Er ist wieder da: Philipp Pflieger gewann über 3000 Meter in Fürth.

Starkes 800-Meter-Duo: (von links) Karolin Pilawa und Fabienne Kohlmann.

Bot wieder eine One-Woman-Show in der Weitsprunggrube: Michelle Weitzel.

Nicht zufrieden: Corinna Harrer stand nach dem 3000-Meter-Rennen dennoch dem Bayerischen Fernsehen Rede und Antwort.

Die Fürther Leichtathletikhalle sucht die Bayerischen Meister 2012.

Die eine Hälfte des schnellsten Ehepaars Deutschlands: Franziska Blum (rechts) wurde in Fürth Bayernmeisterin.

Martin Conrad setzte sich eindeutig über 800 Meter durch.

Kampf um jeden Millimeter: (von links) Michael Adolf und Laurin Walter. Alle Fotos: Theo Kiefner

21.01.2012 22:21 // Von: Reinhard Köchl

Bayerische Hallen-MS Fürth, Tag 1: Zwei Comebacks und so manche Überraschung

Das Winter-Stelldichein der bayerischen Leichtathletik, diesmal turnusgemäß in der Fürther Halle am Finkenschlag, brachte ein Wiedersehen mit lange verletzten Aushängeschildern wie Fabienne Kohlmann oder Philipp Pflieger, aber auch so manche Überraschung – in positiver wie in negativer Hinsicht. So gewann etwa Oliver Koenig den 60 Meter-Titel, verlor aber seine Spezialdisziplin Weitsprung gegen den Jugendlichen Lukas Aufinger.

Das Finale der Weitsprung-Konkurrenz hatte es in sich: Im fünften Durchgang hatte sich Oliver Koenig (LG Stadtwerke München) zunächst standesgemäß mit 7,26 Meter auf den Goldrang geschoben. Keine überragende Weite für den Acht-Meter-Springer zwar, aber immer die klare Führung vor Lukas Aufinger (TSV Ottobrunn), der ihm schon zuvor bedrohlich auf die Pelle gerückt war. Doch der 18-Jährige setzte mit seinem letzten Versuch einen brillanten Konter, traf optimal den Balken und brachte seinen Körper erst nach 7,45 Meter in den Sand. Koenig hatte sich zuvor bereits über 60 Meter schadlos gehalten, als er im Finale den höher gewetteten ehemaligen Deutschen Juniorenmeister Christian Rasp mit 6,95 zu 6,96 Sekunden in Schach hielt. Weil Rasp seit dieser Saison das schwarze Trikot der LG Stadtwerke München trägt und sein Vereinskamerad Philipp Gretz mit 7,08 Sekunden Rang drei belegte, gingen alle Medaillen in die Landeshauptstadt.

Bei den Weitspringerinnen ist Michelle Weitzel (LG Telis Finanz Regensburg), die Deutschen Hallen- und Freiluftmeisterin sowie Fünfte der vorjährigen Universiade in Shenzhen (China), eigentlich gut in Form. „Trotzdem war meine Leistung heute nicht zufriedenstellend“, so die Regensburgerin. Kurz nach dem Wettkampf hatte sie noch keine Erklärung parat, warum sie ihren Bayerntitel „nur“ mit 6,23 Metern verteidigen konnte. „Vielleicht muss ich einfach ein bisschen Geduld haben. Die Form stimmt, irgendwann demnächst klappt es dann auch wieder besser.“

Fabienne Kohlmann gewinnt über 800 Meter

„Endlich klappt es wieder“, freute sich Fabienne Kohlmann (LG Karlstadt-Gambach-Lohr). Die 400 Meter Hürden-Spezialistin, die in der Halle bevorzugt über die 800 Meter Distanz antritt, zeigte nach einem wahren Hungerjahr, bedingt durch eine langwierige Verletzung, einen souveränen Lauf. In 2:05,22 Minuten holte sie sich den Titel. Das Neue dabei: Die gewiefte Taktikerin, die gerne der Konkurrenz den Vortritt lässt, um sie dann auf den letzten Meter niederzuringen, gestaltete das Rennen fast durchwegs von der Spitze weg. Zweite wurde Karoline Pilawa (LG Stadtwerke München; 2:06,95 Minuten).

„Heute wollte ich mal sehen, wo ich nach meiner Verletzung stehe“, sagte Fabienne Kohlmann. Ihr Fazit gestaltete sich positiv: „Alles hat gut funktioniert, ich bin sehr froh darüber.“ Gesundheitlich geht es ihr gut, die Verletzung ist geheilt:: „Ich bin fit und kann wieder ohne Einschränkungen trainieren.“ So blickt sie optimistisch in die Zukunft, Richtung Olympia.

Philipp Pflieger meldet sich zurück

Comeback Nummer zwei gab es von Philipp Pflieger (LG Telis Finanz Regensburg), der sich mit einem eindrucksvollen Rennen über 3000 Meter auf der weißblauen Wettkampfbühne zurückmeldete. In 8:09,84 Minuten ließ er auf der letzten Runde sowohl den späteren Zweiten Sebastian Hallmann (LG Stadtwerke München; 8:11,32 Minuten) stehen wie auch seinen Trainingspartner Julian Flügel, dem Sieger des Bietigheimer Silvesterlaufs (8:13,06 Minuten), der lange Führungsarbeit geleistet hatte.

