Deutsche Jugendmeisterschaften Heilbronn U 18: Bayerns schnelle Hürden-Girls stürmen zum Doppelsieg
Zumindest die, die nach Heilbronn gekommen waren, ließen sich an den drei Tagen von den besonderen Begleiterscheinungen dieser "Corona-Meisterschaften" und dem späten Zeitpunkt der Titelkämpfe wenig beeindrucken. Bis auf ganz wenige Ausnahmen zeigten sich alle bayerischen Starter hochmotiviert und bestens vorbereitet, um sich der Konkurrenz aus den anderen Bundesländern zu stellen. Dabei gab es durchaus die eine oder andere positive Überraschung auf der Laufbahn, in der Sprunggrube, auf der Matte sowie in den Wurf- und Stoßringen zu verzeichnen. Eingedenk der Tatsache, dass große Teile des aktuellen U 18-Jahrgangs im kommenden Jahr in der U 20 die so wichtigen Länderpunkte holen sollen, nach dem sich die Mittelzuwendung des Innenministerium orientiert, herrscht bei einigen Disziplinen jedoch dringender Nachbesserungsbedarf.
Sprint: Krebs und John duellieren sich um Gold und Silber
Besser hätte es kaum kommen können: Mit Naomi Krebs (LG Bamberg) und Viola John (LG Stadtwerke München) starteten die beiden Top-Favoritinnen über 100 Meter Hürden im Endlauf direkt nebeneinander - und sie wurden ihrer Rolle mehr als gerecht. Zwar hatten beiden beim Start das Nachsehen gegen Hawa Jalloh (Wiesbadener LV), doch schon ab Mitte der Strecke war das Trio gleichauf. Was danach kam, gleich einem Herzschlagfinale. Mit gerade einmal zwei Hundertstel Vorsprung konnte sich Krebs am Ende gegen John durchsetzten. Während die Bambergerin 13,65 Sekunden benötigte und damit neue Bestleistung lief, kam die Münchnerin - ebenfalls nach neuem Hausrekord - nach 13,67 Sekunden ins Ziel, während Jalloh 13,79 Sekunden benötigte. Für ihre männlichen Pendant Sascha Babel (LG Landkreis Roth) blieb im 110-Meter-Hürdenfinale ein fünfter Rang mit 14,24 Sekunden, bei dem vielleicht sogar ein wenig mehr drin gewesen wäre.
Ein neuer Name verblüffte bei den Mädchen im Kurzssprint: Hanna Fleischmann (LG Region Landshut) krönte ein Jahr, in dem sie von Bestzeit zu Bestzeit lief, mit gleich zwei Finalteilnahmen, die zum Teil mit fulminanten Steigerungen verbunden waren. Über 100 Meter wurde die 17-jährige Niederbayerin Sechste mit einer völlig unerwarteten Steigerung auf 11,94 Sekunden, über 200 Meter wurde sie in 25,14 Sekunden Achte, wobei sie im Halbfinale zum ersten Mal unter 25 Sekunden lief (24,86 Sekunden). Beinahe eine Medaille hätte es im 200-Meter-Endlauf für Sabrina Hafner (TV Erkheim) gegeben. In 24,75 Sekunden kam sie - ebenfalls unerwartet - auf einem starken vierten Platz ein. Über die 100 Meter verpassten sie und Mitfavoritin Viola John jedoch knapp den Finaleinzug.
Ebenfalls mit Heilbronn verbindet Agnes Leitgeb (TSV 1861 Deggendorf) einen weiteren Leistungssprung in ihrer noch jungen Karriere. Obwohl auf der ungünstigen Bahn eins laufend, verbesserte sie sich im Endlauf auf hervorragende 55,63 Sekunden und kämpfte sich damit im wahrsten Sinn des Wortes auf Rang fünf vor. In den meisten anderen Jahren wäre diese Zeit eine sichere Medaille wert gewesen. Diesmal jedoch musste Leitgeb die Stärke ihrer Konkurrentinnen, von denen die Siegerin Anna-Maila Hense (LG Olympia Dortmund) sensationelle 53,64 Sekunden benötigte.
