Bayerncup Erding: LG Stadtwerke München demonstriert mannschaftliche Geschlossenheit und Übermacht
Die Sache mit dem Teamgedanken: Funktioniert so etwas überhaupt noch in einer Individualsportart, in der jeder nur darauf achtet, selbst möglichst weit vorne zu landen? Wer alljährlich die Leichtathleten während des Bayerncups beobachtet, der muss diese Frage mit einem klaren Ja beantworten. Manchmal erweckt es gar den Eindruck, als würden die meisten Sportler die ungewohnte Situation richtiggehend genießen, sich unter dem Dach eines Vereins, einer LG oder einer Startgemeinschaft den kollektiven Herausforderungen zu stellen.
Für Erding hatten sich insgesamt 53 Mannschaften gemeldet, um auf der schon legendären blauen Bahn des Sepp-Brenninger-Stadions um Punkte zu kämpfen. Verglichen mit den Vorjahren, als man 2016 in Kitzingen 47 und 2015 in Herzogenaurach 50 Teams zählte, ist dies durchaus schon als Erfolg zu verbuchen. Allerdings bleiben die 67 angetretenen Teams von Ergoldsbach 2014 die absolute Höchstmarke in diesem Jahrzehnt, an die riesigen Teilnehmerfelder der Jahre 2006 und 2007, als der Bayerncup noch im Münchner Olympiastadion stattfand, denkt sowieso niemand mehr. Ob die auf- und absteigende Fieberkurve der Resonanz auf den jeweiligen Veranstaltungsort zurückgeführt werden kann, scheint angesichts dieser Statistik durchaus fraglich.
Ausschlaggebend für das Plus in diesem Jahr war allerdings auch die Tatsache, dass sich die beiden "Großen" der bayerischen Leichtathletik, die LG Stadtwerke München und das LAC Quelle Fürth, nach Jahren der weitgehenden Abstinenz wieder einmal dazu entschlossen hatten, den Bayerncup mit namhaften Mannschaften zu beschicken. So hatten die beiden Clubs jeweils in allen sechs ausgeschriebenen Klassen wenigstens ein Team, die Münchner bei den Männern sogar zwei am Start. Mit durchschlagenem Erfolg: Fünf Mal hieß der Bayerncup-Sieger in Erding LG Stadtwerke München. Einzig bei den Frauen holte das LAC Quelle Fürth den Cup.
Dass es beim diesjährigen Bayerncup "München, München über alles" hieß, lag vor allem daran, dass der Zusammenschluss von elf Mitgliedsvereinen aus der Landeshauptstadt diesmal bis auf wenige Ausnahme nahezu alle leistungsstarken Athleten aufbot. Natürlich müssen die Leistungen zu diesem noch frühen Zeitpunkt der Sommersaison noch nicht absoluten Top-Standards entsprechen. Dennoch konnten vor allem die Männer der LGSWM mit insgesamt 72,5 Punkten einen deutlichen Abstand zwischen sich und dem Zweitplatzierten TS Herzogenaurach (59) und dem Dritten LAC Quelle Fürth (53,5) legen. Die besten Leistungen bei den Münchner fielen erwartungsgemäß auf die starken Werfer Valentin Döbler (Erster mit der Kugel mit 17,74 Meter), Lukas Koller (Sieger im Diskuswerfen mit 55,00 Meter) und Andreas Zagler (Sieger im Speerwerfen mit 64,36 Meter). Ungefährdet war auch Benedikt Wiesend als Erster über seine Spezialstrecke 400 Meter (48,32 Sekunden), während EM-Teilnehmer Patrick Schneider (LAC Quelle Fürth) diesmal über 100 Meter seine Sprintfähigkeiten testete (10,96 Sekunden).
Das der einzige Fürther Mannschaftserfolg an diesem Tag auf das Konto des Frauenteams ging, lag in erster Linie an Amelie-Sophie Lederer. Sowohl über 100 Meter blieb die Schnellste Frau Bayerns eine Klasse für sich (11,50 Sekunden) wie auch als Schlussläuferin der 4 x 100-Meter-Staffel, als sie nach einem völlig verkorksten Wechsel als Letzte den Stab übernahm und ihn tatsächlich noch als Erste in 47,77 Sekunden über die Ziellinie brachte. In der Endabrechnung blieben die Quelle-Damen mit 59 Zählern vor dem SWC Regensburg (54) und der LG Stadtwerke München (51), wo Amelie Döbler mit ungefährdeten Siegen im Kugelstoßen (14,05 Meter) und im Diskuswerfen (43,90 Meter) nach einer Verletzungspause ihr Comeback feierte.
