Bestzeiten-Festival: Svenja Pfetsch (Mitte) präsentierte sich über die Sprintstrecken in herausragender Form / Doppelmeister im Horizontalsprung: benedikt von Hardenberg / Fabian Olbert (links) waren allen mindestens einen Schritt voraus / Eine Österreicherin wurde Bayerische Speerwurfmeisterin: Patricia Madl / Erfolgreichster Teilnehmer von Erding mit drei Mal Gold: Vincente Graiani / Hochspringerin auf neuer Erfolgsspur: Lavinja Jürgens / Alexander Schaller / Regina Zimmermann / André Zahl / Priska auf der Maur. Alle Fotos: Theo Kiefner

17.07.2024 13:32 // Von: Reinhard Köchl

BM Männer/Frauen Erding: Sprinter überragen mit Top-Leistungen

Bayerische Meisterschaften in Erding - das bedeutet jedes Mal ein Festwochenende für die Leichtathletik im Freistaat. Auch wenn angesichts der bevorstehenden U 18-Europameisterschaften und der Olympischen Spiel die Tops der weißblauen Leichtathletik nicht am Start waren, gab es doch eine ganze Reihe von herausragenden Leistungen sowie über 1000 Teilnehmer, die sich bei einmal mehr mustergültiger Organisation und weitgehend hervorragenden äußeren Bedingungen im Sepp-Brenninger-Stadion am Erdinger Altwasser trafen. Die hochwertigsten Ergebnisse gelangen einmal mehr den Sprinterinnen und Sprintern.

Ihre absolute Ausnahmestellung in Bayern untermauerte die LG Stadtwerke München, die klassenübergreifend 34 Titel und knapp drei Dutzend Top-Drei-Platzierungen einheimste. Besondere Erwähnung verdient die Tatsache, dass sowohl bei den Männern als auch bei den Frauen in den Laufstrecken zwischen 100 und 1500 Metern abgesehen von den 1500 Metern der Männer sämtliche Tagessiege an die Münchnerinnen und Münchner gingen.

 

Frauen

 

Herausragend in den Sprint-Bewerben der Frauen war diesmal Svenja Pfetsch (LG Stadtwerke München). Nachdem die 22-Jährige erst im Herbst durch einen Bänderriss ausgebremst worden war, liefert sie nun Woche für Woche wieder absolute Top-Leistungen ab. Über 100 Meter gewann sie am Samstag das Finale in 11,61 Sekunden vor Tina Benzinger (LG Stadtwerke München; 11,64 Sekunden) und Veronika Miller (LG Region Landshut; 11,81 Sekunden), wobei ihr im Halbfinale mit 11,56 Sekunden sogar eine neue persönliche Bestleistung gelang. Die Serie der neuen Hausrekorde setzte Svenja Pfetsch tags darauf über 200 Meter fort. Mit ihrer Siegerzeit von 23,29 Sekunden - sogar bei leichtem Gegenwind - steigerte sie sich um fast vier Zehntel und lieferte eines der Highlights bei den Bayerischen Meisterschaften in Erding. Da blieben der Silbermedaillengewinnerin Celina Kränzle (SC Vöhringen; 23,99 Sekunden) und der Drittplatzierten Tina Benzinger (24,21 Sekunden) nur die Rolle der Gratulatinnen. Lediglich ein verpatzter Wechsel über 4 x 100 Meter verhinderte, dass Svenja Pfetsch sogar ihre dritte Goldmedaille an diesem Wochenende mit nach Hause nehmen konnte. Die mit zwei Ersatzläuferinnen angetretenen Münchnerinnen, die noch vor zwei Wochen den deutschen Titel mit der Staffel geholt hatten, wurden diesmal nur Zweite (46,30 Sekunden) hinter der LG Main-Spessat (46,23 Sekunden), die mit Sina Stein, Maria Heuft, Vivian Heilmann und Johanna Büchs antraten. Bronze gewann die LG Augsburg (47,51 Sekunden).

