Kopf an Kopf überquerten (von links) Tobias Giehl, David Gollnow und Varg Königsmark in München die letzte Hürde.

Kamghe Gaba startete zum ersten Mal in seiner neuen sportlichen Heimat - und war überaus erfolgreich dabei.

Besiegt wurde er über 400 Meter lediglich von seinem ewigen Kontrahenten Thomas Schneider.

Überzeugte beim Münchner Pfingstmeeting mit schnellen 800 Metern: Sandra Keil.

Robert Dippl stieß beständig um die 19-Meter-Marke herum.

Schnellste Frau über die 100 Meter: Katharina Eich.

Comeback einer ganz Großen im Diskusring: Ilka Wyludda will zu den Paralympics. Alle Fotos: Theo Kiefner

27.05.2012 21:21 // Von: Gerd Raithel

Münchner Pfingstmeeting öffnet David Gollnow und Tobias Giehl die Tür zur EM

Zwei Mal eine Stadionrunde – und zwei Mal eine deutsche Jahresbestleistung: Das Internationale Münchner Pfingstmeeting des Post-Sportvereins im Dantestadion bekam seine erhofften Highlights. Die 400-Meter-Hürden-Spezialisten und die Läufer auf der 400-Meter-Flachstrecke erfüllten die Erwartungen und übertrafen sie sogar zum Teil. Dazu öffneten noch zwei Bayern die Tür zu den Europameisterschaften in Helsinki.

Besonders beeindruckten die drei Hürden-Asse, die auch bisher schon die DLV-Jahresbestenliste anführten, als sie deutlich unter der geforderten Norm für die EM in Helsinki (50,30 Sekunden) blieben. Lokalmatador David Gollnow (LG Stadtwerke München), der Deutsche Meister des Jahres 2011, siegte in 49,69 Sekunden vor dem überraschend starken Junioren-Europameister 2009, Tobias Giehl (LG Würm Athletik), der mit 49,75 Sekunden eine persönliche Bestzeit erzielte, und dem Junioren-Europameister von 2011, Varg Königsmark (LG Nike Berlin/50,07 Sekunden). Weil fast zur gleichen Stunde bei einem großen internationalen Sportfest in Belgien drei Briten noch etwas schneller waren und am Tag zuvor auch ein Slowene bei einem Meeting in Ostrava, steht jetzt Gollnow „nur“ auf Rang fünf der europäischen Bestenliste, in der auch noch Giehl (Sechster) und Königsmark (Neunter) zu den Top Ten zählen.

Eigentlich wollte Gollnow, der wie Königsmark die EM-Norm schon eine Woche vorher in Jena abgehakt hatte, nun in München auch die Olympia-Norm für London schaffen. „Nach einem furiosen Start gab es an den ersten 200 Metern nichts auszusetzen“, analysierte er seinen Lauf, „aber nach der fünften Hürde waren doch einige Wackler drin, bei denen einige Zehntel liegen geblieben sind.“ Der 23-Jährige sah sich jedenfalls nicht an seiner Leistungsgrenze: „In den nächsten Wochen ist die Olympia-Norm noch möglich, immerhin bin ich ihr jetzt wieder ein Stück – bis auf vier Zehntel – nähergekommen.“

Tobias Giehl rundum zufrieden

Rundum zufrieden war verständlicherweise auch der 20-jährige Tobias Giehl: „Mein Ziel war die EM-Norm – das habe ich erreicht. Und ich wollte einmal vor einem der drei bis fünf besten Deutschen ins Ziel kommen – und auch das ist mir mit dem zweiten Platz vor Vark Königsmark gelungen. Das ist gut fürs Selbstvertrauen.“

Zuvor hatte Thomas Schneider (Dresdner SC) über 400 Meter flach auf den letzten Metern den führenden Kamghe Gaba noch abgefangen – in der neuen deutschen Jahresbestzeit von 46,19 Sekunden, womit er die EM-Norm von 46,05 Sekunden knapp verfehlte. Dass er eingangs der Zielgeraden noch deutlich hinter Gaba lag, hatte ihn nicht beunruhigt. „Ich kenne doch meine Stärke, den Endspurt“, stellte er lachend fest. Auch Gaba riss im Ziel jubelnd die Arme hoch, nicht etwa, weil er glaubte, gewonnen zu haben, sondern in dem Gefühl, wieder an seine besten Zeiten anknüpfen zu können.

„Verletzungsbedingt war ja die letzte Saison für mich ziemlich verkorkst“, sagte der deutsche 400-Meter-Meister des Jahres 2010, der zwar seit 2011 das Trikot der LG Stadtwerke München trägt, aber zum ersten Mal überhaupt in München startete und dabei 46,37 Sekunden gestoppt wurde. Vor einer Woche war er mit 47,19 in die Saison eingestiegen, „so schwach wie seit Jahren nicht. Da kommt man schon ins Grübeln“, sagte der 2.02-Meter-Mann. Nun war er im „Dante“ gleich um mehr als acht Zehntel schneller - und der Optimismus kehrte zurück: „Nichts ist unmöglich“, meinte er im Hinblick auf die Normen für Helsinki und London.

