10 000-Meter-DM Aichach: Corinna Harrer lässt im Endspurt "Mocki" stehen und schafft EM-Norm
Vier Grad plus, grauer Himmel und teilweise leichter Nieselregen. So erlebten die Athleten und Zuschauer im Josef-Bestler-Stadion die Deutschen 10 000-Meter-Meisterschaften 2014, die der rührige LC Aichach austrug. Obwohl die Läufer und Läuferinnen vor und nach dem Lauf sowie bei der Siegerehrung stark fröstelten, für das Rennen empfanden alle Starter diese Temperaturen ideal.
Mocki oder Coco: So lautete die Frage nach den heißesten Titelanwärterinnen bei den Frauen. Nur wenige Runden liefen Sabrina Mockenhaupt und die beiden Regensburgerinnen Corinna Harrer und Maren Kock in einer Dreiergruppe. Es folgte ein Verfolgerquartett, in dem auch die Deutsche Marathonmeisterin Steffi Volke (LG Telis Finanz Regensburg) für Tempo sorgte. Nach elf Runden setzte sich Sabrina Mockenhaupt von Corinna Harrer ab. Würde es wieder ein einsames Rennen geben, so wie schon häufig für die zierliche und achtmalige Deutsche Meisterin über 10 000 Meter?
Doch plötzlich verlangsamte Mocki das Tempo beziehungsweise konnte Corinna Harrer aufschließen und überholen. Es folgten wieder Runden mit einer Zeit von 77 Sekunden. Als die beiden Olympioniken dann das "Verfolgerquartett" überholten, musste Steffi Volke abreißen lassen. Je näher die Schlussrunden rückten, um so größer wurden natürlich die Siegeschancen von Corinna Harrer als amtierende deutsche Meisterin über 1500 Meter. Und eingangs der letzten Runde löste sich auch die Bayerin von ihrer Konkurrentin aus dem Rheinland. Aber die 33-Jährige gab gegen zehn Jahre jüngere Konkurrentin nicht auf und griff auf den letzten 200 Meter nochmals beherzt an. Doch Corinna Harrer konnte gegenhalten und siegte mit zwei Sekunden Vorsprung in einer neuen Bestzeit von 32:27,75 Minuten. Tolle Dreingabe für die frischgebackene Meisterin und ihre geschlagene Vize: Beide erfüllten in Aichach die Norm für die Europameisterschaften in Zürich.
„Sabrina Mockenhaupt hat mehrmals richtig Gas gegeben, da war ich jedes Mal froh, überhaupt dran bleiben zu können“ sagte eine überglückliche Corinna Harrer unmittelbar nach dem dramatischen Finale. "Die Führungswechsel auf der Strecke waren nicht abgesprochen, mir fällt es einfach mit meinem langen Schritt sehr schwer hinter Mocki herzulaufen.“ Der symphatische Star der deutschen Frauenlaufszene trugs mit Fassung und gratulierte gleich im Anschluss herzlich ihrer jungen Rivalin und deren Couch Kurt Ring.
Maren Kock holte sich mit 33:14,32 Minuten die Bronzemedaille und errang ebenso eine neue persönliche Bestleistung wie die Vierte Steffi Volke und die Fünftplatzierte Thea Heim, die obendrein auch noch den Titel in der U 23 nach Regensburg holte. "Ich habe mit Coco im Trainingslager in Cervia beschlossen, die Goldmedaille zu holen", teilte stolz Thea Heim (LG Telis Finanz Regensburg) nach der Siegerehrung der Juniorinnen mit. Eisern klebte die Regensburgerin ihrer stärksten Konkurrentin Melina Tränkle (LG Region Karlsruhe) an den Fersen, um sie dann mit einem überwältigendem Spurt auf der letzten halben Runde geradezu stehen zu lassen.
Perfekt verlief der Männerlauf auch für Richard Ringer (VfB LC Friedrichshafen). Obwohl einige bayerische Konkurrenten wie Philipp Pflieger und Julian Flügel (beide LG Telis Finanz Regensburg) nicht antraten, stürmte in den letzten Runden der 25-jährige Betriebswirt in seinem ersten 10 000 Meter-Rennen in lockerem Laufstil mit einer ausgezeichneten Endzeit von 28:28,96 Minuten als Deutscher Meister 2014 ins Ziel.
Schon die ersten 5000 Meter, das eine zirka zehnköpfige Läufergruppe in 14:28 Minuten passierte, verhieß für mehrere Athleten ausgezeichnete Endzeiten, aber auch Enttäuschungen, weil sie das Rennen für ihre Verhältnisse zu schnell angingen. Als einziger bayerischer Läufer blieb Tobias Schreindl (LG Passau) in der später etwas gelichteten Verfolgergruppe und verbesserte seinen persönlichen Rekord um mehr als 40 Sekunden auf 29:11,82 Minuten. "Ich ging einfach mit, und es hat sich gelohnt", resümierte der 26-jährige Maschinenbauingenieur nach dem Rennen. Schade für Schreindl war allerdings, dass er trotz seiner blendenden Leistung wie schon in der Vergangenheit bei anderen nationalen Meisterschaften nicht in den Medaillenrang kam.
