Doppel-Gold gab es für Selina Dantzler in Ulm zum Abschluss einer überragenden Saison.

Ein Kämpfertyp: Yannick Wolf holte sich im letzte Versuch den Weitsprung-Titel . . .

. . . mit der Staffel der LG Stadtwerke München gab es obendrein noch ein zweites Gold.

Lavinja Jürgens gelang das Kunststück, ihren U 18-Titel im Hochsprung in Ulm zu verteidigen.

Florian Bremm durfte über seinen souveränen Titel über 2000 Meter Hindernis zu Recht jubeln.

Im 100-Meter-Finale zu Silber und einem neuen bayerischen Rekord: Nick Kocevar.

Starke Hammerwerferin: Nancy Randig kam in Ulm zum ersten Mal über 60 Meter und holte DM-Bronze.

Auch Johanna Beck durchbrach eine Schallmauer über 1500 Meter und wurde mit Platz drei belohnt.

Der Meistermacher: Richard Kick (Mitte) mit seinen Schützlingen David Kirch (links) und Yannick Wolf (rechts). Der dritte "Kick-Titel" ging auf das Konto von Paul Walschburger in der U 20. Alle Fotos: Theo Kiefner

12.08.2017 16:28 // Von: Reinhard Köchl

Deutsche Jugendmeisterschaften Ulm – U 18: Bayerns Paradejahrgang holt elf Medaillen

Die U 18 bleibt das Prunkstück der bayerischen Leichtathletik. Nach einer bereits grandiosen Bilanz 2016 in Mönchengladbach gelang den 16- und 17-Jährigen bei den Deutschen Jugendmeisterschaften in Ulm das Kunststück, dieses Ergebnis sogar noch zu toppen. Mit elf Medaillen konnten sie die Zahl der Stockerlplätze erneut erhöhen. Dass dabei allein sechs Medaillen golden glänzten, belegt die hohe Qualität des Jahrgangs. Überragende Akteurin war Kugelstoß-Weltmeisterin Selina Dantzler.

Auch Gerd Neubauer, BLV-Vizepräsident Sport, zeigte sich über die anhaltend gute Entwicklung in der U 18 hoch erfreut: „Wir haben hier eine Menge Talente gesehen, die uns in Zukunft noch viel Freude machen werden“. Mit 132 Punkten schafften die jungen Sportler aus dem Freistaat in der Länderwertung ein überragendes Ergebnis und landeten klar auf dem ersten Rang vor Westfalen (126) und Sachsen (100). Insgesamt 31 Finalplätze mit elf Medaillen und sechs Titel sprechen eine mehr als deutliche Sprache.

Hinter der zweifachen Goldmedaillengewinnerin Selina Dantzler und Yannick Wolf (beide LG Stadtwerke München) verteidigte Lavinja Jürgens (TSV Kranzegg) erfolgreich ihren Hochsprungtitel, während Florian Bremm (TV Leutershausen) über 2000 Meter Hindernis zu Meisterehren kam. Nick Kocevar (TSV Endorf) über 100 Meter schnappte sich Silber, während Johanna Beck (LG Karlstadt-Gambach-Lohr) über 1500 Meter Hindernis, Noemi Rentz (TSV Gräfelfing) im Stabhochsprung, Nancy Randing (SWC Regensburg) im Hammerwerfen und Elisabeth Hafenrichter (LG Stadtwerke München) im Speerwerfen mit Bronze dekoriert wurden.

U 18 weiblich

Sie war der Star der diesjährigen Deutschen Jugendmeisterschaften im Ulmer Donaustadion, ihr Foto zierte jeden neutralen Bericht der Titelkämpfe, ihr Name bestimmte die Schlagzeilen. Denn spätestens seit Selina Dantzler bei der U 18-WM in Nairobi (Kenia) Gold gewann, ist sie eines der neuen Gesichter der deutschen Leichtathletik. In der württembergischen Donaumetropole trumpfte sie zum Ende einer für sie megaerfolgreichen Saison noch einmal groß auf. Innerhalb weniger Stunden gewann sie sowohl den Titel im Diskuswerfen wie auch im Kugelstoßen.

Der Kugelstoß-Titel war fest eingeplant. Und die 17-jährige Weltmeisterin wurde ihrer Favoritenstellung vollauf gerecht. Vier ihrer fünf gültigen Versuche hätten zum Titel gereicht. 17,37 Meter waren es im letzten und besten Durchgang. Vize-Meisterin wurde mit 16,44 Metern Jule Steuer (SC Magdeburg) vor Lokalmatadorin Antonia Kinzel (SSV Ulm 1846), die mit 16,32 Metern eine Bestweite erzielte. Womit freilich niemand gerechnet hatte, war der Paukenschlag im Diskuswerfen. Mit 48,32 Metern setzte sich Selina Dantzler bereits im zweiten Versuch an die Spitze vor U 18-Vize-Weltmeisterin Leia Braunagel (SCL Heel Baden-Baden). Diese kam nach zähem Beginn in Durchgang fünf mit 50,13 Meter zwar über 50 Meter, doch die Münchnerin konterte postwendend. Ihre 52,03 Meter bedeuteten eine Steigerung um fast zwei Meter und den auch im finalen Versuch nicht mehr gefährdeten deutschen Titel.

