Sparkassen-Gala: Kock, Harrer, Orth, Kohlmann und Bayerns Sprinter präsentieren sich in Galaform
Die Neuerungen des vergangenen Jahres – Laufnacht am Freitag und Sprints in die andere Richtung, um die Windverhältnisse zugunsten der Athleten zu nutzen – erfuhren auch 2015 bei der zehnten Auflage der Sparkassen-Gala eine mit allgemeinem Wohlwollen aufgenommene Neuauflage. Dass die rührigen Organisatoren um Meeting-Chef Kurt Ring und Veranstaltungsleiter Jochen Schweitzer abermals mit traumhaftem Sommerwetter und Temperaturen über 30 Grad aufwarten konnten, machte den zweitägigen Event für Sportler und Zuschauer zwar zu einem strapaziösen Ereignis, bescherte allen aber letztlich perfekte Bedingungen. Das Glück gebührt schließlich auch dem Tüchtigen, und hier hatten die Macher der LG Telis Finanz Regensburg alle Hausaufgaben erledigt und wurden deshalb reichlich beschenkt.
Ein unerwartetes Präsent gab es obendrein für Corinna Harrer (LG Telis Finanz Regensburg). Oder besser eine Motivationsspritze vor ihrem 1500-Meter-Rennen. Vier Jahre nach der U-23-Europameisterschaft erhielt die 24-Jährige aus den Händen von DLV-Präsident Clemens Prokop nachträglich jene Silbermedaille überreicht, die der damaligen Dritten von Ostrava zusteht, weil die ursprüngliche russische Siegerin Jelena Arschakowa des Dopings überführt wurde. „Ich wurde von dieser Ehrung total überrascht und habe nichts davon gewusst“, widerlegte Harrer alle Meinungen, dass Athleten sich über eine derartige Zeremonie nicht freuen können. „Für mich ist das eine tolle Entschädigung und ein Signal, dass sich die Gerechtigkeit irgendwann dann doch durchsetzt.“
Anschließend musste sich Corinna Harrer freilich ihrer Vereinskollegin Maren Kock beugen, und das in einem spannenden Finish auf der Zielgeraden. Darauf hatte die bestens gefüllte Haupttribüne nur gewartet: Ein Regensburger Duell um Platz eins! Am Ende lag Kock in 4:09,45 Minuten vor Harrer die auf 4:10:04 Minuten kam. Der Doppelsieg sorgte für Stimmung unter den insgesamt rund 1500 Zuschauern. Die Tempoarbeit hatte zwar für mehr, sprich die für das WM-Ticket geforderten 4:06 Minuten, nicht gereicht. Und doch strahlte Kock, als sie die Ziellinie überquerte. Erstmals durchbrach sie die 4:10-Schallmauer. „Das war überfällig. Diesem Ziel bin ich zwei, drei Jahre hinterhergejagt“, sagte Kock strahlend. „Ich konnte einfach meinen Schritt laufen.“
Florian Orth mit deutscher Jahresbestzeit
Auch Maren Kocks Lebenspartner Florian Orth gewann eine Stunde später, war damit aber weniger glücklich als Kock. Zwar sind seine 3:38,78 Minuten ebenfalls deutsche Jahresbestzeit, doch halt auch noch über drei Sekunden von der WM-Norm weg. „Hinten raus konnte ich nicht mehr beschleunigen. Für die schwülen Bedingungen war es aber okay“, meinte der 25-Jährige. Die durch die Enthüllung der russischen Dopingpraktiken bekannte „Kronzeugin“ Julia Stepanowa, die nun für das LAC Olympia 88 Berlin startet, setzte sich als 800-Meter-Siegerin nach zweijähriger Dopingsperre in 2:01,31 Minuten um eine Hundertstel vor Fabienne Kohlmann (LG Karlstadt-Gambach-Lohr; 2:01,32 Minuten) durch, die weiter Richtung Zwei-Minuten-Schallmauer und WM-Norm schielt.
Durchaus zufrieden sein durfte Hochsprung U 20-Europameister Tobias Potye (LG Stadtwerke München) mit seinem zweiten Freilufteinsatz. Mit 2,18 Meter belegte er nach diversen Verletzungsproblemen den dritten Rang hinter dem Sieger Eike Onnen (LG Hannover; 2,24 Meter) und David Nopper (LAZ Salamander Kornwestheim-Ludwigsburg; 2,21 Meter), aber noch vor dem WM-Dritten von 2009, Raul Spank (LG Nord Berlin; 21,5 Meter). „Yes, das Bein hält!“, schrieb Potye tags darauf auf seiner Facebook-Seite. „Springen kann ich auch noch. Die 2,21 Meter wollten nicht liegen bleiben, aber in Wetzlar werde ich die unter mir lassen“, gab sich der 20-Jährige hinsichtlich der anstehenden Deutschen U 23-Meisterschaften optimistisch. Gut Resultate gab es auch für Lucas Mihota (SB DJK Rosenheim) in der U 18 und Christoph Kurz (FC Aschheim) in der U 20. Beide überquerten 2,00 Meter.
