Heimat muss kein Land sein: ARD-Themenwoche stellt Deutschen 10 000-Meter-Meister Mitku Seboka vor
„Heimat“, das ist für viele Menschen ein Land, meist das, in dem sie geboren wurden. Verstärkt gilt das für die, die dieses Land verlassen haben, womöglich noch vor relativ kurzer Zeit. Bei Mitku Seboka (27) Langstreckenläufer, ist das so, und es überrascht nicht, wenn er sagt:. „Meine Heimat ist Äthopien“. Der Deutsche Meister 2015 über 10 000 Meter kam 2012 nach Deutschland, nach Fürth, wo er beim LAC Quelle trainiert und in einem Asylbewerberheim ein Zimmer mit einem Landsmann teilt. „Wir haben nicht die gleiche Muttersprache, ich spreche Amharisch und er Oromiffa (Sprache der Oromo, d. Red.). Aber ich spreche auch Oromiffa, deshalb können wir uns unterhalten“, sagt Seboka. Das sei ebenso ein Stück Heimat wie das gemeinsame Kochen und Essen. In Äthiopien kommen sie aus verschiedenen Volksgruppen und Regionen. In der Fremde sind beide Äthiopier.
Wobei sich das „Fremde“ im Fall von Seboka laufend relativiert. Seit September lernt er vormittags Deutsch in der Volkshochschule, mit lauter Nicht-Afrikanern. Und schon lange trainiert er abends und teilweise morgens bei der LAC Quelle. „Mitku ist einer, der auf andere zugeht, und der Sport erleichtert ihm das“, sagt sein Trainer Theo Kiefner. Seboka selbst sagt, der Sport sei „der wichtigste Teil“ seines Ankommens in Fürth.
Wobei er weniger an den Verein als solchen denkt als an Menschen wie seinen Trainingspartner Joseph Katib (Deutscher Berglaufmeister 2015) und die Mitglieder seiner Laufgruppe, mit denen er auch mal feiert und essen geht; erst kürzlich hatten sie einen „richtig guten Abend“ bei Reinhard Leibold, Urgestein des LAC Quelle und Deutscher Meister von einst. Der Sport, die Rennen und die Menschen, machen Mitku Seboka mit Fürth und bedingt mit Franken und Bayern bekannt. Ob Deutschland einmal seine (zweite) Heimat werden kann? „Ich weiß es nicht“. Die Antwort weist auf sein einstweilen begrenztes Aufenthaltsrecht hin. Und darauf, dass er vorerst die Region als seinen Lebensraum begreift, nicht das Land im Ganzen.