 

Dass eine Hochspringerin in Abwesenheit von Olympiateilnehmerin Mona Mayer und DM-Finalistin Irina Gorr auch die 400 Meter in Bayern beherrscht, war in Erding keine Überraschung: Lavinja Jürgens (LG Stadtwerke München) gewann über die Stadionrunde mit 56,64 Sekunden, zuvor hatte sie auch noch Gold in ihrer eigentlichen Spezialdisziplin Hochsprung mit 1,69 Meter geholt, wenn auch nur knapp vor Siebenkämpferin Anna-Lena Obermaier (LG Telis Finanz Regensburg), die ebenfalls 1,69 Meter überquert hatte. Starke Zeiten über 100 Meter Hürden gab es im Finale, bei dem erwartungsgemäß Katharina Winkler (LG Erlangen) in 13,43 Sekunden vor Johanna Büchs (LG Main-Spessart), die auf 13,58 Sekunden kam, die Nase vorne hatte. Unerwartet eng wurde es über 400 Meter Hürden beim Zieleinlauf, wo Sonja Keil (LG Ausgburg) in 59,55 Sekunden nur um Haaresbreite vor Jana Lakner (LG Telis Finanz Regensburg) landete, die eigentlich als 400-Meter-Flach-Spezialistin bekannt ist und diesmal auf 59,72 Sekunden kam.

 

Einen Favoritensieg gab es über 800 Meter, wo sich Nele Göhl (LG Stadtwerke München) souverän in 2:13,63 Minuten vor Eva Jahnson (LG Bamberg; 2:14,48 Minuten) und Sarah Bischoff (LG Reischenau-Zusamtal; 2:14,51 Minuten) durchsetzte. Über 1500 Meter komplettierte Priska auf der Maur (LG Stadtwerke München) als Siegerin die Dominanz der Landeshauptstädterinnen in 4:22,82 Minuten. Auf den Plätzen: Anna Spickhoff (LG Telis Finanz Regensburg; 4:25,05 Minuten) und Theresa Ortenreiter (LG Stadtwerke München; 4:28,34 Minuten). Die 5000 Meter sahen bei den Frauen schließlich doch noch eine Nicht-Münchnerin ganz oben auf dem Podest: Regina Zimmermann (LG Region Landshut) gewann in 16:57,66 Minuten vor Lisa Schuster (17:24,28 Minuten) und Sophia Franz (beide LAC Quelle Fürth; 17:51,56 Minuten). Die gleiche Strecke gab es auch für die Geherinnen, wo Maria Unterholzner (TV Altötting) in 30:11,01 Minuten die schnellste Zeit hinlegte.

 

Die neue Bayerische Meisterin im Stabhochsprung heißt Eva Mühlhöfer (LAC Quelle Fürth), die sich über 3,50 Meter schwang. Abermals nur hauchdünn an der Sechs-Meter-Marke scheiterte Sabrina Reusch (LG Stadtwerke München) im Weitsprung. Dennoch hätte jeder ihrer Versuche für den Titel vor Carlotta Schraub (TSV Schleißheim; 5,55 Meter) und Franziska Aderbauer (LG Augsburg; 5,54 Meter) gelangt. 17 Jahre Altersunterschied liegen zwischen den beiden Dreispringerinnen Christina Ammer (TuS 1860 Pfarrkirchen) und Katharina Struß (TS Herzogenaurach). Als Letztgenannte 2008 in Nürnberg unter ihrem Mädchennamen Katharina Schreck Deutsche Vizemeisterin wurde, war Ammer gerade vier Jahre alt. Nun kehrt die zweifache Mutter mit 37 Jahren wieder an die Sandgrube zurück. Mit 11,58 Meter konnte sie zwar die 20-jährige Christina Ammer nicht gefährden, der 12,29 Meter zum Sieg reichten. Aber für Silber vor Antonia Sörgel (LAV Hersbruck; 11,14 Meter) langte es dennoch.

