Konstanze Irlinger (links) jubelt bei der U 18-EM in Banská Bystrica über ihre Silbermedaille. In der Mitte die überragende Siegerin Vita Barbic aus Kroatien, rechts die Dritte Rabiye Cicek aus der Türkei. Foto: European Athletics

22.07.2024 11:59 // Von: Reinhard Köchl/leichtathletik.de-Svenja Sapper

U 18-EM Banská Bystrica: Konstanze Irlinger holt Silber mit deutschem Rekord

Bayern-Power auch am letzten Tag der U 18-Europameisterschaften in Banská Bystrica (Slowenien): Abermals holten mit Speerwerferin Konstanze Irlinger (TSV Jetzendorf) und Sprinter Jakob Kemminer (TSV Ochenbruck) Sportler aus dem Freistaat zwei Silbermedaillen, während Dreispringer Benedikt Maurer (SV Germering) Bronze gewinnen konnte. Von elf Mal Edelmetall für die deutschen Nachwuchsleichtathleten, die den DLV bei den "besten U 18-Europameisterschaften aller Zeiten" (European Athletics-Präsident Dobromir Karamarinov) im Medaillenspiegel auf Rang fünf brachten, haben alleine die jungen Talente aus Bayern fünf beigetragen. Zwei der drei Titel für Deutschland gehen mit Clara Hegemann und Jakob Kemminer auf das weißblaue Konto. Auch am Sonntag gab es noch einmal phänomenale Steigerung von Benedikt Maurer und vor allem von Konstanze Irlinger.

Mit einer frischen Bestweite von 53,68 Metern, erzielt bei der U 18-DM in Mönchengladbach, ausgestattet, war Konstanze Irlinger (TSV Jetzendorf) zur U 18-EM nach Banská Bystrica gereist. Und diese Bestmarke pulverisierte sie am Sonntag im Speerwurf-Finale direkt im ersten Durchgang: Auf sagenhafte 56,82 Meter flog der Speer. Noch nie hatte eine deutsche U 18-Athletin mit dem 500-Gramm-Speer weiter geworfen. Doch die Marke von Konstanze Irlinger sollte nur bis zu ihrem eigenen sechsten Versuch Bestand haben. Denn da legte sie noch einmal eine Schippe drauf: 57,64 Meter. 

 

Dass diese Weite am Sonntag nicht zum Titel reichte, hatte einen Grund. Und der hieß Vita Barbic. Die Kroatin, die erst am Mittag Bronze mit dem Diskus gewonnen hatte, ließ ihren Speer gleich zwei Mal über die 60-Meter-Marke segeln. Im letzten Durchgang knackte sie mit 61,07 Metern die Meisterschaftsbestleistung, die seit der ersten U 18-EM 2016 Bestand gehabt hatte, damals hatte Arianne Duarte Morais aus Norwegen mit 60,89 Metern triumphiert. Bronze holte Rabiye Cicek aus der Türkei mit 54,52 Metern.

 

Fabelhafte Serie mit zwei Top-Marken

 

Neben der herausragenden Weite konnte Konstanze Irlinger auch eine exzellente Serie vorweisen: Der kürzeste ihrer sechs Versuche wurde immer noch mit 52,15 Metern vermessen. Als deutsche U 18-Bestleistung wird in den nationalen Rekordlisten die 2004 mit dem 600-Gramm-Speer erreichte Weite von Vivian Zimmer (SC Magdeburg; 60,14 Meter) geführt. Die beste Weite einer deutschen U18-Athletin mit dem 500-Gramm-Speer betrug bis Sonntag 54,79 Meter, das war das Resultat von Lea Wipper (SC DHfK Leipzig) als Vierte der U 18-EM von 2018. 

 

"Ich bin extrem glücklich, dass ich schon im ersten Versuch zeigen konnte, was ich kann. Der ganze Wettkampf hat mir total Spaß gemacht. Die Weite hat mich überrascht, aber ich habe direkt gemerkt, dass ich den Wurf gut getroffen habe", erklärte Konstanze Irlinger anschließend.

 

Medley-Staffel mit Jakob Kemminer holt Silber

 

Zum ersten Mal war der DLV bei der U 18-EM mit Medley-Staffeln vertreten. Die deutschen Sprinter hatten am Sonntagabend in neuer Besetzung viel Spaß zusammen und brachten obendrein eine Medaille mit. Nur die Polen waren im Finale schneller unterwegs.

 

Nach dem Zieleinlauf wies Startläufer und 100-Meter-Europameister Jakob Kemminer (TSV Ochenbruck) auf Milan Stadler (Neuköllner SF): "Er hat uns die Medaille nach Hause geholt." Der 400-Meter-Halbfinalist, der im U 18-EM-Finale von Banská Bystrica neu ins Team gerückt war, hatte auf der Zielgeraden einen starken Endspurt hingelegt und war noch an einigen Staffel-Teams vorbeigezogen. Nur die Polen (1:51,62 Minuten) waren um zwei Zehntelsekunden schneller als das DLV-Quartett, das wiederum zwei Zehntelsekunden vor den drittplatzierten Italienern lag. In den Ergebnislisten stand hinterher eine deutsche U 18-Bestzeit, allerdings ist die Strecke bislang in Deutschland selten gelaufen worden.

