Bayerische Hallen-MS U 20/U 16: Junge Frauen stoßen in die deutsche Spitze vor
Stefanie Aeschlimann (MTV 1881 Ingolstadt) ist so etwas wie das Stehaufweibchen der bundesdeutschen Dreisprungszene. Durch einen schmerzhaften Gleitwirbel immer wieder zurückgeworfen, zuletzt während des gesamten Sommers und auch Anfang Herbst, präsentiert sich die Deutsche U 20-Hallenmeisterin des Vorjahres nun wieder in alter Stärke. Nachdem die Stärkung ihrer Rückenmuskulatur mittlerweile einer der Schwerpunkte des Wintertrainings darstellt, kann die 18-Jährige endlich beschwerdefrei springen. Und wie! In München gelang ihr mit 12,87 Meter der zweitweiteste Satz ihrer Karriere, was obendrein auch eine neue deutschen U 20-Jahresbestleistung bedeutet. Nach dem Goldsprung im zweiten Versuch nahm Aeschlimann bewusst ein wenig den Fuß vom Gas. „Ich wollte hier noch keine 13 Meter stehen haben“, sagte die Ingolstädterin. „Das wäre eine zu große Belastung gewesen. Viel wichtiger ist, dass sie im Sommer fallen.“ Und vielleicht noch ein bisschen mehr: Die Norm für die U 20-WM in Bydgoszcz steht bei 13,15 Meter. Die weiteren Medaillen gingen an Vanessa Neubauer (Kirchheimer SC; 10,77 Meter) und Hanna Gerstmann (LG Landkreis Kelheim; 10,73 Meter).
Den gleichen Traum träumt auch eine andere talentierte Springerin aus Bayern. Seit Samstag scheint er ebenfalls zum Greifen nah. Denn Laura Gröll (LG Eckental) schwang sich nach ihrer fulminanten Steigerung in Fürth auf 1,79 Meter diesmal sogar über exzellente 1,82 Meter, was sie aktuell auf den zweiten Platz der deutschen U 20-Bestenliste hievte. Nur zwei Zentimeter fehlen zum bayerischen U 20-Hallenrekord von Melanie Skotnik (LAC Quelle Fürth). Für die 18-Jährige, die ebenfalls von einer langwierigen Verletzung geplagt war und deshalb die gesamte Saison 2015 ausfallen lassen musste, scheint die WM in Polen ebenfalls ein ganz konkretes Thema zu werden. Denn von der Norm (1,83 Meter), die sie freilich im Freien erbringen muss; ist Laura Gröll nur noch einen Zentimeter entfernt. Silber ging an Jenny Birzl (MTV 1881 Ingolstadt) höhengleich mit 1,64 Meter vor Michelle Brünig (TSV 1860 Rosenheim).
Kathrin Fehm jetzt bei 7,52 Sekunden
Die dritte Kandidatin aus dem Freistaat für ein WM-Ticket ist ohne Zweifel Sprinterin Katrin Fehm (SG Siemens Amberg). Als Seiteneinsteigerin erst 2014 zur Leichtathletik gekommen, konnte sich die 17-Jährige bereits im Vorjahr für die U 18-WM in Cali (Kolumbien) qualifizieren. Dass das enorme Potenzial der dynamischen Oberpfälzerin nach längst nicht ausgereizt ist, bewies sie im Finale über 60 Meter. Mit 7,52 Sekunden gelang Fehm eine erneute Steigerung, mit der sie sich auf den dritten Rang der DLV-Bestenliste katapultierte. Theresa Leitz (LG Würm Athletik; 7,77 Sekunden) und Naomi Hemmelmann (LG Karlstadt-Gambach-Lohr; 7,81 Sekunden) mussten trotz ebenfalls erstklassigen Leistungen die Überlegenheit der neuen Bayerischen Meisterin neidlos anerkennen. Das gleiche Bild ergab sich über 200 Meter. Hier ließ Katrin Fehm mit ihrer Siegerzeit von 24,39 Sekunden (Vorlauf: 24,34 Sekunden) die beiden zeitgleichen Silbermedaillengewinnerinnen Naomi Hemmelmann und Theresa Leitz (beide 25,42 Sekunden) über eine Sekunde hinter sich.
Mit Spannung wurde der Auftritt von Bayerns derzeit schnellstem jugendlichen Sprinter Felix Straub (LAC Quelle Fürth) erwartet. Nicht ganz zu Unrecht: Im Finale über 60 Meter lieferte der 18-Jährige erneut eine Demonstration seiner derzeit überragenden Form. In 6,90 Sekunden gewann er souverän und steigerte seinen Hausrekord erneut, und das, obwohl Aleksandar Askovic (LG Augsburg; 6,98 Sekunden) und Nick Przeliorz (TSV Münnerstadt; 7,03 Sekunden) auf den weiteren Medaillenplätzen ebenfalls sehr guten Zeiten ablieferten. Natürlich möchte Straub ebenfalls zu den Welttitelkämpfen, vielleicht sogar über seine Spezialdisziplin 200 Meter. Hier beließ er es beim Vorlauf, in dem er mit 21,58 Sekunden die mit Abstand schnellste Zeit des Tages ablieferte. Meister wurde sein niederbayerischen Kontrahent Max Grieger (1. FC Passau) in 21,86 Sekunden vor Moritz Hecht (LG Forchheim; 22,90 Sekunden) und Fabian Müller (TSV 1880 Schwandorf; 22,92 Sekunden). Die Finalläufe gerieten allerdings zur Farce: Weil zwischen Vor- und Endläufen gerade mal 95 Minuten lagen, verzichteten sage und schreibe neun Athleten auf das Finale.
