
Mit der Siebenkampf-Europameisterin Nadine Butscher freut sich auch Christoph Bischlager.

Die Bayern entpuppten sich im deutschen Team als regelrechte Medaillen-Hamster.

Happy über Bronze im Speerwurf: Georgina Schneid.

Die bärenstarke deutsche Sprintstaffel bestand zu genau 50 Prozent aus Bayern: Christoph Bischlager (links) und Axel Bräuninger (Zweiter von rechts).
Gehörlosen-EM Kayseri: Siebenkampf-Titel für Butscher und tolle Leistung der Bayern
Nadine Brutscher (TV Haldenwang)
Die erste deutsche Wettkampfteilnehmerin war die 16-jährige Debütantin und Siebenkämpferin Nadine Brutscher in ihrer ersten Disziplin über 100 Meter Hürden. Dort holte sie sich die entscheidenden ersten Punkte auf dem Weg zu internationalem Erfolg mit einer persönlichen Bestleistung von 15,51 Sekunden. Hoch motiviert startete sie im Hochsprung und überraschte erneut mit dreimaliger Bestleistung und 1,58 Meter. Die 1,61 Meter verpasste sie knapp. Damit lag sie mit 300 Punkten Vorsprung klar vor der Favoritin Elena Uzunova (BUL) auf Platz eins und hatte sich nach zwei Disziplinen bereits fantastisch auf dem internationalen Parkett eingeführt.
Ein Einbruch im Kugelstoßen mit einer schwachen Leistung von 7,90 Meter konnte die junge Athletin nicht entmutigen, mit einer Zeit von 27,2 Sekunden überquerte sie über 200 Meter als Erste die Ziellinie und bestätigte sich damit weiterhin auf Platz eins. Mit 2556 Punkten erhöhte sie den Vorsprung vom Vormittag auf 378 und lag in der Gesamtwertung vor Elena Uzunova (BUL) mit 2178 Pkt. und Tatsjana Klimovich (BLR) mit 2100 Pkt.
Nadine Brutscher, die im Siebenkampf mit einer überzeugenden Leistung an Wettkampftag eins an erster Stelle in der Gesamtwertung debütiert hatte, musste noch drei Disziplinen zum sicheren Sieg bewältigen. Hervorragend vorbereitet, hatte Brutscher während des gesamten Wettkampfes trotz ihrer Jugend mit konzentrierter Ruhe und Souveränität eine Disziplin nach der anderen mit persönlichen Bestleistungen absolviert und den ersten Rang zu keiner Zeit an ihre Mitkonkurrentinnen gefährdet, geschweige denn abtreten müssen. Sie selber kommentiert ihre erste Goldmedaille und das ausgezeichnete Ergebnis von 4203 Punkten mit den Worten: “Geiler Wettkampf mit sehr guter Konkurrenz!“ Bundestrainer Dr. Kluth ist begeistert von der Athletin: „Topfit und clever, von der ersten bis zur letzten Disziplin, wunderbar eingestellt!“.
Elena Uzunova (BUL) holte mit 3918 Punkten Silber, Bronze ging an Tatsiana Klimovich (BLR) mit 3877 Punkten. Obendrein hätte Nadine Butscher hätte einen neuen Welt- und Europa-Junioren Rekord im Siebenkampf aufgestellt, da leider bei 200 Meter die elektronische Zeitnahme ausfiel, konnte ihre Punktzahl nicht anerkannt werden. Dafür wurde es aber ein Bayerischen Rekord über 100 Meter Hürden bei den Frauen und der WJA sowie im Hochsprung, WJA und WJB. Im Speerwurf verbesserte sie auch noch ihre Bestleistung und den WJB-Rekord. Die 800-Meter-Leistung von 2:42,71 Minuten bedeutete für Nadine auch neuen Hausrekord. Im Weitsprung landete sie auf guten 5,13 Meter.
