Bayerische Hallenmeisterschaften Fürth: Einige heiße Eisen für Leipzig, aber weniger Teilnehmer
Von den reinen Meldungen her sei man durchaus auf dem Stand des Vorjahres gewesen, rekapitulierte Jan Glössinger, Geschäftsführer des gastgebenden LAC Quelle Fürth. Allerdings waren die tatsächlich angetretenen Athleten diesmal deutlich weniger als noch 2016. Über die Gründe dieses Negativtrends, der auch schon bei den Süd- und Nordbayerischen Meisterschaften sowie bei den Bayerischen U 20/U 16-Titelkämpfen zu beobachten war, kann man allenfalls spekulieren. Eine neuerliche Krise in der Leichtathletik auszurufen, wäre auf jeden Fall verfrüht. Möglicherweise liegt der Negativtrend auch daran, dass die Vereine aufgrund des seit Januar vorherrschenden strengen Winters bislang keine Gelegenheit fanden, sich wegen ihrer vereisten und verschneiten Bahnen entsprechend auf die Hallensaison vorzubereiten. Gerade der technische Feinschliff, beispielsweise über die Hürden, im Weit- ode Stabhochssprung kommt dabei zwangsläufig zu kurz, und bevor man sich blambiert, bleibt man dann lieber zuhause. Da es nach wie vor nur zwei reine Leichtathletikhallen im flächenmäßig größten Bundesland gibt, drängt sich deshalb wieder einmal die Frage nach einer seit Jahren sehnlichst erwarteten dritten in Regensburg auf. Hier kommt nun tatsächlich Bewegung in die Angelegenheit. Die Stadt hat ein Grundstück gekauft und will dort endlich die Halle bauen, die allem Anschein nach dann zumindest die nächste Leichtathletik-Generation nutzen kann.
Unbeeindruckt davon suchte die aktuelle in der alterwürdigen, aber seit über einem Jahr neu renovierten Halle am Fürther Finkenschlag ihre Meister. Und eines wurde schon nach dem Vorlauf überdeutlich: Amelie-Sophie Lederer (LAC Quelle Fürth) bleibt Bayerns schnellste Frau. Die 22-jährige Sportpolizistin nutzte am ersten Tag ihr „Heimspiel“ im Finale zur Einstellung ihrer Bestzeit über 60 Meter (7,37 Sekunden). Zurvor zeigte Lederer, dass sie wieder hervorragend in Form ist. Mit 7,41 beziehungsweise 7,39 Sekunden untermauerte sie bereits im Vor- und Zwischenlauf ihre Ausnahmestellung im Freistaat und riss eine klaffende Lücke zwischen sich und den Rest des Starterfeldes. Im Endlauf betrug ihr Vorsprung fast drei Zehntelsekunden zur Zweitplatzierten, ihrer Vereinskameradin Tamara Seer (LAC Quelle Fürth; 7,65 Sekunden), während Julia Hofer (1. FC Passau) Dritte mit 7,67 Sekunden wurde. Trotz der schnellen Zeiten der deutschen Sprinterinnen in Erfurt am Tag davor hat sich die U 23-Staffel-Europameisterin bei der Hallen-DM in Leipzig vorgenommen, den Endlauf zu erreichen.
Das Sprint-Finale der Männer dominierte wie auch schon 2016 im Freien der Deutsche U 23-Meister im Weitsprung, Maximilian Entholzner (1. FC Passau). In 6,93 Sekunden düpierte er in einer Zentimeterentscheidung erneut die Spezialisten wie Lucien Aubry (LG Erlangen; 6,94 Sekunden) und Aleksandar Askovic (LG Augsburg; 6,95 Sekunden). Dabei hatte Entholzner im Gegensatz zu seinen Konkurrenten seinen Vorlauf nach einem Defekt am Startblock sogar alleine wiederholen müssen.
