Philipp Pflieger.

Kamghe Gaba.

Jonas Plass.

Florian Orth.

Michael Willms.

David Gollnow.

Robert Dippl.

Tobias Gröbl.

Jerrit Lipske (links), Johannes Bichler (rechts).

Tufa Alemu Turfesa. Alle Fotos: Theo Kiefner

06.01.2013 12:11 // Von: Gerd Raithel

DLV-Bestenliste Männer für 2012: Philipp Pfliegers eindrucksvolles Comeback

Gäbe es in Bayern eine Wahl der Leichtathleten des Jahres, so wäre 2012 bei den Männern Philipp Pflieger (LG Telis Finanz Regensburg) sicherlich klarer Favorit gewesen. Der 25-jährige Langstreckenläufer war im gerade zu Ende gegangenen Jahr nicht nur einer der bayerischen EM-Teilnehmer sowie vielfacher Deutscher und Bayerischer Meister, er ist auch der in der deutschen Bestenliste der am häufigsten unter den Top Ten aufgeführte Athlet aus Bayern.

Nach seiner verletzungsbedingten Pause im Jahr 2011 feierte Philipp Pflieger ein grandioses Comeback. Gleich zwei Mal steht er in der DLV-Rangliste an erster Stelle. Mit den 28:45,76 Minuten, mit denen er sich über 10 000 Meter den deutschen Meistertitel sicherte, und in der Mannschaftswertung des 10-Kilometer-Straßenlaufs, als er zum Saisonausklang zusammen mit seinen Regensburger Teamkollegen Christian Reinwand und Jonas Koller in der Gesamtzeit von 1:30:49 Stunden ein weiteres Mal Gold bei einer „Deutschen“ gewann.

Mit einer dritten absoluten Spitzenposition für Bayern in der DLV-Bestenliste (neben je vier zweiten und dritten Plätzen) glänzte die 4 x 400-Meter-Staffel der LG Stadtwerke München, von der später noch die Rede sein wird.

Zunächst einmal ist die Erfolgsliste von Pflüger zu vervollständigen, soweit sie allein die Bestenliste betrifft. Über 5000 Meter ist er mit 13:31,24 Minuten Zweiter, über 3000 Meter mit 7:58,25 Minuten Dritter und im 10-Kilometer-Straßenlauf (als Deutscher Meister) mit 29:32 Minuten Vierter. Dazu kommen noch Platz zwei in der 3 x 1000-Meter-Staffel (7:05,53 Minuten) zusammen mit Felix Plinke und Florian Orth sowie und Rang zehn über 1500 Meter mit 3:43,37 Minuten. Außergewöhnlich sind die Verbesserungen seiner früheren Bestleistungen aus dem Jahr 2011 über 10 000 Meter um fast 28 Sekunden und über 5000 Meter um fast 15 Sekunden.

Insgesamt setzten sich die bayerischen Langstreckenläufer, aber auch die Mittelstreckler 2012 gut in Szene. Florian Orth, wie Pflieger ebenfalls Starter bei den Europameisterschaften in Helsinki, wurde zwar Deutscher Meister, ist allerdings mit den sehr guten 3:34,56 Minuten, die er erst später lief, doch „nur“ Ranglistenzweiter. Über die 800-Meter-Distanz (1:48,61 Minuten) wird der 23-Jährige Regensburger auf Rang zwölf genannt. Dritte Plätze gab es für LAC Quelle Fürth in der Mannschaftswertung des Marathonlaufs mit 7:36:27 Stunden für das Trio Sebastian Jost, Eike Loch (Jahrgang 1967!) und Dominik Mages, wieder – genau wie im Vorjahr – für den 43-jährigen Achim Zimmermann (Sportverein Mindelzell), der 100 Kilometer in 7:22:02 Stunden bewältigte, sowie für Felix Hentschel (LG Bamberg) im 3000-Meter-Hindernislauf mit 8:40,37 Minuten.

Starke bayerische Viertelmeiler

Die bayerischen Viertelmeiler konnten sich ebenfalls sehen lassen, vor allem natürlich die Münchner 4 x 400-Meter-Staffel mit ihrem Sieg in 3:07,91 Minuten. Für diesen für viele überraschenden Triumph und diese Zeit, die für den Rest der Saison von keinem anderen deutschen Vereinsquartett erreicht wurde, sorgten Kamghe Gaba, Benedikt Wiesend, Michael Wilms und David Gollnow.

