Gerd Raithel, die "Edelfeder" des BLV, hat heute allen Grund zum Feiern. Er wird 90! Foto: Reinhard Köchl

21.02.2021 07:39 // Von: Reinhard Köchl

Gerd Raithel, die "Edelfeder" des BLV, vollendet heute sein 90. Lebensjahr

Elf Jahre lang, von 1996 bis 2007, war er das Sprachrohr des Bayerischen Leichtathletik-Verbandes (BLV), bis 2014 war sein Name noch regelmäßig aus der Homepage des Verbandes zu lesen. Dass der Vollblutjournalist mit einem großen Herz für die Leichtathletik am heutigen Sonntag bei zufriedenstellender Gesundheit seinen 90. Geburtstag feiern kann, ist gerade in Zeiten wie diesen keineswegs selbstverständlich. Als Pressereferent setzte er beim BLV bleibende Maßstäbe in der Berichterstattung. Raithels Prämisse: Aktualität, Seriosität und Ausgewogenheit, ohne dabei die Leidenschaft für „seine“ Sportart unter den Tisch zu kehren.

Das größte Geschenk erhielt Gerd Raithel bereits am vergangenen Sonntag: Zusammen mit seiner Frau Marga bekam er im Impfzentrum München seine erste Corona-Impfung. "Ärgerlich war nur, dass wir vom einen Ende der Stadt rund 30 Kilometer zum anderen Ende fahren mussten", analysierte Raithel gewohnt kritisch. Er freue sich jedoch über die Impfung, der natürlich noch eine zweite folgen wird. Selbst gefahren ist er natürlich nicht mehr. Nach einem schweren Verkehrsunfall im Sommer 2014, den er gut überstanden hat, gab er seinen Führerschein zurück und machte sich fortan bei Leichtathletik-Events in und um München rar. "Aber im Großen und Ganzen kann ich schon zufrieden sein", zog Raithel gegenüber blv-sport.de ein positive Lebensbilanz.

 

Der waschechte Oberfranke Gerd Raithel erblickte am 21. Februar 1931 in Rehau das Licht der Welt. Nach dem Abitur an der Oberrealschule in Hof belegte er von 1950 bis 1951 ein Volontariat in verschiedenen Ressorts der „Oberfränkischen Volkszeitung“ in Hof, bevor es ihn nach München an die Ludwig-Maximilians-Universität verschlug. Nach zwei Ferienjobs im Sommer 1952 bei oberfränkischen Heimatzeitungen landete Raithel dann beim „Hofer Anzeiger“: Aus einem ursprünglich beabsichtigten weiteren Ferienjob wurde eine zunächst nicht geplante Festanstellung als Sportredakteur. 1952/53 schaffte er ein Novum in der damaligen deutschen Zeitungslandschaft: Mit gerade einmal 21 Jahren stand er als jüngster in einem Impressum verantwortlich zeichnende Sportredakteur im gesamten Bundesgebiet.

 

Bis 1961 blieb Raithel beim „Hofer Anzeiger“, ehe er dem erneuten Ruf in die Landeshauptstadt München in die Sportredaktion der „Bild“ folgte. Dort arbeitete der engagierte Blattmacher zehn Jahre und wechselte dann 1971 als stellvertretender Ressortleiter Sport zur „Abendzeitung“, bis er sich schließlich 1988 beim Bayerischen Landes-Sportverband (BLSV) als Pressechef und Redaktionsleiter des „Bayernsport“ verpflichtete und dort bis zu seinem offiziellen Ruhestand Ende 1995 blieb. Für den Bayerischen Leichtathletik-Verband (BLV) engagierte sich Gerd Raithel ehrenamtlich von 1996 bis 2007 als Pressereferent.

 

Die beruflichen Schwerpunkte des Vollblutjournalisten lagen anfangs freilich mehr beim Fußball (in der Bundesliga vom ersten Spieltag im Jahr 1963 an dabei), später dann beim Ski Nordisch, dem Eishockey und schließlich bei der Leichtathletik. "Zum ersten Mal habe ich die Sportart bewusst mit gerade mal fünf Jahren bei den Olympischen Spielen 1936 in Berlin wahrgenommen", erinnert sich Raithel. "Für mich war der schnellste Mann einfach der Größte. Und das war nun mal der Amerikaner Jesse Owens, auch wenn andere das damals nicht so toll fanden." Als seine beruflichen Höhepunkte nennt Gerd Raithel selbst die Berichterstattung über sechs Olympische Spiele (erstmals die Winterspiele 1956 in Cortina), drei Fußball-Weltmeisterschaften (bei der WM 1954 in der Schweiz war er der jüngste der akkreditierten deutschen Sportreporter), dazu viele Länderspiele, die früher einen wesentlich höheren Stellenwert hatten als heute, zahlreiche Europacupspiele, ferner zehn nordische Ski-Weltmeisterschaften, mehrere Leichtathletik-Welt- und Europameisterschaften sowie einige Eishockey-Weltmeisterschaften.

 

Als ganz besondere Ereignisse bleiben dem Jubilar jedoch zwei Dinge im Gedächtnis haften. 1955, einige Wochen vor der legendären Reise von Bundeskanzler Konrad Adenauer nach Moskau, bei der er die Freilassung der letzten deutschen Kriegsgefangenen erreichte, unternahm er eine achttägige Reise mit jeweils 48 Stunden Bahnfahrt von Berlin nach Moskau und zurück sowie einem mehrtägigen Aufenthalt in der sowjetischen Hauptstadt. Anlass war das Fußball-Länderspiel Sowjetunion-Deutschland. Doch Raithel berichtete nicht nur über das Match. Von seiner Reise hinter den damaligen Eisernen Vorhang lieferte er auch noch eine längere Fortsetzungsserie für die Leser des „Hofer Anzeigers“. Elf Jahre später, nämlich 1966, hatte er außerdem die Ehre, am IOC-Kongress in Rom teilnehmen zu dürfen. Dabei wurden die Olympischen Spiele 1972 nach München vergeben. Für heutige Verhältnisse nahezu unvorstellbar: Damals waren nur wenige deutsche Printjournalisten in Rom anwesend.

 

Bei den eigenen sportliche Aktivitäten besaß Gerd Raithel in jungen Jahren gleich drei verschiedene Spielerpässe: Im Tischtennis (mit 17 Jahren in der Ersten Mannschaft) und im Handball für den TV Rehau, im Fußball für den VfB Rehau. Schon als Schüler beim TV Rehau schien sein Weg in den Journalismus vorbestimmt: er wurde zum Vereinspressewart gewählt. Wie so häufig in diesem Beruf müssen die sportlichen Aktivitäten mit fortschreitender Karriere jedoch zurückstehen. Zum Hobbysportler reichte es noch einige Jahre im Tennis und im alpinen Skisport, bis ins höhere Alter allerdings im Skilanglauf.

 

Der Bayerische Leichtathletik-Verband, alle Funktionäre, Trainer und Sportler wünschen Gerd Raithel zu seinem 90. Geburtstag Gesundheit, Glück und noch viele erfüllte Stunden auf den Leichtathletik-Schauplätzen in und um München. Hoffentlich auch bei den Leichtathletik-Europameisterschaften im kommenden Jahr im alterwürdigen Münchner Olympiastadion.