Das Highlight bei den U 20-Jugendlichen setzte diesmal ein Kugelstoßer: Christian Zimmermann wuchtete das Gerät erstmals über 17 Meter.

Franziska Reng war die Schnellste über 1500 Meter.

Endlich unter sieben Sekunden: Dimitri Antonov war nach seinem 60-Meter-Finalsieg zufrieden.

Kurz vor der Zwölf-Meter-Marke landete Dreispringerin Anna Dupke in der Grube.

Artur Wollert gehört zu den großen Stabhochsprungtalenten Bayerns.

Spannendes Sprintfinale: Amelie-Sophie Lederer (rechts) behielt gegen Magdalena Weiß die Oberhand.

Beherrscht die Nachwuchs-Kugelszene in Bayern nach Belieben: Laura Renner. Alle Fotos: Theo Kiefner

28.01.2013 14:58 // Von: Reinhard Köchl

Bayerische U 20/AK 15-Hallen-MS Fürth: Talente gibt es im Freistaat durchaus

So schlecht, wie es die Unkenrufer gebetsmühlenartig anmahnen, waren die diesjährigen Bayerischen Hallenmeisterschaften der U 20 und AK 15 in Fürth keineswegs. Die Meldezahlen lagen im Vergleich zum Vorjahr sogar höher und auch Stimmung sowie Publikumszuspruch waren besser als bei den „großen“ Titelkämpfen in der Vorwoche. Die besten Leistungen brachten Ivane Antonov, Christian Zimmermann, Amelie-Sophie Lederer, Christina Hering sowie die erst 14-jährigen Paul Walschburger und Larissa Knörl.

Das Phänomen, dass es in einigen Disziplinen teilweise relativ dünne Startlisten aushingen oder manche gezeigte Leistung schlicht als meisterschaftsunwürdig eingestuft werden muss, gibt es nicht erst seit 2013. Auch die Probleme des Rückgangs im Nachwuchsbereich sind hinlänglich bekannt, ebenso wie die stereotyp dafür ins Feld geführten Gründe. Doch bevor man abermals Politik, Schulsystem oder den demografischen Wandel dafür verantwortlich macht, wäre es ratsam, einmal den Dingen auf den Grund zu gehen.

Für eine Reihe von Vereinen gilt nachhaltige Nachwuchsarbeit nämlich längst nicht mehr als das „Kerngeschäft“ der Leichtathletik. Ein Talent zu formen, bedeutet Arbeit – manchmal auch Sisyphusarbeit. Es bedeutet zudem, junge Menschen reifen zu lassen, sie behutsam durch die Pubertät zu führen, dem Reiz zu widerstehen, sie im jungen Alter bereits auszutrainieren, sowie jede Menge Zeit und Geduld mitzubringen. Es bedeutet aber auch, ein positives Umfeld zu organisieren, das mit anderen Sportarten konkurrieren kann, kompetente und erfahrene Trainer einzusetzen, eine ganzheitliche Wettkampfbetreuung an den Wochenenden zu gewährleisten und Leichtathletik trotz des leistungssportfeindlichen G 8 und der digitalen Suchtgefahren als festen Bestandteil im Leben eines Jugendlichen zu verankern.

Am Beispiel des Gastgebers LAC Quelle Fürth lässt sich die wundersame Wirkung solcher Initiativen nicht nur für einen Verein, sondern für die gesamte bayerische Leichtathletik hervorragend nachvollziehen. Bis kurz vor dem Aus für den früheren Hauptsponsors und Namensgeber setzten die Fürther vor allem auf den großen Sport sowie „fertige“ Athleten. Als die finanziellen Zuwendungen ausblieben, folgte zwangsläufig die Nachwuchsarbeit. Ein Überlebensreflex, der jetzt reiche Früchte trägt. Im November wurde das LAC Quelle Fürth vom BLV als erfolgreichster bayerischer Nachwuchsverein ausgezeichnet. Und nun, bei den Bayerischen Hallenmeisterschaften der U 20 und der U 16 auf heimischem Grund, wurden gleich 15 junge Fürther zur Siegerehrung gebeten. Auch die Staffeln über 4 x 400-Meter-Meter ließen sich mit drei Medaillen nicht lumpen. Damit war das LAC Quelle Fürth der erfolgreichste Verein der Titelkämpfe.