Jan Schindzielorz überrascht die Jungen
Im Finale über 60 Meter Hürden herrschte zumindest beim Goldrang Klarheit: Sebastian Barth (LG Stadtwerke München) meldete sich nach langer Verletzungspause mit einer Zeit von 7,91 Sekunden im Reigen der deutschen Hürdensprint-Elite zurück. Beim Zweitplatzierten kamen jedoch vor allem einige ältere Leichtathletik-Kenner ins Stutzen: „Das ist doch . . .?“ Richtig! Kein Geringerer als Jan Schindzielorz (LG Forchheim), um die Jahrtausendwende einer der schnellsten deutschen Hürdensprinter mit einer Bestzeit von 13,50 Sekunden und 2002 EM-Teilnehmer.
2004 hatte Schindzielorz die Teilnahme an den Olympischen Spielen in Athen (Griechenland) verpasst und zwei Jahre später sein letztes Rennen bestritten. Der inzwischen 38-Jährige zog in die Nähe von Forchheim, hielt sich auf dem Rennrad, dem Mountainbike und beim Joggen fit und trainiert seit Mai 2015 wieder mit den hiesigen Leichtathleten. Mit Erfolg: 2016 wurde er Deutscher M35-Meister, jetzt ließ er in Fürth mit einer Zeit von 8,19 Sekunden aufhorchen. Dritter wurde Paul Bobinger (TSV 1860 München; 8,32 Sekunden).
Da wächst was heran: Drei blutjunge Kugelstoßer sorgten für die Leistung mit dem größten Perspektiv-Charakter. Valentin Döbler (LG Stadtwerke München), Jahrgang 1996, Christian Zimmermann (Kirchheimer SC), Jahrgang 1994, und Lukas Koller (LG Stadtwerke München), Jahrgang 1996: Diese Namen verkörpern die Zukunftshoffnung im Kugelstoßen in Bayern, möglicherweise auch in Deutschland. Das „Trio der Jungspunde“ beeindruckte am Finkenschlag mit außergewöhnlichen Leistungen-
So gelang Drehstoßer Valentin Döbler beispielsweise mit 18,80 Meter eine neue persönliche Bestleistung, die obendrein mit dem Titel belohnt wurde. Auch Christian Zimmermann kam mit 18,12 Metern als Zweiter noch über die 18-Meter-Marke, während Lukas Koller – im Sommer mehr als Diskuswerfer auf den Plätzen zu finden – sich ebenfalls auf 17,29 Meter steigern konnte.
Wie der Bruder, so die Schwester: Dass auch der Frauentitel im Kugelstoßen innerhalb der Familie Döbler blieb, lag an Amelie. Die 17-jährige U 18-Vize-Europameisterin im Diskuswurf gewann deutlich mit 14,09 Metern vor Sabrina Zeug (LG Oberland; 13,17 Meter) und Simone Schramm (LG Bamberg; 12,51 Meter).
Tobias Potye scheitert knapp an 2,22 Meter
Für Hochspringer Tobias Potye (LG Stadtwerke München) waren die Landesmeisterschaften der letzte Wettkampf vor den nationalen Titelkämpfen in Leipzig. Mit seinem Resultat von 2,18 Metern war der Schützling von Manfred Knopp und Sebastian Kneifel nach seinem "Seuchenjahr" 2016 durchaus zufrieden, obwohl er nach seinem jüngsten 2,20-Meter-Sprung in München gerne ein ähnliches Ergebnis nachgelegt hätte. So ließ der 21-Jährige 2,22 Meter auflegen, scheiterte aber drei Mal knapp. Hinter ihm versuchte sich Andreas Plöß (SWC Regensburg; 1,98 Meter) drei Mal vergeblich an 2,01 Meter. Bronze ging an Manuel Marko (LAZ Kreis Würzburg) mit der gleichen Höhe.
Seit ihrem 1,88-Meter-Sprung aus der Vorwoche in München führt Laura Gröll (LG Eckental) die deutsche U 20-Hochsprung-Bestenliste an und steht bei den Frauen sogar auf Rang zwei. Deshalb ging die 18-Jährige auch in Fürth als klare Favoritin an den Start. Diesmal musste sich die Eckentalerin mit 1,80 Meter bescheiden, was zum Titel vor den höhen- und fehlversuchsgleichen Lisa Rudel (TS Lichtenfels) und Jenny Birzl (MTV 1881 Ingolstadt) - beide 1,66 Meter und beide Silber - reichte.
