Das "doppelte Gold-Lottchen": Katharina Trost und Mareen Kalis freuen sich mit ihrem Trainer Andreas Knauer (von links) über ihren Coup von Leverkusen.

Zuvor hatte Katharina Trost (links) in einem spannenden 1500-Meter-Finale die hohe Favoritin Alina Reh niedergerungen.

Auf dem dritten Rang machte eine über sich selbst hinauswachsende Miriam Dattke mit ihrer dritten U 20-EM den bayerischen Triumph perfekt.

Ein echter Wettkämpfer: Buchstäblich auf den letzten Drücker setzte Jonas Bonewit im Speerwerfen ungeahnte Kräfte frei und verteidigte seinen U 23-DM-Titel.

Nicht unzufrieden war Tobias Potye mit Silber im Hochsprung . . .

. . . während Lucas Mihota als Vierter diesmal leer ausging.

Eine Klassevorstellung bot Michael Adolf über 400 Meter Hürden. Bronze war der Lohn dafür.

Marina Rappold (704) und Felicia Körner (703, Dritte von rechts) mischten über 5000 Meter stets in der Spitzengruppe mit. Alle Fotos: Theo Kiefner

19.06.2017 18:03 // Von: Reinhard Köchl

Deutsche U 23-Meisterschaften Leverkusen: Bonewit, Kalis und Trost im Münchner Gold-Himmel

2016 in Wattenscheid hatten die Fans aus Bayern noch ingesamt 20 Mal Grund zum Jubeln, als Athleten aus dem Freistaat bei den Deutschen U 23-Meisterschaften das Treppchen erklommen. Dass es diesmal in Leverkusen "nur" 14 Podestplätze gab, hängt vor allem mit dem wieder früheren Termin der Titelkämpfe zusammen, der viele potenzielle Normerfüller auf die Fritz-Jacobi-Sportanlage lockte. Drei Mal Gold holten Sportler der LG Stadtwerke München: Jonas Bonewit, Mareen Kalis und Katharina Trost.

In der Stunde zwischen 14 und 15 Uhr am Sonntagnachmittag fielen die relevanten Entscheidungen aus bayerischer Sicht quasi im Minutentakt: Alle drei bayerischen respektive Münchner DM-Titel gingen in diesem relativ engen Zeitfenster über den Tisch. Erst machte Mareen Kalis über 800 Meter alles klar, dann bewies Jonas Bonewit im Speerwerfen Nervenstärke und verteidigte seinen Vorjahrestitel, bevor Katharina Trost in einem spannenden Schlussspurt über 1500 Meter Alina Reh (SSV Ulm) niederrang.

In der Tat war es nichts für schwache Nerven, was Bonewit da im Speerwerfen seinem mitgereisten Münchner Anhang servierte. Ganz zum Schluss, als ihn schon alle auf dem dem relativ unbefriedigenden Bronzerang wähnten, schlug der Münchner noch einmal zu und behielt mit einem Kraftakt doch noch die Oberhand. Sein Wurfgeschoss landete bei 73,57 Meter. „Die vergangenen Wochen waren schwer. Ich hatte erhebliche technische Probleme und konnte nicht annähernd an das anknüpfen, was ich bei meinen 78,13 Meter im März beim europäischen Winterwurf-Cup in Las Palmas gezeigt habe“, sagte Bonewit.

„Der heutige Wettkampf war für mich eine Erleichterung, weil der Sieg für mich nicht selbstverständlich war. Ich hatte schon erwartet, dass der eine oder andere Richtung Norm wirft. Umso mehr freut mich, dass es zum Titel gereicht hat und die Tendenz aufwärts zeigt“, meinte er. Der vorjährige nationale U 20-Meister und U 23-Vizemeister Nils Fischer (TSV Bayer 04 Leverkusen) wurde mit seinen 72,03 Metern ganz zum Schluss noch auf den Silberrang verdrängt.

