Der erste Streich? Florian Orth lieferte eine beeindruckende Vorstellung über 3000 Meter ab, an der sich sein Konkurrent Timo Benitz die Zähne ausbiss.

Bayerische Siegerehrung: Der neue Deutsche Meister Florian Orth und Bronzemedaillengewinner Clemens Bleistein (rechts) erhalten aus den Händen von Jochen Schweitzer, dem Präsidenten des Süddeutschen Leichtathletik-Verbandes, ihre Medaillen.

Strahlend nahm der neue Deutschen Kugelstoß-Vizemeister Robert Dippl die Gratulationen seiner Konkurrenten entgegen.

Die Silbermedaille entsprang eine gelungenen Kombination aus Kraft und Technik.

Mitku Seboka (links) blieb im 3000 Meter-Endlauf nur der vierte Rang.

Immer schneller: Für Amelie Sophie Lederer hätte es in Leipzig fast fürs Finale gereicht. Alle Fotos: Theo Kiefner

27.02.2016 23:21 // Von: Reinhard Köchl

Deutsche Hallen-MS Leipzig 1: Orth und Bleistein eine Bank über 3000 Meter, Dippl überrascht mit der Kugel

Es gab weiß Gott schon schlechtere Halbzeitbilanzen bei Deutschen Hallenmeisterschaften aus bayerischen Sicht, als diesmal in Leipzig. In den Jahren zuvor stand mitunter überhaupt keine Medaille auf der weißblauen Habenseite. 2016 in der sächsischen Landeshauptstadt waren es am ersten Tag sogar deren drei, wobei eine völlig unerwartet kam. Der Titel von Florian Orth über 3000 Meter und Platz drei von Clemens Bleistein waren dagegen insgeheim erwartet worden.

Es war ein schwieriger Balanceakt, aber Florian Orth (LG Telis Finanz Regensburg) meisterte ihn mit Bravour. Nachdem sich der Regensburger vier Stunden zuvor mit minimalem Aufwand für das 1500-Meter-Finale qualifiziert hatte, war es zumindest für Außenstehende eine Überraschung, dass er auch noch über 3000 Meter antrat, um als Jahresschnellster den Titel anzuvisieren. Doch er wollte es wissen und hatte mit Rang sechs im Vorlauf alle Kräfte gespart. „Ich dachte, ich riskiere es einfach mal, ich wusste auch nicht genau, wer alles startet“, erklärte der 26-Jährige. Von den Konkurrenten schätzte er im voraus Timo Benitz (LG Nordschwarzwald) am stärksten ein, war um dessen Start aber gleichzeitig froh: „Ich freue mich, dass Timo zurück ist.“

Das Wagnis hat sich schließlich ausgezahlt. Mit einem gesteigerten Tempolauf sicherte sich Florian Orth in 8:07,39 Minuten den ersten Titel. Seine Taktik: Frühzeitig aufs Tempo drücken, um dem EM-Finalisten über 1500 Meter, Timo Benitz (8:08,32 Minuten), im Spurt keine Chance zu lassen. „Wir haben ziemlich langsam angefangen und dann wurde es immer schneller“, bilanzierte Florian Orth. Nach sieben Runden setzte er sich an die Spitze und in der letzten Runde konnte auch der neue Vize-Meister nicht mehr folgen. Die Bronzemedaille ging ebenfalls nach Bayern. Im Sog von Orth und Benitz blieb Hallen-EM-Teilnehmer Clemens Bleistein (LG Stadtwerke München) in 8:09,10 Minuten ebenfalls noch unter der 8:10-Marke. mit dem undankbaren vierten Platz musste sich Mitku Seboka (LAC Quelle Fürth) in 8:11,93 Minuten zufrieden geben.

Für Florian Orth könnte am Sonntag der zweite Titel folgen. Auch auf der 1500-Meter-Strecke geht er als Favorit ins Rennen. „Mal sehen wie sich das entwickelt“, blickt er voraus. Zwei Läufe hat er nun schon in den Beinen, wirkte aber zuversichtlich.

Die Gunst der Stunde nutzt im Kugelstoßen Robert Dippl (TSV 1880 Wasserburg). Viele hatten den 32-Jährigen nach seinem Wechsel vom LAC Quelle Fürth zurück zu seinem oberbayerischen Heimatverein schon als besseren Seniorensportler gesehen. Nach erfolgreichem Einstieg ins Berufsleben absolviert Dippl 2016 die beste Hallensaison seiner Karriere. In Leipzig kam dem blonden Hünen natürlich die Abwesenheit des zweifachen Weltmeisters David Storl (SC DHfK Leipzig) zugute. Hinter dem neuen Deutschen Meister Tobias Dahm (VfL Sindelfingen; 20,00 Meter) schafft es Dippl, im letzten Durchgang mit 18,74 Metern noch Bodo Göder (SR Yburg Steinbach; 18,71 Meter) vom Silberplatz zu verdrängen. Hoch erfreulich auch der Einstand des 19-jährigen Valentin Döbler (LG Stadtwerke München) in der Welt der Männer-Kugelstoßer. Mit neuer Bestleistung von 18,12 Meter belegte der Drehstoßer einen ausgezeichneten sechsten Rang.

Knapp den Endlauf über 60 Meter verfehlten die beiden Sprinterinnen Amelie-Sophie Lederer und Tamara Seer (beide LAC Quelle Fürth) sowie Lucien Aubry (LG Erlangen). Für alle drei gab es in den Vorläufen jeweils neue Hausrekorde (Lederer 7,36 Sekunden; Seer 7,43 Sekunden, Aubry 6,77 Sekunden), wobei die Jung-Polizistin Lederer zunächst sogar die viertbeste Zeit aller angetretenen Teilnehmerinnen ablieferte. Im Zwischenlauf verpassten sie jedoch allesamt den Einzug ins Finale (Lederer 7,40 Sekunden, Seer 7,45 Sekunden, Aubry 6,83 Sekunden) die beiden Fürtherinnen hauchdünn.

Dagegen dürfte Perdo Garcia-Fernandez (LG Stadtwerke München) sich nach sehr guten 7,97 Sekunden im Vorlauf über die Teilnahme am Endlauf über 60 Meter Hürden freuen, wo er dann in 8,11 Sekunden den achten Rang belegte.

Dass der Sonntag in Leipzig für Bayern noch einige durchaus erfreulich Momente bereithält, das scheint nach einigen ebenso erfreulichen wie erwarteten Vorlaufergebnissen wahrscheinlich. Die hohe Favoritin Christina Hering (LG Stadtwerke München) geht mit der schnellsten Zeit ins 800-Meter-Finale (2:05,42 Minuten). Sie begleiten Stella Kubasch (LG Telis Finanz Regensburg; 2:09,24 Minuten) und Christina Gess (LG Stadtwerke München; 2:09,32 Minuten). Neben Florian Orth darf sich auch seine Lebensgefährtin Maren Kock (LG Telis Finanz Regensburg) Hoffnungen machen, ihren Titel über 1500 Meter zu verteidigen, Die Vorlauf-Hürde überwand sie problemlos in 4:28,57 Minuten. Mit dabei im Endlauf ist ihre Vereinskameradin Thea Heim, die in 4:28,61 Minuten nur unwesentlich langsamer war.

Über 400 Meter haben sie Benedikt Wiesend (LG Stadtwerke München; 47,91 Sekunden) für das A- und Stefan Gorol (DJK Friedberg; 48,29 Sekunden) sowie Samuel Aßmann (LG Karlstadt-Gambach-Lohr; 48,35 Sekunden) für das B-Finale qualifiziert.