In der männlichen U 20 kam die LG Stadtwerke München als frischgebackener Bayerncup-Sieger auf 57 Punkte und insgesamt sieben von zehn Einzelsiegen: Fabian Olbert gewann die 100 Meter (11,10 Sekunden), Florian Partenfelder war Bester über 100 Meter Hürden (15,23 Sekunden), Martin Knauer dominierte sowohl das Kugelstoßen (16,44 Meter) wie auch das Diskuswerfen (46,62 Meter), Yannick Limmer warf den Speer am weitesten (57,65 Meter), Yannick Wolf sprang am weitesten (7,01 Meter) und die 4 x 100 Meter-Staffel kam mit starken 42,56 Sekunden ins Ziel. Im Hochsprung gelang dem Nürnberger Bertold-Brecht-Sportschüler Anton Sobolevski (LAC Quelle Fürth) sein erster Sprung über die magische Zwei-Meter-Marke (2,00 Meter).
Ähnlich dominant agierte die weibliche U 20 der Münchner, die fünf Mal die volle Punktzahl abräumen konnte. Dabei überstrahlte die Performance von Selina Dantzler im Diskuswerfen (47,58 Meter) und im Kugelstoßen (14,54 Meter) natürlich alles. Sandy Opeola holte sich den Einzelsieg über 400 Meter (57,03 Sekunden) und Sabrina Reusch gewann das Speerwerfen (39,60 Meter). Stark auch die 5,43 Meter von Vanessa Neubauer (FC Aschheim) im Weitsprung und die 12,29 Sekunden von Felicia Vasquez-Wacker (LAC Quelle Fürth) über 100 Meter. Abgesehen vom souveränen Sieger LG Stadtwerke München (62 Punkte) geriet der Kampf um die weiteren Podestplätze extrem spannend. Der FC Aschheim gewann schließlich mit 43 Zählern Silber, das LAC Quelle Fürth holte mit 42 Punkten Bronze und der ersatzgeschwächte Vorjahressieger MTV 1881 Ingolstadt ging mit 41 Zähler diesmal leer aus.
Zahlenmäßig den größten Anteil am Bayerncup nehmen alljährlich die U 16-Teams ein. Auch in Erding war dies nicht anders. Bei den Jungs kämpften insgesamt zehn Mannschaften um den Titel, bei den Mädchen stellten sich gar deren 13 der Herausforderung. Die LG Stadtwerke München ließ in der männlichen U 16 mit 86 Gesamtpunkten gegenüber 74 des SWC Regensburg und 57 des LAC Quelle Fürth nichts anbrennen. Die fleißigsten Punktesammler beim Nachwuchs aus der Landeshauptstadt waren Florian Knerlein mit seinen eindrucksvollen Siegen über 100 Meter (11,16 Sekunden) und 80 Meter Hürden (11,02 Sekunden), Alexander Schaller mit dem Diskus (50,01 Meter) und Dominik Idzan mit der Kugel (14,98 Meter). Bei den Regensburgern zeichnete sich vor allem Multitalent Luca Pinter mit Siegen über 800 Meter (2:09,99 Minuten) und im Weitsprung (5,65 Meter).
Ihren männlichen Vereinskameraden wollten auch die U 16-Mädchen der LG Stadtwerke nicht nachstehen. Auch sie schnappten sich den Bayerncup mit einem dicken Punktepolster (99) vor dem TSV Vaterstetten 1 (84) und dem SWC Regensburg (80). Auch hier setze eine Werferin die Akzente: Cassandra Bailey holte sowohl mit dem Diskus (38,78 Meter) wie mit der kugel (13,58 Meter) die volle Punktzahl für ihr Team. Bei Vaterstetten stach 80-Meter-Hürden-Siegerin Svenja Sturma (12,29 Sekunden) heraus, bei Regensburg sprintete Hannah Nußbaumer als Beste 12,68 Sekunden über 100 Meter.
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