gewann das Kugelstoßen mit beachtlichen 18,60 Meter vor Koller (17,34 Meter). In der anderen Reihenfolge endete dann der Wettbewerb mit der der 1,75-Kilo-Scheibe. Hier lag Lukas Koller mit exzellenten 57,72 Meter klar vor seinem Münchner Kontrahenten (48,59 Meter).
Alexander Schmidt, über 100 Meter noch Dritter, nutzte dann tags darauf die Abwesenheit von Adolf, Grieger und Straub für einen überzeugenden Titelgewinn über 200 Meter in 21,93 Sekunden (Vorlauf: 21,89 Sekunden). Mit ihm blieb auch noch Philipp Finsterwalder (LG Karlstadt-Gambach-Lohr) unter der 22-Sekunden-Marke (21,95 Sekunden).
Erstaunliche Ergebnisse gab es bei den 400 Metern, wo gleich sechs Sportler unter der 50-Sekunden-Marke blieben. Sieger wurde Quirin Kappelmeier (LG Kreis Dachau), der eigentlich auf der Mittelstrecke zuhause ist, in 48,74 Sekunden, vor Felix Mittermeier (SWC Regensburg; 48,81 Sekunden) und Fabian Müller (TSV 1880 Schwandorf; 49,04 Sekunden). Zwei Hoffnungsträger der LG Telis Finanz Regensburg setzen sich auf den längeren Distanzen durch: Tim Englbrecht gewann über 800 Meter in 1:56,00 Minuten Gold, während Kilian Stich die 1500 Meter in 4:00,45 Minuten gewann und sich obendrein über 3000 Meter seinen zweiten Titel sicherte (8:43,70 Minuten).
Zwei Stabhochspringer aus der „Touch-the-clouds“-Metropole Gräfelfing dominierten den Stabhochsprung. Julian Meuer als Meister und Korbinian Suckfüll schwangen sich beide über 4,60 Meter. Im Weit- und im Dreisprung haderten die Athleten ebenso mit den Windbedingungen und der ungünstigen Anlage wie bei den Aktiven. Daniel Troßmann (LG Stadtwerke München) blieb knapp unter der Sieben-Meter-Marke (6,98 Meter), während Jacob Conrad (FC Aschheim) im letzten Versuch mit 13,77 Meter Gabriel Wiertz (TuS 1860 Pfarrkirchen; 13,75 Meter) übertrumpfte. Beim Hochsprung blieb Sven Glück (TV Schierling) als Meister mit 1,96 Meter um vier Zentimeter unter seiner Bestleistung und im Hammerwerfen reichten dem früheren Deutschen U 18-Meister Dominik Maaß (LAV Neustadt) 59,00 Meter zu Gold. Das Speerwerfen entschied Justin Polster (TSV Bad Endorf) mit 57,22 Metern für sich.
Eine starke Zeit legte die LG Stadtwerke München über 4 x 100-Meter auf die Tartanbahn. Der Abonnement-Meister kam auf 42,56 Sekunden.
U 20 weiblich
Zu den herausragenden jugendlichen Aktiven der beiden Tage in Markt Schwaben gehörte ohne Zweifel Sprinterin Julia Hofer (1. FC Passau). Die 19-Jährige nutzte die Gunst der Stunde und holte sich in jeweils neuen persönlichen Bestzeiten sowohl über 100 Meter (12,13 Sekunden) wie auch über 200 Meter 25,00 Sekunden die Bayerntitel. Maresa Klingert (TG Kitzingen) musste sich in 12,28 Sekunden über 100 Meter mit Silber begnügen, Bronze ging an Julia Stuhler (TSV Schwabmünchen; 12,50 Sekunden), die wiederrum über die doppelt so lange Sprintdistanz den Vizetitel in 25,26 Sekunden erringen konnte. Die Drittplatzierte dieses Finals, Naomi Hemmelmann (LG Karlstadt-Gambach-Lohr; 25,36 Sekunden), war tags zuvor über 400 Meter einsam auf weiter Flur unterwegs gewesen (57,98 Sekunden) und hatte sich damit den Titel gesichert.