Das muss ihr erst mal einer nachmachen: einen deutschen Titel in der U 18 verteidigen. Lavinja Jürgens heißt die Glückliche, die bereits vor fast genau einem Jahr in Mönchengladbach zu Gold sprang und damals mit 1,84 Meter in eine neue Dimension vorstieß. Da das Glück bekanntlich vor allem dem Tüchtigen hold ist, nutzte sie eine klitzekleine Schwäche ihrer ärgsten Konkurrentin Bianca Stichling (TSG Weinheim), die bei 1,74 Meter einen Fehlversuch zu verzeichnen hatte. So kam es, dass sowohl die hoch aufgeschossene Bayerin wie auch die Pfälzerin 1,77 Meter übersprangen und an 1,80 Meter deutlich scheiterten – mit dem besseren Ende für Jürgens.

Schon als 12- und 13-Jährige hat die 1,87 Meter große Modellathletin auf regionaler Ebene gehörig abgeräumt – damals für den LAV Oberhausen startend. Weil die Geschwister unter Allergien leiden, erfolgte der Umzug vom Ruhrgebiet ins klimatisch günstigere Allgäu – eine Entfernung von 630 Kilometern.

Auf den Punkt ihre beste Leistung brachte im Speerwerfen Elisabeth Hafenrichter. Ihre 45,81 Meter katapultierten die 17-Jährige auf Rang drei, ebenso wie Hammerwerferin Nancy Randig, die sich ihren ersten 60-Meter-Versuch ausgerechnet für den Nebenplatz des Donaustadions aufhob (60,12 Meter). Randig landete dafür auf dem Podest und bekam Bronze, während sich ihre bayerischen Mitstreiterinnen Lucie Holzapfel (LG Landkreis Aschaffenburg) und Stella Behnke (TB Jahn Wiesau) mit nur unwesentlich schlechteren Leistungen ebenfalls über Plätze unter den ersten acht freuen durften. Holzapfel wurde Sechste mit 58,03 Meter und Behnke belegte Rang acht mit 54,64 Meter.

Auch eine bayerische Nachwuchs-Stabhochspringerin schaffte den Sprung aufs Stockerl; Noemi Rentz sicherte sich Bronze, indem sie 3,60 Meter überquerte. 1500-Meter-Hindernisläuferin Johann Beck tat es ihr gleich. Nach 4:59,81 Minuten überquerte sie als Dritte die Ziellinie und unterbot damit zum ersten Mal die Fünf-Minuten-Schallmauer. Für das gute bayerische Mannschaftsergebnis sorgten Lisa Basener (MTV 1881 Ingolstadt) als Sechste in 5:11,78 Minuten und Johanna Borris (DJK Ingolstadt) als Siebte in 5:15,04 Minuten.

Ein wenig traurig durfte Mona Mayer (MTV 1881 Ingolstadt) am Ende ihres hochklassigen 400-Meter-Finals schon sein. Obwohl sie ihre persönliche Bestleistung um gut fünf Zehntelsekunden auf 55,28 Sekunden gedrückt hatte – einer Zeit, mit der sie im Vorjahr locker Deutsche U 18-Meisterin geworden wäre – kam die gerade erst 15-Jährige diesmal „nur“ auf Rang vier. Tags darauf zeigte sich Mayer mit ihrer zweiten Finalteilnahme, diesmal über 200 Meter, schon wieder gut erholt. In 24,94 Sekunden belegte sie einen guten sechsten Rang und stellte dabei ihr großes Zukunftspotenzial unter Beweis. Nur eine Bayerin war an diesem Tag besser als sie: Louise Wieland (LG Stadtwerke München) kam in 24,89 Sekunden auf Platz fünf. Auch für sie ein toller Erfolg.

Ebenfalls hauchdünn an einer Medaille vorbei schrammte über 3000 Meter Sophie Rohr (LAC Quelle Fürth). Ganze sieben Hundertstelsekunden fehlten ihr als Vierter in 10:13,28 Minuten zu Bronze. Ihre Vereinskollegin Tanja Neubert belegte in 10:25,60 Minuten Rang sieben. Jeweils fünfte Plätze gab es für 800-Meter-Läuferin Susanne Brünnig (LG Landkreis Kelheim; 2:12,01 Minuten) und 3000-Meter-Bahngeherin Johanna Wax (SpVgg Niederaichbach; 18:08,22 Minuten). Ebenfalls mit achten Rängen können Helena Stegmann (LAZ Kreis Würzburg) über 1500 Meter (4:55,65 Minuten) und Denise Jaeschke (LG Stadtwerke München) über 100 Meter Hürden (14,24 Sekunden) zufrieden sein.