Der einzige männliche U 18-Teilnehmeraus Bayern, der eine Finalteilnahme auf seinem Konto verbuchen konnte, war Eddie Reddemann (LG Stadtwerke München). Über 100 Meter wurde er Achter in 10,96 Sekunden (Halbfinale: 10,94 Sekunden).
Lauf: Julia Rath dominiert die 1500 Meter
Manchmal ist Leichtathletik ganz einfach. Julia Rath (LAC Quelle Fürth) hatte im 1500-Meter-Finale der weiblichen U 18 von Heilbronn eine ganz einfache Taktik parat: „Ich wollte einfach immer vorne laufen und keinen an mir vorbeilassen." Dieser genialen wie simplen Taktik fiel auch die Jahresschnellste und haushohe Favoritin Lisa Merkel (LG Region Karlsruhe) zum Opfer. Denn während vor zwei Monaten beim ersten Aufeinandertreffen der beiden Protagonistinnen in Regensburg noch Lisa Merkel fast vier Sekunden auf die ein Jahr jüngere Fürtherin heraus lief, drehte Julia Rath die Reihenfolge nun um.
Vom ersten Meter setzte sich die 16-Jährige Internatsschülerin der Bertolt-Brecht-Sportschule Nürnberg an die Spitze des zwölfköpfigen Feldes und zeigte mit hohem Tempo, dass sie gewinnen wollte. Schnell fielen die Mitstreiterinnen bis auf Merkel ab, auch als der erwartete Angriff der Karlsruherin kam und diese kurzzeitig vorbei zog, machte Rath alles richtig, sprang in den Windschatten der Konkurrentin hinein, um sie dann auf der Zielgeraden kraftvoll zu überholen und sich in neuer Bestzeit von 4:30.21 Minuten den Titel zu sichern.
"Ich habe schon ein bisschen mit dem Titel geliebäugelt und wollte es unbedingt versuchen, in Regensburg bin ich die Tempoverschärfung von Lisa noch nicht mitgegangen, hier wollte ich es und es hat ja dann im Spurt geklappt, ich fühlte mich trotz des Vorlauf von gestern beim Laufen super, ich freue mich so", konnte Julia Rath ihren Triumph kaum fassen. Die Arme riss sie im Ziel vor Freude weit in die Höhe. Mit Bronze dekoriert wurde über 800 Meter Senkrechtstarterin Nele Göhl (LG Eckental). Wieder ein toller Erfolgfür die 17-jährige Mittelfänkin, die im Winter sensationell den deutschen Hallentitel in U 20 über dieselbe Strecke errungen hatte. Auf der Zielgeraden konnte sich Rieke Emmrich mit einem Schlussspurt den Sieg in 2:09,93 Minuten vor Valerie Koppler (2:10,59 Minuten) und Göhl (2:11,06 Minuten) sichern. Pech hatte RonjaWohlfahrt (LAC Quelle Fürth). Nach starker Vorstellung im Halbfinale blieb ihr nach einem Gerangel mit anschließendem Sturz nur der achte Rang.
Ebenfalls Edelmetall über 800 Meter bei den U 18-Jungs gab es für Jakob Stade (Kissinger SC). Dabei hätte der junge Schwab sogar mehr als Bronze verdient gehabt. 650 Meter war er für das Tempo verantwortlich. Doch dann gingen Till Czisnik (LG Süd Berlin; 1:54,40 Minuten) und Pierre Börkey (TV Waldstraße Wiesbaden; 1:54,67 Minuten) an ihm vorbei. Am Schluss blieb ihm in 1:55,43 Minuten doch noch Bronze.
Das bärenstarke Wochenende für Bayerns Geherinnen rundete nach dem grandiosen Gold von Sarah Friedrich (LG Würm Athletik) in der U 20 im selben Rennen Julia Schmidt (SpVgg Niederaichbach) über 3000 Meter. In neuer persönlicher Bestzeit von 15:42,40 Minuten holte sie sich verdient Silber.
