Deutschen Hallenmeisterschaften Karlsruhe Tag 2: Titel durch Kock und Hering sowie drei weitere Medaillen
Regensburgs Teamchef Kurt Ring liebt die Halle nicht besonders. Doch was soll er machen: Seine Läufer sind bestens in Schuss. Nur Corinna Harrer ließ die Halle schon vor Wochen vorzeitig Halle sein, das Trio Maren Kock/Florian Orth/Thea Heim aber trumpfte bei den deutschen Titelkämpfen in Karlsruhe auf und sicherte sich mit einem Titel, zwei zweiten und einem dritten Platz vier Medaillen. „Das sind 110 Prozent des Möglichen und ein Optimalergebnis für uns“, sagte Ring. „Wieder einmal.“
Maren Kock hatte sich diesmal für die 1500 Meter entschieden, es als Vorlaufdritte am Samstag ruhig angehen lassen und verschärfte dann im Schlussviertel des Finales das Tempo so entscheidend, dass die Hallen-Titelträgerin über 3000 Meter von 2014 und aktuelle 1500-Meter-Freiluft-Meisterin in 4:13,72 Minuten souverän auf Platz eins lief. Das bedeutete persönliche Bestzeit wie auch bei ihrer Vereinskameradin Thea Heim, die in 4:16,61 Minuten hinter der erst 17-jährigen Konstanze Klostermann (4:15,72 Minuten) als Dritte ins Ziel kam – und damit auch die eigentlich als Favoritin gehandelte Hanna Klein in Schach hielt (Fünfte, 4:20,19 Minuten).
Es war härter als es aussah
Maren Kock war sich des Tempos gar nicht bewusst – und auch weit mehr angestrengt, als es den Eindruck machte. „Die Zeit hatte ich gar nicht im Blick, sondern habe mich mehr auf die Mädels vorne konzentriert“, sagte die 24-Jährige, die für die Hallen-EM in Prag über 3000 Meter qualifiziert ist. „Hinten raus war es hart. Ich habe 350 Meter vor dem Ziel angezogen. Da überlegst du dir schon, das nächste Mal vielleicht 100 Meter später anzugreifen. Aber ich wusste, dass ich 4:15 laufen kann. Jetzt ist es sogar noch ein bisschen schneller geworden.“
Der "Silber-Mann von Karlsruhe" war Florian Orth, der sich zwei Mal im Hundertstel-Entscheid beugen musste: Erst am Samstag über 3000 Meter Richard Ringer um einen Wimpernschlag mit 8:29,61:8:29,57, dann am Sonntag dem deutschen Rekordmann und seit Donnerstag drittschnellstem Europäer aller Zeiten, Homiyu Tesfaye, der dank eines energischen Schlussspurts 17 Hundertstelsekunden vor Orth (3:41,85 Minuten) ins Ziel kam.
Über 1500 Meter setzte sich Orth an von Beginn an an die Spitze, lag bei 400 (1:01,19 Minuten), 800 (2:02,52 Minuten) und 1200 Meter (2:59,64 Minuten) vorne. „Die Flucht nach vorne war die Überraschungstaktik. Da herrschte die beste Stimmung des Tages in der Halle“, sagte Ring und fand schade, dass der Mut wieder so knapp wie tags zuvor „nur“ mit Silber belohnt wurde.
Denn Gold ließ sich Tesfaye nicht nehmen, der nach seinen zwei deutschen Rekorden innerhalb von fünf Tagen (zuletzt 3:34,14 Minuten) im Vertrauen auf seine Stärke vom Ende des Feldes auf der Zielgeraden auf den ersten Platz lief. „Die Nummer eins in der Welt muss bei deutschen Meisterschaften gewinnen“, meinte der Jahresweltbeste in der Halle lachend.
Dazu war Kurt Ring auch mit der vierten Starterin im Bunde zufrieden: Anna Plinke (LG Telis Finanz Regensburg) lief über 3000 Meter beim Sieg von Gesa-Felicitas Krause (9:04,84 Minuten) mit Saisonbestzeit von 9:44,08 Minuten als Siebte ins Ziel. Obwohl: „Auch hier haben wir Platz sechs am Zielstrich vergeben“, sagte Ring. Plinke fehlten drei Hundertstel. Knapp dahinter auf dem achten Platz landete Isabelle Heers (LG Stadtwerke München), die lange im hinteren Drittel des Feldes mitlief, sich aber auf den letzten Runden nach vorne arbeiten konnte und sogar eine neue persönliche Bestleistung (9:46,51 Minuten) erzielte.
Start-Ziel-Sieg von Christina Hering
Schon im Freien war sie nicht zu schlagen, jetzt holte sich Christina Hering (LG Stadtwerke München) auch ihren ersten Titel unter dem Hallendach. Die 1,85 Meter große Athletin ließ von Beginn an keinen Zweifel daran, dass sie in Karlsruhe das Rennen diktieren will. Auf der äußersten Bahn gestartet, ließ sie dem Rest des Feldes den Vortritt beim Einzug auf die Innenbahn, bevor sie nach 100 Metern von ganz außen kommend die Spitze übernahm.
