Steffi Volke stürmte in Hamburg unwiderstehlich zur Deutschen Marathon-Meisterschaft. Foto: Theo Kiefner

26.05.2011 08:15 // Von: Dieter Claus

Steffi Volke im BLV-Interview: "Der erste DM-Titel ist der allerschönste"

Die Deutsche Marathon-Meisterschaft bei den Frauen bleibt nach dem verletzungsbedingten Ausfall von Bernadette Pichlmaier (LAG Mittlere Isar) in Bayern. Steffi Volke (LG Telis Finanz Regensburg) gewann am vergangenen Sonntag in Hamburg völlig überraschend den Titel. BLVonline sprach mit ihr über die Meisterschaft, die Vorbereitung und ihre Zukunftspläne. Darüber hinaus gibt Steffi Volke Vorschläge für Hobbysportler.

BLVonline: Zunächst einmal herzlichen Glückwunsch für dieses ausgezeichnete Ergebnis. Haben Sie sich Chancen auf den Titel ausgerechnet?

Volke: Vielen Dank für Ihre Glückwünsche. Chancen hatte ich für mich schon gesehen, aber sicherlich nicht, dass ich jetzt schon Deutsche Meisterin werden würde. Schließlich bin ich erst seit drei Jahren in der Leistungssportszene für die LG Telis Finanz Regensburg unterwegs. Unter die ersten Fünf zu kommen, hatte ich anvisiert, nachdem ich vor dem Rennen nach der Konkurrenz im Netz gegoogelt hatte. Da gibt es schon einige, die eine bessere Zeit stehen haben als meine 02:51:49 Stunden vom vergangenen Jahr in Mainz. Vor allem durch die Absage von Bernadette Pichlmaier waren die Karten völlig neu gemischt. Mit Bernie verstehe ich mich richtig gut! Wir hatten vor dem Rennen einen sehr netten E-Mail-Austausch und ein herzliches Glückwunschtelefonat Ihrerseits zu meinem größten Erfolg bisher.

BLVonline: Wie verlief das Rennen?

Volke: Das Startgeschehen hatte ich hektischer befürchtet, aber durch die Blockeinteilung und guten Absperrungen konnte ich mich optimal mental vorbereiten. Gleich nach dem Schuss orientierte ich mich an der Deutschen Vizemeisterin 2010 Fakja Hofmann. Wir schlugen ein für uns passendes Tempo an. Die Temperaturen waren anfangs noch relativ angenehm. Das Publikum motivierte ungemein, die enorm positive Stimmung in Hamburgs Straßen klingt jetzt noch in meinen Ohren. Die erste Hälfte der Strecke war teils etwas abfällig, so dass die Gefahr bestand, dass man die Sache zu schnell anging. Aber mit einer Zeit unter 01:24 Stunden bei der Hälfte war ich zufrieden und hatte auch das Gefühl, das Tempo weiter so laufen zu können. Leider konnte Fakja ungefähr ab Kilometer 26 nicht mehr mitziehen, so dass ich bei der Hitze alleine weiterstapfte. Es war kein leichtes Unterfangen, da auch mir die Temperaturen zusetzten und ab Kilometer 33 meine Oberschenkel allmählich dicht machten.

Leider erfuhr ich erst ab Kilometer 34, dass ich als erste deutsche Frau in Führung lag. Die Info kam von meinem Mann, der als offizieller Radbegleiter von Dennis Pyka die letzten Kilometer bei mir sein konnte. Auch das Publikum hätte das bestimmt gerne früher gewusst. Von Mainz war ich es gewöhnt, dass eine Radbegleitung auf die ersten drei Läufer aufmerksam macht und es durch die Lautsprecher bekannt gegeben wird. Der Informationsfluss lief diesbezüglich leider gar nicht, woraus sich mir auch die fehlende Berichterstattung beziehungsweise wenigstens nur das Erwähnen der Deutschen Meisterin in den Medien erklärt hatte. Schade so was! Aber ansonsten fand ich die Organisation des Marathons wirklich prima.

Zurück zum Rennen: Dann wissend, dass ich kurz vor meinem größten Lauferfolg überhaupt stand, trieb es mich, unterstützt von dem phänomenalen Publikum, in Richtung Ziel. Mein Vorhaben, unter die 02:50 Stunden bei dieser DM zu laufen, konnte ich zwar nicht mehr realisieren, jedoch wurde ein großer Traum wahr: Deutsche Marathon-Meisterin 2011!

BLVonline: Wie haben Sie sich vorbereitet? Welcher Trainingsaufwand war notwendig?