U 18 männlich

Unverhofft zum Titelsammler entwickelte sich in Ulm Yannick Wolf. Der Schützling von Trainerfuchs Richard Kick offenbarte nach seiner knapp verpassten WM-Teilnahme in Nairobi echte Kämpferqualitäten. Im letzten Durchgang – wohlgemerkt nach bereits insgesamt drei ungültigen Versuchen – packte Wolf 7,43 Meter aus und kletterte damit vom zwischenzeitlichen vierten Rang an die Spitze. Dass bei diesem geglückten Satz ein knapp unzulässiger Rückenwind herrschte (2,1 Meter pro Sekunde) und damit die Leistung nicht in die Bestenliste aufgenommen werden wird, war Wolf „komplett egal“. Er freute sich riesig über den deutschen Titel. Im Übrigen war das Wolf-Gold der insgesamt dritte Titel für einen Schützling von Richard Kick – auch eine bärenstarke Leistung!

Zum Abschluss des Auftakttages trumpfte Yannick Wolf als Startläufer der 4 x 100-Meter-Staffel nochmals gehörig auf. In der Besetzung Wolf, Fabian Olbert, Florian Knerlein und Lukas Moser stürmte der LG-Nachwuchs in 41,80 Sekunden vor dem Quartett des SCC Berlin (41,86 Sekunden) zu Gold.

Am Vortag noch Letzter über 3000 Meter, etwas mehr als 24 Stunden später Deutscher Meister: Diese eigenwillige Bilanz darf Florian Bremm (TV Leutershausen) mit ins Fränkische nehmen. Über 2000 Meter Hindernis lieferte der 17-jährige wie sein Disziplinkollege Niklas Buchholz (TV Hemhofen) in der U 20 eine eindrucksvolle Demonstration der bayerischen Stärke über die „Böcke“ ab. Mit 6:06,37 Minuten gewann Bremm nach einer komplizierten Verletzung im Frühjahr souverän. „Im Hindernislauf sind wir in Deutschland eine Bank“, freute sich BLV-Vize Gerhard Neubauer.

Dass man schnell sein werden müsse, um Deutscher U 18-Meister über 100 Meter zu werden, war klar. Dass es an der Spitze aber so schnell zu gehen würde, war jetzt nicht unbedingt zu erwarten gewesen. Gut, der Wind spielte auch mit und blies recht kräftig von hinten (+1,5 m/sec), aber solche Zeiten, wie sie vor allem Luis Brandner (Erfurter LAC; 10,44 Sekunden) und Nick Kocevar (TSV Bad Endorf; 10,54 Sekunden) liefen,  muss man auch erst einmal auf die Bahn zaubern. Brandner, der Dritte der U 18-WM über 200 Meter, gewann vor Kocevar, der seinen bayerischen Rekord abermals verbessern konnte. „Großes Kompliment auch an Nick für seine Zeit, er hat mich angetrieben“, sagte der Erfurter. Beide verbesserten damit ihre persönliche Bestzeiten, Brandner lief sogar recht nahe an die deutsche U 18-Bestleistung von Tim Goebel (10,38 sec) aus dem Jahr 1999 heran. Zum 200-Meter-Lauf trat Nick Kocevar dann nicht mehr an.

Die Gesamtsumme der vielen bayerischen Punkte ergab sich vor allem aus einer Reihe von guten und zum Teil unerwarteten Finalplatzierungen. Starke fünfte Ränge gab für Fabian Olbert (LG Stadtwerke München) über 100 Meter Hürden (14,25 Sekunden) und Felix Fay (LuT Aschaffenburg) im Speerwerfen (64,19 Sekunden), wobei sich im letztgenannten Wettbewerb mit Linus Limmer (LG Stadtwerke) der deutsche Jahresbeste wahrscheinlich mehr als Platz sechs (63,87 Meter) ausgerechnet hätte. Ebenfalls Sechste wurden Amadeus Waluga (LG Stadtwerke München) im Kugelstoßen (16,63 Meter), sein Vereinskamerad Vincente Graiani über 400 Meter (50,17 Sekunden) und Benedikt Brem (LG Telis Finanz Regensburg) über 1500 Meter (4:09,51 Minuten). In diw weißblaue Punktewertung kam auch Tim Wermuth (TG Kitzingen). Im 200-Meter-Finale sprintete er auf Platz acht in 23,17 Sekunden.