Ein anderer 400-Meter-Läufer wird diese Staffel in Zukunft noch verstärken: Jonas Plass (bisher asics Team Wendelstein, jetzt LG Stadtwerke München), war 2013 mit 46,26 Sekunden Dritter in der DLV-Rangliste. Er und Kamghe Gaba waren übrigens die einzigen männlichen Leichtathleten aus bayerischen Vereinen, die nach den Europameisterschaften in Helsinki auch an den Olympischen Spielen in London teilnahmen. Bei der EM hatten sie in der 4 x 400-Meter-Staffel sogar Bronzemedaillen gewonnen. In der 400-Meter-Einzelwertung belegt Gaba mit in der Bestenliste direkt hinter Plass mit 46,29 Sekunden Rang vier, über 200 Meter ist er bester BLV-Sprinter mit 20,96 Sekunden als Zwölfter.

Bayerns schnellste 400-Meter-Hürdenläufer hatten einen vielversprechenden Start in die Saison, trafen jedoch auf starke Konkurrenz, wie es sie in dieser Qualität in dieser Disziplin seit vielen Jahren nicht gegeben hat. So mussten sich die beiden EM-Teilnehmer David Gollnow (LG Stadtwerke München, DM-Dritter) und Tobias Giehl (LG Würm Athletik, deutscher Vizemeister) mit ihren Bestzeiten von 49,69 beziehungsweise 49,75 Sekunden in der deutschen Rangliste mit den Plätzen vier und fünf begnügen. Gollnow war auch noch auf den Flachstrecken sehr aktiv. Über 400 Meter ist er mit 46,75 Sekunden Siebter, über 200 Meter mit 21,12 Sekunden 16. und über 100 Meter mit 10,56 Sekunden 28. (und schnellster Bayer, was nicht für die Sprintspezialisten spricht). Der Deutsche Juniorenmeister über 400 Meter, Benedikt Wiesend (LG Stadtwerke München), hat als Zwölfter mit 47,06 Sekunden den Sprung unter die Top Ten knapp verpasst, ihm folgt auf dieser Strecke Tobias Giehl  - ebenfalls 2012 noch Junior – als 15. mit 47,24 Sekunden.

Mehrfach vertreten ist der gegenüber den Vorjahren erheblich verbesserte Michael Wilms, der nicht nur mit der 4 x 400-Meter-Staffel der LG Stadtwerke München Deutscher Meister und Ranglisten-Spitzenreiter wurde. Er überraschte außerdem als deutscher Vizemeister im 3000-Meter-Hindernislauf und ist auf dieser Strecke mit 8:45,73 Minuten Bestenlisten-Vierter, ferner über 1000 Meter mit 2:24,27 Minuten Siebter. Mit der 3 x 1000-Meter-Staffel seiner LG (7:18,16 Minuten) wurde er Elfter, auch über 800 und 1500 Meter ist der Name Michael Wilms zu finden, wenngleich nicht an so prominenten Stellen. Die LG Stadtwerke wird den vielseitigen Läufer vermissen: Er wechselte zur LG Olympia Dortmund.

Mittelstreckler Martin Conrad (LAC Quelle Fürth) war seit Jahren nicht mehr so stark wie in der abgelaufenen Saison. Sein Leistungsanstieg über 800 Meter (1:47,03 Minuten) wurde mit dem beachtlichen Rang vier belohnt. Alemu Tirfesa Tufa, ein 23-jähriger Läufer aus Äthiopien, für den die LG Hof die Startberechtigung auch für Deutschen Meisterschaften bekam, führte sich gleich mit sehr guten Zeiten ein: Über 3000 Meter (7:59,04 Minuten) und 5000 Meter (13:43,59 Minuten) ist er jeweils Fünfter, außerdem über 1500 Meter (3:43,97 Minuten) auf Platz 14.

Dauerbrenner Sebastian Hallmann

Ein Dauerbrenner darf auch in der Bestenliste 2012 nicht fehlen: Sebastian Hallmann (LG Stadtwerke München), inzwischen 35 Jahre alt, lief bei den Deutschen 10 000-Meter-Meisterschaften mit 29:50,45 Minuten auf den fünften Platz und ist damit Sechster in der Bestenliste. Die gleiche Platzierung erreichte auch ein erst 20-Jähriger über 3000 Meter Hindernis mit der Zeit von 8:47,43 Minuten: Martin Grau (TSV Höchstadt/Aisch), 2011 Bronzemedaillengewinner bei der U 20-EM und deutscher U 20-Meister. Als Siebter im Halbmarathon machte Tobias Schreindl (LG Passau,1:06:13 Stunden) auf sich aufmerksam.

Seit langer Zeit Stammgast in den deutschen Bestenlisten ist der nunmehr 40-jährige Dennis Pyka (LG Telis Finanz Regensburg). Diesmal findet man ihn in der Abteilung Halbmarathon  – als Achten mit 1:06:18 Stunden. Unter die Top Ten gelangten ferner als Neunte Marco Kürzdörfer (TSV Höchstadt/Aisch) über 1000 Meter in 2:24,46 Minuten, Sebastian Reinwand (LG Telis Finanz Regensburg) über 10 000 Meter in 29:55,44 Minuten und Florian Reus (Laufgemeinschaft Würzburg) im 100-Kilometer-Lauf in 7:42:43 Stunden sowie als Zehnter der Deutsche Crossmeister Tobias Gröbl (LG Zusam) mit seinen 8:12,58 Minuten im 3000-Meter-Lauf.