Gemeinsam mit Georgina Schneid startete das Überraschungstalent am selben Wettkampftag noch über 100 Meter Hürden. Gerne hätte sie hier noch eine weitere Medaille geholt, musste sich aber mit dem vierten Platz und einer Zeit von 15,44 Sekunden zufrieden geben, gefolgt von Kollegin Schneid mit 15.60 Sekunden, die damit ihre persönliche Bestzeit lief. Die Bestzeiten wurden leider aufgrund starker Rückenwind nicht als Rekord anerkannt. Yuliya Shapoval (UKR) mit 14.28 Sekunden, Kairit Olenko (EST) mit 15,20 und Rebecca Zelic (GBR) mit 15,31 Sekunden machten die ersten Plätze unter sich aus.
Georgina Schneid (TSV Vaterstetten)
Neben ihrem 100-Meter-Hürden-Start für Georgina Schneid, die am letzten Wettkampftag als amtierende Vizeweltmeisterin 2008 im Siebenkampf im Speerwurf gegen Kairit Olenko (EST) und Elena Uzunova (BUL), antrat. Georgina hatte sich mit 32,94 Meter für die Teilnahme qualifiziert und zeigte bei der EM in Kayseri, dass auch sie durchaus in der Lage ist, sich im Wettkampf noch einmal zu steigern. Sie startete mit einer Weite von 31,02 Meter, erhöhte minimal auf 31,55 Meter, um dann im dritten Wurf mit 34,19 Meter das für sie beste Ergebnis zu erzielen, das sie je in einem Gehörlosen-Wettkampf erreichte. Auch wenn sie damit nicht an die Weiten von Olenko (41,34 Meter) und Uzunova (41,18 Meter) heranreichte, war die junge Leichtathletin aus Zorneding glücklich über Bronze und ihre Leistung.
Zu ihrer letzten Disziplin für die deutschen Frauen traten Nadine Brutscher, Marta Dausch, Georgina Schneid und Jessica Urbanski in der 4 x 100-Meter-Staffel an. Dausch startete sehr gut, lief jedoch leicht auf Urbanski auf, die trotz starken Gegenwindes in einer sehr guten Zeit an Brutscher übergab. Brutscher konnte ihren Fehler, zu früh gestartete zu sein, rechtzeitig korrigieren und lieferte eine saubere Übergabe an Schneid. Schneid arbeitet sich sehr nah an die ukrainische Läuferin Kuprych heran, die mit einem hauchdünnen Vorsprung von 0,02 Sekunden vor ihr über die Ziellinie lief. Die vier jungen Frauen waren zwar stolz auf ihre Zeit von 49,97 Sekunden aber dennoch ziemlich enttäuscht über die so knapp verpasste Bronzemedaille. Den Titel holte Russland vor Weißrussland und der Ukraine.
Nina Wuczynski (Hamburger SV)
Die 21-jährige Nina Wuzcynski aus Hamburg gab ihr internationales Debüt und schaffte mit 12.98 Sekunden auf Anhieb den Einzug ins Finale. Sie blieb erstmals unter 13 Sekunden. Im Finale zeigte Wuczynski zu ihrer eigenen Enttäuschung dann leider Nerven bei ihrem ersten internationalen Wettkampf und wurde wegen Fehlstarts disqualifiziert.
Nina Wuczynski, das neues Gesicht aus Hamburg in Reihen des Gehörlosen-Sportvereins München, ging sehr aufgeregt in ihren ersten internationalen Wettkampf im Hochsprung und scheiterte auf Grund dessen an der 1,50Meter-Marke. Damit blieb sie hinter ihrer Leistung zurück und musste sich mit dem bitteren letzten Platz zufrieden geben. Ihr Ziel war es, die 1,55-Meter-Marke zu knacken, aber nicht nur die Nervosität beim Debüt, sondern auch eine leichte Verletzung beim Einspringen, brachten sie um die gewünschte Höhe.