Angenehm warme Quelle-Halle

Eine weitere Medaille verdienten sich die Hausherren als Ausrichter. Nachdem sich die Teilnehmer der Nordbayerischen Meisterschaften 14 Tage zuvor zu Recht über die Eiseskälte in der Quelle-Halle beklagt hatten, herrschten diesmal optimale Bedingungen mit kuscheligen Temperaturen. Auch sonst klappte alles bis auf eine kleine Panne mit der elektronischen Zeitnahme vor dem 800-Meter-Lauf der U 16 wie am Schnürchen.

Erfreulicher Nebeneffekt der Hallenmeisterschaften: Das LAC Quelle Fürth mausert sich zu einer ernsthaften Konkurrenz der LG Stadtwerke München im Nachwuchs-Sprintbereich. Beide Sieger über die 60 Meter der U 20 kamen diesmal von den Blauhemden. Amelie-Sophie Lederer (7,69 Sekunden) wie auch Dimitri Antonov (6,99 Sekunden) holten sich eindrucksvoll Gold und hielten ihre Konkurrenz – bei Lederer die Neu-Münchnerin Magdalena Weiß mit 7,87 Sekunden sowie Corona Bachmann (LG Festina Rupertiwinkel) mit 7,88 Sekunden, bei Antonov der Stadtwerke-Zugang Florian Bauer mit 7,02 Sekunden und Lucien Aubry (LG Erlangen) mit 7,10 Sekunden auf Distanz.

Doch nicht nur die Einzelsiege zeigten, dass der Sprint in Fürth wieder zur neuen Blüte reift. Über 4 x 200 Meter der U 20-Mädchen gab es den Doppelschlag aus Gold (Kirchner, Ebert, Baumann, Lederer) und Silber (Bernado, Kurz, Fischer, Pröger). Über 4 x 400 Meter kam ein kompletter Medaillensatz hinzu. Die Frauen in der Besetzung Sandra Keil, Regina Straub, Tamara Stüllein und Julia Hiller ließen dem hoch favorisierten Quartett der LG Karlstadt-Gambach-Lohr mit Olympia-Teilnehmerin Fabienne Kohlmann in 3:53,77 zu 3:58,92 Minuten keine Chance. Die Fürther Männer wurden nur hauchdünn (3:26,63 Minuten) vom neuen Meister von der TG 48 Würzburg (3:25,36 Minuten) bezwungen und das zweite Damen-Quartett (Marina Baumann, Carolin Kiefl, Anke Friedl, Nicola Kiefl) staubte zusätzlich Bronze ab.

Der Fürther 1500-Meter-Spezialist Lukas Leisner holte sich in 4:06,67 Minuten Gold über 1500 Meter vor Michael Pritzl (TSV 1860 Rosenheim; 4:08,00) und Benedikt Fuchs (1. FC Passau; 4:09,44). Dass der Dreisprung zu einer reinen Fürther Domäne werden sollte, stand von vorne herein fest. Ivane Antonov war jedoch mit seinem Endergebnis von 14,87 Meter nicht so ganz zufrieden wie sein Mannschaftskamerad Alexander Savitzki, der mit neuer persönlicher Bestleistung von 14,01 Meter zum ersten Mal die 14-Meter-Marke übertraf.

Ungefährdet zu Gold im Weitsprung kam Lokalmatadorin Tina Pröger. Ihre 5,53 Meter reichten in der U 20 zum Titel vor der erst 15-jährigen Johanna Windmaier (TSV 1880 Wasserburg; 5,37 Meter) und Christina Fister (1. FC Passau; 5,32 Meter), wobei Letztere etwas überraschend zu Meisterehren über 60 Meter Hürden in 8,93 Sekunden, nur eine Hundertstel vor Elisa Hoheisel (TSV Schongau; 8,94) und Esther Dreier (TSV Plattling; 9,05 Sekunden) kam. Tona Prögers zweites Edelmetall gab im Hochsprung, wo sich Nadine Niemann (LAZ Obernburg-Miltenberg) mit 1,70 Meter souverän durchsetzte. Pröger holte sich mit 1,64 Meter, ihre Trainingskameradin Miriam Fischer mit 1,61 Meter Bronze.

