Schüler Mehrkampf-DM Cottbus: Bayern und der Rest der Republik
Wie zum Beispiel beim Achtkampf der Schüler. Welch ein beeindruckendes Bild bot sich da am Sonntagabend, als die abschließenden 1000-Meter-Läufe absolviert waren. Der gesamte Zielbereich schien sich in eine weißblaue Feierzone verwandelt zu haben. Betreuer der LG Landkreis Roth und der LG Sempt standen um ihre Schützlinge und freuten sich gemeinsam über einen historischen Erfolg. Kurz zuvor hatte das Rother Trio mit den Zwillingen Florian und Felix Fichtner sowie Sebastian Pfahler den DM-Titel in der Mannschaft mit starken 13 758 Zählern unter Dach und Fach gebracht. Knapp dahinter komplettierten die Sempter Jungs mit Sven Holländer, Ruben Mayer und Manuel Lück den kaum für möglich gehaltenen bayerischen Doppelsieg, indem sie sich mit 13 526 Punkten klar vom TSV Bayer 04 Leverkusen (13 004) absetzen konnten.
Sven Holländer als bester Bayer auf Platz vier
Dass vor allem bei Sven Holländer und Ruben Mayer die Genugtuung über das Team-Silber erst mit Verspätung einsetzte, lag auch an der überaus spannenden Einzelwertung, bei der Holländer um Haaresbreite Bronze verpasste und mit 4788 Punkten undankbarer Vierter wurde. Der Knackpunkt lag in einem etwas zu kurzen Speerwurf von 36,78 Metern, in dem sein Kontrahent Raphael Baumann (TV Herbolzheim) an dem blonden Oberbayern vorbeiziehen konnte (49,52 Meter). Ansonsten präsentierte sich der 15-jährige Schüler als ein Muster an Beständigkeit, wobei vor allem sein 80-Meter-Hürdenlauf (11,15 Sekunden), sein Kugelstoß (14,60 Meter) und sein Hochsprung (1,72 Meter) herausragten. Nur zwei Plätze und schlappe 14 Punkte dahinter reihte sich Ruben Mayer auf Rang sechs ein (4774). Er bestach in erster Linie durch seinen Hürdenlauf (11,21 Sekunden), seinen Diskuswurf (44,54 Meter) und - wie gewohnt - seinen Stabhochsprung (4,10 Meter).
Dass mit Florian Fichtner der beste Rother „erst“ auf Platz neun landete (4723), sorgte zusätzlich für Spannung bei den Punkterechnern. Während „Flo“ mit einer phänomenalen Steigerung seiner Diskus-Bestleistung um gleich sieben Meter auf 49,91 Meter insgeheim sogar die Grundlage für die überraschende Goldmedaille schuf, gab nicht zuletzt die größere Ausgeglichenheit der Mittelfranken den Ausschlag. Felix Fichtner wurde 13. mit 4565 Zählern (unter anderem 50,27 Meter mit dem Speer) und Sebastian Pfahler 16. mit 4470 Punkten (14,09 Meter mit der Kugel und 45,26 Meter mit dem Diskus). In der Alterklasse M 14 komplettierte Manuel Lück als 13. (3964) das Sempter Mannschaftsresultat. Mit seinem achten Platz kam überdies noch Felix Wolter (TSV 1860 München) mit 4171 Zählern aufs Siegertreppchen.