Beständiger Robert Dippl

Die anderen Wettbewerbe des Pfingstmeetings standen zwar etwas im Schatten der 400-Meter-Läufe, doch waren auch Leistungen von bayerischen Atheten und Athletinnen zu verzeichnen, die Hoffnungen auf zumindest Endkampfteilnahmen bei den Deutschen Meisterschaften am 16./17. Juli machen weckten. Da ist an erster Stelle der bayerische Abonemmentsmeister im Kugelstoßen zu nennen: Robert Dippl (LAC Quelle Fürth) unterstrich mit 18,90 Metern seine beständige Form und lag mit dieser Weite fast fünf Meter vor dem Zweiten. Haushoch überlegen war außerdem Speerwerferin Susanne Rosenbauer (LG Augsburg) der Konkurrenz bei ihrem Erfolg mit 51,56 Metern. Und auch  Sandra Keil (LAC Quelle Fürth) lief über 800 Meter in 2:08,66 Minuten ungefährdet zum Sieg.

Die erst in diesem Jahr aus der U 20 zur Frauenklasse aufgestiegene Jannika John (LAC Quelle Fürth) musste über 1500 Meter zwar drei starken Ausländerinnen den Vortritt lassen, war aber immerhin in 4:31,60 Minuten die beste deutsche Teilnehmerin. Über die gleiche Distanz wurde bei den Männern Tobias Gröbl (LG Zusam) in 3:49,76 Minuten Zweiter hinter dem Slowenen Mitja Krevs (3:49,18). Die gleiche Platzierung erreichte über 800 Meter Benedikt Huber (TSV Palling) mit 1:51,12  Minuten hinter dem Briten Jordan Donelly (1:50,31 Minuten). Von den Gästen aus dem Ausland machte vor allem der Tscheche Jiri Vojtik mit seinen 21,19 Sekunden im 200-Meter-Sprint auf sich aufmerksam.

Bayerische Sieger gab es bei den Erwachsenen ferner in folgenden Disziplinen: Männer:100 Meter: Philipp Gretz (LG Stadtwerke München) 10,98 Sekunden;  110 Meter Hürden: Florian Geyer (Athletik- und Sprintteam München) 15,13 Sekunden; Speerwurf: Kim-Dominik Seyfried (LG Augsburg) 63,43 Meter; Frauen: 100 Meter: Katharina Eich (DJK Weiden) 12,08 Sekunden; 200 Meter: Lisa Schollbach (LG Stadtwerke München) 24,81 Sekunden; 4 x 400 Meter: LG Region Landshut 50,50 Sekunden; Michaela Mädler (LG Gendorf/Wacker Burghausen) 5,81 Meter; Kugelstoßen: Alexandra Raabe (LG Festina Rupertiwinkel) 13,58 Meter; Diskuswurf: Melanie Dörr (TSV Ochenbruck) 43,21 Meter.

Münchner 400-Meter-Talent

Von den Ergebnissen der vielen Jugendwettbewerbe ragen zwei der U 20 heraus. Bei der weiblichen Jugend U 20 gewann die Österreicherin Carina Schrempf den 400-Meter-Lauf in ausgezeichneten 54,95 Sekunden  vor dem vielversprechenden Münchner Talent Christina Hering (LG Stadtwerke) in 55,70 Sekunden; beide gehören dem jüngeren U 20-Jahrgang 1994 an. Und bei der männlichen Jugend U 20 knackte der 19-jährige Lukas Schmitz (LAV Bayer Uerdingen/Dormagen) im 400-Meter-Lauf mit 47,15 Sekunden die Norm für die Junioren-Weltmeisterschaften.

Nachdem schon traditionell die beim Münchner Pfingstsportfest stets besonders stark vertretenen 1500-Meter-Läufer und –Läuferinnen den Abschluss gebildet hatten - diesmal gingen 99 (!) in sechs verschiedenen Läufen an den Start -, hatte Meetingleiter Wolfgang Stengel nach viel Stress allen Grund, bei herrlichem Frühlingswetter mit der Sonne um die Wette zu strahlen. Neben den zwei DLV-Jahresbestleistungen waren drei Meeting- Rekorde und viele Normerfüllungen für die Deutschen Meisterschaften zu verzeichnen. Außerdem gab es mit annähernd 600 Athleten und Athletinnen aus zehn Nationen einen neuen Teilnehmerrekord.

Olympiasiegerin Ilke Wyludda will zu den Paralympics

Sogar eine Olympiasiegerin war im Dantestadion am Start: Ilka Wyludda aus Halle an der Saale, 1996 in Atlanta Goldmedaillengewinnerin im Diskuswurf, nahm an den Wettkämpfen der Rollstuhlsportler teil, die seit einigen Jahren fester Bestandteil des Pfingstmeetings sind. Nach einer Blutvergiftung musste im Oktober 2010 Ilka Wyluddas rechter Unterschenkel amputiert werden, nun versucht sie, sich für die Paralympics der Behindertensportler in London zu qualifizieren. In München wollte das noch nicht gelingen und die Enttäuschung stand ihr nach einem Siegeswurf auf 27,13 Meter ins Gesicht geschrieben.  Auch 9,40 Meter im Kugelstoßen waren ihr selbst nicht gut genug. „Natürlich bin ich nicht zufrieden, weil ich weiß, dass ich mehr drauf habe“, sagte die 43-Jährige, um dann trotzig hinzuzufügen: "Bei zwei weiteren Wettkämpfen habe ich ja noch Chancen, die Qualifikation für London zu schaffen."