Seine Vereinskameradin Corinna Harrer war dagegen trotz ihres souveränen Titelgewinns über 3000 Meter nicht zufrieden. „Das war nicht meine Woche“, sagte Harrer nach dem Rennen. Von Anfang an setzte sie sich an die Spitze und legte sofort Abstand zwischen sich und die Neu-Regensburgerin Jana Soethout und Jannika John (LAC Quelle Fürth). In einem einsamen Rennen lief sie in 9:19,99 Minuten zum Sieg, was gleichzeitig einen neuen Bayerischen Juniorenrekord bedeutet. Auch kein Trost für Corinna Harrer. „Eigentlich hatte ich mir vorgenommen, acht bis zehn Sekunden schneller zu laufen“, meinte sie. „Aber ohne Konkurrenz fiel es mir heute sehr schwer.“ Wenige Tage zuvor war die 21-Jährige beim Dauerlauf auf Glatteis gestürzt. So musste sie heute mit Blutergüssen und Prellungen an den Start gehen. „Das hat mich schon ein bisschen behindert.“ Aber glücklicherweise sind es nur kleinere Blessuren, die bis zum Hallen-Fünf-Länderkampf in Glasgow (28. Januar; Großbritannien), bei dem sie im Aufgebot der Nationalmannschaft steht, geheilt sein sollten.

Spannend entwickelte sich vor allem das Verfolgerduell, bei dem Jana Soethout eine Runde zu früh zu spurten begann und gerade noch die Zeichen richtig deutete, weiterzulaufen. Dennoch hatte sie ihrer Fürther Kontrahentin John damit den Zahn gezogen Southout wurde Zweite in 9:44,17 Minuten vor John in 9:53,51 Minuten.

Doppeltes Erfolgserlebnis im Hause Blum

Während ihr Gatte Christian zur selben Zeit in Sindelfingen über 60 Meter das Ticket zur Hallen-WM in Istanbul löste, holte sich Franziska Blum (Athletik- und Sprintteam München) in Abwesenheit der Abonnements-Meisterin Anja Wurm den bayerischen Hallentitel über die gleiche Strecke. Mit 7,70 Sekunden lag sie jedoch nur eine Hundertstel vor Pamela Spindler (LG Telis Finanz Regensburg, 7,71 Sekunden). Dritte wurde, ebenfalls knapp dahinter, Laura Weiß (TV Bad Kötzting) mit 7,73 Sekunden.

Eine starke Vorstellung bot Lokalmatador Martin Conrad (LAC Quelle Fürth) über 800 Meter. In 1:50,66 Minuten holte er sich Gold vor Marco Kürzdörfer (TSV Höchstadt/Aisch), der 1:51,50 Minuten brauchte. Der Stabhochsprung-Titel ging an Julian Bauer (TV 1860 Gunzenhausen) mit 4,50 Meter, den im Hochsprung machten zwei Jugendliche unter sich aus (Daniel Hofmann, TV Zeil, gewann mit 1,99 Meter vor Fabian Jaschik, LG Bamberg, mit 1,96 Meter). Kurios die Entscheidung über 4 x 200 Meter bei den Männern: Weil allein drei Staffel disqualifiziert werden mussten (LG Stadtwerke München, LG Region Landshut, LG Augsburg), blieb nur noch die TS Herzogenaurach in der Wertung (1:31,85 Minuten). Die Meisterschaft bei den Frauen entschied das Quartett der LG Stadtwerke München für sich (1:41,16 Minuten), in dem Julia Riedl ihren ersten Auftritt im neuen Trikot feierte.

Bei den Gehern waren Sabine Schmied (SpVgg Niederaichbach) über 3000 Meter (15:39,38 Minuten) und Dan Bauer (SV Breitenbrunn) über 5000 Meter (24:52,60 Minuten) nicht zu schlagen.

Michael Adolf überrascht über 400 Meter

Überraschungen gab es am Samstag auch in der Altersklasse U 18. Dass Laurin Walter (LG Stadtwerke München) die Meisterschaft über 400 Meter holen würde, schien eigentlich sonnenklar. Doch plötzlich fand sich das Langsprinttalent auf dem zweiten Platz wieder. Ein andere hatte ihm auf den letzten Meter den sicher geglaubten Sonnenplatz weggeschnappt: Michael Adolf (DJK Ingolstadt) bestätigte in 50,99 Sekunden, dass ihn niemand in Bayern über die Viertelmeile außer acht lassen sollte. Für Laurin Walter blieben 51,05 Sekunden. Die 400 Meter bei den Mädchen U 18 wurden eine sichere Beute von Katharina Trost (LG Festina Rupertiwinkel), die 57,68 Sekunden benötigte.

Während sich über 60 Meter bei den Jungs mit Dimitri Antonov (LAC Quelle Fürth) der klare Favorit unangefochten seinen zweiten Bayerntitel innerhalb einer Woche holte (7,09 Sekunden), hatte bei den jungen Damen mit Paula Benstetter (TSV Bad Endorf) eine noch der Altersklasse U 16 angehörende Athletin die Nase vorne. Mit 7,82 Sekunden unterbot die 14-Jährige auch als Einzige die Acht-Sekunden-Marke. Mit seiner Siegeshöhe im Hochsprung von 1,94 Meter hätte U 18-Meister Tobias Potye (FC Aschheim) auch in der Männerkonkurrenz eine gute Figur abgegeben.

Weitere Titelträger: im Dreisprung Laura Keilhofer (TV Zwiesel) mit 11,40 Meter und Alexander Savitzki (LAC Quelle Fürth) mit 13,04 Meter, im Stabhochsprung André Zahl (TS Herzogenaurach) mit 4,20 Meter sowie über 4 x 200 Meter die LAC Quelle Fürth 2 (1:46,77 Minuten) bei den Mädchen und die LG Stadtwerke München bei den Jungs (1:34,45 Minuten).