 

Doch auch Jakob Kemminer, 200-Meter-Halbfinalist Louis Schuster (SG Motor Gohlis-Nord Leipzig) und der ausschließlich in der Staffel eingesetzt Jannis Dettner (LG Olympia Dortmund) hatten zweifellos ihren Teil zum Medaillen-Erfolg beigetragen, wenngleich sie im Finale das erste Mal in dieser Besetzung zusammen sprinteten. Und auch die Medley-Staffel mit Streckenabschnitten von 100, 200, 300 und 400 Metern hatten Jakob Kemminer und Jannis Dettner lediglich im Vorlauf schon einmal bestritten, Louis Schuster und Milan Stadler noch gar nicht.

 

"Ich muss leider sagen, ich bin meine 100 nicht so gut gelaufen, weil ich nach den vielen Rennen schon ein bisschen müde Beine hatte", meinte Jakob Kemminer, der sein fünftes Rennen in vier Tagen bestritt. "Am Start habe ich ein bisschen gepennt. Die anderen drei Jungs haben das super gemacht, vor allem Milan. Ich bin überglücklich. Das ist fast noch schöner als die Einzelmedaille." Auch seinen Teil zum Staffel-Silber beigetragen hat Marc Weidenbach (LG Stadtwerke München). Der 17-Jährige war noch am Vortag über die 300-Meter-Distanz eingesetzt worden, musste aber am Finaltag leider zusehen und seine Kameraden anfeuern.

 

Benedikt Maurer überrascht alle

 

In der Meldeliste hatte er nicht in den Top Ten gelegen. Doch seinen bisher besten Wettkampf hatte sich Dreispringer Benedikt Maurer (SV Germering) für die U 18-EM in Banská Bystrica aufgespart. Dort holte er am Sonntag mit neuer Bestleistung Bronze.

 

Ein wenig Rückenwind für eine weitere "PB" hatte sich der junge Dreispringer für das Finale gewünscht. Daraus wurde am Sonntag nichts, denn auch in der Runde der besten Zwölf herrschte durchgehend Gegenwind. Glücklicherweise machte das dem DLV-Dreispringer nichts aus. Mit neuem Hausrekord von 15,11 Metern holte er sich die Bronzemedaille. Ein Erfolg, der durchaus überraschend kam, denn in der Meldeliste hatte der 17-Jährige "nur" Rang elf belegt. Aber Wettkämpfe werden eben nicht nach der Papierform entschieden. 

 

Dabei war Benedikt Maurer durchaus ungünstig, nämlich mit einem Fehlversuch, in den Wettkampf gestartet. Im zweiten Durchgang setzte er einen Sicherheitssprung in den Sand, der – bei enorm starkem Gegenwind von -3,1 Meter/Sekunde – mit 14,60 Metern vermessen wurde. Vor dem dritten Versuch war klar: Es muss eine Steigerung her, sonst droht das Aus im Vorkampf. Unmittelbar bevor Benedikt Maurer zum dritten Mal Anlauf nahm, wurde der Dreisprung für die Siegerehrung im Diskuswurf unterbrochen, die Nationalhymne erklang für Nadjela Wepiwe (TSG Wehrheim). 

 

Ein besonderer Moment auch für Benedikt Maurer, der ihm noch einen Extra-Push gab. "Ich hatte gehofft, dass die Siegerehrung direkt vor meinem Sprung enden würde und sie den Dreisprung unterbrechen, sodass ich die Hymne mitsingen kann", erzählte er. Und nachdem er den dritten Versuch erfolgreich in die Grube gebracht hatte, ballte Nachwuchs-Bundestrainerin Hrvoslava "Kike" Starcevic die Fäuste. Sie ahnte schon, was kurz darauf auf der Anzeigetafel aufleuchten sollte. 15,11 Meter: Eine Steigerung seiner Bestmarke aus der Qualifikation um vier Zentimeter und zu diesem Zeitpunkt Rang zwei. Zwar zog kurz danach der Italiener Francesco Efeosa Crotti mit 15,49 Metern vorbei, er sollte aber der Einzige bleiben, der den DLV-Athleten noch verdrängen konnte. Gold ging nach Frankreich: Emmanuel Idinna führte von Anfang an und konnte sich im letzten Versuch, als er bereits als Europameister feststand, noch um 28 Zentimeter auf starke 15,85 Meter verbessern. 

 

"Das hätte man sich absolut nicht besser vorstellen können, vor allem nachdem ich eher zäh in den Wettkampf gefunden habe", freute sich Benedikt Maurer. Ihn erstaunte besonders, dass er nach der Qualifikation am Vortag noch so viel Kraft für eine neue Bestmarke hatte. Der Versuch sei dennoch noch lange nicht ausgereizt gewesen: "Der Sprung war technisch absolut nicht sauber, es war einfach nur mit mehr Geschwindigkeit und mehr Kraft, weil ich unbedingt in den Endkampf wollte." Wie der überraschende Erfolg gefeiert wird, konnte der 17-Jährige noch nicht sagen: "Mal sehen, es ist ja das erste Mal für mich. Jetzt ist erst mal Siegerehrung, das Podiumsoutfit habe ich zum Glück dabei."