Mareen Kalis mit Start-Ziel-Sieg

Mit einem so nicht erwarteten Start-Ziel-Sieg erkämpfte sich Mareen Kalis unangefochten den 800-Meter-Titel. 400 Meter passierte die 20-jährige Medizinstudentin in 62 Sekunden und hielt das Tempo bis zum Schluss. In 2:05,13 Minuten preschte sie nur 46 Hundertstel an der Bestzeit vorbei.

„Ich bin zufrieden, denn es ist mein erster U 23-Titel“, freute sich die Münchenerin, haderte aber mit der Zeit. „Ich wollte die Norm für die U 23-EM angreifen und wusste, dass ich deshalb von vorn laufen musste. Es war mein drittes Rennen in drei Tagen. In Dessau hatte ich Pech, weil es sehr windig war“, sagte Mareen Kalis. „Ich glaube, ich habe von vorne ein starkes Rennen gezeigt. Ich traue mir schon eine 2:03 zu.“ 2:03,50 Minuten sind für einen Start bei der U23-EM gefordert.

Trainingsgruppen-Partnerin Katharina Trost sorgte darauf für den zweiten Streich der schnellen und ausdauernden Münchner Damen. Dennoch beendete sie das 1500-Meter-Rennen mit einem lachenden und einem weinenden Auge. Der Neuzugang derLG Stadtwerke München hatte ein enges Finale in 4:15,80 Minuten knapp vor Alina Reh (4:15,95 Minuten) und der neun (!) Sekunden verbesserten Miriam Dattke (LG Telis Finanz Regensburg; 4:18,99 Minuten) zu ihren Gunsten entschieden. Doch am Ende fehlten ihr 1,8 Sekunden zur U 23-EM-Norm. „Vielleicht war ich nach 1000 Metern nicht aktiv genug. Aber trotzdem freue ich mich über den Titel“, sagte die Münchnerin. Trost und Reh hatten sich an der Spitze des Rennens Richtung Bydgoszcz-Norm abgelöst und spurteten auf der Zielgeraden um den Titel. Dort hatte die Münchnerin dann die Nase vorn.

Häufig betrachten Zweitplatzierte die Silbermedaille allenfalls als Trostpreis. Für Patrick Karl (TV Ochsenfurt) kann es tatsächlich so gewesen sein, denn schließlich trat er als Titelverteidiger über 3000 Meter Hindernis die Reise nach Westfalen an. Obwohl ihn eine Verletzung einige Zeit außer Gefecht gesetzt hatte, kümmerte sich Karl lange ums Tempo, musste dann aber mit der Vizemeisterschaft in 8:54,91 Minuten hinter Lennart Mesecke (LG Nord Berlin; 8:48,64 Minuten ) zufrieden sein. Hauchdünn an einer Medaille vorbei lief Niklas Buchholz (TV Hemhofen) als Vierter in 9:13,37 Minuten. Brian Weisheit (LSC Höchstadt/Aisch) wurde guter Sechster in 9:21,60 Minuten.

Von der Papierform her war der neue Deutsche Hochsprungmeister Falk Wendrich (LAZ Soest; 2,20 Meter) in Leverkusen gar nicht der Top-Favorit. Weil Tobias Potye (LG Stadtwerke München) in der vergangenen Woche in Regensburg mit 2,25 Meter eine neue Bestleistung aufgestellt hatte, galt er als Top-Aspirant auf Gold. Der Münchner präsentierte sich in Leverkusen allerdings lange nicht so konstant wie sein Konkurrent Wendrich. 2,20 Meter übertraf der U 20-Europameister von 2013 im letzten Anlauf, 2,22 Meter waren danach zu hoch. Die beiden Top-Platzierten haben auch im europäischen Vergleich gute Chancen und belegen momentan die Plätze drei und vier in der U 23-Bestenliste. Als Vierter blieb Lucas Mihota (SB DJK Rosenheim) mit 2,12 Meter diesmal ohne Belohnung.

