Starke Läufe in der Hitze von Wetzlar: Karolin Pilawa.

Auch über 1500 Meter schnell: Tobias Gröbl (links).

Nahm Tuchfühlung zu Christina Obergföll auf: Susanne Rosenbauer.

Setzte mit 2,07 Meter einen Glanzpunkt in der bayerischen Bilanz von Wetzlar: Tobias Potye.

Holte sich den Titel über 800 Meter: Maria Dietz (rechts). Alle Fotos: Theo Kiefner

23.08.2012 17:51 // Von: Reinhard Köchl

Süddeutsche MS Wetzlar: Bayern präsentieren sich von ihrer besten Seite

Frage: Wem nutzen Süddeutsche Meisterschaften in der dritten Woche der Sommerferien? Antwort: In erster Linie den Statistikern, aber auch einer Reihe von Athleten, deren Hunger auf Bestleistungen und Medaillen noch immer nicht gestillt ist. Wahrscheinlich aus letzterem Grund nahm eine erstaunlich starke Gruppe bayerischer Athleten die Reise zu den Titelkämpfen ins hessische Wetzlar auf sich und ergatterte nicht weniger als sechs Goldmedaillen bei den Aktiven und gleich acht in der U 18.

Das Rätsel, warum gerade ein August wie dieser mit seinen nahezu optimalen, warmen Wettkampfbedingungen nicht noch mehr Sportler zu diesen immerhin „halben Deutschen Meisterschaften“ lockt, kann wohl auch 2012 niemand lösen. Da der Freiluftsport Leichtathletik gerade in einem Jahr wie diesem mit frühen Deutschen Meisterschaften, Europameisterschaften und Olympischen Spielen über einen schier unglaublichen Terminstress klagt und seine Hauptsaison auf gerade einmal auf die Monate Mai, Juni und Juli beschränkt, hätte man allemal von einem noch größeren Teilnehmerfeld ausgehen können. Immerhin scheint dieser Appell zumindest im Freistaat auf halbwegs fruchtbaren Boden gefallen zu sein. In Wetzlar tummelten sich wesentlich mehr bayerischen Leichtathletinnen und Leichtathleten als noch vor gut einem Jahr in Forst, um im Kampf um die Süddeutschen Meistertitel ein kräftiges Wörtchen mitzureden.

Gleich als zweifache Titelverteidigerin war Karoline Pilawa (LG Stadtwerke München) nach Mittelhessen gereist. Ein Mal, nämlich über 800 Meter, gelang ihr dieses Unterfangen trotz tropischer Temperaturen erfolgreich. In einem Start-Ziel-Sieg in der hervorragenden Zeit von 2:04,38 Minuten unterstrich die 27-Jährige ihre hervorragende Form. Sechste wurde hier Corinne Kohlmann (LG Karlstadt-Gambach-Lohr; 2:13,44 Minuten). Nur wenige Stunden später ging Pilawa über die 400 Meter an den Start und holte sich die Silbermedaille in ausgezeichneten 54,89 Sekunden. Gegen Anja Bork (TSV Gomaringen) und deren 53,95 Sekunden war an diesem Tag kein Kraut gewachsen.

Inoffizielle Münchner 200-Meter-Meisterschaft

Das Finale über 200 Meter bei den Frauen glich förmlich einer inoffiziellen Vereinsmeisterschaft der LG Stadtwerke München. Alle vier gemeldeten Münchner Sprinterinnen hatten sich für den Endlauf qualifiziert. Die Deutsche Juniorenmeisterin Martina Riedl holte sich bei leichtem Gegenwind in 24,10 Sekunden souverän Gold vor Beatrice Marscheck (LAZ Gießen; 24,28 Sekunden). Ihre Zwillingsschwester Julia ergatterte Bronze in 24,76 Sekunden vor ihrer Trainingspartnerin Lisa Schollbach in 24,78 Sekunden. Vierte wurde Nele Baade in 25,08 Sekunden. Für Baade gab es freilich im kürzeren 100-Meter-Sprint noch Edelmetall, und zwar in der Farbe Bronze. 12,15 Sekunden reichten ihr zu Rang drei. Fünfte wurde hier Julia Riedl in 12,18 Sekunden.