Diese Position sollte Christina Hering bis zum Ende verteidigen können – allerdings nicht ohne Gegenwehr der Konkurrenz. Kerstin Marxen (TSV Gomaringen) blieb ihr hartnäckig auf den Fersen, um 150 Meter vor dem Ziel sogar einen Angriff auf die Spitze zu starten. Doch die Münchnerin, mit einer Zeit von 2:04,10 Minuten die schnellste deutsche Athletin des Jahres, konnte kontern und ihre Führung bis ins Ziel retten. In Karlsruhe reichten 2:05,61 Minuten zum Sieg, Kerstin Marxen brachte eine Saison-Bestleistung von 2:06,63 Minuten ins Ziel, dahinter holte sich Mareen Kalis (LC Paderborn; 2:07,11 min) nach Gold in der U20-Altersklasse die nächste DM-Medaille.
"Bis zur DM im vergangenen Sommer in Ulm habe ich mir eigentlich immer gedacht: Von vorne ist gar nicht meins. Aber dort hat es dann geklappt", berichtete die frischgebackene Deutsche Hallenmeisterin. „Ich habe mich vor der letzten Runde gut gefühlt. Als Kerstin auf der Gegengeraden vorbei wollte, dachte ich nur: Das soll jetzt nicht passieren!" In der Halle ist es so, dass es in der Kurve schwer wird, zu überholen. Ich konnte gut gegenhalten und bin ins Ziel gesprintet. Es ist ein bisschen schade, weil im vergangenen Jahr vier Athletinnen aus meiner Trainingsgruppe im Finale waren. Diesmal musste ich allein die Fahne hoch halten. Sie haben mich toll angefeuert und ich hoffe, dass sie im Sommer wieder dabei sind. Glasgow war mein Einstieg, da bin ich schneller eingestiegen als im Sommer. In Düsseldorf habe ich dann gespürt, was es heißt, gegen internationale Konkurrenz zu laufen, die viel mehr Erfahrung hat. Wenn man weggeboxt wird, kostet das extrem viel Kraft. Da war ich nicht so zufrieden. Dann wollte ich eigentlich erst bei den Deutschen wieder laufen, weil ich Prüfungen an der Uni hatte. Ich wollte aber in Gent nochmal einen Versuch starten. Dann ist dieses Missgeschick mit dem Kanal passiert, was schon krass war. Ich war einfach nur froh, dass ich mir nichts getan habe außer ein paar blaue Flecken. Hier war ich froh, dass ich der Favoritenrolle gerecht werden konnte. Die ist ja neu für mich. Im Sommer sind die U 23-Europameisterschaften das große Ziel."
Münchner Männer-Staffel bekommt nachträglich Bronze
Medaille Nummer drei (nach der bronzenen für Clemens Bleistein am Tag zuvor über 3000 Meter) gab es dann für die 4 x 200-Meter-Staffel der Männer - wenn auch am "grünen Tisch" und nach Ende der Veranstaltung. Nach einem dramatischen Rennen waren Benedikt Wiesend, David Gollnow, Christian Rasp und Tobias Giehl noch auf dem undankbaren vierten Platz in 1:27,30 Minuten gelegen. Doch weil der Startläufer der zweiten Staffel des TV Wattenscheid 01 die Bahn verlassen hatte und disqualifiziert wurde, rückten die Münchner hinter dem TV Wattenscheid 01 (1:24,82 Minuten) und der LT DSHS Köln (1:25:97 Minuten) auf den Bromzerang vor.
Das Quartett der Frauen der LG Stadtwerke München musste auf die kurzfristig erkrankte Lisa-Marie Jacoby verzichten. Lisa Marie Petkov, Julia Riedl, Martina Riedl und Catiana Rettenberger verpassten Bronze in 1:38,82 Minuten um eine halbe Sekunde und belegten am Ende Platz sechs.
Im Hochsprung kommt Tobias Poyte (LG Stadtwerke München) allmählich in Form. In Karlsruhe steigerte er seine Saisonbestleistung auf 2,15 Meter. Höhengleich mit dem Zweiten Eike Onnen (LG Hannover) reichte das aufgrund mehrerer Fehlversuche leider nur zu Platz vier. Ganz knapp den Endkampf im Dreisprung verpasste Patrick Lutzenberger (LG Stadtwerke München). Als gelang ihm zwar nur ein gültiger Versuch, der landete aber bei 14,77 Meter, was einer neuen persönlichen Bestleistung gleichkam.
Eine starke Vorstellung lieferte Fabian Fleischmann (1. FC Passau) über 60 Meter Hürden ab. Mit 8,01 Sekunden im Vorlauf hatte sich der Niederbayer sogar für das Finale qualifiziert, wo er dann mit 8,02 Sekunden Rang sieben belegte. Im Hochsprung landete die erst 18-jährige Katharina Winkler (LAC Quelle Fürth) mit 1,70 Meter auf dem elften Rang.