Von den Staffeln sind noch die Teams der LG Würm Athletik (Rang sieben über 4 x 400 Meter in 3:15,15 Minuten), des TSV Höchstadt/Aisch (ebenfalls Rang sieben über 3 x  1000 Meter, 7:13,70 Minuten), der LG Telis Finanz Regensburg II (Platz neun über 3 x 1000 Meter, 7:15,18 Minuten) und der LG Stadtwerke München (Platz zehn über 4 x 100 Meter, 41,10 Sekunden) unter den vorderen Zehn eingeordnet. Noch nicht erwähnte Platzierungen in den Mannschaftswertungen auf der Straße: 10 Kilometer: 6. LG Zusam 1:34:48 Stunden, 9. LG Stadtwerke München 1:35:26 Stunden; Halbmarathon: 9. LAC Quelle Fürth 3:37:26 Stunden, 10. LLC Marathon Regensburg  3:39:09 Stunden.

Bayerns Springer und Werfer konnten 2012 nicht mit den Läufern mithalten, sie sind unter den besten Zehn in Deutschland nur spärlich vertreten. Bestplatzierter BLV-Athlet in den technischen Disziplinen ist der Deutsche Juniorenmeister im Dreisprung, Manuel Ziegler (LG Telis Finanz Regensburg) , der mit 16,26 Metern Rang vier belegt. In dieser Disziplin schaffte es ein 16-Jähriger, sich mit dem neunten Platz zwischen den Männern einzureihen: Ausnahmetalent Dimitri Antonov (LAC Quelle Fürth) überraschte mit 15,48 Metern. Im Weitsprung ist dagegen der zu den älteren Semestern zählende Oliver Koenig (Jahrgang 1981/LG Stadtwerke München) mit 7,69 Metern auf Rang neun registriert.

Ein weiterer Deutscher Juniorenmeister, Hammerwerfer Johannes Bichler (LG Stadtwerke München), erreichte mit 70,38 Metern als Sechster die beste Platzierung im Bereich Wurf. Nur 19 Zentimeter weniger weit warf sein Vereinskollege Jerrit Lipske, der mit 70,09 Metern Achter wurde. Als Bank für einen Platz unter den Top Ten gilt seit Jahren Kugelstoßer Robert Dippl (LAC Quelle Fürth), diesmal kam er mit persönlicher Bestleistung von 19,23 Metern auf Rang sieben.

Bayerns Mehrkämpfer befinden sich in einem Tief, aber wenigstens in den Mannschaftswertungen konnten sich die seit Jahren als Fünfkampf-Spezialisten bewährten Athleten der LG Aichach-Rehling mit 7949 Punkten als Sechste gut platzieren und die Zehnkämpfer der TS Herzogenaurach mit 16.648 Zählern auf Rang acht landen.

Höhenflug der Stabhochspringer abgebrochen

In einem Gesamtüberblick soll freilich nicht verschwiegen werden, dass es neben vielen positiven Resultaten bei den Männern auch etliche Disziplinen gibt, in denen kein einziger bayerischer Athlet unter den ersten Zehn auftaucht. Dazu gehören die prestigeträchtigen Sprints über 100 und 200 Meter, der Marathonlauf, die 110 Meter Hürden, der Hochsprung, der Diskuswurf, der Speerwurf, der Fünf- und Zehnkampf. Selbst die einige Jahre groß auftrumpfenden Stabhochspringer haben ihren Höhenflug abgebrochen. Nach dem Weggang von Malte Mohr und der langwierigen Verletzung von Fabian Schulze musste der 40-jährige Altmeister Tim Lobinger (LG Stadtwerke München) mit 5,40 Metern als 16. (mit deutlichem Vorsprung vor den anderen Bayern) wenigstens einigermaßen die Ehre retten. Inzwischen hat er seine Karriere beendet und arbeitet als Athletik-Trainer bei den Profi-Fußballern von RB Leipzig.

Auch die Geher brachten keinen ihrer Einzelkämpfer unter die Top Ten. Immerhin belegten aber in der Mannschaftswertung des 20-Kilometer-Straßengehens der SV Breitenbrtunn den vierten und die SpVgg Niederaichbach den sechsten Platz. Und was die Breite betrifft, stellten die Bayern einen bemerkenswerten Rekord auf: Im 10 000-Meter-Bahngehen sind in der deutschen 50-Bestenliste nicht weniger als 13 Athleten aus bayerischen Vereinen registriert, die meisten von ihnen schon der Seniorenklasse zugehörig.