Das Prunkstück der Münchner Frauen ist in diesem Jahr zweifelsohne die 4 x 100-Meter-Staffel. Auch in Wetzlar wurden Lisa Schollbach, Martina Riedl, Julia Riedl und Christina Muckenthaler ihrer Favoritenrolle gerecht. Mit deutlichem Vorsprung gewann das Quartett nach der Bayerischen und Deutschen nun auch die Süddeutsche Meisterschaft in 45,92 Sekunden vor dem USC Mainz (unter anderem mit Olympiateilnehmerin Marion Wagner) in 47,22 Sekunden und der MTG Mannheim in 47,63 Sekunden.

Das bayerische Hochspringerinnen nicht immer nur unter "ferner liefen" abgeheftet werden, bewies bei den "Süddeutschen" eindrucksvoll Nadine Niemann (LAZ Obernburg-Miltenberg). Die 18-Jährige überquerte in einem spannenden Wettbewerb exzellente 1,73 Meter und hatte damit etwas überraschend die Nase vor der höhengleichen Monika Wensing (TSV Gomaringen) vorne.

Speerwerferin Rosenbauer auf „Sichtweite“ zu Christina Obergföll

Die wertvollste Leistung bei den Frauen gelang freilich einer Silbermedaillengewinnerin. Mit ihrer zweitbesten Wettkampfweite von 57,68 Meter landete Speerwerferin Susanne Rosenbauer (LG Augsburg) mit weniger als fünf Meter Abstand hinter der Silbermedaillen-Gewinnerin von London, Christina Obergföll (LG Offenburg; 62,66 Meter). Nicola Leidl (1. FC Passau) wurde Siebte mit 43,75 Meter. Eine neue persönliche Bestleistung von 12,51 brachte Dreispringerin Julia Hennemann (TSV Ebensfeld) ebenfalls auf Rang zwei, während Anna Dupke (TS Herzogenaurach) hier auf dem fünften Platz landete (11,70 Meter). Mit einer Bronzemedaille belohnt wurde Tamara Stüllein (TS Lichtenfels) für ihren couragierten Lauf über 400 Meter Hürden (63,43 Sekunden). Wie im Vorjahr musste sich Elisabeth Glonegger (MTV 1881 Ingolstadt) mit dem undankbaren vierten Rang im 100 Meter-Hürden-Finale (14,01 Sekunden) begnügen. Platz sechs gab es schließlich für Jessica Woyczyk (LG Würm Athletik) im Hochsprung (1,60 Meter).

Überraschungserfolg für Tobias Gröbl auf der „Kurzstrecke“

Normalerweise dienen die 1500 Meter für Langstreckler Tobias Gröbl (LG Zusam) eher als besseres Sprinttraining. Dass der 29-Jährige in Wetzlar dennoch gegen eine Reihe von Spezialisten über diese Distanz die Nase in 3:46,77 Minuten vorne hatte, spricht für seine erstaunliche Vielseitigkeit. Ebenfalls den Süddeutschen Meistertitel einfahren konnte die 4 x 400-Meter-Männer-Staffel der DJK Friedberg in der Besetzung Konstantin Bauer, Manuel Strobl, Maximilian Meixner und Stefan Gorol in einer Zeit von 3:23,58 Minuten vor dem USC Mainz (3:24,44 Minuten). Ein Einzeltitel blieb Stefan Gorol über die 400-Meter-Distanz nur um Haaresbreite verwehrt. In 47,83 Sekunden musste sich der Amerika-Heimkehrer nur um eine Hundertstel Daniel Rabstein (LG OVAG Friedberg-Fauerbach) geschlagen geben. Gleich dahinter ergatterte sich mit Matthias Eisenbarth (TSV Schwabmünchen) Bronze (48,20 Sekunden).

Die Schwaben erwiesen sich bei den Männern sowieso als eine feste Bank in der bayerischen Medaillenbilanz. Auch Gabriel Genck (LG Donau-Ries) kam über 800 Meter als Zweiter ins Ziel (1:53,50 Minuten) und bekam dafür eine Silbermedaille. Mit Adrian König-Rannenberg (LAC Quelle Fürth; 1:55,55 Minuten) landete auf Rang sechs gleich noch ein Läufer aus dem Freistaat. Ebenfalls Zweiter wurde über 110 Meter Hürden Florian Geyer (Athletik-und-Sprintteam München) in 14,78 Sekunden, während sich Mario Saur (LG Telis Finanz Regensburg) über die längere 400-Meter-Hürdenstrecke auf 52,38 Sekunden verbesserte (Platz vier). Bronze gab es im Hammerwurf für Patrick Frey (DJK Aschaffenburg; 51,40 Meter).

