Brixia Meeting 2015: Ein überraschender dritter Rang und zwei WM-Qualis
Damit stellte der Leichtathletik-Nachwuchs aus dem Freistaat in einem erlesenen Feld aus 17 Teams aus allen Regionen Italiens, aber auch der Schweiz (Tessin) und Slowenien einmal mehr sein großes Potenzial unter Beweis. Denn 2015 wie auch in den vergangenen Jahren gelang es den Bayern stets, sich in jeweils hochklassigen Wettbewerben stets im Vorderfeld und dort meist auf dem Treppchen zu platzieren. Brixen ist für die 15- bis 17-jährigen Leichtathleten aus Süd- und Nordbayern eigentlich immer eine Reise wert. Auch in diesem Jahr jedoch verkaufte die U 18-Auswahl ihre Haut so teuer wie möglich. Bei nahezu perfekten äußeren Bedingungen – das Thermometer zeigte nach Nieselregen und Kälte am Vortag angenehme 23 Grad bei leichtem Schiebewind – gelang es fast, den grandiosen zweiten Gesamtrang des Vorjahres, errungen bei der „Hitzeschlacht von Brixen“ zu wiederholen. In der Geschlechterwertung landeten die bayerischen Buben auf dem dritten Platz mit 197,5 Zählern hinter Baden-Württemberg (237) und der Lombardei. Bei den Mädchen gab es Rang fünf (196,5) hinter der Lombardei (226), Baden-Württemberg (220,5), dem Veneto (205) und Slowenien (203).
Bei der 33. Auflage des Brixia-Meetings gelang es diesmal sogar, auch für die „ungeliebten“ 2000 Meter Hindernis mit Luca Anna Liersch (LG Würm Athletik; Siebte in 7:25,16 Minuten) und Theodor Schell (TSV Burghaslach; Sechster in 6:24,85 Minuten) zwei in jeder Hinsicht konkurrenzfähige Läufer im weißblauen Dress aufzubieten. Wie überhaupt der Team-Spirit bei dem bunt zusammengewürfelten Haufen aus allen Winkeln Bayern förmlich die angrenzenden Berge der Südtiroler Alpen versetzen konnte. So bewusst wie in diesem Jahr trat die BLV-Auswahl noch nie als Mannschaft auf, formierte vor Beginn des Länderkampfes sogar einen Beschwörungskreis in der Mitte des Innenraums und lehrte ihre gleichaltrigen Konkurrenten mit dem martialischen Schlachtruf „Mir san Bayern!“ das Fürchten. In der Folge schrien Weitspringer nach Leibeskräften, um den eigenen 800-Meter-Läufern Beine zu machen, klatschten Sprinter rhythmisch im Takt, um den Hochspringern über die Latte zu helfen oder fieberten Mittelstreckler bei den Versuchen der Kugelstoßer. Das Resultat dieses „Bayerischen Tages“ in Südtirol kann sich in der Tat sehen lassen: 23 Athleten traten mit persönlicher Bestleistung oder Saisonbestleistung die Heimreise an, von den vielen neuen Freundschaften ganz zu schweigen.
Standortbestimmung Brixen
Brixen bedeutet auch immer eine Standortbestimmung sieben Wochen vor den Bayerischen Meisterschaften in Markt Schwaben, acht Wochen vor den Deutschen Jugendmeisterschaften in Jena und für einige vor der U 18-WM in Cali (Kolumbien) vom 15. Bis 19. Juli. Und selbstredend eine Art Tauglichkeitsprüfung auf der Schwelle zur „echten“ Leichtathletik. Denn die besondere Atmosphäre des Brixia-Meetings wirkt für „alte Hasen“ wie die Kugelstoßer Martin Knauer und Amelie Döbler, Sprinterin Elena Pagliarini (alle LG Stadtwerke München) und Weitspringerin Jacqueline Sterk (SWC Regensburg) – alle schon 2014 dabei – eher motivationsfördernd. Bei einigen des 2015-Jahrgangs waren die Nervosität und der Respekt freilich unübersehbar. Aber wer bei den „Großen“ mitspielen will, der muss sich nun mal mit Begleiterscheinungen wie Schlafen in fremden Betten, einer anderen Küche als bei Mama, der Callroom-Prozedur, der Abwesenheit der Bezugsperson Trainer im Innenraum oder wahlweise englische oder italienische Startkommandos arrangieren können. Nahezu alle aus der Bayern-Auswahl kamen mit diesen Begleiterscheinungen jedenfalls problemlos zurecht, erwiesen so ihre Tauglichkeit für höhere Aufgaben und begeisterten mit teilweise ausgezeichneten Leistungen.