Tausendstel-Entscheidung zu Ungunsten von Florian Lickteig

Als das A-Finale über 110 Meter Hürden gelaufen war, wusste keiner ganz genau, wer gewonnen hatte. Patrick Elger (LAC Erdgas Chemnitz) und Florian Lickteig, der zu Beginn dieser Saison zur Mehrkampftruppe der TS Herzogenaurach gewechselt war, hatten für das bloße Auge zeitgleich die Ziellinie überquert. Nach etwa einer Minute gab es Gewissheit, und das schnelle Duo lag in der Tat gleichauf: 14,10 Sekunden. Letztlich war Elger einen Wimpernschlag schneller und wurde auf den ersten Platz vor Lickteig gesetzt. Der Neu-Herzogenauracher hatte sich mit Bestzeit im Vorlauf (14,26 Sekunden) in Position gebracht und die beste Leistung erzielt. Im Finale konnte sich Lickteig demnach nochmal steigern. Henrik Hannemann (LAZ Ludwigsburg) wurde Dritter in 14,41 Sekunden. Auf dem Podest landete also exakt das Trio, das die deutschen Farben bei der U 20-EM in Schweden 2015 bis ins Finale vertreten hatte.

Ähnlich erging es in der Frauenkonkurrenz über 100 Meter Hürden der Favoritin Paulina Huber (LG Stadtwerke München). Auch hier wurde das Finale erst im Auslauf entschieden und auch hier hatte die Ahletin aus Bayern das Nachsehen. Louisa Grauvogel (LG Saar 70) und Paulina Huber lagen fast gleichauf. Erst das Zielfoto brachte Klarheit – die Siebenkämpferin aus dem Saarland lag mit 13,50 Sekunden zwei Hundertstel vor der Hürdensprint-Spezialistin. Dabei hatte Louisa Grauvogel sich erst kurzfristig für einen Start entschieden. „Ich bin Mittwoch aus den USA zurückgekehrt und habe eine ziemliche Erkältung mitgebracht“, sagte die neue Deutsche U 23-Meisterin.

Obwohl Paulina Huber mit 13,38 Sekunden die Nummer eins der Meldeliste war, konnte sie mit Silber leben. „Ich hatte zuletzt ein paar Fußprobleme“, sagte die 20-Jährige. Dennoch darf die Münchnerin auf eine starke Saison zurückblicken. Schließlich hat der Schützling von Balthasar Bischlager in diesem Jahr einen Leistungssprung hingelegt. 2016 stand die Bestzeit der 20-Jährigen noch bei 13,75 Sekunden. In dieser Saison unterbot sie diese Marke bei fast jedem Wettkampf und blieb vor Wochenfrist in Regensburg sogar zwei Hundertstel unter der U 23-EM-Norm. „Ich freue mich wahnsinnig auf den Wettkampf. Schließlich ist es mein erster internationaler Start“, blickt Paulina Huber voraus.

Bronze ging in Leverkusen in 13,85 Sekunden ebenfalls in den Freistaat: Johanna Windmaier (TSV 1880 Wasserburg) durfte sich über ihre erste Zeit unter 14 Sekunden freuen (13,85 Sekunden). Damit katapultierte sie sich glatt aufs Treppchen vor ihrer bayerischen Konkurrentin Katharina Winkler (LG Erlangen; 13,99 Sekunden) als Vierter.