Knauer und Faltenbacher steigern sich
Ebenfalls ein Wörtchen auf nationaler Ebene mitreden können zwei weitere männliche Athleten, die sich in München ebenfalls verbessert zeigten. Im Kugelstoßen gelang Martin Knauer (LG Stadtwerke München) eine erneute Steigerung seiner Bestleistung auf 17,34 Meter. Über zweieinhalb Meter dahinter rangierten Nico Kaufmair (LAC Quelle Fürth; 14,60 Meter) und Jannik Voß (TSV Schleißheim; 14,35 Meter). Durchaus gefordert wurde im Weitsprung David Faltenbacher (LG Stadtwerke München). Der deutsche U 20-Vizemeister musste schon einen Sprung von 7,15 Meter auspacken, um Paul Walschburger (LAZ Kreis Günzburg), der gleich drei Mal über sieben Meter kam und am Schluss 7,04 Meter zu Buche stehen hatte, auf Distanz zu halten. Rang drei ging an David Kirch (SpVgg Auerbach/Streitheim; 6,74 Meter).
Zwei Meistertitel in ihren Spezialdisziplinen einheimsen konnte einmal mehr Johanna Windmaier (TSV 1880 Wasserburg). Über 60 Meter Hürden konnte ihr keine Konkurrentin das Wasser reichen, Mit 8,81 Sekunden gewann die 18-Jährige klar vor Lena Schröder (LAZ Obernburg-Miltenberg; 9,11 Sekunden) und Jacqueline Sterk (SWC Regensburg; 9,21 Sekunden). Ein wenig spannender wurde es da schon im Weitsprung, wo sich Windmaier allerdings mit 5,76 Meter ebenfalls vor Jacqueline Sterk (5,60 Meter) und Alisa Böhm (TSV 1880 Wasserburg) durchsetzen konnte.
Sturzdrama über 400 Meter
Überaus dramatisch verlief die Entscheidung über 400 Meter bei der weiblichen U 20. Vier Meter vor der Ziellinie kam die bis dato führende Alica Schmidt (MTV 1881 Ingolstadt) ohne gegnerische Einwirkung plötzlich ins Straucheln, stürzte und musste so ihren Konkurrentinnen Mareen Kalis (57,54 Sekunden), Louisa Rieger (58,23 Sekunden; beide LG Stadtwerke München) und Sabrina Handschke (LG Kreis Dachau; 60,13 Sekunden) den Vortritt lassen. Im Kugelstoßen distanzierte die erst 15-jährige Selina Dantzler (LG Stadtwerke München) ihre Konkurrenz mit der schwereren Vier-Kilo-Kugel und einer Siegesweite von 13,63 Meter um über zwei Meter (Lena Lehmann, DJK Friedberg; 11,63 Meter und Christina Holzner, LG Bamberg; 11,49 Meter).
Eine prima Vorstellung boten sowohl bei den Mädchen wie auch bei den Jungs die Stabhochspringer. Carolin Bauer (TSV Gräfelfing) schwang sich als neue Titelträgerin über 3,55 Meter, eskortiert von ihrer Vereinskameradin Naomi Rentz und Annika Treffehn (TSG Roth; beide 3,30 Meter). In der männlichen U 20 gab es mit Manuel Riemer (TSV 1880 Wasserburg) und Korbinian Suckfüll (TSV Gräfelfing) gleich zwei Meister. Beide schwangen sich wie der Drittplatzierte Maximilian Kurzbuch (TSV 1880 Wasserburg) über 4,40 Meter, wobei auch Patrick Mühlbauer (LG Oberland) als Vierter die gleich Höhe zu Buche stehen hatte.