Zwei Landestitel durfte Lokalmatador Patrick Schneider (LAC Quelle Fürth) aus der Halle mit nach Hause nehmen. Über 200 Meter brauchte der 400-Meter-EM-Teilnehmer vom Vorjahr 22,20 Sekunden, hinter ihm kamen Moritz Hecht (LG Forchheim; 22,54 Sekunden) und Philipp Finsterwalder (LG Karlstadt-Gambach-Lohr; 22,65 Sekunden) aufs Treppchen. Und auch zur siegreichen Fürther 4 x 400-Meter-Staffel (3:29,00 Minuten) trug er mit Nicolas Schmidt, Bernhard Weinländer und Dario Tippmann den Löwenanteil bei. Silber ergatterte die Startgemeinschaft Ammer-Isar-Loisach (3:32,33 Minuten), während der LAV Neustadt (3:50,49 Minuten) Bronze holte. Die schnellste Hallenrunde bei den Frauen legte Tina Vetter (1. FC Passau) hin. Sie schob sich mit ihren 25,28 Sekunden vor Franziska Wahl (LAC Quelle Fürth; 25,34 Sekunden) und Theresa Leitz (LG Würm Athletik; 25,38 Sekunden).
Über 400 Meter war die 18-jährige Alica Schmidt (MTV 1881 Ingolstadt) in 55,89 Sekunden eine Klasse für sich und ließ Sonja Keil (LG Augsburg; 58,10 Sekunden) und Johanna Stegmaier (LG Eckental) in einer beeindruckenden Vorstellung keine Chance. Bei den Männern gingen die beiden Hallenrunden an Benedikt Wiesend (LG Stadtwerke München) mit 48,61 Sekunden, der durch Verletzung im Trainingsrückstand befindlichen Samuel Aßmann (LG Karlstadt-Gambach-Lohr; 49,51 Sekunden) deutlich auf Distanz hielt. Dritter wurde hier der ehemalige Deutschen U 23-Meister Stefan Gorol (DJK Friedberg; 49,73 Sekunden).
Zwei Titel für Münchner Mittelstrecken-Trainingsgruppe
Jeweils Gold über 800 und 1500 Meter holten sich Mitglieder der Münchner Mittelstrecken-Trainingsgruppe um Christina Hering, die diesmal auf einen Start verzichtete. Über die 800 Meter setzte sich die vorjährige Deutschen U 20-Meisterin Mareen Kalis (beide LG Stadtwerke München) in 2:11,30 Minuten klar vor der Süddeutschen Meisterin Anne Wallebohr (LAG Mittlere Isar; 2:13,04 Minuten) und Elisabeth Plötz (TV Bad Kötzting; 2:15,08 Minuten) durch. Und über 1500 Meter hieß die Siegerin Katharina Trost (LG Stadtwerke München), der jüngste Neuzugang der Top-Mittelstreckler aus der Landeshauptstadt. Die 21-Jährige gewann in 4:26,08 Minuten vor ihrer Trainingskameradin Christine Gess (4:32,34 Minuten) und Anne Wallebohr (4:34,15 Minuten).
Schnell unterwegs waren in Fürth die bayerischen 3000-Meter-Asse. Hindernisspezialist Patrick Karl (TSV Ochsenfurt) lief ebenso leicht und locker zum Titel (8:23,77 Minuten) wie Domenika Mayer (LAC Quelle Fürth) bei den Frauen (9:38,38 Minuten). Während Karl nie den Eindruck erweckte, als könne ihm jemand Platz eins streitig machen - auch nicht Wodoja Addisu Tulu (TV 1848 Coburg; 8:26,49 Minuten) und Eshetu Zewudie (LAC Quelle Fürth; 8:30,74 Minuten) - vollbrachte Mayer eine taktische Bravourleistung. Im richtigen Moment setzte sie sich von ihrer Konkurrentin Cornelia Griesche (LG Telis Finanz Regensburg; 9:41,23 Minuten) ab und konterte sogar deren Angriff in der Schlussrunde. Bronze ging hier an Anna Schmidt (LAC Quelle Fürth; 10:18,44 Minuten).