Christian Zimmermann zum ersten Mal über 17 Meter

Die beste Leistung bei der männlichen U 20 gelang freilich einem Oberbayern. Zum ersten Mal in seiner Karriere stieß Christian Zimmermann (Kirchheimer SC) die Sechs-Kilo-Kugel über die 17-Meter-Marke (17,17 Meter). Damit hielt der baumlange „Funkturm“ seine Kontrahenten Dennis Edelmann (LG Augsburg; 15,92 Meter) und den erst 16-jährigen Valentin Döbler (LG Stadtwerke München; 14,98 Meter) deutliche in Schach. Im Weitsprung überwand Bayernmeister Maximilian Entholzner (1. FC Passau) als Einziger die Sieben-Meter-Marke (7,04 Meter). Zudem gewann er auch die 60 Meter Hürden in bemerkenswerten 8,34 Sekunden vor Bryan Simon (Athletik- und Sprintteam München), der in 8,42 Sekunden durchs Ziel kam. Im Stabhochsprung gelangen Artur Wollert (LAZ Kreis Würzburg) als ungefährdet feine 4,60 Meter. Auch der Hochsprung-Titel ging an das LAZ Kreis Würzburg: Marko Manuel setzte sich mit guten 1,98 Meter durch und scheiterte drei Mal an 2,04 Meter.

Lucien Aubrey (LG Erlangen), der über 60 Meter als Dritter noch das Nachsehen hatte, rang im 200-Meter-Finale Florian Bauer (LG Stadtwerke München) in 22,72 zu 22,89 Sekunden nieder, während über die zwei Hallenrunden (400 Meter) Paul Straub (LG Würm Athletik) die Nase in 51,54 Sekunden vorne hatte. Die 4 x 200-Meter.Staffel der Männlichen U 20 wurde eine klare Angelegenheit der LG Stadtwerke München. Mit 1:31,92 Minuten lag das Quartett um fast drei Sekunden vor der LG Region Landshut (1:34,78 Minuten).

Starke Christina Hering

Mit einer starken Zeit ließ 400-Meter-Siegerin Christina Hering (LG Stadtwerke München) aufhorchen. Ihre 56,87 Sekunden sind durchaus als Ansage für die Deutschen Hallenmeisterschaften in Halle (16./17, Februar) zu verstehen. Dahinter kamen mit Corine Kohlmann (LG Karlstadt-Gambach-Lohr; 58,37 Sekunden) und Sinéad Ebert (LAC Quelle Fürth; 59,36 Sekunden) noch zwei weitere Langsprinterinnen unter die 60-Sekunden-Marke. Nicht die Butter vom Brot nehmen ließ sich Magdalena Weiß (LG Stadtwerke München) nach ihrer 60-Meter-Final-Niederlage in der 200-Meter-Konkurrenz. Als neue Bayerische Meisterin knackte die 18-Jährige als Einzige die 26 Sekunden (25,49 Sekunden).

Eine Klasse für sich war im Kugelstoßen der weiblichen U 20 auch Laura Renner (TV Altötting). Die 16-Jährige dominierte auch mit dem schweren Vier-Kilo-Gerät die Konkurrenz nach Belieben und holte sich eine Woche nach ihrem U 18-Titel zum zweiten Mal Gold mit 13,06 Meter. Auf Tuchfühlung zur Zwölf-Meter-Grenze kam Dreisprungsiegerin Anna Dupke (TS Herzogenaurach). Mit 11,96 Meter verwies sie Laura Keilhofer (TV Zwiesel; 11,55 Meter) auf den zweiten Rang. Die beiden besten jugendlichen Stabhochspringerinnen im Freistaat heißen nach dem Weggang von Franziska Heiß Salome Schlemmer (TSV Bad Endorf) und Maike Limmer (LG Fichtelgebirge). In Fürth katapultierte sich Schlemmer um zehn Zentimeter höher (3,50 Meter) als Limmer (3,40 Meter), was ihr den Platz ganz oben auf dem Treppchen einbrachte. Die 1500 Meter entschied Babinja Wirth (TSV Ebermannstadt) in 4:54,55 Minuten vor Michelle Lieb (LAC Quelle Fürth; 4:56,96 Minuten) für sich, während Franziska Reng (LG Telis Finanz Regensburg) über die selbe Strecke in der U 18-Klasse mit 4:53,83 Minuten sogar eine noch bessere Zeit erreichte.