Katharina Winkler pulversiert Bayerischen Rekord
Als Kaderschmiede für DM-Titel kann man nach dem Wochenende die Bertold-Brecht-Schule in Nürnberg bezeichnen. Die Partnerschule des Bayerischen Leichtathletik-Verbandes legte nicht nur bei den Fichtner-Zwillingen den Grundstein für den Erfolg, sondern gewährleistete auch eine optimale Vorbereitung für Katharina Winkler (LAC Quelle Fürth). Die 15-Jährige pulversierte im Block Sprint/Sprung der Altersklasse W15 den alten Bayerischen Rekord von Alice Draser (TSV Göggingen) aus dem Jahr 2002 (2887) förmlich mit phänomenalen 2930 Punkten und holte sich den Deutschen Meistertitel. Die 15-Jährige erwischte mit neuer persönlicher Bestleistung im 80-Meter-Hürdenlauf (11,62 Sekunden) sowie ebenso hervorragenden 1,72 Meter im Hochsprung einen fantastischen Auftakt. Mit zwei weiteren Hausrekorden von 5,36 Meter im Weitsprung und 12,79 Sekunden über 100 Meter legte Winkler weitere starke Leistungen nach, so dass sie vor dem abschließenden Speerwurf nur acht Punkte hinter der Führenden Jacqueline Otchere (MTG Mannheim) lag. Nach zwei schwächeren Versuchen gelangen ihr schließlich 30,66 Meter; das waren drei Meter mehr als ihre Konkurrentin und letztlich 24 Zähler Vorsprung vor Otchere (2906 Punkte).
Auch Katharina Winklers Teamkolleginnen absolvierten samt und sonders einen hervorausragenden Wettkampf. Theresa Kurz, als Neunte im Block Lauf der Altersklasse W 15 (2637 Punkte), Kerstin Schellenberger (15. Block Wurf W 14, 2466Punkte) und Lisa Kurz (20. Block Lauf W 15, 2458 Punkte) stellten jeweils neue persönliche Punktbestleistungen und einige Einzelbestleistungen auf. Miriam Fischer, deren Start durch eine Knieverletzung bei einem Triathlon-Fahrradsturz sechs Wochen vor dem Wettkampf lange in Frage stand, setzte mit 1,64 Meter eine neue Marke im Hochsprung. Mit 2618 Punkten lieferte sie als 23. wie ihre Mitstreiterinnen wichtige Punkte für die Mannschaftswertung, bei der es für die fünf LAC-Mädels mit zusammengerechnet 13 109 Punkten die Bronzemedaille gab. Mit Mara Feser fiel zwei Tage vor dem Wettkampf gar noch eine Leistungsträgerin aus.
Münchner Block-Mädchen holen Silber
Auch hier entwickelte sich ein rein bayerisches Duell auf Augenhöhe, bei dem letztlich verdient die Mädchen der LG Stadtwerke München mit einem Mannschaftsergebnis von 13 214 Punkte die Nase vorne hatten und Silber mit nach Hause nehmen durften. Der Titel ging an die MTG Mannheim (13 469). Eine aus dem Münchner Quintett durfte sich sogar über eine zweite Silbermedaille freuen: Sina Heubel kam im Block Lauf W 15 auf ausgezeichnete 2776 Punkte, wobei sie mit – allerdings windbegünstigten – 12,42 Sekunden (+ 2,1 m/sec) über 100 Meter und 7:13,93 Minuten über 2000 Meter ihre besten Leistungen bot. Aller Ehren wert ist der vierte Platz von Michelle Schneider in der Kategorie W 14 Block Wurf mit 2660 (12,37 Meter Kugel, 33,79 Meter Diskus), ebenso wie die 2658 von Lea Rieger (16. Block Sprint/Sprung W 15), die 2583 von Sophie Beck (15. Block Sprint/Sprung W 14) und die 2537 von Paulina Huber (19. Block Sprint/Sprung W 14).
Um ein Haar hätten die Bayern in Cottbus sogar noch einen dritten Meistertitel feiern können. Paula Benstetter (TSV Bad Endorf), eines der größten weißblauen Leichtathletik-Talente der jüngsten Vergangenheit, lag bis zur vierten Disziplin im Block Sprint/Sprung der Klasse W 14 aussichtsreich auf den Goldrang, wobei sich die Palette ihrer Leistung mehr als eindrucksvoll liest: 12,58 Sekunden über 100 Meter, geradezu unglaublichen 11,60 Sekunden über 80 Meter Hürden (leider mit zu viel Rückenwind, nämlich 2,6 Meter), 5,27 Meter im Weitsprung und 1,60 Meter im Hochsprung. Dann jedoch entpuppte sich das Speerwerfen als Paulas Achillesferse. Mit einer Weite von 27,09 Meter musste sie Christin Repnak (MTV Mellendorf), die das Gerät auf 34,18 Meter schleuderte, an sich vorüberziehen lassen. Schlussendlich waren es 21 Punkte die der 14-Jährigen zu ihrer ersten Deutschen Meisterschaft fehlten. Ihr Ergebnis von 2841 Punkten bewegt sich jedoch durchaus auf den noch frischen Spuren einer Katharina Winkler.