Während Adrian König-Rannenberg (LG Stadtwerke München) die 800 Meter bei den Männern in einem Spurtrennen in 1:53,77 Minuten vor Marco Kürzdörfer (LSC Höchstadt/Aisch; 1:54,25 Minuten) und Rhys Daniel Bishop (SC Ostheim/Rhön; 1:54,68 Minuten) für sich entschied, traten bei den 1500 Metern ganze zwei Läufer an die Startlinie. Eshetu Zewudie gewann in 3:56,21 Minuten vor Adrian König-Rannenberg (3:3:57,32 Minuten).
Der Dreisprung blieb sowohl männerlicher- wie weiblicherseits fest in Händen des Gastgebers LAC Quelle Fürth. "Altmeister" Andreas Beratz hielt sich mit 14,91 Meter die junge Konkurrenz in Gestalt von Gabriel Wiertz (RuS 1860 Pfarrkirchen; 14,66 Meter) und Paul Walschburger (LG Stadtwerke München; 14,28 Meter) vom Leib. Ihren dritten Frauentitel in Folge gewann Stefanie Aeschlimann bei ihrem ersten Start im blauen Trikot. 12,80 Meter als beste Weite bedeuteten jedenfalls einen guten Saisoneinstieg. Dahinter schiebt sich mit Jasmin Maxbauer (LG Eckental) immer mehr ein erst 17-jähriges Nachwuchstalent in den Vordergrund. Diesmal reichte ihr 12,10 Meter zu Silber vor Tina Pröger (TSV Zirndorf; 12,02 Meter).
Pröger hatte sich tags zuvor beim Weitsprung schadlos gehalten, wo sie sich mit 5,87 Meter ebenfalls die aufstrebende Jasmin Maxbauer (5,71 Meter) und Varina Gröll (LG Eckental; 5,52 Meter vom Leib hielt). Der Männer-Weitsprungtitel ging 2017 an Felix Wolter (TSV Gräfelfing), der sich mit einem Satz auf 7,10 Meter ebenfalls im Club der Sieben-Meter-Springer anmeldete. Lukas Aufinger (LG Stadtwerke München) kam als Zweiter auf 6,92 Meter, Dominik Eckner (LG Forchheim) als Dritter auf 6,67 Meter.
Offene Gräfelinger Vereinsmeisterschaften
Beste Stabhochspringerin bei den Frauen waren Eva Rossow (LAC Quelle Fürth), die sich auf 3,71 Meter verbessern konnte. Auf den Silberrang sprang Annika Treffehn (TSG 08 Roth; 3,30 Meter), während für Anna Sailer (LAC Quelle Fürth; 3,20 Meter) Bronze blieb. Bei den Herren der Schöpfung gerieten die Titelkämpfe zu offenen Gräfelfinger Vereinsmeisterschaften, die noch dazu überaus spannend verliefen. Korbianian Suckfüll konnte sich mit 4,80 Meter gegen den höhengleichen Julian Meuer durchsetzen, auf Rang drei kam Weitsprung-Meister Felix Wolter (alle TSV Gräfelfing) mit 4,70 Meter.
Leichtathletische Prominenz gab es dann noch bei den Staffel über 4 x 200 Meter zu sehen. Hier schnürten für die LG Stadtwerke München neben Benedikt Wiesend und Laurin Walter auch noch der Deutsche 400-Meter-Meister Johannes Trefz und 400-Meter-Hürden-EM-Teilnehmer Tobias Giehl die Spikes. Mit Erfolg: An ihre 1:28,14 Minuten kam kein anderes Quartett heran. Zweiter wurde die LG Forchheim (1:30,66 Minuten) knapp vor der LG Erlangen (1:30,73 Minuten). Bei den Frauen wurden sowohl die 4 x 200- wie auch die 4 x 400-Staffeln eine sichere Beute des LAC Quelle Fürth. Mit 1:42,16 sowie 3:59,27 Minuten Minuten blieben die "Blauen" hier das Maß aller Dinge. Über 4 x 200 Meter holten der SWC Regensburg (1:43,10 Minuten) und die LG Stadtwerke München (1:44,76 Minuten) die restlichen Medaillen, über 4 x 400 Meter waren dies die LAG Mittlere Isar (4:04,68 Minuten) und die zweite Quelle-Staffel (4:23,24 Minuten).
Bilder von den Bayerischen Hallenmeisterschaften gibt es auch unter