Herzogenauracher Coach Peter Müller über seine leichtathletische Entwicklungshilfe in Mosambik
Wie kam es zustande, dass Du den Dezember und Januar am indischen Ozean verbringen durftest und wo warst Du genau?
Nachdem ich 2006 und 2008 schon vom BLV aus in Zusammenarbeit mit dem Konsulat ein paar Wochen in Mosambik war, um dort Trainer auszubilden, hat im Juli letzten Jahres der dortige Verband eine offizielle Anfrage an den DOSB gestellt. Der DOSB hat sich dann scheinbar an unsere ersten zwei Projekte erinnert und kam direkt auf mich zu. Dieses Mal war ich zwei Monate in der Hauptstadt Maputo.
Welche Aufgaben hattest Du dieses Mal?
Ich würde sagen, es gab drei Schwerpunkte: Zum Einen habe ich mit den dortigen Top-Trainern und deren Ablv-onlinethleten zwei Wochen zusammen gearbeitet und sie fortgebildet und zum Anderen zusätzlich eine offizielle C-Trainer-Ausbildung für angehende Trainer, Lehrer und Dozenten durchgeführt. Zum Anderen habe ich versucht, mit Schul- und Vereinsbesuchen auch die Basisarbeit mit Kindern und Schülern zu verbessern. Ein weiterer Teil war der Versuch Verbandsstrukturen zu schaffen.
Was waren die Unterschiede zu den vorangegangenen Besuchen?
2006 und 2008 waren wir jeweils drei Wochen da, um vor allem die Trainer zu schulen. 2008 waren wir dann aber sehr enttäuscht, dass eigentlich nichts hängen geblieben ist. Damals war das Land aber auch noch vom Bürgerkrieg und Armut gezeichnet. Jetzt – zehn Jahre später – war ich dann sehr überrascht, wieviel doch „hängen geblieben ist“. Außerdem war wirklich schön zu sehen, wie sich Land und Leute entwickelt haben: Die Menschen sind jetzt viel offener, wissbegieriger und wollen richtig anpacken. Toll war auch, dass die Top-Trainer jetzt, schon 2006 dabei waren.
Welchen Tagesablauf haben die Sportler dort?
Die Sportler studieren eigentlich, haben aber schon viel Zeit für das Training. Einige Trainer sind auch hauptamtlich und werden über den Verband bezahlt. Generell ist vor allem in der Hauptstadt die Leichtathletik wie in Deutschland über Vereine organisiert. In der Provinz eher über die Schulen. Somit ist der Tagesablauf durchaus mit dem unseren Sportlern vergleichbar, außer dass die Athleten selbst in der Hauptstadt meist stundenlang mit öffentlichen Verkehrsmitteln zum Training anreisen müssen. Häufig scheiterte es auch am Busticket für einen Euro, dass die Top-Athleten nicht kommen konnten. Probleme, die ich vor Ort mit den Verbänden und Vereinen gelöst habe und die hoffentlich auch in der Zukunft Bestand haben!
Welche Trainingsbedingungen haben die Sportler dort?
Die Vereine sind – wie hier auch – sehr engagiert, versuchen Geld zu akquirieren um die Trainingsbedingungen zu verbessern, haben zum Teil auch einigermaßen vernünftige Krafträume, und, wo kein Geld da ist, versuchen sie kreativ Geräte zu basteln. Aber natürlich sind die Turnhallen und Trainingsbedingungen bei weitem nicht auf unserem Standard. In ganz Mosambik und das ist ungefähr doppelt so groß wie Deutschland gibt es nur zwei Tartanbahnen – beide in Maputo.
Wie sind die dortigen Verbandsstrukturen?
Im Gegensatz zu den Vereinen, ist der Verband leider sehr unstrukturiert und lethargisch. Es gibt offiziell zwar hauptamtliche Mitarbeiter, die sind aber eigentlich nie da. Dementsprechend gibt es auch keinerlei Strukturen, wie langfristige Wettkampftermine, Aus- und Fortbildungen oder Kadertraining. Wettkämpfe werden einfach von Vereinen mehr oder weniger spontan angesetzt und manchmal noch spontaner wieder abgesagt. In den letzten 12 Jahren gab es immer nur vereinzelte Schulungsmaßnahmen aber nie eine turnusmäßige Ausbildung, wie wir es zum Beispiel immer im Herbst mit der C-Trainer-Ausbildung machen. Ich habe aber die Hoffnung, dass ich gerade in den Strukturen durch viele Gespräche mit dem Ministerium, dem NOK und dem Verband ein paar Impulse gesetzt habe, die jetzt eigeninitiativ weiter entwickelt werden.
Zurück zum Sport: Welche Sportler sind dir besonders in Erinnerung geblieben?
Viele Sportler sind mir vor allem wegen ihrer Dankbarkeit, dass man ihnen was beibringt, in Erinnerung geblieben. Und selbst die Guten sind noch Rohdiamanten. Von den sehr erfolgreichen war es Mamba, ein 800 Meter Läufer mit einer Bestzeit von 1:46 Minuten. Crewe läuft die 400 Meter in einer niedrigen 46, mit Hürden in 50 Sekunden. Der war sogar Teilnehmer der Olympischen Spiele in London. Dann gab es eine Kugelstoßerin, Salome. Die hatte als kleines Mädchen einen Trainer, der ihr einige falsche Sachen erzählt hat, und sie sich dann viel über YouTube-Videos beigebracht hat. Als Autodidaktin stieß sie 15,50 Meter. Nach nur zwei gemeinsamen Einheiten mit ganz einfachen Tipps flog die Kugel schon einen Meter weiter… Den Diskus wirft sie immerhin auch auf 44 Meter. Natürlich ohne Wurfschuhe. Nächste Woche schicke ich Salome ein Paar neue Wurfschuhe und Mamba Spikes zu! Crewe würde auch sehr gerne über ein Scholarship-Programm ins Ausland gehen. Vielleicht klappt es, dass wir ihn dann bei uns in Bayern begrüßen können.
Anmerkung bei Niederschrift: Salome hat mittlerweile einen neuen Landesrekord mit 46,48 Meter aufgestellt.
Wirst Du noch mal die Möglichkeit haben, nach Mosambik zu gehen?
Die Menschen vor Ort würden sich dies sehr wünschen! Auch ich habe natürlich Interesse, da ich durch den guten Eindruck von diesem Mal wirklich Hoffnung für die leichtathletische Zukunft in der Region geschöpft habe und diese gerne weiter begleiten würde. Beim DOSB liegen aber momentan – aufgrund der langwierigen Regierungsbildung - sehr viele Projekte in der Warteschleife, die erst abgearbeitet werden müssen. Und dann muss natürlich auch wieder ein offizieller Auftrag des NOK´s von Mosambik kommen.
Vielen Dank für das Gespräch und eine erfolgreiche Sommersaison mit Deinen heimischen Athleten!