Die klar beste Läuferin dieser Titelkämpfe im U 20-Bereich heißt Martina Rappold, kommt von der gastgebenden LG Sempt und gewann in heimischer Umgebung sowohl die 1500 (4:44,43 Minuten) wie auch die 3000 Meter (10:04,58 Minuten) in beeindruckender Manier. Gleiches gilt für Katharina Winkler (LAC Quelle Fürth) über die 100 Meter Hürden, für Franziska Heiß (TSV Gräfelfing) im Stabhochsprung sowie für Laura Renner (TV Altötting) im Kugelstoßen. Im Finale blieb Hürdensprinterin Winkler nur knapp über der 14-Sekunden-Marke (14,08 Sekunden), während Heiß mit dem Stab und übersprungenen 3,50 Meter langsam wieder in frühere Höhen vorstößt und Renners 13,50 Meter konkurrenzlos blieben.
Die beste weibliche Wurfleistung nach dem bayerischen Hammer-Rekord von Jessyka Schneider kam an diesem Wochenende von Rebecca Zimmer (LG Bamberg) mit dem Diskus. Im ihrem ersten U 20-Jahr tastet sich die Oberfränkin immer mehr an die 50-Meter-Marke heran. Bei den Landesmeisterschaften gelang ihr mit 49,74 Meter ein neuer Hausrekord. Vielseitig zeigten sich zwei andere U 20-Athletinnen. Bei der einen ist dies sozusagen „berufsbedingt“: Anna-Lena Obermaier (LG Sempt), seit Jahren Bayerns beste Nachwuchs-Siebenkämpferin, holte sich standesgemäß Gold im Hochsprung mit 1,74 Meter und wurde im Weitsprung nur hauchdünn bei Weitengleichheit von 5,60 Meter und dem schlechteren zweiten Versuch von Johanna Windmaier (TSV 1880 Wasserburg) geschlagen. Die andere deutet zumindest hin und wieder an, dass auch in ihr eine durchaus vielversprechende Mehrkämpferin stecken würde: Stefanie Aeschlimann (MTV 1881 Ingolstadt) ist jedoch amtierende Deutsche Dreisprung-Meisterin in der Halle und gewann als solche nach überstandener Rückenverletzung – ebenfalls standesgemäß – ihre Spezialdisziplin mit 12,10 Meter. Nebenbei holte sie sich aber noch Silber im Speerwerfen (41,62 Meter), das Anna Seitz (1. FC Pleinfeld) für sich entschied (43,20 Meter).
U 18 männlich
Auch bei den männlichen U 18-Jugendlichen gab es einen souveränen Doppelmeister über die Sprintdistanzen. Nick Przeliorz (TV Münnerstadt) holte sich sowohl die Goldmedaille über 100 Meter in 10,90 Sekunden wie auch über 200 Meter in 22,22 Sekunden (bei etwas zu starkem Rückenwind). Stark im Zwischenlauf außerdem noch Luis Windpassinger (MTV 1881 Ingolstadt), der sich auf 10,94 Sekunden steigern konnte. Przeliorz blieb in seiner Altersklasse nicht der einzige Doppelsieger. Paul Walschburger (LAZ Kreis Günzburg) war über die 110 Meter Hürden klarer in Front (14,51 Sekunden) als in seiner eigentlichen Schokoladen-Disziplin Weitsprung, wo ihm diesmal 6,55 Meter zum Sieg reichten.
Bei der männlichen U 18 setzten die Werfer ebenso starke Akzente. Martin Knauer (LG Stadtwerke München) gewann einen Tag vor seinem ersten 18-Meter-Stoß in Biberach das Kugelstoßen mit zweieinhalb Metern Vorsprung (17,82 Meter) vor Diskus-Sieger Jannik Voß (TSV Schleißheim; 15,29 Meter), der die 1,5-Kilo-Scheibe gleich im ersten Versuch auf einen an diesem Tag unerreichten Hausrekord von 50,90 Meter platzierte. Yannick Limmer (LG Stadtwerke München) übertraf in einer hochwertigen Speer-Konkurrenz als Einziger die 60-Meter-Marke (60,10 Meter) vor Andreas Neumeier (SFR Zeilarn; 57,61 Meter). Im Hammerwerfen konnte sich schließlich Christoph Claudius Gleixner (LG Landkreis Aschaffenburg) mit 57,06 Meter mit 45 Zentimetern Vorsprung vor seinem schwäbischen Kontrahenten Klemens Karg (TV Hindelang; 56,41 Meter) durchsetzen.