Stichwort Cali: Dorthin möchten auf jeden Fall Corinna Schwab (TV 1861 Amberg) und Amelie Döbler – nach ihren an Pfingsten in Südtirol erbrachten Leistungen erst recht! Die noch 16-jährige Schwab hatte sich für ihren 400-Meter-Einzelsieg nichts anderes als die Norm für die U 18-WM (60,50 Sekunden) vorgenommen, an der sie vor Brixen nur knapp gescheitert war. Als wäre ihre bereits hervorragende Meldezeit nicht bekannt, setzten die Veranstalter die junge Bayerin auf die „Außenseiterbahn“ acht. Davon ließ sich Corinna Schwab aber nicht beirren und stürmte in einem sagenhaften Lauf, der ihr alles abverlangte, in grandiosen 59,96 Sekunden durchs Ziel. Plan erfüllt und noch dazu den einzigen Einzelsieg für Bayern an diesem Tag geholt.
Zweite WM-Norm für Amelie Döbler
Denn obwohl Amelie Döbler mit 16,01 Meter im Kugelstoßen die zweite WM-Norm für Bayern und nach dem Diskus auch für sich selbst einfuhr, belegte sie doch in einem in jeder Hinsicht hochklassigen Wettbewerb „nur“ den dritten Rang. Vor ihr stießen mit der Siegerin Sydney Giampietro aus der Lombardei (16,75 Meter) sowie der Württembergerin Yemisi Ogunleye (16,29 Meter) tatsächlich noch zwei Mädchen weiter und dürfen sich nun logischerweise ebenfalls Hoffnungen auf eine Reise nach Kolumbien machen. Döbler-Trainer Andreas Bücheler, der als BLV-Coach mit nach Brixen gereist war, führte als Grund für den ersten 16-Meter-Stoß seines Schützlings den Technikwechsel vom Angleiten zum Wechselschritt an. „Wenn wir das noch ein wenig verfeinern können ist sogar noch etwas mehr drin“, gab sich Bücheler optimistisch. Im Diskuswerfen war für Amelie Döbler dann verständlicherweise ein wenig die Luft raus. Mit 41,97 Meter belegte sie dennoch einen sehr guten zweiten Rang und holte wichtige Punkte für ihr Team.
Ebenfalls mit der Umstellung auf den Wechselschritt liebäugelt Martin Knauer. Der Kugelstoßer aus dem Wurfteam der LG Stadtwerke München wuchtete in Brixen das Fünf-Kilo-Gerät allerdings „auf konventionelle Art“ auf einen neuen Hausrekord von 17,60 Meter, was ihm einen exzellenten zweiten Rang einbrachte. Über einen vorzüglichen dritten Rang im internationalen Siebenkampf durfte sich Katharina Sasse (TSV Schleißheim) freuen. Ihre Punktzahl von 4878 sowie einige absolut vorzeigbare Einzelleistungen (Weit 5,43 Meter, Speer 40,01 Meter, Kugel 11,73 Meter) lassen auf eine aussichtsreiche Mehrkämpferkarriere hoffen.
Stockerlplätze gab es außerdem für die bärenstarken 4 x 100-Meter-Staffeln. Die Mädchen mit Elena Pagliarini (LG Stadtwerke München), Kathrin Fehm (SGS Amberg), Theresa Leitz (LG Würm-Athletik) und abermals Corinna Schwab kamen sogar hinter der Lombardei (46,67 Sekunden) in nicht minder bemerkenswerten 46,80 Sekunden auf Platz zwei, während die Jungs mit Niklas Wiethoff (TG 48 Würzburg), Luis Windpassinger, Dominik Spreng (beide MTV 1881 Ingolstadt) und Andreas Maulberger (TSV Vilsbiburg) in 42,36 Sekunden Dritter hinter Baden-Württemberg (41,37 Sekunden) und der Lombardei (42,01 Sekunden wurden).