 

Im Wurf gingen die Titel an Helena Kopp im Kugelstoßen (15,04 Meter), Carolin Kupsch im Diskuswerfen (46,24 Meter), die Jugendliche Johanna Marrwitz (alle LG Stadtwerke München) im Hammerwerfen (62,82 Meter) und die für das LAC Passau startende Österreicherin Patricia Madl im Speerwerfen, die als Einzige die 50-Meter-Marke überwarf (50,58 Meter). Dass in jeder der vier Ergebnislisten der Name einer echten Dauerbrennerin auftaucht, zählt auch zu den Phänomenen der bayerischen Wurfszene. Die mittlerweile 32-jährige Sabrina Zeug (LG Oberland) holte jeweils Silber mit der Kugel (14,26 Meter) und dem Diskus (42,47 Meter) sowie Bronze mit dem Hammer (46,63 Meter), nur überboten neben Marrwitz von der 20-jährigen Leonie Liebenwald (UAC Kulmbach; 54,33 Meter). Im Speerwerfen (Zweite: Luisa Tremel; LG Stadtwerke München; 47,69 Meter - Dritte: Anna-Lena Obermaier; LG Telis Finanz Regensburg; 42,91 Meter) schaffte es Sabrina Zeug diesmal nicht in den Endkampf und wurde Neunte mit 37,83 Meter.

 

Männer

 

Drei Mal die Farbe schwarz auf dem Podest: Die Überlegenheit der LG Stadtwerke bei diesen Titelkämpfen drückte sich nirgends so stark auf, wie im 100-Meter-Finale. Hier wurde der ganz allmählich wieder an seine frühere Sprintfähigkeit anknüpfende Fabian Olbert souverän seiner Favoritenrolle gerecht und gewann in starken 10,57 Sekunden vor Jonas Hügen - immerhin auch schon 30 - der mit 10,65 Sekunden eine Saisonbestzeit erzielen konnte, und Raffieu Dean Johnson (10,71 Sekunden). Zum zweiten Mal das Nachsehen hatte Hügen dann im 200-Meter-Finale, wo sich die Bilder nahezu exakt mit denen von 2022 glichen. Damals wie heute hatte Vincente Graiani (LG Stadtwerke München) hauchdünn die Nase mit 21,45 Sekunden vor Hügen, für den die Zeitnahme 21,46 Sekunden ermittelte. Gold Nummer zwei gab es für Graiani in seiner Spezialdisziplin, den 400 Metern, für die er 47,38 Sekunden, vor Thilo Traue (LG Stadtwerke München; 47,63 Sekunden) benötigte. Und die dritte Goldmedaille sicherte sich der in Amerika studierende Viertelmeiler als Schlussläufer der Münchner 4 x 100-Meter-Staffel zusammen mit Raffieu Dean Johnson und Fabian Olbert, wobei Jonas Hügen hier endlich auch einmal ganz oben auf dem Treppchen Platz nehmen konnte. Mit 40,43 Sekunden war das Quartett über eine Sekunden schneller als der TSV Gräfelfing (41,68 Sekunden) und die zweite Staffel der LG Stadtwerke München (41,94 Sekunden).

 

Ein Minifeld gab es im Finale über 110 Meter Hürden, wo sich drei Sportler nur auf die Farbe ihres Edelmetalls einigen mussten. André Zahl (TS Herzogenaurach) holte sich dabei klar vor Viktor Schmieder (LG Telis Finanz Regensburg; 15,96 Sekunden) den Titel. Über die 400 Meter Hürden stand ein Doppelsieg für den TSV Gräfelfing zu Buche. Der Deutsche Meister von 2022, Michael Adolf, gewann in 52,42 Sekunden vor seinem Vereinskameraden Fabian Riegelsberger, der eigentlich von den 800 Metern kommt (53,36 Sekunden) und dem mehrfachen Bayerischen Meister Andreas Kölbl (TSV Penzberg; 54,63 Sekunden).