Eine eindrucksvolle Bestzeitverbesserung brachte das Rennen in Aichach auch Sebastian Reinwand (TSG 08 Roth), der nun mit 29:37,97 Minuten gelistet wird. Die Deutschen Meisterschaften "dahoam" brachten freilich auch Enttäuschungen aus bayerischer Sicht: An der Startlinie im Männerlauf standen 28 Teilnehmer, im Laufe des Rennen stiegen sieben Läufer aus, unter ihnen auch Tobias Gröbl (LG Zusam).
"Ich hatte den Kopf vorne", beschrieb Jonas Koller (LG Telis Finanz Regensburg) das Fotofinish, das er sich mit seinem Teamkollegen Valentin Unterholzner lieferte. Beide Junioren liefen mit 29:48 Minuten eine neue Bestzeit, was für die beiden Nachwuchshoffnungen den dritten und vierten Platz in der Wertung U23 erbrachte.
Ein relativ starkes Feld an Seniorenläufer versammelte sich zum Start der M 50/M 55. Der Sieg von Hans-Joachim Herrmann (LG Erlangen) war allerdings nie gefährdet. Der 53-jährige Ernährungswissenschaftler konnte von Runde zu Runde seinen Vorsprung ausbauen und verteidigte mit 33:28;70 Minuten den Titel. Als nächstes Meisterschaftsziel setzt er sich die Titelkämpfe über 10 Kilometer in Düsseldorf. Interessant waren die weiteren Platzierung, zumal Markus Zerres (TV Waldstraße Wiesbaden) als einer der Mitfavoriten aufgegeben hatte. Nach 23 Runden waren die Chancen für Reinmund Hobmaier auf eine Vizemeisterschaft noch günstig, er lag etwa 15 Meter vor Jürgen Sonneck (LG Stadtwerke München). Aber die beiden Bayern hatten die Rechnung ohne Klaus Prieske (Hamburger Laufladen) gemacht. 500 Meter vor dem Ziel überholte der Neuling in der M 50 noch Hobmaier, dem der Konter dieses Mal nicht gelang.
Zwei Sieger im Rennen der Klassen M 35 bis M 45 machten von Anfang an klar, dass nur sie für den Titel in Frage kommen würden. Fabian Borggrefe (SG Spergau) und Andrew McLoed (TG Viktoria Augsburg) absolvierten die ersten 5000 Meter in einer Zeit von 15:32 Minuten und großem Vorsprung vom dem Rest des Feldes. Doch dann musste der gebürtige Australier abreißen lassen, die Verfolger konnten ihn dennoch nicht mehr einholen. Am Ende kam der 37-jährige Sprachenlehrer in seinem ersten 10 000 Meter-Lauf als Meister in der M 35 ins Ziel. „Ich bin sehr überrascht, und es hat sich gelohnt, dass ich von Anfang an in der Spitze gelaufen bin, das hat mir eine gute Endzeit beschert.“, sagte er erschöpft, aber stolz nach seinem Lauf.
Ähnlich wie in Sachen Fußball in München gibt es in Regensburg nicht nur einen bedeutenden Leichtathletikverein. Für den SWC Regensburg gingen vier Athleten an den Start, und drei kehrten mit Medaillen in die Domstadt zurück: Rudolf Salzberger und Regina Graf als Meister in der M 45 beziehungsweise W 55 und Constanze Boldt als Vizemeisterin in der W 40. Der Titel ging in dieser Klasse an Bianca Meyer (LG Stadtwerke München), die noch vor kurzem bei den Deutschen Halbmarathonmeisterschaften in Freiburg die Vizemeisterschaft errang. Ihre Vereinskollegin Petra Stöckmann erkämpfte sich in der gleichen Klasse die Bronzemedaille.
Die Meisterschaften in Bayern veranlassten natürlich auch die Spitzenläufer und -läuferinnen kleinerer Vereine des BLV in Aichach anzutreten. Und es hat sich für viele gelohnt: So für Monika Schuri (LG Wehringen) und Franz Herzgsell (LG Reischenau-Zusamtal) mit einer Vizemeisterschaft in der W 45 und M 65 sowie Franz Schober (SVG Ruhstorf/Rott) mit einer Bronzemedaille. Für die bekannten bayerischen Vereine MTV 1881 Ingolstadt und SVO Germaringen bestiegen in der M 75 Albert Walter und Georg Groß das Siegerpodest. Der gastgebende LC Aichach gewann Leni Baur in der W 65 die Silbermedaille.
Im Rahmenwettbewerb über 3 000 Meter dominierten bei den Frauen die Athletinnen der LAG Mittlere Isar und bei den Männern die Läufer der LAC Quelle Fürth die Siegerliste.