75 Tage im Amt: LG Stadtwerke München-Geschäftsführerin Julia Riedl zieht erstes Fazit
Normalerweise zieht man erst nach 100 Tage eine erste Zwischenbilanz. Bei Dir sind es jetzt rund 75 Tage, seit Du die Aufgaben der Geschäftsführerin der LG Stadtwerke München übernommen hast. Wie waren Deine ersten Eindrücke?
Julia Riedl: Durchweg positiv, sowohl was ich täglich erlebe, wie auch beim Feedback! Ich durfte in der kurzen Zeit viel Unterstützung erfahren. Jeder steht hinter mir, wir ziehen alle am selben Strang. Deshalb freue ich mich jeden Tag auf die Arbeit, obwohl es in der Tat eine Menge zu tun gibt! Aber ganz allmählich lerne ich alle Ansprechpartner und die Abläufe kennen. Unser gemeinsames Ziel muss es sein, den Verein weiter zu professionalisieren, das bereits starkes Fundament weiter auszubauen.
Es ist ja nicht ganz einfach, aus elf ehemals konkurrierenden Vereinen eine schlagkräftige Einheit zu formen. Da ist viel Diplomatie gefragt.
Julia Riedl: In der Tat! Jeder Verein möchte natürlich weiterhin autark bleiben und verfolgt seine eigenen Interessen. Wir wollen uns in Kürze auf jeden Fall mit allen Abteilungsleitern an einen Tisch setzen und die Anliegen besprechen, über unsere und ihre Visionen diskutieren und einen gemeinsamen Plan aufstellen, wohin die Reise gehen soll. Natürlich menschelt es hier und da, aber ich habe bis jetzt noch niemanden kennengelernt, der nicht daran mitarbeiten will, die LG Stadtwerke München weiter nach vorne zu bringen.
Ein wichtiger Punkt bei der Neuaufstellung der LGSWM ist neben Deiner Position auch das neue Präsidium mit Jochen Schweitzer als Präsidenten, Max Weidmann als erster und Faliero Graiani als zweiter Vizepräsident. Mehr Verantwortung auf mehr Schultern also?
Julia Riedl: Genau darum geht es! Wir wollen die vielfältigen Aufgaben, die in einer LG anfallen, gemeinsam bewältigen. Aus diesem Grund unterstützt Jochen die Organisation von Wettkämpfen – für die LGSWM ein wichtiger Baustein unserer Jahresplanung – Faliero betreut unsere Vertragsathleten, als Rechtsanwalt quasi auch juristisch begleitend, während Max die verantwortungsvolle Aufgabe zufällt, die Kommunikation zwischen den Vereinen am Laufen zu halten. Bei mir als Geschäftsführerin kommen dann alle Fäden zusammen. Außerdem werde ich das Thema „Vermarktung“ in den Mittelpunkt meiner Tätigkeiten stellen. Unser gemeinsames Ziel muss es sein, die LG Stadtwerke München mit ihren rund 3000 Mitgliedern als starke Marke aufzubauen, die man auf Anhieb in München und im Umland mit Leichtathletik in Verbindung bringt. Dabei geht es um die Begeisterung für die gesamte Sportart, sowohl im Breitensport wie im Spitzensport, aber auch darum, eine Alternative zum Fußball und anderen Sportarten zu schaffen.
Wichtig dürfte in diesem Zusammenhang auch die Zusammenarbeit mit dem Deutschen und dem Bayerischen Leichtathletik-Verband sein. Jochen Schweitzer fungiert in beiden Gremien jeweils als Vizepräsident. Was ist Deine Rolle im Dialog mit dem DLV und dem BLV?