Zufrieden sein kann auch Finn Hösch (LG Stadtwerke München) mit seinem fünften Rang über 2000 Meter Hindernis (6:12,02 Minuten). Conrad Voigt (LG Erlangen) wurde über 3000 Meter guter Achter (9:35,07 Minuten), Meike Kalus (TSV Gräfelfing; 7:13,31 Minuten; Platz neun) und Laura Eisenreich (LAC Passau; 7:18,55 Minuten; Platz zwölf) verpassten eine Platzierung unter den besten Acht.
Positiv fiel beim Lauf neben den gewonnenen Medaillen und erreichten Endkampfplatzierungen die Dichte vor allem der Teilnehmer aus dem Freistaat auf.
Sprung: Stabhochspringerinnen schlagen mit zwei Medaillen zu
Sie war als Jahresbeste in der weiblichen U 18 mit 4,12 Meter nach Heilbronn gereist und belegte am Schluss Rang zwei. Kein Beinbruch für Lena Zintl (LG Stadtwerke München). Dank eines Satzes über 3,95 Meter holte sie sich Silber hinter Janne Sophie Orth (MTSV Hohenwehstedt), die als Einzige 4,00 Meter überquerte. Die bärenstarke bayerische Performance vervollständigen konnten Chiara Sistermann (TSV Gräfelfing), die sich mit 3,70 Meter Bronze schnappte, und ihre Vereinskameradin als Achte mit 3,20 Meter.
Fast hätte es für Roman Jocher (TSV Königsbrunn) geklappt, nach seiner Bronzemedaille im Zehnkampf bei der U 18-DM in Vaterstetten auch in seiner Spezialdisziplin Hochsprung noch einmal Edelmetall einzufahren. Am Schluss kam ein mehr als respekatabler vier Platz mit übersprungenen 1,94 Meter heraus, knapp vor Tim Kraus (LG Landkreis Roth), der mit derselben Höhe auf dem fünften Rang landete. Zwei sechste Plätze gab es im Stabhochsprung der männlichen U 18, und zwar durch Simon Krumpholz (TSV Gräfelfing) und Zehnkämpfer Jonas Perner (LG Fichtelgebirge), die beide 4,30 Meter überqueren konnten. Jeweils Siebte wurden Johannes Wiesinger (LG Festina Rupertiwinkel) im Weitsprung (6,73 Meter) und Sebastian Kottmann (LG Stadtwerke München) im Dreisprung (13,86 Meter).
Wurf: Dominik Idzan mit Silber zufrieden
Der erwartete Zweikampf zwischen Steven Richter (LV 90 Erzgebirge) mit seiner Bestleistung von 21,08 Meter und Dominik Idzan (LG Stadtwerke München), der vor Heilbronn mit 20,85 Meter gelistet war, fiel leider klarer aus als erhofft. Richter legte im ersten Durchgang bereits 20,55 Meter vor, denen dann fünf ungültige Versuch folgten. Idzan konnte leider nicht kontern, sein weitester Stoß landete bei 19,73 Metern, was aber ungefährdet Rang zwei absicherte und am Schluß die Vizemeisterschaft bedeutete. Die zweite Wurfmedaille ging auf das Konto von Jakob Eberler (LG Landkreis Roth) im Speerwerfen. Mit famosen 64,32 Meter erzielte der Franke nicht nur eine neue persönliche Bestleistung, sondern rückte auch Silbermedaillengewinner Moritz Morstein (ST Sportclub Magdeburg) auf die Pelle. Dass es am Schluss für Eberler zu Bronze reichte, war quasi das Tüpfelchen auf dem i.
Weniger als zwei Meter fehlten Laura Val (LG Augsburg) zur Bronzemedaille im Speerwerfen. Mit 48,38 Meter gelang ihr eine neue, starke persönliche Bestleistung und der Vorstoß in die deutsche Spitze. In einem hochklassigen und engen Wettkampf kam Hammerwerfer Linus Liebenwald (UAC Kulmbach) mit 60,16 Meter auf Rang sechs.