Robin Adelworth (TV Erkheim) und Theodor Schell (TSV Burghaslach) heißen die stärksten bayerischen U 18-Läufer – nicht nur in der Bestenliste, sondern auch bei den Titelkämpfen in Markt Schwaben. Adelworth gewann die 1500 Meter, ohne sich verausgaben zu müssen (4:06,51 Minuten), Schells Sieg über 3000 Meter gegen Lorenz Adler (1. FC Passau) fiel dagegen schon etwas knapper mit 9:11,27 zu 9:11,46 Minuten aus. Im Stabhochsprung musste sich Manuel Riemer (TSV 1880 Wasserburg) für Gold über 4,30 Meter schwingen, im Hochsprung floppte keiner mit 1,92 Meter höher als Moritz Persitzky (LG Hof).
Die 4 x 100-Meter-Staffel ging in 44,29 Sekunden an die LG Landkreis Aschaffenburg.
U 18 weiblich
Sprint-Doppelsieg, die Dritte: Gegen Theresa Leitz (LG Würm Athletik) war an diesem Wochenende sowohl über 100 (12,21 Sekunden) wie über 200 Meter (25,26 Sekunden) kein Kraut gewachsen. Darüber hinaus holte sie sich mit der 4 x 100-Meter-Staffel der LG Würm Athletik in guten 48,74 Sekunden das dritte Gold. Erst auf den letzten Metern verteidigte Alica Schmidt (MTV 1881 Ingolstadt) mit einem beherzten Finish ihren Titel gegen die lange verletzte Louisa Rieger (LG Stadtwerke München) in 57,54 zu 57,64 Sekunden. Sowohl über 800 wie über 1500 Meter spielten die übrigen Läuferinnen der Favoritin Barbara Plötz (TV Bad Kötzting) in die Karten und bummelten am Anfang, so dass sich die groß gewachsene 16-Jährige sowohl über die kürzere (2:18,07 Minuten) wie die längere Distanz (5:02,75 Minuten) jeweils einen goldenen „Halsschmuck“ sichern konnte.
Ziemlich kämpfen musste Lauftalent Renee Havanga (LAC Quelle Fürth) über 3000 Meter, bevor sie sich für den Titel über 3000 Meter gratulieren lassen könnte. Ihre Siegerzeit betrug starke 10:13,53 Minuten, Sophia Rommel (TV Sontheim) war mit 10:13,70 Minuten freilich nur unwesentlich langsamer. Über 100 Meter war Alisa Böhm (TSV 1880 Wasserburg) als Siegerin in 14,37 Sekunden eine Klasse für sich. Im Weitsprung setzte sich Sandra Spinnler (LG Landkreis Aschaffenburg) mit 5,68 Meter gegen Mehrkämpferin Katharina Sasse (TSV Schleißheim; 5,63 Meter) und Alisa Böhm (5,58 Meter) durch.
Eine überraschende Niederlage musste Amelie Döbler (LG Stadtwerke München) im Diskuswerfen einstecken. Nach sie in diesem Jahr schon die U 18-WM-Norm übertroffen hatte, darf der Sieg von Christina Stumböck (LG Oberland) mit 41,65 zu 40,89 Meter schon als kleine Überraschung bezeichnet werden. Dafür gewann Döbler in gewohnter Manier das Kugelstoßen mit 15,30 Meter vor ihrer Trainingspartnerin Selina Dantzler (LG Stadtwerke München; 14,79 Meter). Sehr stark im Speerwerfen eine weitere Athletin aus dem Wurfteam München: Sabrina Reusch (LG Stadtwerke München) holte sich mit nur einem gültigen Versuch (44,68 Meter) den Titel.