Julia Riedl: Vor allem der BLV, und hier besonders der stellvertretende Geschäftsführer Martin Kallmayer, hat mir in meinen ersten Amtstagen sehr geholfen. So stelle ich mir eine konstruktive Zusammenarbeit vor! Die Kontakte zum DLV entwickeln sich allmählich, aber auch hier bin ich sehr zuversichtlich, zumal wir mit Michael Wilms ja ein LGSWM-Gewächs als neuen DLV-Bundesstützpunktleiter in München haben. Wenn ich meine Position richtig interpretiere, dann geht es ja nicht nur darum, den leistungsstärksten bayerischen Verein weiterzuentwickeln, sondern auch die deutsche Leichtathletik im Süden nachhaltig zu stärken. Wir sind so etwas wie die Lokomotive für die Leichtathletik in Bayern, was natürlich eine Verpflichtung ist. Deswegen führt kein Weg an einer weiteren Professionalisierung der Strukturen vorbei…
…denn wenn es die LG Stadtwerke München nicht mehr gäbe, dann sähe es für die gesamte Leichtathletik in Bayern zappenduster aus.
Julia Riedl: Dessen sind wir uns absolut bewusst. Und deshalb versuchen wir alles, dass es dazu nicht kommen wird! Wir möchten unseren Sportlerinnen und Sportlern optimale Trainingsvoraussetzungen und Infrastrukturen anbieten können. Eine Grundvoraussetzung dafür sind natürlich gute Trainer in allen Disziplingruppen und deren kontinuierliche Weiterbildung auf allen Ebenen. Wenn wir es schaffen, hier mittelfristig entsprechende Angebote zu unterbreiten, dann haben wir bereits eine Menge erreicht. Und dann können wir auch von derzeit Platz drei der deutschen Vereinsbestenliste den Blick ein bisschen weiter nach oben richten.
Der Nachwuchsarbeit fällt dabei ebenfalls eine gewichtige Rolle zu.
Julia Riedl: Das sehe ich genauso! Dazu bieten die European Championships in diesem Jahr eine einmalige Chance. Gemeinsam mit den Organisatoren der European Championships wollen wir ein Schulnetzwerk aufbauen und mit unseren LG-Trainern in die Sportstunden gehen, eventuell und bei Verfügbarkeit sogar mit einigen unserer Top-Athleten. Dabei wollen wir den Kids spielerisch die Leichtathletik schmackhaft machen, als nächsten Schritt vielleicht ein kleines Meeting organisieren und mittelfristig dann vielleicht sogar so etwas wie eine „Schools League“ ins Leben rufen. Denn gerade die vergangenen großen Leichtathletik-Events in Deutschland, beginnend mit den unvergesslichen Olympischen Spielen 1972 in München, haben ja gezeigt, dass davon eine immense Sogwirkung für die Sportart entstehen kann. Diese Gelegenheit wollen wir auf keinen Fall ungenutzt lassen und auf diese Weise junge Menschen in unsere Vereine bringen.
Du kommst selbst von einem kleinen schwäbischen Verein, dem SC Vöhringen, und bist dann als aktive Sprinterin zusammen mit Deiner Zwillingsschwester Martina zur LG Stadtwerke München gegangen. Also kennst Du das Innenleben einer Leichtathletikabteilung ganz genau.
Julia Riedl: Ich bin quasi mit der Leichtathletik aufgewachsen und sehe das als großen Vorteil. Ich kenne die Strukturen und Abläufe, möchte allerding ein paar Dinge anders angehen, um die Leichtathletik in München weiter voranzutreiben. Mein erster Job als Account Manager beim Basketball-Bundesligisten Ratiopharm Ulm hat mir sehr gezeigt, wie es möglich sein kann, einen Verein professionell aufzubauen und die Menschen in der Region zu begeistern.
Dein ganz persönlicher Wunsch für 2022 lautet?
Julia Riedl: Ich möchte schöne Wettkämpfe sehen und mich mit unseren Sportlerinnen und Sportlern über viele Erfolg freuen können – möglichst natürlich bei unseren European Championships im Münchner Olympiastadion.
Julia, vielen Dank für das Gespräch!