Knörl holt vier, Walschburger drei Mal Gold

Zum zweiten Mal suchte der BLV in Fürth in der Wettkampfklasse M/W 15 seine Einzel-Hallenmeister. Nachdem der Meldeschluss mit den Süd- beziehungsweise Nordbayerischen Meisterschaften der U 18 harmonisiert wurde, konnte sich die Zahl deren, die mit einer entsprechenden Normerfüllung antraten, im Vergleich zu den eher spärlichen Feldern des Vorjahres durchaus sehen lassen. Abgesehen von den 800 und 2000 Metern (Letzteres nur bei den Mädchen) zu denen lediglich zwei bis vier Läufer und Läuferinnen angetreten waren, sowie den Kugelstoßen der Jungen besaßen alle anderen Wettbewerbe durchaus den Anspruch von U 16-Titelkämpfen.

Zwei Athleten überragten an diesem Tag alle anderen des Jahrgangs 1998: Paul Walschburger (LAZ Kreis Günzburg) und Larissa Knörl (Post-SV Bayreuth). Beide absolvierten – mit Ausnahme der 1000 Meter – einen kompletten Fünfkampf und gingen dabei vier beziehungsweise drei Mal als souveräner Sieger hervor. Der 14-Jährige entschied sowohl den Hochsprung mit 1,80 Meter wie auch das Kugelstoßen mit 12,59 Meter (wenn auch knapp gegen Philipp Rostan, TSV Plattling, der auf 12,41 Meter kam) und die 60 Meter Hürden in 8,67 Sekunden für sich. Lediglich im Weitsprung machte Walschburger ein anderer den zu 100 Prozent perfekten Tag zunichte. In einem spannenden Wettbewerb schon sich Luis Windpassinger (MTV 1881 Ingolstadt) im letzten Versuch der gesamten Konkurrenz mit guten 6,15 Meter an dem Günzburger Ausnahmetalent vorbei, das mit 5,97 Meter den zweiten Rang belegte.

Herausragende Leistungen brachten außerdem der 60-Meter-Meister Kristof Buday (TSV 1862 Erding) mit seiner Siegerzeit von 7,41 Sekunden und Johannes Merker (LG Team Isartal), der für die 3000 Meter nur 9:57,87 Minuten benötigte.

Bei den W 15-Mädchen dominierte Larissa Knörl (Post-SV Bayreuth) gleich zwei Mal über die Sprintstrecken. Über 60 Meter flach war sie in 8,02 Sekunden im Finale nicht zu schlagen, während das Gold über die Hürden in 9,08 Sekunden noch um einiges heller strahlte, weil der Abstand zu den Konkurrentinnen fast eine halbe Sekunde betrug. Titel Nummer drei heimste die junge Unterfränkin im Weitsprung mit 5,21 Metern ein, während ihr im Kugelstoßen starke 12,34 Meter zu Gold reichten. Keine Frage, dass die beiden vielseitigen „Shootingstars“ mit derartigen Leistungen automatisch in die Favoritenrolle bei den Bayerischen Mehrkampfmeisterschaften schlüpfen.

Zu erwähnen wären noch die 6:48,80 Minuten von Maja Betz (TSV Ostheim von der Rhön) über die 2000 Meter und die 2,90 Meter von Stabhochsprung-Siegerin Veronika Plank (SWC Regensburg), während Laura Gröll (LG Eckenthal) diesmal 1,62 Meter zum Titelgewinn im Hochsprung reichten.