Über 4 x 200 Meter gelang den Staffeln der LG Karlstadt-Gambach-Lohr bei den Jungs (1:31,61 Minuten) und der LG Stadtwerke München bei den Mädchen (1:43,09 Minuten) jeweils eine starke Zeit. Die zusammen mit der Altersklasse U 18 ausgeschriebenen 1500 Meter-Wettbewerbe sahen zum überwiegenden Teil Läuferinnen der Jahrgänge 1999 und 2000 am Start. Bei den Jungs war Florian Bremm (TV Leutershausen) erneut das Maß aller Dinge. Seit 2014 ist das Talent aus dem Fränkischen nun schon im Cross, in der Halle und bei Freiluftmeisterschaften ungeschlagen. Er und Valentino Masi (LG Hof) lieferten sich einen heißen Kampf – mit dem besseren Ende für Bremm, der in 4:18,84 zu 4:19,14 Minuten knapp die Nase vorne hatte. Mit Bronze dekoriert wurde Thaddäus Weißhaar (DJK Friedberg; 4:23,94 Minuten). Bei den gleichaltrigen Mädchen gab es das absolute Novum, dass gleich drei deutsche Vizemeisterinnen um den Titel kämpfen. Am Ende hieß die Reihenfolge Barbara Plötz (TV Bad Kötzting; 4:48,13 Minuten) vor Renee Havenga (LAC Quelle Fürth; 4:52,01 Minuten) und Lisa Basener (MTV 1881 Ingolstadt; 4:52,23 Minuten).
Bayerns bester Geher Andreas Janker (LG Röthenbach/Pegnitz) stellte auch beim einzigen Hallenwettbewerb Bayerns seine Ausnahmestellung unter Beweis. In 20:45,62 Minuten holte sich der 32-Jährige in München mit über sechs Minuten Vorsprung den Titel über 5000 Meter. Schnellste bei den Frauen über 3000 Meter war Katharina Wax (SpVgg Niederaichbach; 17:50,32 Minuten).
Jaeschke, Olbert, Khavvam und Sobolevski: Neue Talente für Bayern
Um Leichtathletik-Talente war das große Bundesland Bayern noch nie verlegen. In der Altersklasse U 16 tauchen zum ersten Mal Namen auf, die man sich eventuell für die Zukunft merken sollte. Dass dies auch bei den diesjährigen Hallen-Landestitelkämpfen dieser Altersklasse in München der Fall war versteht sich von selbst. Die Protagonisten bei den Jüngsten hießen diesmal Denise Jaeschke (LG Stadtwerke München), Fabian Olbert (Kirchheimer SC) und Leon Khavvam (TSV Ipsheim). Doch auch andere sorgten für Furore.
Einer kam erst im Oktober aus der Ukraine nach Deutschland, ist 14 Jahre alt und startet für das LAC Quelle Fürth, kann aber erst im nächsten Jahr offiziell in den Kampf um die Medaillen eingreifen. Diesmal lag Hochspringer Anton Sobolevski außer Konkurrenz mit erstaunlichen 1,92 Meter gleich um 14 Zentimeter vor dem eigentlichen Titelträger Sven Jäger (LG Lauf-Pegnitzgrund; 1,77 Meter). Das Potenzial von Denise Jaeschke deutete sich bereits 2015 an und schlug sich nun auch in zwei beeindruckenden Vorstellungen, die für das außergewöhnliche Mädchen aus der Landeshauptstadt mit zwei hoch verdienten Goldmedaillen endete. Im Weitsprung kam sie auf bestechende 5,66 Meter vor Anna Hofmann (TV Bad Kötzting), die mit 5,40 Meter ebenfalls noch eine respektable Weite erzielte, und Katharina Winkler (LG Erlangen; 5,25 Meter). Auch über 60 Meter Hürden setzte sich Jaeschke in 9,27 Sekunden gegenüber Anna Hofmann und ihrer Vereinskameradin Iris Herbst (beide 9,35 Sekunden) durch. Von Spezialdisziplinen zu sprechen, wäre vielleicht nicht ganz korrekt. Eher „Schokoladendisziplinen“. Denn die vielseitig begabte Nachwuchsathletin hätte durchaus das Zeug zu einer richtig guten Siebenkämpferin . . .
Gleiches gilt für Fabian Olbert und Leon Khavvam, die sich ebenfalls je zwei Titel in unterschiedlichen Disziplingruppen schnappten. Olbert gewann in einem hochklassigen Sprintfinale über 60 Meter in 7,35 Sekunden vor Maxim Schreier (TuS Feuchtwangen; 7,44 Sekunden) und Jil Maurice Gorzawsky (Kirchheimer SC; 7,49 Sekunden). Außerdem stieß er die Kugel mit 13,65 Meter am weitesten. Khavvam, Schüler der Sportschule Bertold-Brecht in Nürnberg, war im Weitsprung (6,16 Meter vor Maxim Schreier, 6,06 Meter) und über die 80 Meter Hürden (8,61 Sekunden) nicht zu schlagen, wobei hier Fabian Olbert noch eine Silbermedaille holte (8,68 Sekunden). Insgesamt holten die Sportschüler der Elitesportschule in der Noris sieben Medaillen bei diesen Meisterschafen.
Ebenfalls auf sich aufmerksam machten 60-Meter-Sprintsiegerin Svenja Pfetsch (SC Vöhringen), die als einzige Starterin unter acht Sekunden blieb (7,98 Sekunden) sowie Kugelstoßmeisterin Rhona Schmidt (LG Landkreis Roth; 13,38 Meter).