Valentin Schuhmann (TS Lichtenfels)
Valentin Schuhmann, der sich mit einer sehr guten Zeit für die 10 000 Meter qualifiziert hatte, zeigte eine hervorragende, kämpferische Einstellung, konnte jedoch seine Qualifikationsleistung von 32:04,31 Minuten gegen die erfahrenen und starken Gegner nicht abrufen, die die ersten drei Plätze in einem harten Kampf unter sich ausmachten. Schuhmann belegte mit 33:52,70 Minuten trotzdem einen guten vierten Platz hinter Rafal Nowak (POL) mit 31:50,02 Minuten, Vladislav Yakubovskiy (RUS) mit 32:44,88 minuten und Alexey Elnikov (RUS) mit 32:50,58 Minuten.
Schuhmann stellte sich auch der Herausforderung über 5000 Meter, wo er in 16:21,45 Minuten Platz fünf belegte. Der Lichtenfelser war sehr mutig in der Spitze mitgelaufen, im letzten Drittel konnte er das Tempo jedoch nicht mehr halten und fiel zurück. Entsprechend enttäuscht war er über den Verlauf. Wieder war es der Pole Rafal Nowak, der mit 15:07,99 Minuten Gold holte-
Christoph Bischlager (LG Stadtwerke München)
Christoph Bischlager ging in guter Form in den Diskus-Wettbewerb, jedoch erst nach dem vierten Versuch gelang ihm ein nennenswertes Ergebnis mit 38,87 Meter. Danach konnte er seine Platzierung auf dem sechsten Rang leider nicht mehr verbessern. Wie erwartet entschied der Ukrainer Oleg Bilokon den Wettkampf mit 48,80 Meter klar für sich, gefolgt von Dmitry Kalmykov (RUS) und Volodymyr Pupena mit 47,11 Meter.
Im Kugelstoßen konnte Bischlager, Deutschlands einziger Werfer, an die Leistung seiner Konkurrenz nicht heranreichen. Mit einer Weite von 12,60 Meter belegte er Platz neun von elf. Gold ging an Mahmut Kilic (TUR) mit 16,07 Meter.
Beim Speerwerfen verringerte Bischlager seine Anlaufgeschwindigkeit zugunsten einer sicheren Technik, hatte aber gegen die Favoriten, die diesmal weder aus der Ukraine noch aus Russland kamen, keine reelle Chance. Theodor Thor aus Schweden übertraf alle mit einer Weite von 60,10 Meter. Bischlager warf mit 44,88 Meter Saisonbestleistung und landete auf Rang fünf.
Axel Bräuninger (LG Stadtwerke München)
Der 17jährige Neustädter Axel Bräuninger, ebenfalls ein neues Gesicht im deutschen Kader, erreichte in seinem ersten internationalen Wettkampf 1,85 Meter und Platz sechs im Hochsprung eine gute Leistung, die aber noch nicht an die von Alexey Landar (RUS) mit 2,08 Meter heranreichte. Bräuningers zweiter Versuch über 1,90 Meter war sehr knapp.
Dann endlich kam die Stunde der deutschen Männer. In der 4 x 100-Meter-Staffel mit Axel Bräuninger, Christoph Bischlager, Matthias Fischer und Florian Schlosser gab es Silber. Bräuninger lief erwartet gut an, Schlosser übernahm sauber und gab ein hohes Tempo vor. Der Wechsel auf Bischlager gelang perfekt, der ein sehr gutes Rennen durch die Kurve lieferte. Nach einem ebenfalls perfekten Wechsel auf Fischer sicherte dieser den zweiten Platz mit einer Zeit von 43,70 Sekunden vor Polen mit 44,06 Sekunden und hinter Russland (42,19 Sekunden).
Über 4x400-Meter lief Axel Bräuninger an dritter Stelle ein hervorragendes Rennen. Doch am Ende wurde die Mannschaft um Matthias Fischer, Daniel Helmis, Bräuninger und Schlussläufer Florian Schlosser nur undankbarer Vierter.