Gute Platzierungen zuhauf für weißblaue Nachwuchsathleten
Auch außerhalb des unmittelbaren Scheinwerferlichtes gab es eine ganze Reihe von vorzeigbaren Resultaten. So freute sich Lukas Koller (TSV 1880 Wasserburg) zu Recht über einen fünften Rang (3029; unter anderem 53,25 Meter Diskus und 14,86 Meter Kugel) in einem bärenstarken Block Wurf-Feld der Altersklasse M 15. Im Block Sprint/Sprung M 14 platzierte sich Felix Straub (LG Kreis Ansbach) als guter Sechster (2744). Die gleiche Rangzahl steht auf der Urkunde von Celina Kränzle (SC Vöhringen) für ihre Leistung im Block Lauf W 14 (2560). Für Noah Schramm (TSV Schongau) reichte es zu Rang acht im Blockwettkampf Wurf M 14 – unter Vorbehalt, weil selbst am Dienstagnachmittag immer noch nicht das Endergebnis mit der entsprechenden Platzierungen im Internet veröffentlicht war! Rang neun gab im Block Lauf M 15 für Lukas Eickmeyer (TSV Bogen), der 2684 Zähler ergattern konnte. Bei den Siebenkampf-Mädchen landeten schließlich Sarah Wimmer (TV Eggenfelden) mit 3525 Punkte auf dem zehnten und Nadine Heitzenröther (LG Karlstadt-Gambach-Lohr) mit 3504 Zähler auf den zwölften Platz.
Cottbuser Organisationschaos
Die bereits angesprochene Lücke in der Ergebnisliste blieb übrigens nicht die einzige Panne bei den Cottbuser Titelkämpfen. Vor allem am ersten Tag gab es teilweise haarsträubende Lücken in der Organisation zu beklagen, unter der vor allem die Mädchen bei brütender Hitze zu leiden hatten. So mussten beispielsweise sämtliche 42 Teilnehmerinnen des Blockwettkampfes Wurf der Altersklasse W 15 hintereinander zum Diskuswerfen antreten, was eine Pause zwischen den einzelnen Versuchen von bis zu 50 Minuten bedeutete. Bei den Sprints warteten die Starter 30 Minuten lang auf die Startlisten, während die Athletinnen fertig aufgewärmt in der knallenden Sonne ausharren mussten. Dass Zeitplanverschiebungen dieser Art kein Einzelfall blieben, daran hatten sich die jungen Athleten längst zwangsläufig gewöhnt.
Vertreter der Delegation der LG Stadtwerke München berichteten, dass es am Freitagabend beim Abholen der Unterlagen immer noch keinen Zeitplan gab. Auf Nachfrage kam nur die lapidare Aussage, dass dies kurz vor Wettkampfbeginn alles die Riegenführer erledigen würden, „und außerdem wissen wir ja noch gar nicht wie Morgen das Wetter wird“ (Originalzitat). Dazu gab es provisorische Diskus- und Kugelanlagen mit Holzboden, schulmeisterliche Belehrungen durch die Kampfrichter, die in dem vereinzelten Verbot gipfelten, keine Wasserflaschen in den Glutofen des Stadions mitnehmen zu dürfen (wo im übrigen kein einziges Zelt als Schattenspender stand), bis auf ganz wenige Läufe keine funktionierende Zeitanzeige und unerträglich lange Wartezeiten bei der Bekanntgabe der Endergebnisse. Die samstäglichen Siegerehrungen gingen deshalb erst über die Bühne, als die Sonne schon längst über der Lausitz untergegangen war. Die Freude der bayerischen Medaillengewinner konnte dies jedoch verständlicherweise kaum trüben.