Dass Bayern über eine starke Dreispringer-Szene verfügt, ist bekannt. Paul Walschburger (LG Stadtwerke München) war ebenso wie Stefanie Aeschlimann (LAC Quelle Fürth) als Nummer eins der Meldeliste angereist. Während Aeschlimann nicht richtig in den Wettkampf fand, aber immerhin noch den Bronzerang erreichte (12,96 Meter), ging Walschburger mit Platz fünf und 15,17 Meter leer aus. Das obligatorische Edelmetall holte diesmal David Kirch (SpVgg Auerbach-Streitheim), der sich trotz Gegenwind auf famose 15,24 Meter steigern konnte, was zum dritten Rang reichte. Comebacker Daniel Troßmann (LG Stadtwerke München) beendete den Wettbewerb als Sechster (14,88 Meter), während Tina Pröger (TSV Zirndorf) die Dreisprung-Konkurrenz der Frauen als Siebte abschloss (12,35 Meter). Im Weitsprung gelang ihr mit Platz acht (5,84 Meter) ebenfalls der Einzug in den Endkampf.

Evi Webers 50-Meter-Wurf bringt Bronze

Gleich im ersten Durchgang markierte Evi Weber (TSV 1862 Erding) ihre persönliche Tagesbestweite. 50,90 Meter brachten nicht nur DM-Bronze, sondern bedeuten auch eine Steigerung um 19 Zentimeter. Für Amelie Döbler (LG Stadtwerke München) geht es nach einer Verletzung im Ostertrainingslager wieder aufwärts. Mit 48,05 Meter belegte die 18-Jährige den fünften Platz. Amelies Bruder Valentin Döbler (LG Stadtwerke München) strapazierte einmal mehr die Nerven seiner Trainer Gerd Neubauer und Andreas Bücheler und drehte sich erst im letzten Durchgang des Kugelstoßens mit 18,54 Meter auf das Siegertreppchen. Auch er hofft nun nach erfüllter Norm und dem dritten Platz, für die U 23-EM nominiert zu werden.

Mit einer besonderen Energieleistung gelang Langhürdensprinter Michael Adolf (DJK Ingolstadt) nach einer kleinen Pechsträhne in den vergangenen Wochen endlich die Trendwende. Über 400 Meter schob sich der 21-Jährige in sehr guten 51,77 Sekunden auf den dritten Platz nach vorne und brachte Bronze mit an die Donau. Dies wäre David Kirch nach seinem Dreisprung-Coup beinahe auch noch im Weitsprung gelungen. Seine 7,35 Meter (Rang vier) lagen nur ganze zwei Zentimeter vom dritten Platz entfernt. Dagegen spielte der Zweite der Meldeliste, Sebastian Spinnler (LG Landkreis Aschaffenburg), der lediglich auf 7,17 Meter kam, diesmal als Siebter keine Rolle.

Mit Felicia Körner und Marina Rappold (beide LG Sempt) "schwammen" zwei junge oberbayerische Läuferinnen über 5000 Meter ganz vorne mit. Körner musste dabei auch mit dem Platz unmittelbar neben Siegerpodest (Vierte in 16:51,00 Minuten) vorlieb nehmen, Rappold (16:54,14 Minuten) lief auf Platz sechs ein. Ebenfalls nicht über den vierten Rang hinaus kam Hochspringerin Laura Gröll (LG Eckental), die mit 1,78 Meter noch ein wenig hinter ihrer Hallenbestleistung vom vergangenen Winter herhängt.

Weitere herausragende Platzierungen aus bayerischer Sicht: Moritz Beinlich (LG Telis Finanz Regensburg) wurde über 1500 Meter Fünfter (3:56,61 Minuten), Lukas Koller (LG Stadtwerke München) schleuderte den Zwei-Kilo-Diskus auf 55,67 Meter. was zu Rang sechs in einem Klassefeld reichte, während Babinja Wirth (TSV Ebermannstadt) das Rennen über 3000 Meter Hindernis auf Platz sieben beendete (10:44,43 Minuten). Bei den Staffeln kamen die Teams der LG Würm Athletik über 4 x 400 Meter bei den Frauen auf Platz fünf (3:58,21 Minuten) und das weibliche Trio des LAC Quelle Fürth wurde über 3 x 800 Meter Siebter (7:16,94 Minuten).