 

Über die doppelt so lange Distanz, allerdings ohne Hürden, gab es ein spannendes Finale, bei dem Tobias Tent (LG Stadtwerke München) in 1:53,09 Minuten die Nase vor Jonas Babinsky (LG Main-Spessart; 1:53,86 Minuten) und Maximilian Berger (LSC Höchstadt-Aisch; 1:54,29 Minuten) vorne hatte. Tent gehört normalerweise noch der U 20-Klasse an und ist hier auch amtierender Deutscher Hallenmeister über 1500 Meter. Offenbar in Erwartung, mehr gefordert zu werden, hatte er in die Männerklasse hochgemeldet. Fest in Händen des LSC Höchstadt-Aisch waren die 1500 Meter, wo sich Altmeister Adrian König-Rannenberg (3:48,42 Minuten), Brian Weisheit (3:49,85 Minuten) und Maximilian Berger (3:50,32 Minuten) um die Farbe der Medaillen stritten. Weisheit gewann schließlich noch die 5000 Meter in 14:38,15 Minuten vor seinem Trainingspartner Theodor Schell (14:39,11 Minuten) und Tobias Ritter (LG Telis Finanz Regensburg; 14:40,17 Minuten). Eine gewohnt einsame Angelegenheit wurde das 5000-Meter-Bahngehen schließlich für den mit Abstand besten Geher Bayerns, Andreas Janker (LG Röthenbach an der Pegnitz), der die Strecke in 22:34,43 Minuten zurücklegte.

 

Standesgemäß war auch das Doppel-Gold von Benedikt von Hardenberg (LG Telis Finanz Regensburg) im Weitsprung (7,24 Meter) und im Dreisprung (14,86 Meter). Bezeichnend nur, dass im Weitsprung lediglich drei Teilnehmer angetreten waren, im Dreisprung sogar nur zwei. Dünn besetzt war auch der Hochsprung der Männer, wo Manuel Marko (MTV 1881 Ingolstadt) 1,98 Meter zum Titel reichten. Auf der Stabhochsprunganlage herrschte dagegen reger Betrieb. Was auf den kürzeren Distanzen die LG Stadtwerke München und auf den längeren der LSC Höchstadt-Aisch, ist bei den Stabis der TSV Gräfelfing. Die ersten drei trugen allesamt das Gräfelfinger Dress: Sieger Louis Pröbstle sprang mit 5,35 Meter so hoch, wie noch nicht zuvor in diesem Jahr, auch Silbermedaillengewinner Marec Metzger durfte sich mit 5,25 Meter über eine Saisonbestleistung freuen. Auf dem Bronzerang landete Zehnkampf-EM-Teilnehmer Felix Wolter mit 4,95 Meter.

 

Noch einen dritten Platz konnte sich Wolter im Diskuswerfen ergattern (44,45 Meter), während Sieger Alexander Schaller (LG Stadtwerke München) die Zwei-Kilo-Scheibe auf 53,92 Meter segeln ließ und Markus Schwertfeger (LG Augsburg) auf 52,62 Meter kam. Das Kugelstoßen entschied Dominik Idzan (LG Stadtwerke München) mit 16,97 Meter für sich, während Rene Hamberger (LAC Passau) auf 16,58 Meter und Alexander Schaller auf 15,56 Meter kamen. Dass der Hammerwurftitel auch in Abwesenheit des EM-Vierten und Olympiastarters Merlin Hummel an den UAC Kulmbach ging, dafür sorgte Linus Liebenwald, der im zweiten Versuch die 60-Meter-Marke (60,34 Meter) übertraf. Das Speerwerfen gestaltete sich schließlich zu einer klaren Angelegenheit für Jakob Eberler (LG Landkreis Roth). Mit 69,45 Meter blieb der neue Bayerische Meister zwar unter 70 Meter, legte aber zwischen sich und dem Zweitplatzierten Laurenz Waldbauer (TSV Vilsbiburg; 65,96 Meter) fast vier und dem Bronzemedaillengewinner Viktor Ertelt (LAC Quelle Fürth; 60,46 Metrer) fast neun Meter.