Volke: Neben meinem Beruf als Personal Trainer (www.personal-training-volke.de) stand neben beruflichem Sport eine tägliche Laufeinheit auf dem Plan. In der Woche schaffe ich - wenn es gut geht - an die 110 bis 120 Kilometer. Im Trainingslager - zwei Wochen im April waren wir vom Verein aus im italienischen Cervia - spulte ich natürlich mehr Kilometer herunter, zirka 170 bis 180 pro Woche, so wie es eine ernsthafte Marathonvorbereitung eben auch erfordert.

Mein Jahr hatte mit Top Leistungen bereits begonnen, zum Beispiel in der Ismaninger Winterlaufserie, danach noch die Crossläufe und die Bayerischen Zehn-Kilometer-Meisterschaften in Burgebrach. So ganz verletzungsfrei war ich nach dem dynamischen Jahresbeginn in Cervia dann nicht mehr unterwegs. Eine Plantar-Fasciitis am rechten Fuß (Sehnenplattenreizung am Fuß) schleppe ich schon seit Ismaning mit mir rum. Aber ich bin bei einem spitzen Physiotherapeuten in Apfeldorf in Betreuung, habe eine einmalige ärztliche Betreuung und auch privat von der Familie und Freunden vollste Unterstützung. Die Ernährung spielt natürlich auch eine große Rolle! Diesbezüglich scheine ich mir überwiegend die richtigen Nahrungsmittel selbst zu verordnen.

Nun werde ich erst mal optimal regenerieren, auch alternativ trainieren, wie zum Beispiel im Wasser oder mit dem Rad, und intensiv saunieren. Denn vor dem Wettkampf ist mindestens genauso wichtig wie nach dem Wettkampf.

BLVonline: Sie sind 35 Jahre alt und haben seit drei Jahren Spitzenplätze erreicht. Wie kamen Sie zum Langstreckenlauf? Was bedeutet Ihnen dieser Meistertitel?

Volke: Schon als Jugendliche war ich sehr sportlich. Meine Eltern hatten uns, mich und meine Zwillingsschwester und meinen Bruder, immer unterstützt und die Möglichkeiten zum Sporteln gegeben. Anfangs spielte ich viel Tennis, ritt zehn Jahre lang und versuchte mich im Jedermann-Triathlon. Das laufen lag mir immer schon am meisten. Je länger die Strecken, desto lieber. Auch die zehn Kilometer und der Halbmarathon gefallen mir sehr gut. Marathon soll in Abstimmung mit meinem Trainer Kurt Ring derzeit erst mal einer im Jahr bleiben, in der Regel die DM. Denn eine Verbesserung in den Unterdistanzen ist mir auch wichtig.

Der Meistertitel bedeutet mir sehr viel, denn diesen vor allem in der Königsdisziplin der Leichtathletik erlangt zu haben, ist schon etwas ganz besonderes. Mein Trainer brachte es so schön auf den Punkt, in dem er bei unserem Telefonat nach Zieleinlauf sagte, der erste DM-Titel sei der allerschönste!

BLVonline: Frau Volke, Sie sind Diplom-Sportwissenschaftlerin und haben Ihr Hobby zum Beruf gemacht. Aus welchem Grund könnte ein Hobbysportler einen Marathon laufen?

Volke: Sich auf einen Marathon vorzubereiten, mit allem, was dazu gehört, ist alleine schon eine Klasse für sich und man lernt unheimlich viel daraus. Was man sich dabei alles erarbeitet, nimmt einem keiner mehr! Und wenn man das dann noch im Wettkampf umsetzen kann, die Gefühlsachterbahn während so eines 42,195 Kilometer langen Laufs durchmacht und am Ende die Ziellinie überquert, ist das ein Augenblick, der eine besondere Nachhaltigkeit hat und die Persönlichkeit prägt. Man kann so viel Positives daraus ziehen, ein immenses Durchhaltevermögen, das dann sicherlich auch in anderen schwierigen Lebenssituationen von Vorteil sein kann.

BLVonline: Welche sportlichen Ziele haben Sie sich für die kommenden Monate und Jahre gesetzt?

Volke: Im Herbst freue ich mich auf die Deutschen Meisterschaften über zehn Kilometer auf der Straße und einen Halbmarathon. Welcher es werden soll, ist noch offen. Da wir bei der Halbmarathon-DM wegen des Trainingslagersnicht dabei sein konnten, wollen wir hierin gerne noch ein schönes Mannschaftsergebnis nachholen. Die Zukunft betreffend möchte ich noch gar nicht zu konkret werden. Das Privatleben, den Beruf und den Leistungssport unter einen Hut zu bekommen, ist bekanntlich nicht immer ganz einfach. Da kann sich auch ganz schnell mal irgendetwas ändern, was dazwischen kommen. Auf alle Fälle wünsche ich mir, dass ich weiterhin gesund bleibe und die nötigen Rahmenbedingungen behalte, um meinen geliebten Laufsport weiterhin so intensiv und mit Freude nachgehen zu können.