Nicht ganz die erhoffte Zeit unter 46 Sekunden wollte Kamghe Gaba (LG Stadtwerke München) über die Stadionrunde gelingen. Inmitten seiner Münchner Viertelmeiler-Kollegen legte der lang aufgeschossene 400-Meter-Läufer jedoch mit 46,15 Sekunden eine deutsche Jahresbestleistung hin. Nach einer schwierigen Vorbereitung sicherte er sich so das Ticket für den 400-Meter-Einzelstart bei der Team-EM in Cheboksary in zwei Wochen. In der Staffel wird dort auch sein Clubkollege Johannes Trefz im Einsatz sein. Er lief in 46,27 Sekunden Bestleistung und auf Platz drei. Jonas Plass (asics Team Wendelstein) wurde trotz einer starken 46er-Zeit (46,86 Sekunden) „nur“ Achter. Benedikt Wiesend, der in der Vorwoche noch mit Allergie-Problemen zu kämpfen hatte, und David Gollnow (beide LG Stadtwerke München zeigten sich auf den Plätzen neun (47,03 Sekunden) und zehn (47,10 Sekunden) im Vergleich zu den Vorwochen verbessert.
Christian Rasp und Nachwuchssprinter überzeugen
Während alles über Sven Knipphals? (VfL Wolsburg) WM-Norm (10,13 Sekunden) jubelte, stieß abseits des Fotografenpulks ein anderer wilde Freudenschreie in den Regensburger Himmel. Sprinter Christian Rasp (LG Stadtwerke München) verbesserte seine sechs Jahre alte Bestleistung auf 10,45 Sekunden. Im Finale lief er dann bei Gegenwind 10,55 Sekunden und damit auf Platz sieben im A-Finale. Mit 11,88 Sekunden beweis Amelie-Sophie Lederer (LAC Quelle Fürth) als Vierte des B-Finals aufsteigende Tendenz. Julia Riedl (LG Stadtwerke München) lief mit 11,92 Sekunden die zweitschnellste Zeit ihrer Karriere.
Dass auch die bayerischen Nachwuchssprinter in Regensburg auf sich aufmerksam machten, gehört zu den positiven Randerscheinungen der Sparkassen-Gala 2015. Max Grieger (1. FC Passau) hatte dabei im 100-Meter-Finale der U 20 als Vierter hauchdünn die Nase in 10,76 Sekunden vor seinem Dauerkonkurrenten Felix Straub (LAC Quelle Fürth), der Fünfter in 10,77 Sekunden wurde. Über 200 Meter konnte sich Grieger dann in den späten Abendstunden noch auf 21,42 Sekunden steigern. Auch David Faltenbacher und Daniel Troßmann (beide LG Stadtwerke München) blieben mit 10,94 und 10,96 Sekunden noch unter der Elf-Sekunden-Marke, was in der U 18 zum ersten Mal auch Luis Windpassinger (MTV 1881 Ingolstadt; 10,97 Sekunden) gelang. Bei den Mädchen freute sich Katrin Fehm (SG Siemens Amberg) über ihren „Schallmauer-Durchbruch“ von 11,91 Sekunden bei regulären Windverhältnissen, die sie gleichzeitig auch auf Platz eins der U 18-Wertung katapultierten. Fehm durfte dann auch noch als Startläuferin der zweiten DLV-U 20-Staffel ran; eine Aufgabe, die sie bravourös meisterte und ihren Teil zu Platz drei in 45,28 Sekunden beitrug. Bemerkenswert über 100 Meter auch die 12,05 Sekunden von Langsprinterin Corina Schwab (TV 1861 Amberg) als Vierter.
Über 400 Meter lief Lisa-Marie Petkov (LG Stadtwerke München) auch ohne Hürden ein starkes Rennen und sprang ihrer Zeit von 54,65 Sekunden auf Platz zwei der aktuellen deutschen U 20-Bestenliste. Unterschiedliche 100-Meter-Hürden-Zeiten gab es bei der weiblichen U 20, was an der geänderten Laufrichtung lag. Zuerst – vom Ziel in Richtung Start – boten Katharina Winkler (LAC Quelle Fürth) und Johanna Windmaier (TSV 1880 Wasserburg) 14,08 beziehungsweise 14,39 Sekunden an, danach wurde es bei gleicher Reihenfolge, aber Gegenwind, 14,20 Sekunden für die Fürtherin, während sich die Oberbayerin sogar auf 14,36 Sekunden steigern konnte.
Ganz allmählich nähert sich U 18-Weitspringerin Jacqueline Sterk (SWC Regensburg) wieder der Sechs-Meter-Marke. Bei der Sparkassen Gala tastete sie sich als Dritte hinter Lena Malkus (SC Preußen Münster) und Xania Stolz (Wiesbadener LA Verein) mit 5,83 Meter wieder an große Weiten heran. Eine Erwähnung verdient hat auch U 16-Weitsprung-Siegerin Anna Hofmann (TV Bad Kötzting). Die erst 14-Jährige landete als klare Sieger nach 5,30 Meter in der Grube.