Paukenschlag durch Hochspringer Tobias Potye

Gleich sieben Goldmedaillen stehen aus bayerischer Sicht in Wetzlar für die Altersklasse U 18 zu Buche, doch eine überragte sie alle: Mit phänomenalen 2,07 Meter setzte Tobias Potye (FC Aschheim) seiner noch jungen Hochsprung-Karriere ein vorläufiges Glanzlicht auf. Der 17-Jährige aus dem Münchner Südosten steigerte seine Bestleistung damit um drei Zentimeter und belegt derzeit in der deutschen U 18-Rangliste Platz drei. Erfreulich war in diesem Zusammenhang auch die Bronzemedaille von Elias Enache (LG Augsburg), der 1,98 Meter überquerte. Seine diesjährige bundesweite Dominanz im Speerwerfen untermauerte der frischgebackene Deutsche U 18-Meister Jonas Bonewit (LG Stadtwerke München) auch bei den Süddeutschen Meisterschaften mit einem Wurf auf 66,81 Meter, der ihm ungefährdet einen weiteren Titel einbrachte.

Ebenfalls mit Gold dekoriert wurden Dreispringer Alexander Savitzki (LAC Quelle Fürth) und 800-Meter-Läufer Benedikt Fuchs (TV Hauzenberg). In Abwesenheit seines Vereinskameraden und Deutschen U 18-Meisters Dimitri Antonov sprang Savitzki 13,30 Meter weit. Fuchs dominierte die zwei Stadionrunden in 1:54,95 Minuten nach Belieben. Martin Weinländer (LAC Quelle Fürth) blieb in 1:57,35 Minuten lediglich Rang vier.

Weiteres Edelmetall gab es bei den Jungs für den Deutschen 400-Meter-Meister Laurin Walter (LG Stadtwerke München) über 200 Meter (Silber in 22,47 Sekunden), Lukas Koller (TSV Wasserburg) im Diskuswerfen (Silber mit 51,63 Meter) sowie über 2000 Meter Hindernis für Bernhard Weinländer (LAC Quelle Fürth; Silber in 6:28,89 Minuten) und Alexander Endres (TuS Bad Aibling; Bronze in 6:46,59 Minuten). Knapp einen Podestplatz verfehlte Kilian Stich (TuS Bad Aibling) über 3000 Meter (Vierter in 9:39,41 Minuten).

Dietz und Dreier mit versöhnlichem Saisonabschluss

Die weißblauen Trumpfkarten bei den U 18-Mädchen hießen Maria Dietz (LAC Quelle Fürth), Esther Dreier (TSV Plattling), Laura Keilhofer (TV Zwiesel) und Michelle Lieb (TS Lichtenfels). Die erst 16-jährige Dietz, die bei der DM in Mönchengladbach über 1500 Meter Platz zwei belegt hatte, holte sich diesmal Gold über 800 Meter in 2:11,43 Minuten. Esther Dreier, die sich über Monate hinweg mit schmerzhaften Rückenproblemen herumschlagen musste und deshalb bei den Bayerischen Meisterschaften nur auf Rang vier landete, offenbarte zum Saisonabschluss in Wetzlar noch einmal ihr wahres Leistungspotenzial. Mit starken 14,25 Sekunden gewann sie überlegen das Finale über 100 Meter Hürden und setzte sich standesgemäß hinter Paula Benstetter auf Rang zwei der weißblauen Jahresbestenliste.

Mit Gold im Dreisprung bei den Süddeutschen Meisterschaften kehrte Laura Keilhofer zurück ins Niederbayerische. In Wetzlar kam sie als Beste auf 11,63 Meter. Ein Titel ging auch am Michelle Lieb über 3000 Meter in 10:32,18 Minuten. Bei den Deutschen Meisterschaften in Mönchengladbach hinter der Neubrandenburgerin Claudine Vita auf Platz zwei, vier Wochen später bei den Süddeutschen ebenfalls „nur“ Silber: So lautet die Bilanz von Diskus-Shootingstar Evi Weber (TSV 1862 Erding). Diesmal musste sich die 17-Jährige mit 40,77 Meter Simone Plewig vom LC Rehlingen geschlagen geben, die auf 41,36 Meter kam. Bronze gab es überdies Antonia Ellenrieder (LG ESV Augsburg-TSV Neusäß) über 400 Meter Hürden. Sie benötigte 64,44 Sekunden.