Sprinter jeweils mit Platz vier und Einstellung ihrer Bestleistungen
Ansonsten verpassten die bayerischen Nachwuchssportler entweder ganz knapp das Treppchen oder schlugen sich gegen bärenstarke Konkurrenz überaus wacker, ohne dabei einen echten Außenreißer nach unten zu präsentieren. Am dichtesten an einer Bronzemedaille schnupperten drei Sportler. Luis Windpassinger gelang über 100 Meter trotz einer halbstündigen Verzögerung wegen des Ausfalls der Zeitmessung die Einstellung seiner Bestzeit von 11,05 Sekunden. Exakt die gleiche Platzierung und exakt wie bei Windpassinger eine Einstellung des eigenen Hausrekordes gab es für dessen weiblichen Pendant Kathrin Fehm. Die hoffnungsvolle Seiteneinsteigerin wurde in 12,16 Sekunden gestoppt. Speerwerfer Robert Grau (LG Kreis Ansbach) wuchtete als Vierter mit 57,95 Meter das 700-Gerät so weit wie noch nie.
Rang fünf gab es für Jacqueline Sterk (SWC Regensburg). Die Brixen-erfahrene Weitspringerin kam auf für sie durchaus hoffnungsvolle 5,66 Meter. Nicht ganz zufrieden war Lucas Mihota (SB DJK Rosenheim). Der talentierte Hochspringer hätte gerne einen Zwei-Meter-Sprung ausgepackt, musste sich jedoch mit 1,93 Meter und Rang fünf begnügen. Paul Walschburger (LAZ Kreis Günzburg) befand sich sogar im Doppeleinsatz, der wegen der bereits erwähnten technischen Probleme sogar zu einem echten „schwäbischen Stresstest“ wurde. Bei Walschburgers erstem Start über 110 Meter Hürden, den er überlegen gewonnen hatte, waren die Uhren nicht mitgelaufen, so dass er einen halbe Stunde später erneut in die Blöcke musste. Auch hier ließ der 17-jährige Schüler der Nürnberger Bertold-Brecht-Schule nichts anbrennen und gewann erneut in guten 14,55 Sekunden trotz 1,4 Meter/Sekunden Gegenwind. Im Weitsprung kam für Walschburger dann die Prise von hinten. Denoch wollte ihm an diesem Tag noch nicht der lange ersehnte erste Satz über sieben Meter gelingen. Mit 6,89 Meter errang er letztendlich in einem engen Wettkampf die gleiche Platzierung wie im Hürdensprint, nämlich Rang sechs, und sicherte seinem Team abermals zwölf wertvolle Punkte.
Sechste Plätze gab es außerdem für Jannik Voß (TSV Schleißheim), der sich im Diskuswerfen mit 47,82 Meter über eine ansehnliche neue Bestleistung freuen durfte, Alica Schmidt (MTV 1881 Ingolstadt), die die 400 Meter-Stadionrunde in 57,92 Sekunden zurücklegte, Julia Schraml (DJK Weiden), die über die doppelt so lange 800-Meter-Distanz exakt die gleiche Zeit wie in der Vorwoche in Regensburg anbot (2:18,81 Minuten), sowie Speerwerferin Fiona Schiebl (TSV Peißenberg), für die in Brixen 43,32 Meter zu Buche standen. Ebenfalls noch im Vorderfeld zu finden waren mit jeweils Rang sieben Renée Havanga (LAC Quelle Fürth), die über 1500 Meter nach forschem Anfangstempo noch auf 4:48,26 Minuten kam, Philipp Rostan (TSV Plattling) der sich mit dem Stab über 3,90 Meter hievte, und Zdravko Petrovic (LG Stadtwerke München), der im Dreisprung – wie viele andere auch – mit 13,29 Meter seine persönliche Bestleistung nach oben schrauben konnte und Brixen in ebenso guter Erinnerung behielt, wie Zehnkämpfer Korbinian Obermaier (LG Sempt), der sich nach strapaziösen zweiten Tagen als Gesamt-Achter mit guten 5690 Zählern zufrieden war.
Alle Ergebnisse vom 33. Brixia Meeting finden Sie hier: